Deutsche Industrie hat ihren Abschwung im Oktober beschleunigt
(Eschborn) - Das erneute Absacken des EMI lag vor allem an den kräftigeren Einbußen sowohl bei der Produktion als auch bei den Auftragseingängen. Letztere schrumpften mit einer der markantesten Raten in der Umfragegeschichte. Lediglich während der globalen Finanzkrise und zu Beginn der Corona-Pandemie fielen die Rückgänge noch heftiger aus. Zahlreiche Befragte berichteten, dass in erster Linie die hohe Inflation, die steigenden Energiekosten sowie die zunehmende Zurückhaltung der Kunden angesichts der unsicheren Aussichten die Nachfrage drückten, was wiederum zur Drosselung der Fertigung bei vielen Unternehmen führte.
"Ein Ende des Negativtrends ist nicht in Sicht. Im Gegenteil. Die finalen Oktober-Daten des EMI bestätigen den seit Juli anhaltenden Abschwung, denn auch im Berichtsmonat notierte der deutsche PMI mit 45,1 deutlich unter der 50-Punkte-Referenzlinie", betonte Dr. Helena Melnikov, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME), am Freitag in Eschborn. Schrumpfende Auftragseingänge und ein sich weiter verdüsternder Geschäftsausblick seien deutliche Warnzeichen für eine drohende Rezession.
"Im dritten Quartal konnte sich die deutsche Volkswirtschaft noch ins Plus retten. Alle Vorlaufindikatoren - inklusive der jüngste EMI - weisen allerdings darauf hin, dass es von jetzt an Minusraten geben wird", kommentierte Dr. Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen, am Freitag auf BME-Anfrage die aktuellen EMI-Daten. "Die aktuellen Unterstützungspakete sollten jedoch dazu beitragen, dass das Minus sich in Grenzen hält und ab dem Frühjahrsquartal wieder ein Plus zu verzeichnen sein wird. Nichtsdestotrotz ist im Jahresdurchschnitt 2023 mit einem Rückgang um 0,6 Prozent beim deutschen Bruttoinlandsprodukt zu rechnen", fügte die Helaba-Bankdirektorin in ihrem Statement für den BME hinzu.
"Die deutschen Unternehmen werden im Winter gleich von mehreren Seiten in die Zange genommen werden. Schon jetzt beurteilen die Einkaufsmanager die Nachfragesituation immer schlechter und sprechen von zunehmenden Fertigwarenlagern, weil die Produktion nicht mehr vollständig abgesetzt werden kann. Gleichzeitig erhöht sich die Kostenbelastung durch die hohen Energiepreise, durch steigende Zinsen und auch durch einen wachsenden Lohndruck", sagte Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank, am Freitag dem BME.
"Die Geschäftserwartungen in der deutschen Wirtschaft sind so schlecht wie selten. Die hohen Kosten für Energie und Vorleistungen belasten die Industrieproduktion", teilte DIHK-Konjunkturexperte Jupp Zenzen am Freitag dem BME mit. Rezessionsangst und eine trübe Weltkonjunktur drückten die Neuaufträge nach unten. Zenzen: "Der deutschen Wirtschaft steht ein ungemütlicher Rezessionswinter bevor."
Zur jüngsten Entwicklung des EMI-Teilindex Einkaufspreise gab Dr. Heinz-Jürgen Büchner, Managing Director Industrials, Automotive & Services der IKB Deutsche Industriebank AG, am Freitag dem BME folgende Einschätzung: "Primär aufgrund niedriger Energiepreise gaben die Weltrohstoffpreise im Oktober deutlich nach. Obwohl die deutschen Erdgasspeicher erfreulicherweise nun zu über 98 Prozent gefüllt sind, geht kein Weg an weiteren Verbrauchsreduzierungen vorbei. Dies gilt umso mehr, als Katar zuletzt Europa im Fall eines Gaspreisdeckels mit möglichen Liefereinschränkungen drohte, was ein erhebliches Anziehen der Gaspreise zur Folge hätte. Bei Erdöl war die Versorgungslage im bisherigen Jahresverlauf deutlich besser; durch die ab Anfang November geltende Kürzung der Fördermenge der OPEC könnte sie sich jedoch etwas verschlechtern und zu anziehenden Preisen führen. Bei metallischen Rohstoffen ist die Versorgung vielfach weiter eng, Rezessionsängste halten die Preise derzeit noch niedrig."
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