Verbändereport AUSGABE 4 / 2011

„Wir sind jetzt einfach besser“

Ein Erfahrungsbericht über die Einführung und Zertifizierung von QM-Systemen

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Die Begriffe Qualitätsmanagement und Zertifizierung kennt man aus der Welt der Industrie, einer Welt, in der mit Normen, also vorgegebenen Größen, gearbeitet wird, um beispielsweise Produktionsfehler zu minimieren und auf möglichst effiziente Art ein gleichbleibend gutes Produkt herzustellen. Dass auch Verbände zunehmend den immensen Nutzen eines funktionierenden (und zertifizierten) Qualitätsmanagementsystems für effiziente Arbeitsabläufe, anerkannte Dienstleistungen und eine optimierte Außendarstellung erkennen, zeigt beispielhaft nachfolgender Erfahrungsbericht.

Der Vorstand und die Mitarbeiterinnen der RENO Deutsche Vereinigung der Rechtsanwalts- und Notariatsangestellten waren zunächst gleichermaßen erstaunt und ratlos, als dem Verband 2009 signalisiert wurde, dass für ihn kurzfristig die Einführung und Zertifizierung eines Qualitätsmanagementsystems wichtig werden könnte.

Der Hintergrund ist folgender: Der RENO-Bundesverband führt zwei Studiengänge zur Vorbereitung der Prüfungen für die Rechtsfachwirte/-wirtinnen und Notarfachwirte/-wirtinnen durch. Ein nicht unerheblicher Teil der Studenten finanziert diese Fortbildung mit dem Meister-Bafög oder der Begabtenförderung. Der Gesetzgeber hat vorgegeben, die öffentlichen Mittel ab einem Stichtag in 2010 nur noch an Studenten zu vergeben, die sich zur Weiterbildung an Organisationen wenden, die über ein anerkanntes, zertifiziertes Qualitätsmanagementsystem verfügen.

Erst Skepsis, dann Überzeugung

Im Verband gab es keinerlei Erfahrungen mit dem Thema Qualitätsmanagement und die Begeisterung, ein QM-System einzuführen, war zunächst bei allen Beteiligten durchaus begrenzt: „Qualitätsmanagement“ ließ in der Organisation Befürchtungen nach einem Parallelsystem und checklistengetriebener Bürokratie aufkeimen. Trotzdem stand für den RENO-Bundesverband aus drei Gründen rasch fest, dass die Einführung und Zertifizierung angegangen werden sollte: Erstens sollten Studenten nach wie vor in den Genuss einer staatlichen Förderung beim Besuch der Studiengänge der RENO kommen. Zweitens erkannte der Bundesverband ein zertifiziertes QM-System als Wettbewerbsvorteil am Markt. Und drittens hat die RENO durchaus einen Anspruch an die Qualität der eigenen Arbeit. Diesen Anspruch an den Anforderungen eines QM-Systems zu messen, lag somit nahe.

Die RENO entschloss sich daraufhin, das QM-System zunächst auf die Planung, Durchführung und Nachbereitung der Studiengänge zu konzentrieren, was etwa 70 Prozent der Arbeit der Geschäftsstelle des Bundesverbandes ausmacht. Die Entscheidung war sicherlich der großen Unsicherheit über das Thema und den anstehenden Aufwand geschuldet. Mit den gemachten Erfahrungen würde die RENO diese Entscheidung heute sicherlich noch einmal überdenken.

In der Folge waren weitere Fragen zu beantworten: Was bedeutet eigentlich Qualitätsmanagement für die RENO als „Dienstleistungsbetrieb“? Auf welcher Normen-Grundlage sollen die Studiengänge zertifiziert werden? Und die alles entscheidenden Fragen: Wer sagt dem Verband, wo er aktuell steht und was bis zur Zertifizierung konkret zu tun ist?

Unterstützung durch eine Zertifizierungsgesellschaft …

Die RENO nahm daraufhin Kontakt mit dem TÜV Rheinland auf und entschied sich für die ISO 9001 als allgemein anerkannte Normengrundlage für die Realisierung und Zertifizierung eines QM-Systems. Der Verband erhielt dann im Rahmen eines sogenannten Voraudits, den ein TÜV-Auditor in der Geschäftsstelle durchgeführt hat, einen sehr erfreulichen und einen weniger erfreulichen Hinweis.

Der erfreuliche Hinweis bezog sich darauf, dass der RENO klar wurde, dass sie bereits über ein gut funktionierendes QM-System verfügte. Denn die Organisation arbeitete selbstverständlich bereits nach vorgegebenen, gut funktionierenden Abläufen, die mit einer Reihe von standardisierten Dokumenten unterstützt wurden. Die weniger erfreuliche Nachricht lautete, dass das bestehende QM-System den Anforderungen der ISO 9001 noch längst nicht genügte. Der RENO-Bundesverband stand nun vor der Situation, in wenigen Monaten das QM-System ohne spezifische Fachkenntnisse zertifizierungsreif weiterzuentwickeln und dabei das Alltagsgeschäft nicht zu vernachlässigen. Diese Situation führte bei Vorstand und Mitarbeitern durchaus zu einiger Nervosität.

… und einen QM-Berater

Der Verband beschloss daher, einen erfahrenen Berater hinzuzuziehen, der die RENO sowohl fachlich als auch mit Blick auf den vorgegebenen Zeitrahmen sicher ans Ziel führen sollte. Nach einer kleinen, gezielten Ausschreibung wurde die Meilenstein! Beratungskanzlei in Berlin für diese Aufgabe ausgewählt. Meilenstein! hat dann die Zertifizierungsreife des QM-Systems in drei Schritten sichergestellt: Erstens wurden alle externen und internen Anforderungen an die RENO-Studiengänge identifiziert und übergeordnete und überprüfbare inhaltliche und finanzielle Ziele formuliert, die Maßstab für das gesamte weitere Handeln darstellen sollen.

Zweitens wurden alle relevanten Arbeitsabläufe innerhalb und außerhalb des Verbandes untersucht und bestimmt, welche Arbeitsgänge erforderlich sind, um – beispielsweise – die Ausschreibung eines neuen Kurses auf die Beine zu stellen: Wer ist an welchen Entscheidungen beteiligt, wer führt diese mit welchen Hilfsmitteln aus, welche dritten Personen sind zu informieren, und wie ist der Erfolg zu werten? Die RENO hat dabei gelernt, die Arbeitsabläufe konsequent von den Anforderungen und Wünschen ihrer Zielgruppen her zu beschreiben. Drittens hat die RENO alle Arbeitsabläufe und sie begleitende Dokumente und Anweisungen geeignet dokumentiert und die übergreifenden Aspekte in einem QM-Handbuch zusammengeführt. Der Verband konnte hierfür einen Großteil der bereits genutzten Dokumente in leicht veränderter Form weiter nutzten. Als schöner Nebeneffekt stellte sich heraus, dass die Mitarbeiterinnen eine Unmenge entbehrlicher Vor-, Zwischen- und Alt-Versionen verschiedenster Dokumente sowohl in Hardcopy wie auch als digitale Version aus den Systemen eliminieren konnten. Dies schuf Platz gleichermaßen in Regalen wie auf Festplatten.

Ganz automatisch wurden bei dem skizzierten Vorgehen die Schwachstellen im System gefunden und abgestellt. Dabei wurden von den Kolleginnen sowohl Fehler gefunden, von denen die Organisation wusste, als auch Fehler, von denen die Mitarbeiterinnen nichts geahnt haben. Immerhin konnte die RENO mit einigem Stolz feststellen, dass ihre Arbeitsabläufe größtenteils nur geringfügige Korrekturen benötigt haben, um – unter den damaligen externen wie internen Anforderungen – als optimal gelten zu können. Schließlich sind die Studiengänge etabliert und seit Jahren gut besucht.

Die RENO hat im Laufe des Prozesses schnell verstanden, dass ein eingeführtes und gelebtes Qualitätsmanagement kein Parallel-System ist, sondern die gezielte Optimierung der eigenen Strukturen und Arbeitsabläufe ermöglicht. Im Ergebnis verfügt die RENO nun über abgestimmte, strukturierte, vereinheitlichte, verschlankte und dokumentierte Arbeitsabläufe. Dies zahlte sich bereits kurzfristig aus, da die Arbeitsorganisation des Verbandes stark auf gegenseitige Vertretung ausgerichtet ist.

Die RENO stellt heute, acht Monate nach der Zertifizierung und kurz nach dem ersten internen Audit fest, dass sich einige Anforderungen und Wünsche an die Arbeit bereits wieder geändert bzw. weiterentwickelt haben. Daher entwickelt sich auch das QM-System fortgesetzt. Änderungen der Rahmenbedingungen zu erfassen und die Arbeit damit weiter zu optimieren, ist für die Mitarbeiterinnen der RENO ein unmittelbar motivierendes Element geworden: Denn auf diese Art und Weise konnten die Fachwirtkurse noch effizienter organisiert und die Zufriedenheit bei Teilnehmern, Dozenten und Teilnehmer noch weiter gesteigert werden.

Investition lohnt sich mehrfach

Der RENO-Bundesverband hat die Einführung und Zertifizierung des QM-Systems in fünf Monaten absolviert – ein Zeitrahmen, der ohne professionelle externe Unterstützung nicht hätte eingehalten werden können. Die Optimierung des QM-Systems im gegebenen Zeitrahmen bedeutete indes auch eine spürbare Zusatzbelastung, die einzukalkulieren ist. Die durch den Prozess gewonnene und langfristig wirkende strategische und inhaltliche Klarheit sowie die zeitlichen und finanziellen Ersparnisse machten den Einsatz jedoch mehr als wett.

Über positive Erfahrungen mit einer externen Begleitung kann auch eine weitere Organisation berichten: Das Berufliche Trainingszentrum (BTZ) im Berufsförderungswerk Berlin-Brandenburg e. V wurde ebenfalls 2010 von Meilenstein! bei der Einführung eines QM-Systems auf ISO-Basis bis zur erfolgreichen Zertifizierung unterstützt. Das BTZ verfügt mit 45 Mitarbeitern über eine recht große Struktur.

Das Mitglied des BTZ-Leitungsteams Claudia Löber hat ihre Erfahrung folgendermaßen zusammengefasst: „Die Einführung eines QM-Systems war für uns ein Buch mit sieben Siegeln. Wir konnten überhaupt nicht einschätzen, worauf es bei der Entwicklung eines QM-Systems ankommt, was bei der Prozessbeschreibung wichtig ist und mit welchem personellen und zeitlichen Aufwand wir zu rechnen hatten.

Für uns war die Unterstützung durch einen externen Berater daher sowohl aus fachlichen wie auch aus zeitlichen Erwägungen absolut hilfreich. Ohne die klare Anleitung hätten wir uns der für uns unbekannten Materie nicht systematisch zuwenden können. Und der zeitliche Aufwand wäre sicherlich – bei fraglichem Erfolg – deutlich höher gewesen. Den 45 Kolleginnen und Kollegen aus  dem Leitungsteam und der Mitarbeiterschaft wurde durch die externe Unterstützung sehr viel Sicherheit vermittelt. Dadurch konnten wir das Audit durch den TÜV doch recht gelassen auf uns zukommen lassen und waren gut vorbereitet, was sich in einem positiven Auditbericht niedergeschlagen hat! Meine Kollegin hat es so zusammengefasst: Beratung und Berater waren ein Glücksfall!“

Zertifizierung schafft Vertrauen und Reputation

Über die erfolgreiche Zertifizierung eines QM-Systems sollte in der Folge selbstverständlich kräftig berichtet werden. Der RENO-Bundesverband wirbt beispielsweise offensiv mit seinem Zertifikat auf der Basis der ISO 9001 und er stellt fest: Seine Studiengänge sind voll, und Dozenten, Teilnehmer und Behörden sprechen den Verband auf die erfolgreiche Zertifizierung regelmäßig an.

Eins hat sich allerdings nicht geändert: Die Teilnehmer müssen nach wie vor einen umfangreichen Lehrstoff mit harter Arbeit in ihren Kopf bringen, da hilft auch die Zertifizierung nicht.                         

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Autor/in

Dirk Günther

ist Geschäftsführer des Deutschen Hebammenverband e. V. Zudem berät er seit 2007 Verbände mit der Meilenstein! Beratungskanzlei.

http://www.meilenstein-beratung.de

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