Pressemitteilung | Deutscher Konditorenbund / Bundesinnungsverband für das Konditorenhandwerk

EU-Lebensmittelhygiene: Konditorenhandwerk warnt vor Papierkrieg in der Backstube

(Mönchengladbach) - Als nicht praktikabel und als lebensfremd bezeichnet der Deutsche Konditorenbund die Absicht der EU, künftig auch von Konditoreien schriftliche Nachweise über die seit langem üblichen Eigenkontrollen der betrieblichen Hygienestandards zu verlangen. Der Konditorenbund betont, dass das hohe Hygieneniveau handwerklich erzeugter Lebensmittel auf der guten Ausbildung, der sorgfältigen Arbeitsweise der Mitarbeiter und auf der ständigen Kontrolle durch den Meister beruht. Die Berufsorganisation der Konditoren wehrt sich allerdings energisch gegen die Einführung einer entsprechenden Dokumentationspflicht.

Eine Pflicht zum fortlaufenden Sammeln, Niederschreiben und Archivieren verschiedener hygienerelevanter Daten über Arbeitsvorgänge im Betrieb führt zwangsläufig zu einem weiteren Anwachsen von Bürokratie und Zettelwirtschaft in der Backstube und geht zu Lasten der produktiven Arbeit. Der Berufsverband betont, dass im Konditorenhandwerk die Hygiene einen hohen Stellenwert besitzt. Noch mehr Dokumente bewirken jedoch nicht noch mehr Hygiene.

Die von der EU angestrebte Regelung soll abgestuft nach Art und Größe des jeweiligen Unternehmens für die gesamte Nahrungsmittelwirtschaft in der Europäischen Union gelten. Jedoch sollen nicht nur große Industrieunternehmen, sondern auch kleine Lebensmittelbetriebe wie z.B. Konditorei/Cafés verpflichtet werden, in einem ihrer Struktur angemessenen Umfang Dokumente zu führen und zur Einsicht für Überwachungsbehörden aufzubewahren. Aus den Unterlagen soll hervorgehen, ob und inwieweit der Unternehmer anhand eines HACCP-Konzepts ständig überprüft hat, dass in seinem Betrieb hygienisch gearbeitet wurde. HACCP ist die Abkürzung für die englische Formulierung Hazard Analysis and Critical Control Points. Nach dem Wortlaut des amtlichen Entwurfs umfasst HACCP die „Ermittlung von Gefahren und Bestimmung der Prozessstufen im Herstellungsverfahren, an denen Gefahren ausgeschaltet werden können.“

Die Pläne für eine Dokumentationspflicht nach HACCP kritisiert der Konditorenbund im Hinblick auf Handwerksbetriebe als eine praxisfremde weit überzogene Maßnahme. Sie macht die handwerkliche Konditorei teurer, zeitaufwendiger, schwer-fälliger und hält den Konditor von der eigentlichen Arbeitsleistung ab. Der Berufs-
verband prangert an, dass die Vielzahl bereits bestehender belastender Vorschriften, Auflagen, Formular- und Nachweispflichten für selbständige Handwerksmeister nochmals erweitert werden sollen. Damit werden die Rahmenbedingungen für selbständige Existenzen im Konditorenhandwerk weiter verschlechtert.
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Der Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherpolitik des Europäischen Parlaments wird am Donnerstag, 21. März 2002, voraussichtlich über einen Änderungsantrag abstimmen. Er sieht vor, anstelle der Dokumentation eine Auskunftspflicht einzuführen, die von kleineren Betrieben auch mündlich erfüllt werden kann. Der Deutsche Konditorenbund appelliert an die EU-Parlamentarier, die derzeit den Entwurf der Verordnung über Lebensmittelhygiene beraten, die besonderen Belange der Handwerksbetriebe und der kleinen Unternehmen zu respektieren, für die eine Dokumentation auch beim besten Willen nicht machbar ist.

Die Konditoren hoffen, dass aus dem Europäischen Parlament Rückenwind für die handwerklichen Hersteller kommt. Denn diese garantieren eine große kulinarische Vielfalt und leisten damit einen wichtigen Beitrag zu unserer Lebensqualität.
Traditionell sind es die Handwerksbetriebe, bei denen der Verbraucher frische, lose angebotene Lebensmittel unmittelbar vom Hersteller erhält, oft aus Rohstoffen regionaler Erzeugung hergestellt. Der Absatz ist auf das örtliche Umfeld bezogen und verläuft schnell ohne lange Lager- oder Transportzeiten. Die morgens hergestellten frisch angebotenen Lebensmittel sind oft bereits nachmittags wieder verkauft. Die Sitzung des EU-Parlamentsausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherpolitik sieht der Berufsverband als Chance an, für die Interessen der Handwerksmeister und kleinen Betriebe im Lebensmittelbereich einzutreten.

Der Deutsche Konditorenbund unterstreicht, dass ein hoher Ausbildungsstandard der Mitarbeiter und die Anwendung der Regeln guter handwerklicher Praxis der beste Garant für hygienische Herstellungsweise sind. Sauberes Arbeiten ist für die Hygiene viel wichtiger, als ein regelmäßiges Ausfüllen und korrektes Abheften von Datenblättern! Dokumentation erstickt individuelle Kreativität, Vielfalt und Dienstleistungsbereitschaft im Handwerksbetrieb. Gerade diese Stärken des Handwerks dürfen nicht durch zuviel Bürokratie eingeengt werden. Noch mehr Schreibtischtätigkeit im Handwerksbetrieb führt zu Nachteilen für den Verbraucher, was nicht im Sinne des staatlichen Verbraucherschutzes liegen kann!

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Konditorenbund Speicker Str. 13 41061 Mönchengladbach Telefon: 02161/833137 Telefax: 02161/831618

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