Deutsche Industrie startet mit kräftigem Wachstumsschub ins neue Jahr
(Eschborn) - Die deutsche Industrie ist mit Schwung ins neue Jahr gestartet ist. Das zeigt der saisonbereinigte IHS Markit/BME-Einkaufsmanager-Index (EMI). Der wichtige Konjunktur-Frühindikator für die größte Volkswirtschaft Europas stieg im Januar 2022 erstmals seit sechs Monaten wieder an und kletterte mit 59,8 Punkten auf ein 5-Monatshoch. Im Dezember und November 2021 notierte er jeweils noch bei 57,4 Punkten.
Produktion, Auftragseingang und Beschäftigung verzeichneten allesamt stärkere Zuwachsraten. Die Lieferketten stehen zwar nach wie vor unter Druck, aber immerhin gab es hier eine leichte Entspannung. Dies wiederum führte dazu, dass die Kosteninflation auf ein 9-Monatstief zurückging. Zudem hellte sich der Geschäftsausblick binnen Jahresfrist wieder merklich auf.
"Nach einer für die Industrie schwierigen zweiten Jahreshälfte 2021 gibt es jetzt erste Anzeichen für einen möglichen Aufschwung. So konnten im Januar wichtige EMI-Teilindikatoren wie Produktion, Auftragseingang oder Jahresausblick deutlich zulegen", betonte Gundula Ullah, Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME), am Mittwoch in Eschborn. Dennoch sei Vorsicht geboten. Denn die Situation in den Lieferketten verbessere sich nur langsam. Zudem sorgten weiter steigende Energiepreise dafür, dass der Kostendruck in den Unternehmen hoch bleibe.
"Mit Beginn des neuen Jahres drehte die Stimmung in der deutschen Industrie laut EMI endlich wieder nach oben. Sowohl die Produktions- als auch die Auftragsseite zeigte sich freundlicher", kommentierte Dr. Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen, am Mittwoch auf BME-Anfrage die aktuellen EMI-Daten. Die Lieferengpässe seien immer noch ein Thema, wenn auch nicht mehr ganz so ausgeprägt. 2022 habe somit große Chancen, als ein Jahr des Aufschwungs in die Geschichte einzugehen. Das BIP-Wachstum werde im ersten Quartal aber noch durch die Corona-Restriktionen gebremst, die ihre negativen Auswirkungen insbesondere in den Dienstleistungssektoren haben. "Wir erwarten nach einem schwachen 1. Quartal eine deutliche Beschleunigung im Jahresverlauf", fügte die Helaba-Bankdirektorin in ihrem Statement für den BME hinzu.
"Für die Verbesserungen dürfte vor allem die Hoffnung auf eine Belebung der Weltwirtschaft in Kombination mit einer weiteren Verringerung der Lieferprobleme eine Rolle gespielt haben. So erfreulich die Aufhellung ist, so schwierig bleibt das Winterhalbjahr 2021/22", sagte Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank, am Mittwoch dem BME. Klar sei schon, dass die Wirtschaftsleistung in Deutschland im Schlussquartal 2021 gesunken ist, und ein weiterer Rückgang deute sich für das Auftaktquartal 2022 an.
"Zu Jahresbeginn steht die deutsche Wirtschaft weiterhin vor großen Herausforderungen. Die Pandemie, steigende Energiepreise und Lieferengpässe bestimmen noch immer das aktuelle Wirtschaftsgeschehen", teilte DIHK-Konjunkturexperte Dr. Jupp Zenzen am Mittwoch dem BME mit. Ein Lichtblick für die Industrie sei die insgesamt stabile Auftragslage. Bei den Lieferketten bleibe abzuwarten, wie gut und zu welchen Kosten China die Omikron-Welle bewältigt. Zenzen weiter: "China ist unser wichtigster Importeur. Jeden Lockdown dort bekommt auch unsere Industrie mit Verzögerung zu spüren."
Zur jüngsten Entwicklung des EMI-Teilindex Einkaufspreise gab Dr. Heinz-Jürgen Büchner, Managing Director Industrials, Automotive & Services der IKB Deutsche Industriebank AG, am Mittwoch dem BME folgende Einschätzung: "Zu Beginn des neuen Jahres hat sich die Versorgungssituation bei vielen Rohstoffen zwar etwas verbessert, ist aber noch immer nicht überall auf Normalniveau. Weiterhin belasten vor allem Transportprobleme. Bei Rohöl sehen wir den Markt zu knapp versorgt. Auch bei Erdgas ist die Versorgungslage bei nach wie vor sinkender inländischer Erdgasproduktion weiter zu knapp: Die Speichersalden sind erheblich abgesunken. Geopolitischen Unsicherheiten wie in Kasachstan und der Ukraine sorgen zudem für Unruhe. Es gibt Befürchtungen, gerade durch diese beiden Krisenherde könnte es zu einer - wenn auch nur temporären - Lieferstörung kommen. Sollte in diesem Umfeld die Nord-Stream-2-Pipeline als politisches Druckmittel eingesetzt werden, hätte dies weitere Anstiege des Erdgaspreises mit entsprechend negativen Auswirkungen auf die Ertragssituation der Industrie zur Folge."
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