Nach dem derzeit gültigen Umsatzsteuergesetz gilt für die Umsätze gemeinnütziger Verbände generell der begünstigte Steuersatz von 7 Prozent. Ausgenommen hiervon sind derzeit nur die wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe. Sie müssen ihre Umsätze zum normalen Regelsteuersatz (ab 2007: 19 Prozent) versteuern. Der begünstigte Steuersatz gilt insbesondere auch für die Umsätze, die gemeinnützige Verbände im Bereich ihrer Zweckbetriebe ausführen. Hierdurch waren bisher in Einzelfällen steuersparende Gestaltungen (verbilligter Bezug durch Endverbraucher, gekoppelt mit erheblichen Vorsteuer-Überhängen beim Zweckbetrieb) möglich.
Der Entwurf des Jahressteuergesetzes möchte diesen Zustand zu Lasten gemeinnütziger Organisationen offenbar beseitigen. Berufsverbände und voll steuerpflichtige Verbände sind nicht betroffen, da bei ihnen keine steuerlichen Zweckbetriebe vorkommen können. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass nun auch Zweckbetriebe dem vollen Umsatzsteuersatz ab 2007 unterliegen sollen, wenn der Zweckbetrieb:
• in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Unternehmen stehen, die derartige Umsätze mit 19 Prozent besteuern, oder
• wenn die steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke des Verbandes mit diesen Leistungen des Zweckbetriebs unmittelbar verwirklicht werden.
In der Praxis bedeutet dies, dass die privaten Endverbraucher, die Leistungen von Zweckbetrieben beziehen (zum Beispiel Kunden von Blindenvereinen oder von gemeinnützigen Pflegeeinrichtungen), auf den Nettopreis statt wie bisher 7 Prozent nunmehr 19 Prozent Mehrwertsteuer bezahlen müssten, also eine Steigerung um satte 12 Prozentpunkte.
Hinzu kommt, dass die Formulierung des Entwurfs inhaltlich unklar ist. Wann dient ein Zweckbetrieb „in erster Linie“ der Erzielung zusätzlicher Einnahmen? Hier deutet sich eine neue umsatzsteuerliche „Geprägetheorie“ an. Wann steht ein Umsatz im „unmittelbaren“ Wettbewerb? Wo liegt die Grenze zwischen mittelbarem (steuerlich begünstigtem) Wettbewerb und dem voll zu besteuernden unmittelbaren Wettbewerb?
Die Gesetzesbegründung spricht davon, dass die vorgeschlagene Gesetzesänderung klarstellende Bedeutung haben solle. Eher das Gegenteil ist der Fall. Es werden neue unbestimmte Rechtsbegriffe in das Gesetz eingefügt, die das geltende Recht noch weiter komplizieren. Die auftretenden Abgrenzungsschwierigkeiten dürften die betroffenen Verbände und die Gerichte noch länger beschäftigen.
Wegen der elementaren Bedeutung, die die vorgeschlagene Gesetzesänderung für viele gemeinnützige Verbände haben würde, geben wir nachfolgend den Gesetzesvorschlag mit seiner amtlichen Begründung, die Änderungsvorschläge des Finanzausschusses und einen diesbezüglichen Bericht des Bundesrechnungshofs im vollen Wortlaut wieder, um den betroffenen Verbänden eine Möglichkeit zur Gegenreaktion zu geben.