Verbändereport AUSGABE 1 / 2014

Verband und Service-Gesellschaft

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Wann führt die Beteiligung an der GmbH über eine sogenannte Betriebsaufspaltung zu einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb beim Verband? – Zukünftig werden Gewinnausschüttungen der GmbH partiell beim Verband nochmals versteuert. Es ist allgemein anerkannt, dass die Beteiligung eines Verbandes an „seiner“ Service-GmbH grundsätzlich dem vermögensverwaltenden Bereich des Verbandes zugerechnet wird. Diese Zuordnung ist ertragsteuerlich gesehen von Vorteil, weil damit Gewinnausschüttungen der GmbH oder Miet- und Lizenzzahlungen an den Verband in dessen Vermögensverwaltung anfallen und daher beim Verband nicht der Körperschaft- und Gewerbesteuer unterliegen.

Es ist allgemein anerkannt, dass die Beteiligung eines Verbandes an „seiner“ Service-GmbH grundsätzlich dem vermögensverwaltenden Bereich des Verbandes zugerechnet wird. Diese Zuordnung ist ertragsteuerlich gesehen von Vorteil, weil damit Gewinnausschüttungen der GmbH oder Miet- und Lizenzzahlungen an den Verband in dessen Vermögensverwaltung anfallen und daher beim Verband nicht der Körperschaft- und Gewerbesteuer unterliegen.

Leider hat sich dieser Zuordnungsgrundsatz – vor allem bedingt durch Änderungen in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – in der Praxis eher zur Ausnahme denn zur Regel entwickelt. Vor allem ist es die steuerliche Rechtsfigur der „Betriebsaufspaltung“, die in vielen Verbänden Anlass zu einer Neuorientierung geben muss. Dies ist allerdings bei vielen Verbänden noch nicht erkannt worden – kein Wunder, wenn man bedenkt, dass der Begriff „Betriebsaufspaltung“ in Verbandskreisen bis vor etwa zehn Jahren überhaupt keine Rolle gespielt hat und auch heute noch nicht zum allgemein bekannten Begriffsarsenal der Verbände gehört. 

Warum ist eine Betriebsaufspaltung steuerlich nachteilig für den Verband?

Eine Betriebsaufspaltung führt dazu, dass die Beteiligung an der Service-GmbH nicht mehr dem vermögensverwaltenden Bereich des Verbandes zugerechnet wird, sondern seinem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Es findet also eine Umqualifizierung der Beteiligung statt. Hatte der Verband zuvor überhaupt keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, so entsteht nunmehr ein solcher – allein dadurch, dass die Beteiligung an der GmbH qua Betriebsaufspaltung als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb des Verbandes gewertet wird. Verfügte der Verband bereits vorher über einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, so erweitert sich dessen Umfang qua Betriebsaufspaltung um die Beteiligung an der GmbH. Daraus ergeben sich mehrere nachteilige Folgen: Gewinnausschüttungen der GmbH werden partiell (5 Prozent) beim Verband nochmals versteuert. Vor allem aber werden Miet- oder Lizenzzahlungen, die die GmbH an den Verband entrichtet – und die normalerweise beim Verband als Einkünfte aus der Vermögensverwaltung nicht besteuert werden - bei Bestehen einer Betriebsaufspaltung plötzlich ertragsbesteuert. Die Steuerbelastung beträgt dann rd. 30 Prozent (Summe von KSt, GewSt und SolZ).

Betriebsprüfung der Finanzämter achtet besonders auf Betriebsaufspaltungen

Man könnte Betriebsaufspaltungen bei Verbänden getrost als juristische Spitzfindigkeit abgehobener Steuertheoretiker abtun, wenn sich die Steuerprüfer nicht mit einer gewissen Akribie auf dieses Thema stürzen würden. Dieser Jagdeifer hat zwei Gründe: Zum einen gehört die Rechtsfigur der Betriebsaufspaltung zum Kernwissen aller Betriebsprüfer, denn  Betriebsaufspaltungen sind ein Standardthema bei der Prüfung „normaler“ Gewerbebetriebe. Mag ein Verband für den Prüfer in vieler Hinsicht auch ein mehr oder weniger unvertrautes Gebiet sein: Das Thema Betriebsprüfung kennt er in- und auswendig. Zum anderen verspricht die Aufdeckung einer bisher noch nicht erkannten Betriebsaufspaltung ohne allzu große Mühe ein erkleckliches steuerliches Mehrergebnis – Ziel jeder Betriebsprüfung!

Wann liegt eine Betriebsaufspaltung im Verhältnis zur Service-GmbH vor?

Eine Betriebsaufspaltung setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs eine sachliche und personelle Verflechtung zwischen Besitzunternehmen (hier: Verband) und Betriebsunternehmen (hier: Service-GmbH) voraus. Die personelle Verflechtung wird durch eine Mehrheitsbeteiligung des Verbandes an der GmbH hergestellt, da die Beteiligung den Verband als Gesellschafter in die Lage versetzt, in der GmbH seinen geschäftlichen Willen durchzusetzen. Bei den typischen Verband/GmbH-Konstellationen liegt eine solche personelle Verflechtung immer vor, da der Verband meist 100 Prozent, zumindest aber mehr als 50 Prozent der Anteile an der GmbH hält. Für die personelle Verflechtung ist es gleichgültig, ob die Organe des Verbandes und der GmbH personenidentisch besetzt sind.

Die zusätzlich erforderliche sachliche Verflechtung liegt vor, wenn der Verband der GmbH eine sog. „wesentliche Betriebsgrundlage“ zur Nutzung überlässt. Dies gilt natürlich erst recht, wenn mehrere wesentliche Betriebsgrundlagen überlassen werden. Was ist nun eine wesentliche Betriebsgrundlage? Der Bundesfinanzhof versteht darunter alle Wirtschaftsgüter, die für die Betätigung der GmbH „funktional wesentlich“ sind. Diese Voraussetzung erfüllen laut ständiger Rechtsprechung des BFH alle Wirtschaftsgüter, die für den Betriebsablauf ein erhebliches Gewicht haben, mithin für die Fortführung des Betriebs notwendig sind oder dem Betrieb das Gepräge geben. Auch immaterielle Wirtschaftsgüter, z. B. der Geschäftswert, die für den Betrieb der GmbH wesentlich sind, können dem Betriebsunternehmen (GmbH) überlassen werden und eine Betriebsaufspaltung begründen. Dabei ist nicht erforderlich, dass die wesentliche Betriebsgrundlage der GmbH entgeltlich zur Verfügung gestellt wird. Vielmehr reicht auch eine unentgeltliche Überlassung zur Nutzung aus.

Praktische Beispiele für eine „wesentliche“ Betriebsgrundlage

Die gesamte Thematik hat für die Verbände eine plötzliche Brisanz gewonnen, weil der BFH vor etwa zehn Jahren unter Abkehr von seiner früheren, reichlich vagen Auffassung nunmehr definitiv die Auffassung vertritt, dass allein schon die Überlassung normaler Büroräume an die Service-GmbH eine Betriebsaufspaltung begründet, weil Büroräume – auch wenn sie für die Bedürfnisse der GmbH nicht besonders hergerichtet sind – funktional wesentlich seien. Man mag diese Auffassung mit guten Gründen in Zweifel ziehen – in der Praxis gilt sie, und alle Finanzämter sind auf diese Linie eingeschwenkt. Daher ist die Zahl der Fälle Legion, in denen Verbände in eine Betriebsaufspaltung hineingerutscht sind, ohne diese tief greifende Veränderung ihrer steuerlichen Situation wahrgenommen zu haben. Dann hilft nur noch ein Gespräch mit dem Steuerberater, welche steuerlichen Folgen sich im konkreten Fall für den Verband ergeben.

Nicht alle praktisch wichtigen Überlassungen sind „wesentlich“

In der Praxis gibt es zwischen Verband und „seiner“ GmbH zahlreiche Gestaltungen, die nicht als Überlassung einer „wesentlichen“ Betriebsgrundlage angesehen werden, obwohl sie für die Geschäftstätigkeit der GmbH große Bedeutung haben können. Zu denken ist etwa an den in der Praxis häufigen Fall, dass die GmbH in ihrem Firmennamen Bestandteile führt, die auch im Namen des Verbandes auftauchen und damit das Renommee des Verbandes auch auf die GmbH ausstrahlen lassen (z. B.: der „ABC-Verband“ nennt seine Gesellschaft „ABC-GmbH“). Hier verneint der BFH (Urteil vom 25.8.2010, Aktenzeichen: I R 97/09, amtlich nicht veröffentlicht), dass der Name eine wesentliche Betriebsgrundlage darstelle, mit folgender bemerkenswerter Begründung: „Die B-gGmbH führt zwar einen Namen, dessen unterscheidungskräftiges Merkmal dem Namen des Klägers (des Verbandes, Anm. d. Red.) entspricht. Sie führt diesen Namen aber aus eigenem Recht. Dem Kläger stand es als Alleingesellschafter frei, die Firma der B-gGmbH zu bestimmen. Durch die Verbindung seines Namens mit der Firma der B-gGmbH ist der personenrechtliche Bezug zum Namen des Klägers aufgehoben worden. Im Gesellschaftsvertrag ist nach den Feststellungen des FG und auch dem Vorbringen des Klägers keine Klausel enthalten, nach der die B-gGmbH ihre Firma nur zeitlich begrenzt führen darf, z. B. solange der Kläger an ihr beteiligt ist. Der B-gGmbH steht daher ein eigenes Namensrecht an ihrer Firma zu. Der Kläger könnte ihr das Auftreten unter ihrer Firma grundsätzlich dann nicht untersagen, wenn er nicht mehr Gesellschafter der B-gGmbH wäre …“

Der BFH hat danach noch erwogen, ob der Verband  mit dem der B-gGmbH überlassenen Namen (gemeint ist wohl eine Abkürzung) zugleich eine Marke zur Nutzung überlassen hat, die einen Markenschutz nach § 4 Nr. des Markengesetzes genossen hat. Hierfür wäre erforderlich, dass das dem Verband gehörende Zeichen innerhalb der beteiligten Verkehrskreise als Marke Verkehrsgeltung erworben hat. Letztlich hat der BFH diese Frage nicht als entscheidend angesehen, weil auch die Abkürzung vom originären Namensrecht der g-GmbH umfasst sei.

Durchführung von Tagungen oder Fortbildungsveranstaltungen durch die Service-GmbH begründet keine Betriebsaufspaltung

Der BFH hat in dem genannten Urteil auch untersucht, ob nicht eine Übertragung einer wesentlichen Geschäftschance auf die GmbH vorliegt, wenn die GmbH – statt des Verbandes – eine Tagung oder Fortbildungsveranstaltung durchführt. Dies hat der BFH erfreulicherweise verneint, zumindest für den Fall, dass diese Tätigkeiten im Gesellschaftsvertrag der GmbH als Unternehmensgegenstand aufgeführt sind. Dazu der BFH:

„Dass der Kläger Fortbildungsveranstaltungen für seinen Berufsstand künftig wieder in Eigenregie durchführen oder einen anderen Rechtsträger damit betrauen könnte, bedeutet nicht, dass er der B-gGmbH eine Geschäftschance nur auf Zeit überlassen hat. Der Kläger machte in diesem Fall vielmehr nur von seinem Recht als Gesellschafter Gebrauch, den Unternehmensgegenstand seiner Kapitalgesellschaft zu ändern bzw. diese zu liquidieren. Ob die Einräumung des Rechts, eine bestimmte Veranstaltung ausrichten zu dürfen, überhaupt als wesentliche Betriebsgrundlage beurteilt werden könnte, kann angesichts dessen offenbleiben.“

Gerade diese letztere Aussage ist von großer praktischer Bedeutung für die Fälle, in denen ein Verband seiner Service-GmbH vertraglich das Recht zur Austragung einer – womöglich internationale Geltung beanspruchenden – Tagung gegen Zahlung einer Lizenzgebühr eingeräumt hat. Diese Lizenzgebühr bleibt dann beim Verband als Zufluss in der Vermögensverwaltung ertragsteuerfrei, nachdem sie bereits bei der GmbH als Betriebsausgabe den steuerlichen Gewinn gemindert hatte. Zur Absicherung dieses optimalen Ergebnisses dürfte es - der Rechtsprechung des BFH entsprechend – empfehlenswert sein, die Austragung der Tagung ausdrücklich unter den Unternehmenszwecken im Gesellschaftsvertrag der GmbH zu verankern. 

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Autor/in

Winfried Eggers

erlernte das „Steuerhandwerk” als Regierungsrat in der Verwaltung in NRW. Er war danach neun Jahre Finanzrichter beim Finanzgericht Köln. Bis Mitte 1998 war er in der Steuerabteilung des BDI tätig. Seither ist Dr. Eggers niedergelassener Anwalt mit dem Tätigkeitsschwerpunkt Steuerrecht für Verbände und Organisationen in Köln.