Verbändereport AUSGABE 6 / 2013

Von „Deutschlands Mitgliederchampions“ lernen

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Von „Deutschlands Mitgliederchampions“ lernen. Mit dem Rundum-Mitgliederbeziehungs-Check aus Mitgliedern Fans machen und effizient neue Mitglieder gewinnen

Unternehmen beschäftigen sich zunehmend intensiver mit der Herausforderung, sich in hoch entwickelten Märkten allein über Produkte und Dienstleistungen vom Wettbewerb zu differenzieren. Ein steigender Anteil von Kunden ist jedoch sehr zufrieden mit den Leistungen der jeweiligen Anbieter und wandert dennoch mangels Differenzierungsmöglichkeit auf der reinen Produkt- beziehungsweise Dienstleistungsebene bei der nächstmöglichen Gelegenheit zum preisgünstigeren Wettbewerb ab (sog. „Söldner-Kunden“).

Auch in Mitgliederorganisationen, insbesondere in Verbänden, Parteien und ebenso pflichtmitgliedschaftlich organisierten Kammern, stellen diese „Söldner-Mitglieder“ die haupt- und ehrenamtlichen TOP-Entscheider vor Herausforderungen, wenn es darum geht, die bestehenden Mitglieder emotional zu binden und damit auch effizient Neu-Mitgliederpotenziale zu erschließen. Denn bereits jedes fünfte Mitglied in Deutschlands Verbänden gehört zu diesen „Söldner-Mitgliedern“, die dies – trotz hoher Mitgliederzufriedenheit mit der Leistungsebene – der Organisation nicht mehr mit „Loyalität“ danken.

Basierend auf der Grundlagenforschungsinitiative des Excellence Barometers® und der jährlichen Benchmarkstudie „Deutschlands Mitgliederchampions“ (Initiatoren: forum! Marktforschung GmbH und Deutsche Gesellschaft für Verbandsmanagement DGVM, www.deutschlands-mitgliederchampions.de) zeigt der folgende empirisch fundierte Beitrag, wie sich insbesondere durch eine konsequent auf die strategischen Stärken fokussierte Markenführung, die sich nach zentralen Mitgliederbedürfnissen richtet, eine für das Mitglied im externen Wettbewerbsvergleich spürbare und emotional verbindende Exklusivität erzielen lässt. Insbesondere werden hierbei die zentralen Analyse- und Steuerungstools inkl. der Erkenntnisse aus den Benchmarkstudien „ExBa®-Verbände“, „ExBa®-Mitglieder“ und der jährlichen Benchmarkstudie „Deutschlands Mitgliederchampions®“ (ehemals „Mitgliederfocus Deutschland“) vorgestellt.

Letztendlich erweist sich somit nicht mehr die klassische Mitgliederzufriedenheit mit der Leistungsebene als die zentrale Zielgröße zur Messung, Erklärung und damit auch Steuerung von Organisationserfolg, sondern die emotionale Mitgliederbindung, welche zu einer hohen „Fan-Quote“ führt.

Und emotional gebundene Mitglieder – d. h. Fans – sind darüber hinaus auch die entscheidende Grundlage für eine effiziente, da gleichzeitig sehr kostengünstige Art der Neumitgliedergewinnung: die Weiterempfehlung.

Hintergrund der Benchmarkstudie „Deutschlands Mitgliederchampions“

In Zeiten des Wertewandels und abnehmender Bindungsbereitschaft, zunehmender Individualisierung und damit wachsender kritischer Kosten-Nutzen-Kalkulation seitens der auch potenziellen Mitglieder nimmt der Wettbewerb auf den „Mitgliedermärkten“ deutlich zu. Benachbarte Verbände der gleichen Branche, Dach- und Fachverbände, teilweise sogar regional eigenständige Untergliederungen derselben Vereinigung stehen in massiver Konkurrenz zueinander, wenn es darum geht, neue Mitglieder zu gewinnen und die bestehenden Mitglieder zu halten. Auch der Wettbewerb um identische Zielgruppen zwischen Verbänden auf der einen Seite und privatwirtschaftlich geführten Unternehmen auf der anderen Seite nimmt deutlich zu (sog. „Substitutionskonkurrenz“ am Beispiel eines Berufsverbandes, der im Bereich der verbandseigenen „Fort- und Weiterbildungsakademie“ durchaus mit privatwirtschaftlichen Anbietern konkurriert).

So war es beispielsweise früher durchaus nicht unüblich, wenn ein Arbeitnehmer bei der Adam Opel AG einen Arbeitsvertrag unterschrieben hatte, dass derselbe Arbeitnehmer – quasi „by the way“ – auch das Eintrittsformular der für ihn zuständigen Gewerkschaft IG Metall gleich mit unterschrieb. Heute dagegen fragen sich die Menschen – ob nun als Privatperson oder als Topentscheider in einem Unternehmen – sehr selbstbewusst, was die Mitgliedschaft in einem Personen- beziehungsweise Institutionenverband konkret bringt und auch kostet. Im Umkehrschluss führt dies bei Verbänden natürlich dazu, dass die Investitionen für die Werbung neuer Mitglieder extrem in die Höhe schnellen. Einschlägigen Untersuchungen aus der Privatwirtschaft zufolge ist es beispielsweise acht- bis zehnmal teurer, einen neuen Kunden zu gewinnen, im Vergleich zu den Investitionen für das Halten eines Bestandskunden.

Allein dies macht bereits das enorme Potenzial eines erfolgreichen, d. h. empirisch fundierten Mitgliederbeziehungsmanagements deutlich, wenn es darum geht, die aktuellen Bestandsmitglieder in das Zentrum der Überlegungen zu rücken und ihre emotionale Bindung als DIE zentrale Ziel- und damit Steuerungsgröße für Organisationserfolg zu definieren, sie regelmäßig zu analysieren und danach zu steuern.

Analyse- und Steuerungstools im Rahmen von „Deutschlands Mitgliederchampions“ a. fan!-Indikator® zur Messung der richtigen Zielgröße

Warum greift nun der Ansatz vieler Organisationen, allein durch die Steigerung der klassischen Zufriedenheit mit der reinen Leistungsebene ihre Mitglieder emotional zu binden beziehungsweise zu Fans zu machen, heutzutage zu kurz? Diese Frage lässt sich – damit beginnend – beantworten, indem zunächst dargestellt wird, was „emotionale Mitgliederbindung“ ist und wie sie reliabel, valide und objektiv im Rahmen der Benchmarkstudie „Deutschlands Mitgliederchampions“ gemessen wird.

Abbildung 1 stellt hierzu den (gewichteten) fan!-Indikator® als ein zentrales Ergebnis der forum!-Grundlagenforschung im Rahmen von „ExBa®-Mitglieder“ und der Benchmarkstudie „Deutschlands Mitgliederchampions“ dar. Demnach sind es sechs Indikatoren – von der „Weiterempfehlungsbereitschaft“ bis hin zum sog. „Commitment“ –, die das tatsächliche Mitgliederverhalten hinsichtlich der Frage „Austritt“ vs. „Verbleib“ am besten prognostizieren. Unter Berücksichtigung rationaler („Kopf“) und emotionaler Komponenten („Herz“) werden diese sechs Indikatoren gewichtet und in den einheitlichen fan!-Indikator® als die zentrale Zielgröße zur Messung, Erklärung und damit auch der Steuerung von Verbandserfolg überführt.

b. fan!-Portfolio® – Grundlage für ein optimales Mitgliederbeziehungsmanagement

In der Gegenüberstellung der über diesen fan!-Indikator® gemessenen emotionalen Mitgliederbindung und der klassischen Mitgliederzufriedenheit mit der reinen Leistungsebene insgesamt (sog. Gesamtzufriedenheit) zeigt sich dann unternehmens- beziehungsweise bevölkerungsrepräsentativ für Mitglieder in Institutionen- und Personenverbänden und auch Kammern in Deutschland das in Abbildung 2 dargestellte fan!-Portfolio®. Es segmentiert die Mitglieder entsprechend der Beziehungsqualität und ist damit die Grundlage für ein optimales Mitgliederbeziehungsmanagement. Demnach sind 19 Prozent der Mitglieder zwar überdurchschnittlich zufrieden, jedoch gleichzeitig unterdurchschnittlich emotional gebunden, d. h. trotz überdurchschnittlicher Zufriedenheit mit der Leistungsebene „austrittsgefährdet“ bzw. „austrittswillig“.

Die insgesamt resultierenden und fünf unterschiedlichen Mitgliedergruppen lassen sich wie folgt charakterisieren: Die Fans einer Organisation sind hochzufrieden und stark emotional gebunden. Auch die Sympathisanten sind überdurchschnittlich zufrieden und emotional gebunden. Sie unterscheiden sich von den Fans lediglich in ihrem geringeren Aktivierungspotenzial. Im Gegensatz dazu ist die Gruppe der Terroristen unzufrieden und emotional ungebunden. Ein Großteil dieser Mitglieder wird die Organisation in der nächsten Zeit – sofern sie die Möglichkeit dazu haben – verlassen. Ausgenommen sind hier natürlich die Mitglieder in Kammern, die durch die Pflichtmitgliedschaft eher „gebunden“ und weniger „verbunden“ sind. Diese (wenn auch nur „gewollte“) Abwanderung geht in der Regel nicht still und leise vonstatten. Vielmehr nutzen die Terroristenmitglieder jede Gelegenheit und Plattform, ihre negativen Erfahrungen mit anderen aktuellen und potenziellen Mitgliedern zu teilen, und schaden der Organisation damit erheblich. Auch wenn dies nur 8 Prozent sind, besteht durch diese Mitgliedergruppe gerade in Zeiten von „Social Media“ ein riesiges Gefährdungspotenzial durch die sehr intensiv praktizierte „Negativ-Propaganda“.

Interessant für die eingangs geschilderte Fragestellung, warum Zufriedenheit allein heute nicht mehr ausreicht, um emotionale Mitgliederbindung zu erzielen, sind nun die beiden „atypischen“ Mitgliedergruppen der Söldner und der Gefangenen. Denn deren Existenz belegt, dass die klassische Mitgliederzufriedenheit allein nicht mehr als Gradmesser und damit auch nicht mehr als Steuerungsgröße für das tatsächliche Mitgliederverhalten funktioniert: Die Gefangenen sind zwar unterdurchschnittlich zufrieden, aber dennoch der Organisation emotional verbunden. Die Söldner hingegen sind überdurchschnittlich zufrieden, fühlen sich der Organisation gegenüber aber nur unterdurchschnittlich verbunden. Es zeigt sich also insgesamt, dass zwar 68 Prozent der Mitglieder in Deutschlands Organisationen überdurchschnittlich zufrieden sind. Allerdings ist wiederum ca. jedes vierte dieser überdurchschnittlich zufriedenen Mitglieder nicht wirklich loyal und bleibt der Organisation damit auch nicht lange treu, d. h., es tritt trotz seiner guten Erfahrungen sehr wahrscheinlich bei der nächsten Gelegenheit aus (Ausnahme natürlich: Kammern). Die Anteile dieser unterschiedlichen Mitgliedergruppen in den verschiedenen und im Rahmen von „ExBa®-Mitglieder“ berücksichtigten Organisationstypen sind in Abbildung 3 dargestellt.

c. fan!-Kausalmodell® zur Erklärung und damit Steuerung der emotionalen Mitgliederbindung

Söldnermitglieder sind also trotz hoher Zufriedenheit (und damit positiver Leistungsbeurteilung) nicht emotional verbunden. Ihre Existenz legt den logischen Schluss nahe, dass es neben der klassischen Mitgliederzufriedenheit noch eine andere Größe geben muss, die auf die emotionale Mitgliederbindung einzahlt. Diese zweite Einflussgröße ist die Imagewahrnehmung, in der die Qualität von Markenführung und externer Kommunikation zum Ausdruck kommt. Für höchste emotionale Mitgliederbindung braucht es einen optimalen Mix: eine hervorragende Leistung und ein Topimage. In Abbildung 4 ist das fan!-Kausalmodell® zur Erklärung und damit Steuerung der emotionalen Mitgliederbindung dargestellt. Die zwei Einflussgrößen Zufriedenheit und Image werden ihrerseits von Organisation zu Organisation unterschiedlich stark von einzelnen Leistungs- und Imagedimensionen beeinflusst.

Verfolgt ein Verband das für Verbandserfolg sehr bedeutsame Ziel, die emotionale Mitgliederbindung zu erhöhen, um damit die Fanquote nicht nur auszubauen, sondern effizient – d. h. unter dem Einsatz immer knapper Budgets – zielgenau zu steigern, bleibt es schließlich immer Aufgabe einer systematischen Analyse der emotionalen Mitgliederbindung, wie bspw. im Rahmen der Benchmarkstudie „Deutschlands Mitgliederchampions“, image- und leistungsseitig genau diese Einflussgrößen und deren Treiberwirkung auf (=Wichtigkeit für) emotionale Mitgliederbindung statistisch/methodisch sauber zu ermitteln.

Ein Beispiel aus der Privatwirtschaft soll den zusätzlichen Erklärungsgehalt dieses fan!-Kausalmodell® zur Erklärung und Steuerung der emotionalen Bindung erläutern. Es verdeutlicht darüber hinaus, warum Investitionen auf der Leistungsebene mit der Absicht, die Zufriedenheit und damit die emotionale Bindung von relevanten Anspruchsgruppen, wie bspw. Mitglieder oder Kunden, zu steigern, oftmals nicht zielführend sind. Im Rahmen einer ExBa®-Befragung wurden dazu zunächst Kunden der Deutschen Bahn (Fernreisende) und der Lufthansa (innerdeutsche Flüge) unmittelbar nach Abschluss ihrer Reise nach ihrer Zufriedenheit mit der Pünktlichkeit befragt. Durch diese Befragungstechnik des „last incidence“ fokussiert sich die Wahrnehmung der Kunden auf die eigentliche Leistungserbringung – Imageeinflüsse können weitgehend ausgeblendet werden. Abbildung 5 zeigt, dass die Differenz zwischen der Zufriedenheit der Kunden der Deutschen Bahn und der Lufthansa-Kunden im Hinblick auf die Pünktlichkeit mit ihrer letzten Reise nur sehr gering ausfällt.

Das heißt, auf der Leistungsebene gibt es in der Beurteilung der Kunden offensichtlich keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Unternehmen. Fragt man allerdings bevölkerungsrepräsentativ regelmäßige und gelegentliche Nutzer der Deutschen Bahn (Fernreisende) nach ihrer Zustimmung zu den Aussagen „Die Deutsche Bahn ist sehr pünktlich“ beziehungsweise „... ist sehr zuverlässig“, so ergibt sich ein komplett anderes Bild. Wie Abbildung 6 verdeutlicht, fällt die Deutsche Bahn bei dieser imageorientierten Abfrage auf einer 100-Punkte-Skala um über 35 Punkte hinter die Vergleichsgruppe von Lufthansa-Kunden auf innerdeutschen Flügen zurück.

Das bedeutet: Die Ursache für das „Pünktlichkeitsproblem“ der Deutschen Bahn liegt nicht primär auf der Leistungsebene, denn in der Leistungsbeurteilung schneidet die Deutsche Bahn zwar nicht gut ab, liegt aber praktisch auf Augenhöhe mit der Lufthansa. Die Ursachen sind vielmehr auf der Imageebene zu suchen – und damit auf der Wahrnehmungsebene: Beide Unternehmen sind gleichermaßen pünktlich (oder unpünktlich). Trotzdem produzieren sie bei ihren Kunden komplett unterschiedliche Wahrnehmungen. Diese entstehen durch komplett unterschiedliche Kommunikationsstrategien (Beispiel: Wie häufig thematisiert die Deutsche Bahn während einer Zugreise ihre eigene „Unpünktlichkeit“, wie häufig die Lufthansa?) und ein differenziertes „Erwartungsmanagement“ (so ist die kleinste Zeiteinheit für Verspätungen bei der Lufthansa fünf Minuten, bei der Deutschen Bahn eine Minute). Im Umkehrschluss heißt dies aber, dass die Bahn mit Investitionen im Bereich der Leistungsebene die knappen Ressourcen nicht unbedingt optimal einsetzt. Um die emotionale Kundenbindung zu erhöhen, sind Maßnahmen auf der kommunikativen Ebene, also im Bereich der Markenführung, erfolgversprechender.

d. fan!-Ampel® –  Alleinstellung durch Fokussierung auf strategische Stärken

Hohe emotionale Bindung (und damit verbunden eine hohe Fanquote) entsteht, wenn Organisationen es schaffen, dort zu glänzen, wo ihre Stärken für das Mitglied a) mit hoher Relevanz und b) wahrnehmbarer Differenzierung zum Wettbewerb einhergehen. Wenn das gelingt, entsteht eine Monopolstellung in den Köpfen der Mitglieder – diese werden zu Fans. Rein über die Leistungsebene ist diese Differenzierung vom Wettbewerb heutzutage meist nur noch sehr schwer möglich. Die Mitglieder nehmen Leistungsunterschiede, z. B. auf dem häufig nur noch für Insider durchschaubaren, da immer komplexer werdenden Kerngebiet der Interessenvertretung, kaum noch wahr. Daher kommt der Markenführung/dem Verbandsimage eine wachsende Bedeutung zu. Werden Dienstleistungen – ob nun Kollektiv- oder Individualleistungen – zwar als sehr gut, aber nicht unbedingt als einzigartig empfunden, muss die Marke der Organisation umso kräftiger strahlen. Eine wirksame Markenführung wiederum setzt fundierte Informationen über Stärken und Schwächen im Wettbewerbsvergleich und über das Anforderungsprofil der Mitglieder voraus. Denn nur durch eine Fokussierung auf ureigene strategische Stärken erzielen die Organisationen eine für das Mitglied spürbare Exklusivität. So verstanden, ist Markenführung zunächst kein Kreativprozess, bei dem es in erster Linie um Farben und Tonalitäten geht, sondern erfordert eine durchweg analytische Vorgehensweise.

Dieses Grundverständnis von Markenführung wird beispielhaft in Abbildung 7 illustriert, der fan!-Ampel® für erfolgreiche, da auf strategische Stärken fokussierte Markenführung. In der zweiten Spalte „Bewertung“ ist das Stärken-Schwächen-Profil aus Sicht der Mitglieder dieses Branchenverbandes hinsichtlich der in der ersten Spalte aufgeführten Image-
attribute abgetragen, in der dritten die Relevanz der Attribute für die Mitglieder („Wichtigkeit“) und in der vierten die „Differenzierung“ vom Wettbewerb. Nur wenn die fan!-Ampel® in allen drei Bewertungsspalten auf Grün steht, handelt es sich um eine strategische Stärke, auf die dieser Branchenverband fokussieren sollte, um weitere Fans zu gewinnen. Das bedeutet in diesem realen Beispiel, dass der Branchenverband sowohl in seiner Leistungserbringung als auch in seiner Kommunikation über alle Berührungspunkte zum Mitglied hin „Kompetenz“ in den Vordergrund stellen sollte – und eben nicht, wie lange Zeit vor Durchführung dieser Analyse der emotionalen Mitgliederbindung für diesen Branchenverband –
den „Erfolg“. Denn das Attribut „Erfolg“ wird aus Sicht der Mitglieder im externen Vergleich zum Wettbewerb zwar besser bewertet (letzte Spalte „Differenzierung“). Jedoch hat es a) für die Mitglieder eine eher geringe Relevanz (d. h. eine niedrige Treiberwirkung; Spalte „Wichtigkeit“), und b) ist die Zustimmung zu diesem Attribut aus Sicht der Mitglieder mit nur 72 Punkten auf einer 100-Punkte-Skala als relativ gering einzustufen. D. h., diesem Branchenverband wird das Attribut „Erfolg“ durch die Mitglieder nicht gerade übermäßig zugeschrieben – „Kompetenz“ dagegen sehr wohl, und dies bei gleichzeitig höchster Relevanz für die Mitglieder und auch positiver Differenzierung gegenüber dem Wettbewerb.

Wenig zielführend im Hinblick auf die effiziente Erhöhung der Fanquote ist dagegen der häufig in Verbänden anzutreffende Versuch, sich immer wieder ausschließlich auf die Kompensation von Schwächen zu konzentrieren: Wie viel personeller, in-frastruktureller und finanzieller Ressourcenaufwand ist notwendig, um aus einer Schwäche in der Wahrnehmung der Mitglieder eine Stärke zu machen und dabei dann auch noch besser als der Wettbewerb dazustehen? Ebenso wenig Erfolg versprechend ist der Versuch, mehrere Themen gleichzeitig zu besetzen, um es möglichst allen Mitgliedern recht zu machen. Dies führt in der Wahrnehmung ggf. zu Profillosigkeit und verhindert die notwendige Bündelung von immer knappen Ressourcen, die von vielen Verbänden mit konsequenter, d. h. auf strategische Stärken fokussierter Markenführung wie ein Befreiungsschlag – insbesondere im Hauptamt – empfunden wird. Denn gerade die verbandstypische „Zweiteilung zwischen Ehrenamt und Hauptamt“ führt dazu, dass durch den kontinuierlichen Wechsel im Ehrenamt – bedingt durch satzungsgemäße Neuwahlen – und die damit häufig einhergehende „Varianz“ der berühmten „Beschlusslage“ eine konsequent an den strategischen Stärken orientierte und langfristig angelegte Markenführung konterkariert wird.

Fans bringen effizient neue Mitglieder

Stellt sich am Ende die entscheidende Frage, welchen Nutzen nun Mitgliedsorganisationen von einer solch´ systematischen Analyse der emotionalen Mitgliederbindung im Rahmen der Benchmarkstudie „Deutschlands Mitgliederchampions“ inkl. fan!-Indikator®, fan!-Portfolio®, fan!-Kausalmodell® und fan!-Ampel® haben –
natürlich nur, sofern sie sich auch an die Ergebnisse im Rahmen der dann nachgelagerten Strategie- und Maßnahmenentwicklung halten. Zusammengefasst besteht dieser Nutzen schlicht in einer effizienten Neu-Mitgliedergewinnung – denn FANs, d. h. zufriedene UND emotional gebundene Mitglieder zeichnen sich u. a. durch folgende Eigenschaften aus: Sie ...

  • ... fühlen sich der Organisation eher „verpflichtet“,
  • ... sind weniger empfindlich gegenüber „verbandspolitischen Fehlentwicklungen“,
  • ... sind weniger sensibel gegenüber „Konkurrenzangeboten“,
  • ... sind die glaubwürdigsten „Botschafter einer Organisation“
  • ... und nehmen damit eine Schlüsselfunktion im Rahmen einer effizienten Neumitgliedergewinnung ein.

Dass dieser Mechanismus tatsächlich auch so funktioniert, soll abschließend ein Ergebnis aus der Benchmarkstudie „Deutschlands Mitgliederchampions®“ (ehemals „Mitgliederfocus Deutschland“) belegen, welches in Abbildung 8 dargestellt ist.

Fazit: Ausbau der Fankurve und neue Mitglieder

Emotional gebundene Mitglieder sind die Grundlage für eine effiziente und gleichzeitig sehr kostengünstige Art der Neumitgliedergewinnung: die Weiterempfehlung. Eine hohe emotionale Mitgliederbindung entsteht, wenn es Organisationen gelingt, dort zu glänzen, wo ihre Stärken für das Mitglied mit hoher Relevanz und wahrnehmbarer Differenzierung zum Wettbewerb einhergehen. Dafür sind Verbesserungen auf der Leistungsebene und eine damit einhergehende Steigerung der klassischen Mitgliederzufriedenheit allein nicht mehr ausreichend. Eine wachsende Rolle kommt dem Image/der Markenführung zu. Voraussetzungen für eine Erfolg versprechende Verbandsstrategie sind fundierte Analysen über das Stärken- und Schwächen-Profil im Wettbewerbsvergleich (Leistung und Image) und über die relevanten Bedürfnisse und Motive der Mitglieder, z. B. im Rahmen der Benchmarkstudie „Deutschlands Mitgliederchampions“ (www.deutschlands-mitgliederchampions.de). Nur wer seine relevanten Stärken in der Wahrnehmung der Mitglieder wirklich kennt, kann auf diese an allen Kontaktpunkten zu den Mitgliedern fokussieren und sie nachhaltig spürbar machen. Nur so lässt sich ein klares Profil vermitteln, mit dem die Organisationen eine Monopolstellung in den Köpfen der Mitglieder erzeugen können – aus Mitgliedern werden dann Fans. Wer dagegen zu viele Themen besetzt, verschwendet seine Ressourcen und wird austauschbar – aus Mitgliedern werden Söldner.

Das wissenschaftlich fundierte Analyse- und Steuerungs-Tool im Rahmen der Benchmarkstudie „Deutschlands Mitgliederchampions“ der forum! Marktforschung GmbH (Mainz) bietet entsprechend passende Kennzahlen/Instrumentarien und liefert konkrete Hilfestellungen bei der Entwicklung einer Erfolg versprechenden Verbandsstrategie inkl. einer effizienten Neu-Mitgliedergewinnung durch Weiterempfehlung:

  • Der fan!-Indikator® macht emotionale Mitgliederbindung mess- und steuerbar. Das bedeutet: Es wird das Richtige gemessen.
  • Das fan!-Portfolio® segmentiert Mitglieder entsprechend der Beziehungsqualität. Es ist die Grundlage für ein optimales Mitgliederbeziehungsmanagement.
  • Das fan!-Kausalmodell® identifiziert die entscheidenden Treiber für emotionale Mitgliederbindung – leistungs- und imageseitig.
  • Die fan!-Ampel® zeigt, wie durch Fokussierung auf strategische Stärken eine Monopolstellung in den Köpfen der Mitglieder erreicht wird und somit mehr Mitglieder zu Fans werden.
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Autor/in

Stefan Eser

ist Initiator und Wissenschaftlicher Leiter der Studie „Fanfocus Deutschland Verbände“.
Zudem ist er Leiter Emotionale Mitgliederbindung und Prokurist bei der 2HMforum. Für beste Beziehungen.

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