Der VSI warnt vor kritiklosem Glauben: Mehr zum Sinn und Unsinn von Analysen
(München) - Analysten, Marktforscher und Gurus - sie alle haben viel zu sagen, wenn es um Marktentwicklungen und Trendbewertungen, aber auch um Aktienkurse und Bonität von Unternehmen geht. Doch auch Experten können irren und es wäre ein Fehler, sich hundertprozentig auf die Aussagen der Beobachter zu verlassen. Viele Branchen seien erst durch Negativ-Prognosen ins Minus gestürzt, so der Verband der Softwareindustrie (VSI). Die Bewertungen der Analysten für die betroffenen Unternehmen könnten vor allem dann fatal sein, wenn sie ausschlaggebend werden für die Finanzierung oder die Entscheidung der Kunden.
Kein Ende der Konjunkturflaute sieht derzeit der Bundesverband deutscher Banken und korrigiert damit seine Erwartungen vom Frühjahr. Mehr Pessimismus zeigte schon im Oktober 2001 die Europäische Zentralbank, die von einer Wachstumsschwäche mindestens bis zum Frühjahr diesen Jahres ausging. Immerhin meinte auch sie, im Laufe des Jahres 2002 eine konjunkturelle Erholung erwarten zu dürfen.
Zweifler an den Prognosen bekommen Rückenwind durch den US-Notenbankchef Alan Greenspan. Er äußerte bereits im März 2001 Zweifel an den derzeitigen Berechnungsmethoden zum Wirtschaftswachstum, die der Dynamik im technologischen Wandel nicht mehr gewachsen seien. Dabei bezog er sich besonders auf die High-Tech-Branchen.
Analysen und die Krise der IT
Ein minimales Wachstum von gerade einmal einem Prozent prophezeite die Giga Information Group vor kurzem den europäischen IT-Budgets. Ganz anders sah das noch im Oktober 2001 eine Studie des European Information Technology Observatory: Ganze 6,8 Prozent Anstieg für 2001 und 7 Prozent für 2002 bei Informationstechnik und Telekommunikation wurde hier dem europäischen Markt vorhergesagt. Wie hoch zukünftiges Wachstum aber nun tatsächlich liegt, kann nur vage Schätzung bleiben.
Leider jedoch sind die Prognosen oftmals entscheidend für das Überleben von Firmen in der beurteilten Branche. So tragen die Analysten-Aussagen zuweilen zur Kreditentscheidung von Banken bei, sie beeinflussen die Börsenkurse und damit wiederum die Investitionsfähigkeit der Trendsetter in den jeweiligen Märkten. Was hilft es einem Unternehmen, Technologieführer zu sein und auf eine ansehnliche Palette namhafter Kunden verweisen zu können, wenn die Aktienkurse in den Keller gehen? Der Grund dafür muss nicht immer in den realen Umsatzzahlen liegen, oftmals genügen schon die negativen Erwartungen der Börsengurus.
Kunden zögern mit Investitionen - sei es, weil Zweifel an der Reife der Technologie zu lesen waren, sei es, weil man sich nicht an wackelnde Unternehmen binden möchte. Venture Capital wird plötzlich umgelenkt in andere High-Tech-Märkte, Banken zögern mit der Verlängerung von Krediten und der Geldstrom in manche IT-Sektoren versiegt - weil Experten den Markt als zu schwach ansehen. Dies kann auch solide Firmen ernsthaft gefährden und ist für Unternehmensgründer oft das Aus. Der VSI warnt deshalb davor, die Prognosen zum alleinigen Kriterium der Investitionsentscheidungen zu machen. "Um ein Unternehmen zu beurteilen oder eine Investitionsentscheidung in eine Technologie zu treffen, sollte man sich auf vielerlei Quellen stützen. Prognosen und Analystenmeinungen dürfen nicht ausschlaggebend sein. Vielmehr gilt es, Referenzkunden zu befragen, Teststellungen vorzunehmen und sich mit der Unternehmensgeschichte und -leitung vertraut zu machen", erläutert Rudolf Gallist, Vorstandsvorsitzender des VSI.
Aktienmärkte im Lichte der Prognosen
Die Börse zeigt sich für Prognosen besonders anfällig, besonders da es einem Kleinanleger schwerfallen dürfte, die für eine rationale Entscheidung notwendigen Informationen aus erster Hand zu erhalten. Dass aber gerade bei Aktien die Experten nicht unfehlbar sind, ist ein offenes Geheimnis. Eine Anfrage der Süddeutschen Zeitung vom Januar zeigt, dass "Analysten den falschen Riecher" hatten. Nur knapp die Hälfte der abgegebenen Tipps für Aktien, Anleihen und die Euroentwicklung stimmten - mit einer besonders schlechten Trefferquote für die deutschen Aktionen.
Wie wackelig die Prognosen sein können, belegt auch eine Untersuchung aus dem Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Uni Essen vom November 2001. Ganze 38,6 Prozent der zum Kauf empfohlenen Aktien führten für Kleinanleger zu einem Verlust. Diese Beobachtung bezieht sich auf den Zeitraum Januar bis September 2001. Aus der gleichen Quelle kommt harsche Kritik an den einschlägigen Publikumszeitschriften: Sie seien gerade in schwierigen Zeiten nur wenig als Ratgeber für kurzfristige Renditen bei Aktiengeschäften geeignet. Zu ihrer Entschuldigung sei angeführt, dass sie teilweise auf Informationen aus den Unternehmen selbst zurückgreifen. Diese wiederum bezeichnete ein Düsseldorfer Börsenguru - zumindest für die am neuen Markt notierten Unternehmen - als Luftblasen und zu 80 Prozent falsch.
Was bleibt ist immer die Notwendigkeit mündiger Kunden und Anleger, sich aus mehreren Quellen möglichst umfassend zu informieren und auf dieser Basis überlegte Entscheidungen zu treffen. Zwar ist niemand - auch die Experten nicht - unfehlbar, doch eine solide Informationsbasis macht unabhängig und ermöglicht erst eigenverantwortliches Handeln.
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Verband der Softwareindustrie Deutschlands e.V. (VSI)
Der Verband der Softwareindustrie Deutschlands e.V. (VSI), gegründet 1987, vertritt neben Softwareherstellern auch Händler, Verlage, Schulungsunternehmen und Dienstleister. Für seine ca. 130 Mitglieder bietet der Verband vielfache Serviceleistungen wie z.B. aktuelle Rechtsinformationen, Marketingmaterialien oder die Vermittlung von Kontakten ins In- und Ausland. Die grosse rechtliche Kompetenz des VSI äussert sich nicht nur bei der Unterstützung seiner Mitglieder, sondern auch in der Veranstaltung fachlich hochqualifizierter Seminare. Auf Kongressen und internen Veranstaltungen werden aktuelles Wissen vermittelt und wertvolle Kontakte geknüpft. Gegenüber Öffentlichkeit und Politik ist der VSI kompetenter Ansprechpartner für die Belange der Branche. Für Anwender ist er vor allem Berater für den legalen Einsatz von Software und für Softwaremanagement.
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