Verbändereport AUSGABE 4 / 2007

Verbände als Initiatoren und Veranstalter von Messen

Logo Verbaendereport

Allen Unkenrufen zum Trotz: Das Messegeschäft steigt wieder an. Zwar beherrschen Schlagwörter wie „Überkapazitäten“, „Konzentration“, „Kooperation“ und „Fusion“ die Berichterstattung über die Messewirtschaft, doch die Fakten widersprechen dem vordergründigen Eindruck, die Branche schrumpfe. Im Messejahr 2006 stiegen die Besucherzahlen der 163 überregionalen Messen gegenüber den jeweiligen Vorveranstaltungen um rund zweieinhalb Prozent auf 9,6 Millionen Besucher und die Ausstellerzahl um 1,5 Prozent auf 171.000. Auch die vermietete Fläche stieg um ein Prozent. Nicht zuletzt sind es Verbände, die das Messegeschäft beleben. Und umgekehrt gilt: Ein Messe-Engagement kann wesentlich zur erfolgreichen Positionierung eines Verbandes beitragen. Drei Praxisbeispiele sollen dies belegen.

Der Caravaning Industrie Verband und der Internationale CARAVAN SALON in Düsseldorf

Der Caravaning Industrie Verband (CIVD) ist Träger des Internationalen CARAVAN SALON in Düsseldorf. Die weltweit größte Messe für Freizeitfahrzeuge ist auch maßgeblicher Impulsgeber für das Medien- und Kundeninteresse an der Caravaningbranche sowie für Innovationen und Neukäufe in der Branche. Der CIVD als ideeller Träger dieser Veranstaltung hat gemeinsam mit dem Projektteam der Messe Düsseldorf die Messeinfrastruktur kontinuierlich ausgebaut, mit Sondershows und Attraktionen das Messegeschehen zusätzlich belebt und eine aktive Medienarbeit etabliert. All dies hat maßgeblich zum Erfolg der Veranstaltung beigetragen. Gemeinsam mit der Messe und unter Einbindung der CIVD-Mitglieder und sonstigen Aussteller wurden innovative Konzepte durchgesetzt. Das Ergebnis bestätigt den Verband, seinen konsequenten Weg zum Ausbau des CARAVAN SALON fortzusetzen, erklärt Hans-Karl Sternberg, Geschäftsführer des Caravaning Industrie Verbandes.

Messe dient der Mitgliederwerbung und Mitgliedergewinnung

Seit 1994 findet der CARAVAN SALON jährlich Ende August in Düsseldorf statt. Die anfänglich neun belegten Messehallen mit einer Nettofläche von 71.800 Quadratmeter wuchsen bis zum CARAVAN SALON 2006 auf elf Messehallen und über 90.000 Quadratmeter vermietete Nettofläche. Diese Entwicklung ist auch auf das neue Hallenkonzept zurückzuführen, das die Produktbereiche (Caravans, Reisemobile, Luxusmobile, Zubehör, Zulieferer) noch stärker differenziert und seit 2006 eine komplette Messehalle für touristische Destinationen vorsieht. „Der Erfolg des CARAVAN SALON ist für die Mitglieder des CIVD von zentraler Bedeutung. Denn der CARAVAN SALON ist eine Verkaufsmesse und die in Düsseldorf getätigten Umsätze sind vor allem für kleinere Hersteller von Freizeitfahrzeugen von vitaler Bedeutung“, erläutert CIVD-Geschäftsführer Sternberg. Auch die Größen der Branche verkaufen einen erheblichen Anteil ihrer Freizeitfahrzeuge während der neun Tage des CARAVAN SALON. „Die Messe hat erheblichen Einfluss auf den Erfolg der gesamten Branche und ist für den CIVD ein wichtiges Instrument zur Mitgliederbindung und Mitgliedergewinnung“, so Sternberg weiter.

Somit ist die Besucherzahl nicht die einzige Kennzahl, mit der die Aussteller den Erfolg der Messebeteiligung beurteilen. Das Verkaufsergebnis ist mindestens ebenso wichtig und kann in Jahren mit weniger Besuchern als ausgleichendes Element dienen. Umgekehrt hilft ein hohes Besucherinteresse über ein Jahr mit einem nicht so guten Verkaufsergebnis hinweg. Daher ist eine negative Spirale aus ausbleibenden Besuchern und rückgängigen Ausstellerzahlen relativ unwahrscheinlich. Nicht zuletzt deshalb hat der CARAVAN SALON im Vergleich zu anderen Verbrauchermessen, die mit rückgängigen Aussteller- und Besucherzahlen zu kämpfen haben, eine deutlich positivere Entwicklung.

Messe als Kernaufgabe des Verbandes

Vor diesem Hintergrund stellt die Ausrichtung des Branchen-Schaufensters für den Verband und seine Marketing-gesellschaft eine Kernaufgabe dar. Ein Vertrag mit der durchführenden Messegesellschaft, der alle fünf Jahre neu ausgehandelt wird, regelt die Zuständigkeiten und finanziellen Rahmenbedingungen. Von 1961 bis 1993 war die Messe Essen der Vertragspartner des CIVD (damals unter dem Namen VDWH). Als die Hallenflächen in Essen nicht mehr ausreichten, suchte der Verband nach einem neuen Ausstellungsgelände, das möglichst in Nordrhein-Westfalen, dem Bundesland mit der höchsten Dichte von Caravans und Reisemobilen in Deutschland und damit mit der größten Zielgruppe, lag. Seit 1994 ist die Messe Düsseldorf die neue Heimat des CARAVAN SALON. Der Wechsel nach Düsseldorf hat sich aus Sicht des Verbandes als Volltreffer erwiesen: „Durch unermüdliche Konzepterneuerung, Realisierung neuer Projekte, Besucher- und Ausstelleranalysen, Internationalisierung von Veranstaltungen und detaillierte Projektplanung ist es dem CIVD in enger Zusammenarbeit mit der Düsseldorf Messegesellschaft gelungen, den CARAVAN SALON an die Spitze der weltweiten Caravaning-Messen zu bringen“, lobt Hans-Karl Sternberg das Ergebnis der Zusammenarbeit mit den Düsseldorfern.

„Caravan-Center“ belebt Besucherzuspruch

Dabei spielten neben den Wünschen und Erwartungen der Aussteller auch die steigenden Ansprüche der Messebesucher eine entscheidende Rolle. Sonderausstellungen, Showkonzepte und Unterhaltungsprogramme setzen immer wieder Highlights, die nicht nur während der Laufzeit die Besucher vor Ort unterhalten, sondern vor allem auch im Vorfeld die Berichterstattung in den Medien in Quantität und Qualität positiv beeinflussen. Beispielhaft sei hier das sogenannte „Caravan Center“ erwähnt. Bereits beim Wechsel des CARAVAN SALON von Essen nach Düsseldorf 1994 wurde der Grundstein für diese neue innovative Besucherbetreuung gelegt. Mit der Errichtung des „Caravan Centers“ bot sich erstmals in Deutschland für Messebesucher die Möglichkeit, wie auf einem Campingplatz vor den Toren der Messe zu übernachten. 800 mit Strom versorgte und über 1.200 Stellplätze ohne Stromanschluss sowie zahlreiche Ver- und Entsorgungsautomaten machen das Caravan-Center in Düsseldorf an den Wochenenden mit rund 3.400 Freizeitfahrzeugen zum größten Campingplatz Deutschlands. Auch für das leibliche Wohl (Kiosk, Festzelt) ist gesorgt. Die ab 18:00 Uhr kostenlos zur Altstadt pendelnden Busse ermöglichen den Caravan-Center-Besuchern eine abwechslungsreiche Freizeitgestaltung. Aus den Besucherbefragungen hat sich ergeben, dass diese Caravaning-Interessierten zwei- bis dreimal den CARAVAN SALON besuchen, was sich sehr positiv auf die Besucherfrequenz auswirkt.

Von herausragender Bedeutung für den Erfolg der Messe ist auch die Pressearbeit für den CARAVAN SALON; hierbei stimmen sich die Pressestelle der Messe Düsseldorf und die Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des CIVD eng ab. Ziel ist es, eine breite und positive Berichterstattung über die Messe und die ausgestellten Produkte in den Medien zu generieren. Anlässlich des CARAVAN SALON entstehen immer wieder wertvolle neue Medienkontakte, die der Freizeitform Caravaning zu einem positiven Image vor allem in den fachfremden Medien verhelfen.

Verband und Messe steuern Projekte gemeinsam

In jährlich vier gemeinsamen Teamsitzungen von CIVD und Messe Düsseldorf werden die zahlreichen Projekte zum CARAVAN SALON entwickelt, geprüft, organisiert und schließlich zur Messe realisiert. Hinzu kommt die „Nachlese“. Jedes Jahr im März werden in der ersten Stufe die Ideen zum Beispiel für die Sondershows gesammelt, auf Realisierbarkeit diskutiert und die Zieldefinition wird festgelegt. Ebenso werden die Aufgabenverteilung und Verantwortlichkeiten fixiert, um Arbeitsüberschneidungen zu vermeiden. Dabei können mehrere Ideen zu einem Thema parallel bearbeitet werden. Eine Entscheidung, welche Projekte realisierbar erscheinen, wird etwa vier Wochen nach der ersten Jahressitzung gefällt. Die zweite Stufe, die sogenannte Feinsteuerung im Juni jeden Jahres, zeigt die ersten Ergebnisse und auch Probleme der Projektentwicklung auf. Es werden die notwendigen Maßnahmen zur Umsetzung der Projekte beschlossen und gegebenenfalls benötigte Kooperationspartner benannt.

Die August-Teamsitzung ist der letzte Check der Projekte vor dem Messestart. Hier erhalten die Messeaktivitäten den letzten Schliff: So werden organisatorische Abläufe detailliert durchgesprochen, Szenarien diskutiert, Lösungen beraten sowie Kommunikationswege aufgezeigt. In der meist im November angesetzten „Nachlese“ ziehen CIVD und Messe Düsseldorf Bilanz über den letzten CARAVAN SALON, beleuchten kritisch die Projekte, analysieren Problemfelder und Versäumnisse, zeigen Verbesserungspotenziale auf und entwickeln Maßnahmen, um Fehler zukünftig zu vermeiden. Aus der entspannten Atmosphäre nach einer erfolgreichen Veranstaltung entstehen oft sogar zu diesem Zeitpunkt schon neue Ideen für die nächste Messe.

„Die Form der Kooperation mit der Messe Düsseldorf hat sich für den Verband hervorragend bewährt. Nur so ist es mit einem kleinen Team in der Verbandsgeschäftsstelle überhaupt möglich, eine Veranstaltung dieses Ausmaßes professionell durchzuführen“, bilanziert Hans-Karl Sternberg. Die Messe Düsseldorf steuert neben dem Gelände und der Logistik auch die Erfahrung aus anderen Veranstaltungen bei, während der CIVD mit seiner profunden Kenntnis der Caravaningszene dafür sorgt, dass die Messe an die speziellen Bedürfnisse der Kunden und Aussteller angepasst wird.

IAA: Hautnahes Messe-Erlebnis mit dem Traumauto

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) vertritt die Interessen der deutschen Hersteller- und Zulieferunternehmen politisch, technologisch, wirtschaftlich und repräsentativ. Sein Engagement für die Internationale Automobilausstellung (IAA) ist dabei fester und wichtiger Teil seiner Aufgaben. Bereits für die Gründungsmitglieder des VDA-Vorgängerverbandes VDMI (Verein Deutscher Motorfahrzeug-Industrieller) stand fest, dass die Ausrichtung einer regelmäßigen Automobilmesse unbedingt zu den kommunikativen und informativen Aufgaben des Organs gehört. So fand im Frühjahr 1902, wenige Monate nach der Verbandsgründung, die erste Automobilausstellung in Deutschland statt. Und mit der nachhaltigen Entwicklung der deutschen Automobilindustrie zu einer internationalen Vorreiterbranche konnten wir die IAA zur weltweiten Leitmesse für Mobilität entwickeln.

„Die IAA ist primär als Präsentations- und Kommunikationsplattform von essenzieller Bedeutung für die Mitgliedsunternehmen und für den Verband“, verweist Dr. Kunibert Schmidt, Geschäftsführer des VDA, auf den Stellenwert der Messe. „Sie trägt zur Finanzierung unserer Verbandsarbeit bei und ist damit neben den Mitgliedsbeiträgen eine finanzielle Säule unserer Arbeit.“

Über die eigentliche Messe hinaus gestaltet der VDA die IAA mit Workshops, Gesprächsrunden und Symposien im Rahmenprogramm auch als zukunftsorientiertes Informationsportal zu aktuellen Herausforderungen und Lösungen für die Automobilindustrie. Das ganze Jahr über müssen die Mitarbeiter im Hinblick auf die thematische Planung und Vorbereitung der nächsten IAA einen klaren Überblick über die aktuellen Entwicklungen der Themen behalten. Als Veranstalter der IAA bereitet der VDA die komplette Messe vor und führt sie durch von A wie Ausstellerberatung bis Z wie Zuschauerzählung. Ende der 80er Jahre entschied sich der VDA, das damalige IAA-Konzept, das Pkw und Nutzfahrzeuge zusammen präsentierte, auf zwei Veranstaltungen aufzuteilen. Seit 1992 findet in den geraden Jahren die IAA Nutzfahrzeuge in Hannover statt und in den ungeraden Jahren die IAA PKW in Frankfurt. „Diese Aufteilung hat sich bewährt“, so Dr. Kunibert Schmidt.

Benchmarks für Messegesellschaften

Die Entscheidungen des VDA für Messegesellschaften liefen und laufen zunächst über das Angebot des Geländes. Benchmarks setzen die jeweiligen Ausschreibungen. Dazu zählen Aspekte wie Hallenstrukturen und -größe und Freigeländekapazitäten, internationale Verkehrsanbindung und Besucher-Einzugsgebiete, Hotelverfügbarkeiten, Kosten-Nutzen-Niveau für Aussteller, zusätzliche Räumlichkeiten für Veranstaltungen und Pressekonferenzen und Parkplätze. Bei vergleichbaren Angeboten entscheidet der VDA auf der Grundlage von Kundenorientierung, Erreichbarkeit und Einsatzfreude des Leistungspartners. Nach Ablauf der Mehrjahres-Verträge führt der VDA dann neue Gespräche.

„Verbände, die sich neu im Messegeschäft orientieren wollen, müssen heutzutage präziser als noch vor ein paar Jahren die Ziele und Zielgruppen für ihre Produkte definieren. Doch selbst die besten Messebotschaften versickern ohne Erfolg, wenn man sich als Veranstalter keinen leistungsfähigen Messepartner an die Seite holt“, lautet der Rat des VDA-Geschäftsführers.

iba: internationale Leitmesse für Bäcker- und Konditorenhandwerk

Der Zentralverband des deutschen Bäckerhandwerks e.V. ist Veranstalter der iba, der internationalen Leitmesse für das Bäcker- und Konditorenhandwerk. Ideelle Partner sind der Deutsche Konditorenbund und der Verband Deutscher Großbäckereien. Die iba findet alle drei Jahre statt. Sie spricht Fachbesucher und Entscheidungsträger aus dem Bäcker- und Konditorenhandwerk, aus der Brot- und Backwarenindustrie, aus der Gastronomie und aus Cateringbetrieben an. Die führenden Hersteller der Welt im Maschinenbereich, im Ladenbau, führende Lieferanten im Rohstoff- und Zutatenbereich geben sich zu dieser Messe ein Stelldichein und ermöglichen damit dem Besucher eine viel breitere Auswahl- und Vergleichsmöglichkeit der angebotenen Produkte und Dienstleistungen.

Dienstleistung für Mitgliedsunternehmen

„Unser Zentralverband veranstaltet die Weltmesse iba, weil wir es für eine ganz besondere Dienstleistung halten, den Mitgliedsunternehmen in einem regelmäßigen Zeitraum das gesamte Weltmarktangebot für alle Investitionsbereiche des backenden Gewerbes nach Deutschland zu holen“, erklärt Dr. Eberhard Groebel, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes des Deutschen Bäckerhandwerks. Die Messe nimmt im Vergleich zu den eigentlichen Aufgaben des Verbandes als Interessenvertretung des deutschen Bäcker- und Konditorenhandwerks eine wichtige Aufgabenstellung wahr, stellt aber keineswegs den Schwerpunkt innerhalb des Gesamtspektrums dar. Der Verband beauftragt jeweils eine Messegesellschaft mit der Durchführung und stellt als Veranstalter sicher, dass die Kunden der Messe-Aussteller — die Betriebe des Bäckerhandwerks in Deutschland und weltweit — einen prägenden Einfluss auf Planung und Durchführung der Veranstaltung haben.

„Vom Bäcker für den Bäcker“

Die Auswahl des Messepartners erfolgt nach folgenden Kriterien: Spitzenkompetenz durch hohe Qualifikation der Messeleitung und des Projektteams verbunden mit Spitzenqualität des räumlichen und technischen Messeangebotes für Aussteller und Besucher. „Wir haben in der Vergangenheit die Messegesellschaft gewechselt, wenn eins der drei vorgenannten Kriterien sich aus unserer Sicht negativ verändert hat“, so Dr. Eberhard Groebel. Entscheidungs- und Arbeitsabläufe sind einvernehmlich vertraglich festgelegt. Somit ist dafür Sorge getragen, dass mögliche Konfliktherde ebenso einvernehmlich abgearbeitet werden können. „Sicher könnte eine Messegesellschaft auch selber eine derartige Messe veranstalten, würde aber dann den weltweit einmaligen Vorteil unserer iba aufs Spiel setzen, der darin besteht, dass sie mit unserem Zentralverband als Veranstalter eine Messe ‚vom Bäcker für den Bäcker‘ ist“, verweist Dr. Eberhard Groebel auf den qualitativen Vorteil einer „Verbandsmesse“.

Weltweiter Wettbewerb

Auch die iba steht in einem weltweiten Wettbewerb. Das gilt nicht nur für die Qualität der Ausstellungsprodukte und der Veranstaltungsorganisation, sondern auch für die unterschiedlichen Rechts- und Wirtschaftsformen der Messegesellschaften weltweit sowie die Qualität der zum Teil höchst modernen Messegelände, die insbesondere in Asien für einen heftigen Wettbewerb sorgen. Vor diesem Hintergrund muss die Auswahl der Messe wohlüberlegt sein.

Artikel teilen:

Das könnte Sie auch interessieren: