Wer an Web 2.0 denkt, denkt automatisch an Blogs, Podcasts, Youtube oder die ‚socialnetworks’ StudiVZ, XING und Co. Auch die Marketing- und PR-Strategen vieler Unternehmen wollen den schier unaufhaltsamen Trend zum Mitmach-Web, wie das Web 2.0 treffenderweise auch genannt wird, nicht verpassen und setzen auf Web-2.0-Applikationen. Doch wie sieht es in der Verbandskommunikation aus? Welche Instrumente sind sinnvoll und bei welchen ist der Nutzen eher zweifelhaft?
Zwei Drittel der Deutschen sind online, über die Hälfte von ihnen nutzt Web-2.0-Anwendungen, wie die ARD/ZDF-Onlinestudie 2008 herausfand. Es ist also nicht weiter verwunderlich, dass auch viele Verbände mit entsprechenden Angeboten mittlerweile online sind, wie eine kürzlich durchgeführte Umfrage der Berliner PR-Agentur Nolte Kommunikation herausfand. So nutzen bereits fast 30 Prozent aller antwortenden Verbände RSS Feeds, über 20 Prozent halten Podcast-Angebote auf ihrer Website bereit. Auch interaktive E-Learning-Plattformen haben bereits 13 Prozent der Befragten installiert. Und immerhin zwei der Befragten gaben an, ein eigenes Verbandsblog zu führen. Besonders beliebt – und sinnvoll – sind entsprechende Angebote zur Aufwertung des Pressebereichs: Fast 40 Prozent haben die eigene Presselounge so bereits zu einem Multimediabereich ausgebaut. Doch werden die zahlreichen Angebote auch angenommen und welchen tatsächlichen Nutzwert haben sie?
Blogs für Monitoring nutzen
Wenn es um Web 2.0 ging, räumten die Medien in den letzten zwei Jahren dem Thema „Blogs“ einen großen Stellenwert ein. Aber hält der Hype einer kritischen Überprüfung stand? Technorati, die größte Blog-Suchmaschine, verzeichnet weltweit knapp 113 Millionen Blogs – sowohl private als auch Unternehmensblogs (corporate blogs). Die geschätzten 600.000 deutschen Blogs, von denen wiederum weniger als fünf Prozent aktiv gepflegt werden, nutzen derzeit nur noch 2,5 Millionen Onliner, 2007 waren es nahezu doppelt so viele!
Und auch beim Blick auf die Unternehmensblogs macht sich eine gewisse Ernüchterung breit: Ganze 622 überwiegend von Kleinunternehmen geführte Corporate Blogs verzeichnet die deutschsprachige Suchmaschine „Top100 Business Blogs“ 2007 in Deutschland. Wird die Bedeutung von Blogs überschätzt? Die Vermutung liegt nahe, doch wer meint, das Thema nun gänzlich vernachlässigen zu können, liegt falsch: Blogs eignen sich zwar offensichtlich hierzulande kaum, um eine breite Öffentlichkeit anzusprechen, sie sind eher ein Special-Interest-Angebot und sollten deshalb auch als solches behandelt werden.
In diesem Zusammenhang liegt auch für die Kommunikationsverantwortlichen eines Verbandes ihre Bedeutung: Viele Blogs befassen sich mit Produkten und Dienstleistungen und sind daher ein beliebter Informationspool von Journalisten. Das wiederum bedeutet, dass man auch als Verband darüber informiert sein muss, ob es in den Verband betreffenden Themenbereichen entsprechende Blogs gibt, um diese dann in das Monitoring mit einzubeziehen.
Sind thematisch relevante Blogs vorhanden, kann auch eine Beteiligung beispielsweise über die Kommentarfunktion von Nutzen sein, um in Debatten einzugreifen oder gar Themen aktiv anzustoßen. Es versteht sich von selber, dass auch hier die ethischen Grundsätze guter PR-Arbeit gelten sollten: Von anonymen Einträgen oder den tatsächlichen Absender verschleiernden Kommentaren ist dringend abzuraten. Doch auch das Führen eines eigenen Verbandsblogs als flankierende Kommunikationsmaßnahme kann durchaus Sinn machen, wenn diese zeitlich und thematisch begrenzt bleibt.
Blogs in der politischen Kommunikation
Anders als im klassischen Verbandsbereich gehören Blogs für Parteien, deren Kommunikation sich besonders auf Wahlkämpfe fokussiert, daher mittlerweile fast zum Standardrepertoire. Insbesondere zur Bundestagswahl 2009 werden wieder zahlreiche Parteien und ihre Sympathisanten versuchen, auch mittels Blogs die Wählerinnen und Wähler für sich zu gewinnen. Und wie so oft wird dabei vieles von dem erst kürzlich zu Ende gegangenen amerikanischen Wahlkampf abgeschaut: Barack Obamas Erfolg ist nicht zuletzt einer bemerkenswerten Online-Kampagne zu verdanken, zu deren integralem Bestandteil neben einem ausgeklügelten Spendensammelsystem auch Blogging und Newslettering gehörte. Kein Wunder, dass nahezu alle etablierten deutschen Parteien ihre Wahlkampfbeobachter über den Großen Teich geschickt hatten, um für den eigenen anstehenden Wahlkampf daraus zu lernen.
Verbände können daraus folgende Erkenntnis ziehen: Blogs eignen sich durchaus für den Kampagnen begleitenden Einsatz; interessante Themen wären beispielsweise die Niedriglohndebatte oder Tarifrunden.
Verbände setzen auf Podcasts und RSS Feeds
Eine bemerkenswert große Zahl an Verbänden – nämlich 20 Prozent laut Umfrage von Nolte Kommunikation – setzt nach eigenen Aussagen Podcasts bereits ein, der Großteil davon im Bereich des O-Ton-Services für Journalisten. Dank moderner Technik kann sendefähiges Material auch von versierten Laien produziert werden.
In der Öffentlichkeit hat Podcasting jedoch noch keinen durchschlagenden Erfolg gehabt: Lediglich ein Prozent aller Online-Nutzer in Deutschland greifen auf entsprechende Angebote zurück, wie die Online-Studie von ARD und ZDF belegt. So kommen Podcasting-Angebote von Verbänden wohl nur als Service für Journalisten infrage. Anders sieht es hingegen bei RSS Feeds aus: Diese werden von acht Prozent aller deutschen Internetuser genutzt, insbesondere unter Akademikern, und in der beruflichen Anwendung liegt der Anteil signifikant höher. RSS Feeds eignen sich besonders gut, um Informationen schnell und zuverlässig in der entsprechenden Zielgruppe zu verbreiten. Der Vorteil für den Absender ist, dass die entsprechenden Angebote aktiv bestellt werden, man also keine Streuverluste hat und davon ausgehen kann, dass auf der Empfängerseite auch Interesse an den Inhalten besteht. RSS Feeds schaffen zudem auf der eigenen Website einen Mehrwert. Verbände können RSS Feeds beispielsweise nutzen, um Branchennews zu publizieren oder die Mitglieder über Interna zu informieren. Somit sind RSS Feeds nicht nur in der externen Kommunikation ein effizientes und kostengünstiges Tool, sondern auch für die Mitgliederkommunikation. Ein gutes Viertel der von Nolte Kommunikation befragten Verbände haben diese Vorteile übrigens erkannt und setzen RSS Feeds ein.
Newslettering – aber richtig!
Fast alle Verbände verfügen über einen E-Mail-Newsletter sowohl in der internen als auch in der externen Kommunikation. Neben der kostengünstigen Distribution sprechen kurze Reaktionszeiten und die damit verbundene hohe Aktualität sowie die einfache Handhabung für dieses Instrument. Doch werden dabei vielfach grundlegende Regeln nicht beachtet: Elektronisch versandte Newsletter unterliegen beispielsweise den gleichen rechtlichen Rahmenbedingungen wie Werbemails.
Für die Praxis heißt dies, dass bei der Verteilererstellung nur das Double-Opt-in-Verfahren rechtlich einwandfrei ist. Bei diesem Anmeldeverfahren erhält der künftige Empfänger nach der Anmeldung über die Website eine Bestätigungsmail mit einem anzuklickenden Link. Erst nach erfolgreicher Bestätigung ist die Anmeldung abgeschlossen. Beim eigentlichen Newsletter unterscheidet man zwischen der Nur-Text-Variante, dem HTML-Newsletter oder dem Versand eines Links – beispielsweise zu einem PDF-Newsletter. Jede Variante bietet Vor- und Nachteile: Die Nur-Text-Version ist von allen gleichermaßen zu lesen, ist aber optisch unattraktiv. HTML-Newsletter hingegen bieten zwar die Möglichkeit, das Corporate Design des Verbandes genauso wie Bilder oder Grafiken einzubinden, bergen jedoch die Gefahr, dass sie in Abhängigkeit von den individuellen Mailprogrammeinstellungen nicht überall einwandfrei dargestellt werden. PDF-Newsletter können am professionellsten gestaltet werden und bieten den Vorteil einer einfachen Archivierbarkeit. Doch neben technischen Aspekten entscheiden auch Inhalt und Zielrichtung eines Newsletters über die Wahl des Formates: Wer als Verband kurzfristige Ziele mit dem Newsletter verfolgt, bei dem Inhalt keine dauerhafte Aktualität besitzt und auch keine umfangreiche Auswertung benötigt, fährt wahrscheinlich mit einem Nur-Text-Newsletter am besten, wer hingegen auf Optik und Evaluation Wert legt, kommt am HTML-Newsletter nicht vorbei. Wer zusätzlich davon ausgeht, dass der Inhalt des Newsletters von längerfristiger Aktualität ist, und daher von einer Archivierung ausgeht oder gar auch eine gedruckte Version vorrätig hält, der ist sicherlich am besten mit dem Versand eines Links zum entsprechenden PDF bedient.
Fazit:
Der Web-2.0-Hype des vergangenen Jahres ist inzwischen einer gewissen Ernüchterung gewichen – Web 2.0 ist aus den Diskussionsforen verschwunden und in der Realität angekommen. Auch wenn die Führung eines eigenen Verbandsblogs nur unter bestimmten Voraussetzungen Sinn macht, so sollte jeder Kommunikationsverantwortliche darüber informiert sein, ob es zu den Verbandsthemen relevante Blogs gibt, und diese in sein Themenmonitoring mit einbeziehen. Podcasts haben sich in Deutschland bislang nicht durchgesetzt. Ob es unter diesen Rahmenbedingungen im Verbandsbereich Sinn macht, ein solches Angebot vorrätig zu halten, ist daher zweifelhaft und macht höchstens als O-Ton-Service für Journalisten Sinn. RSS Feeds und Newslettering haben hingegen zu Recht Eingang in die Verbandskommunikation gefunden. Bei Letzterem liegt jedoch, insbesondere was die Einhaltung rechtlicher Rahmenbedingungen bei der Verteilererstellung angeht, noch einiges im Argen.
Literaturhinweise:
Melanie Huber: Kommunikation im Web 2.0, Konstanz 2008
Dominik Ruisinger: Online Relations. Leitfaden für moderne PR im Netz. Stuttgart 2007
Berthold Hass u. a. (Hgg.): Web 2.0. Neue Perspektiven für Marketing und Medien. Heidelberg 2008
Martin Roebke leitet bei der auf Verbandskommunikation spezialisierten Agentur Nolte Kommunikation
den Bereich Public Relations/Public Affairs. Kontakt und Bezug der zitierten Umfrageergebnisse: m.roebke@nolte-kommunikation.de
Definition
Blog: Ein Weblog [‘wεb.blg], engl. [‘wεb.lg] (Wortkreuzung aus engl. World Wide Web und Log für Logbuch), meist abgekürzt als Blog [blg], ist ein auf einer Website geführtes und damit öffentlich einsehbares Tagebuch oder Journal. Häufig ist ein Blog „endlos“, d. h. eine lange, abwärts chronologisch sortierte Liste von Einträgen, die in bestimmten Abständen umbrochen wird. Es handelt sich damit zwar um eine Website, die aber im Idealfall nur eine Inhaltsebene umfasst. Ein Blog ist ein für den Herausgeber („Blogger“) und seine Leser einfach zu handhabendes Medium zur Darstellung von Aspekten des eigenen Lebens und von Meinungen zu oftmals spezifischen Themengruppen. Weiter vertieft, kann es auch sowohl dem Austausch von Informationen, Gedanken und Erfahrungen als auch der Kommunikation dienen. Insofern kann es einem Internetforum ähneln, je nach Inhalt aber auch einer Internetzeitung. Die Tätigkeit des Schreibens in einem Blog wird als Bloggen bezeichnet. Die Begriffe „Blog“, „Blogger“, „Bloggerin“ und „Bloggen“ haben in den allgemeinen Sprachgebrauch Eingang gefunden und sind im Duden und Wahrig eingetragen.(aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie, www.wikipedia.de)
Web-2.0-Studie des BITKOM
Fast 15 Millionen Deutsche stellen eigene Fotos ins Netz, sieben Millionen unterhalten eine eigene Homepage. Das ergab eine aktuelle, repräsentative Studie von TechConsult im Auftrag des BITKOM. Befragt wurden tausend Personen ab zehn Jahre. An Diskussionsforen beteiligen sich fast 17 Prozent, das sind knapp zwölf Millionen Deutsche. Einen eigenen Blog betreiben gut zwei Prozent aller Nutzer. Gut zwölf Millionen Deutsche haben schon übers Netz telefoniert.
Generell zeigt die Studie, dass Männer die Web-2.0-Technologien häufiger nutzen als Frauen. Besonders deutlich ist der Unterschied beim Betreiben einer eigenen Homepage, der Beteiligung an Diskussionsforen, dem Einstellen eigener Videos und der Internettelefonie. Nur unter den Zehn- bis 17-Jährigen liegen teilweise die Mädchen vorn: bei der Nutzung des Messengers, dem Einstellen von eigenen Bildern und sonstigen persönlichen Daten.
Chatten und das Versenden sogenannter „Instant Messages“ sind besonders beliebt: 33 Prozent der männlichen und 25 Prozent der weiblichen Internetnutzer chatten oder schicken sich Sofortnachrichten. Bei männlichen Jugendlichen zwischen zehn und 17 Jahren sind es sogar 85 Prozent, bei Mädchen 94 Prozent.
Blogs von Verbänden: Fehlanzeige
Wer im Internet nach Blogs von Verbänden recherchiert, wird enttäuscht. Von einem „Bloghype“ kann jedenfalls bei den Verbänden keine Rede sein.