Digital Services Act verabschiedet: Auf Politik und Digitale Wirtschaft kommt viel Arbeit zu
(Berlin) - Mit dem endgültig verabschiedeten Digital Services Act (DSA) kommen viele offene Fragen auf die deutsche Politik und auf Unternehmen zu. Die Digitale Wirtschaft steht mit der Umsetzung der neuen EU-Verordnungen vor massiven Herausforderungen in der Praxis, auch wenn das finale Ergebnis vergleichsweise moderat ausgefallen ist. Verabschiedet wird das Gesetzespaket aus Digital Services Act (DSA) und Digital Markets Act (DMA) im EU-Parlament am Dienstag, den 5. Juli. Mit Änderungen ist nicht zu rechnen.
Das zentrale Anliegen des BVDW ist jetzt die konkrete Unterstützung der Digitalen Wirtschaft in Form einer praxisorientierten Ausgestaltung der neuen Gesetzesvorgaben von Seiten der EU. Der Bundesregierung und den Unternehmen bleiben nach aktuellem Stand bis zum 1. Januar 2024, um die Weichen zu stellen. Das Paket aus DSA und DMA stellt die umfassendste Neuregelung für die Digitale Wirtschaft dar, die Europa in diesem Jahrtausend erlebt hat. "Die vielen neuen Anforderungen müssen praktikabel umgesetzt werden. Wir raten allen Marktteilnehmern der Digitalen Wirtschaft, auch kleinen und mittelständischen Unternehmen, die Übergangsfrist zu nutzen und sich frühzeitig mit den Konsequenzen zu beschäftigen", sagt BVDW-Vizepräsident Thomas Duhr.
Laut den neuen Transparenzvorschriften aus Art. 24 des DSA muss beispielweise Online-Werbung auf sogenannten Online-Plattformen mit einem Katalog an Informationen versehen werden. Dazu gehören unter anderem die Nennung des Auftraggebers und falls abweichend, auch des Finanziers einer Kampagne. Daneben sollen die Zielgruppenparameter ersichtlich sein, sprich die konkreten Gründe, warum jemand ein Werbemittel zu sehen bekommt. Diese Informationspflicht gilt für Werbungtreibende unmittelbar, die Informationen müssen folglich mit dem Werbemittel zur Verfügung gestellt werden. Wie Werbungtreibende dieser Transparenzregel in der Praxis nachgekommen können und welche Rolle den Anbietern von Online-Plattformen zufällt, auf denen die Werbung zu sehen ist, ist noch völlig unklar. "Die derzeitigen Mechaniken und Technologien für die Auslieferung von Online-Werbung sind auf die zum Teil nicht eindeutig formulierten Anforderungen nicht ausgelegt", warnt Duhr.
Die Aufsicht über die Umsetzung des DSA für die sogenannten VLOPs (very large online plattforms) liegt zentral bei der EU. Für zahlreichenden kleineren Plattformen überlässt die EU die Aufsicht den einzelnen Mitgliedsstaaten. In Deutschland muss folglich eine gesellschaftliche Diskussion geführt werden, wer diese Rolle des Digital Services Coordinators übernehmen wird. Diese Aufgabe könnte beispielsweise an die Landesmedienanstalten oder die Bundesnetzagentur vergeben werden, aber auch die Kartell- bzw. Datenschutzbehörden werden bereits als mögliche Aufsicht diskutiert. "Wer auch immer die Verantwortung übernehmen wird, wir fordern eine klare Zuständigkeit, die bundesweit einheitlich gilt. Regionale Kleinstaaterei als Folge eines falsch verstandenen föderalen Prinzips können wir uns bei dieser wichtigen Aufgabe nicht leisten", sagt Duhr. Wünschenswert wäre daher ein frühzeitiger Diskurs aller Parteien aus Exekutive, Legislative und allen relevanten gesellschaftlichen Gruppen. "Warum nicht einmal etwas ganz Neues wagen. Wir als Digitale Wirtschaft stehen hier gerne für jede konstruktive und zielgerichtete Diskussion als Ansprechpartner zur Verfügung", sagt Duhr. Daneben dürften zahlreiche Anpassungen im Netzwerkdurchsetzungsgesetz, im Telemediengesetz und im Jugendschutz mit entsprechenden Konsequenzen für die Betreiber von Webseiten und Werbungtreibende folgen.
Als positiv bewertet der BVDW, dass die finalen Regelungen im DSA für Online-Werbung nicht so drastisch ausgefallen sind, wie zeitweise zu befürchten war. Lange Zeit sah es so aus, als würde nahezu jegliche Form der Datennutzung in der Werbung untersagt werden. Die Umsätze vor allem von kleineren Anbietern hätten in der Folge massiv gelitten. Duhr: "Den gefundenen Kompromiss halten wir für ausgewogen, die gesellschaftlichen Risiken werden tatsächlich entsprechend geregelt. Ein weitgehendes Verbot datengetriebener Werbung wäre dagegen für die digitale Wirtschaft fatal gewesen. Digitalisierung und ein Verbot von Datenverarbeitung - das wäre ein immenser Widerspruch in sich gewesen."
Zusammen mit dem DSA wird am Dienstag auch der Digital Markets Act (DMA) verabschiedet. Darin werden vor allem die wettbewerbsrechtlichen Anforderungen an sehr große Online Plattformen (VLOPs), die sogenannten Gatekeeper neu gestaltet. Die diskriminierungsfreien und fairen Zugangsbedingungen zu Plattformen sind damit weitgehend gesichert. Der DMA sichert darüber hinaus den Zugang zu Daten, die etwa eine neutrale Nutzungsmessung ermöglichen und er enthält Maßnahmen, die eine Bevorzugung von plattform-eigenen Angeboten verhindern soll. Allerdings muss aus Sicht des BVDW noch nachgearbeitet werden. Vor allem große Plattformen im E-Commerce-Bereich bleiben im aktuellen DMA noch weitgehend unberücksichtigt. Was die Öffnung von Schnittstellen in der Werbetechnik betrifft, bleiben ebenfalls viele Aspekte außen vor: "Das verhindert einen echten Wettbewerb der Systeme, wir hätten uns hier konkrete Öffnungsmaßnahmen auch für den Bereich der Werbetechnologie vorstellen können", sagt Duhr.
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