Verbändereport AUSGABE 3 / 2007

Vermögensschadenhaftpflicht-Versicherung des Verbandes und seiner Organe

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Die Frage der Haftung und Versicherung von Organen erfasst zunehmend auch die Verbände. Gunhild Peiniger, Rechtsanwältin und Versicherungsexpertin, erläutert, was beim Abschluss einer solchen Versicherung zu beachten ist.

Grundsätze der Vermögensschaden-Haftpflicht-Versicherung:

Das Konzept zur Absicherung von Vermögensschäden für Vereine und Verbände, das von diversen Versicherungsgesellschaften angeboten wird, bietet allgemein einen umfassenden Versicherungsschutz der satzungsgemäßen Tätigkeit des Verbandes. Der Versicherungsschutz erstreckt sich hierbei sowohl auf Schadensersatzansprüche, die ein Dritter gegenüber dem Verband geltend macht, als auch auf den Fall, dass der Verband wegen eines Eigenschadens, den dieser unmittelbar erlitten hat, ein Organ oder einen Mitarbeiter in Anspruch nimmt.

Ziel ist es, den Schutz des Verbandes vor finanziellen Verlusten, verursacht durch Organe oder Mitarbeiter, zu bewirken. Die Versicherung bietet Schutz für den gesamten Bereich der fahrlässigen Pflichtverletzung und bezweckt die Abwehr unbegründeter sowie die Regulierung begründeter Ansprüche.

In der Vermögensschaden-Haftpflicht-Versicherung ist der gesamte Verband mit sämtlichen Mitarbeitern und Organen versichert. Teilweise ist es darüber hinaus möglich, freiberuflich tätige Mitarbeiter, Handelsvertreter sowie ehrenamtlich Tätige mit in den Versicherungsschutz einzubeziehen. Die Anzahl der Mitarbeiter sowie die Qualifikation und Art der Tätigkeiten entscheiden oftmals über die Höhe der Prämien.

Von den Gerichten werden immer schärfere Anforderungen an die Sorgfaltspflicht gestellt. Im Gegensatz zur Betriebshaftpflichtversicherung sind in der Vermögensschaden-Haftpflicht-Versicherung sogenannte reine Vermögensschäden versichert. Dieses sind Schäden, die weder Personen- noch Sachschäden sind, noch sich aus diesen herleiten. Es werden Dritt- und Eigenschäden unterschieden:

Drittschäden:

Hier heißt es in der Police: „Der Versicherer bietet dem Versicherungsnehmer sowie den im Versicherungsschein bezeichneten Organen und Personen Versicherungsschutz für den Fall, dass sie wegen eines Verstoßes, der von den bezeichneten Organen und Personen bei Ausübung satzungsgemäßer Tätigkeit begangen wurde, von einem Dritten für einen Vermögensschaden haftpflichtig gemacht werden“. Daneben sind Eigenschäden versichert.

Eigenschäden:

Eigenschäden werden wie folgt definiert: „Außerdem bietet der Versicherer dem Versicherungsnehmer Versicherungsschutz für Vermögensschäden, die er in Folge eines bei der Ausübung satzungsgemäßen Tätigkeit von den bezeichneten Organen und Personen fahrlässig begangenen Verstoßes unmittelbar erlitten hat.

Die meisten Vermögensschadenhaftlicht-Versicherungen bieten Versicherungsschutz für sämtliche gesetzliche Haftpflichtansprüche. Hierbei sahen zwar alte Policen noch die Beschränkung auf „privatrechtliche Haftpflichtansprüche“ vor, moderne Konzepte stellen jedoch nunmehr auf die gesetzliche Haftpflicht ab mit der Maßgabe, dass auch öffentlich-rechtliche Ansprüche abgesichert sind. Hierzu zählt beispielsweise die steuerliche Haftung gem. § 69 Abgabenordnung.

Die Formulierung in der Eigenschadenversicherung

Ein weiterer wesentlicher Punkt, auf den es zu achten gilt, ist die Formulierung in der Eigenschadenversicherung. Hier sollte nicht auf die „gesetzliche Haftpflicht“ des Mitarbeiters abgestellt werden, da dieser ein Haftungsprivileg genießt, sondern auf die „fahrlässige Pflichtverletzung“.

Als Schadenbeispiele, die unter die Vermögensschaden-Haftpflicht-Versicherung fallen, seien erwähnt:

• mangelhafte Beratung (bspw. bei Mietfragen, Kündigungssachen, bei der Rechtsverfolgung)

• unsachgemäße Beratung in arbeitsrechtlichen und steuerrechtlichen Fragen

• Haftung aus Steuerschuldver-hältnissen §§ 69, 34 AO

• fehlerhafte Beantragung öffentlicher Fördermittel

• fehlerhafte Gehaltsabrechnung (bspw. falsche Berechnung von Sozialabgaben, fehlerhafte Prüfung der Beitragspflicht)

In Abgrenzung zur D&O-Versicherung, auf die im Folgenden noch eingegangen wird, versichert die Vermögensschaden-Haftpflicht-Versicherung alle haupt- und nebenberufliche Mitarbeiter, aber auch Organe eines Verbandes. Häufig wird die Frage gestellt, worin der Unterschied zwischen der Vermögensschaden-Haftpflicht-Versicherung einerseits und der D&O-Versicherung (Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Organe) andererseits besteht.

Grundsätzlich bietet die Vermögensschaden-Haftpflicht-Versicherung, wie ausgeführt, Versicherungsschutz für Fehler der Mitarbeiter oder der Organe aus dem sogenannten operativen Handeln. Daneben gibt es spezifische berufliche Risiken der Organe, mit deren persönlicher Absicherung sich die D&O-Versicherung befasst. Kurz gefasst sichert die D&O-Versicherung das sogenannte Organisations-, Auswahl- und Überwachungsverschulden der Organe ab. Beide Versicherungsformen zahnen ineinander, soweit Organe in Anspruch genommen werden. Hier bleibt jeweils zu prüfen, ob es sich um ein operatives Handeln wie beispielsweise einen einfachen Sachbearbeiterfehler handelt oder ob ein Organisations-, Auswahl- oder Überwachungsverschulden vorliegt.

Für Verbände werden spezielle Kombinationsprodukte in der Versicherungswirtschaft angeboten:

D&O-Versicherung

Im Gegensatz zur Vermögensschaden-Haftpflicht-Versicherung sichert die D&O-Versicherung Vorstände, Geschäftsführer und Präsidium, Aufsichtsrat, Beirat etc. gegen Schadensersatzansprüche wegen angeblicher unternehmerischer Fehlentscheidungen ab. Nicht zuletzt hat das seit 1998 gültige KonTraG die Haftung verschärft.

Die Philosophie der D&O-Versicherung besteht darin, Schutz vor dem Eintritt existenzgefährdender Vermögensschäden für den Verband / Verein sowie deren Organe zu bieten. Die Anmeldung eines Versicherungsfalls setzt voraus, dass die Mitgliederversammlung gegenüber dem Vorstand Schadensersatzansprüche geltend macht. Die D&O-Versicherung hat ihren Ursprung in den USA und gehört im angloamerikanischen Raum zum Standardversicherungsschutz. Versicherungsnehmer ist grundsätzlich der Verband selbst. Innerhalb Deutschlands setzt sich diese Versicherungsform, gerade bei Verbänden, mehr und mehr durch.

Mögliche Schadenszenarien könnten sein:

Vorständen wird der Vorwurf gemacht:

• im Lagebericht nicht oder nur unzureichend auf die Risiken der künftigen Verbandsentwicklung einzugehen und dadurch den Bestätigungsvermerk des Wirtschaftsprüfers zu gefährden oder zu verfehlen;

• Steuererklärungs- und Buchführungspflichten vernachlässigt zu haben, so dass Steuerzahlungen verspätet oder nicht in vollem Umfang an das Finanzamt abgeführt wurden.

Beiräte und Aufsichtsräte unterlassen es:

• das Vorstandsmitglied persönlich wegen rechtswidriger Finanztransaktionen in Regress zu nehmen;

• bei Eintritt einer Schieflage der Bilanz die erforderlichen Kontrollmechanismen gegenüber dem Vorstand zu verstärken bzw. eine notwendige Abberufung zeitnah einzuleiten oder überhaupt vorzunehmen;

• Informationen über Unregelmäßigkeiten im Verband rechtzeitig nachzugehen.

Ein wesentlicher Vorzug des Abschlusses einer D&O-Versicherung liegt nicht nur in der Zahlungsfunktion, das heißt Übernahme der Entschädigungsleistung im Rahmen der vereinbarten Versicherungssumme, sondern auch in der Rechtsschutzfunktion. Dieses bedeutet, dass, wie bei jeder anderen Haftpflichtversicherung, zunächst die Haftpflichtfrage geprüft wird und mittels Einschaltung eines versierten Rechtsanwalts die Abwehr unberechtigter Ansprüche erfolgt. Beides leistet die D&O-Versicherung. Die D&O-Versicherung ist eine namenlose Versicherung, bei der sämtliche Organe versichert sind, und zwar solche der Gegenwart, der Zukunft und der Vergangenheit. Das hat den Vorteil, dass auch ausgeschiedene Vorstandsmitglieder, solange die Police nicht gekündigt wurde, Versicherungsschutz genießen. Darüber hinaus sind sämtliche Tochtergesellschaften mitversichert, soweit mehr als 50 Prozent Anteil an diesen besteht.

Üblicherweise werden in der Vermögensschaden-Haftpflicht-Versicherung niedrige Versicherungssummen bis zu einer Million Euro abgeschlossen, wohingegen die D&O-Versicherung eine „worst case“-Versicherung darstellt, so dass sich hier die Versicherungssummen oftmals – je nach Größe des Verbandes – auf bis zu zehn Millionen Euro belaufen.

Fazit und Empfehlung

Kleineren sowie mittleren Verbänden bis zu einer Haushaltssumme von 500.000 Euro ist der Abschluss einer Vermögensschaden-Haftpflicht-Versicherung dringend zu empfehlen. Hierbei sollte darauf geachtet werden, dass gerade das steuerliche Risiko, wie zum Beispiel der Verstoß gegen § 69 AO, abgesichert ist. Dieses erreicht man durch die Mitversicherung sämtlicher gesetzlicher Haftpflichtansprüche für fahrlässige Pflichtverletzungen der Mitarbeiter. Darüber hinaus sollten Verbände die Möglichkeit nutzen, für die eigenen Organe eine zusätzliche D&O-Versicherung abzuschließen. Hier ist vor allem das persönliche Haftungsrisiko abgesichert. Auf der anderen Seite sichert sie das Existenzrecht des Verbandes ab, da ein erlangter Titel gegen das Vorstandsmitglied nicht immer zu einer erfolgreichen Vollstreckung führt, so dass die Versicherung einen gewissen Schutz des Verbandsvermögens darstellt. Wenn möglich, sollten beide Versicherungen bei dem gleichen Risikoträger abgeschlossen werden, um im Schadenfall Abgrenzungsprobleme zu vermeiden. Inzwischen gibt es Kombiprodukte, die hinsichtlich beider Versicherungen aufeinander abgestimmt sind.

Da der korrekte Abschluss von Versicherungen zu den maßgeblichen Aufgaben des Vorstands eines Vereins gehört, sollte zur Evaluierung des entsprechenden Risikos fachlicher Rat eingeholt werden.

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Autor/in

Gunhild Peiniger

ist Juristin und seit 1999 Geschäftsführerin der PP Business Protection GmbH (Spezialmakler der ECCLESIA-Gruppe für beratende Berufe und Management). Fachbuchautorin und Referentin einer Vielzahl von Fachvorträgen.

https://www.pp-business.de

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