Aus Sicht der Kongresszentren haben sich in den letzten Jahren auf dem internationalen wie auf dem deutschen Tagungsmarkt einige bemerkenswerte Veränderungen ergeben. Während Veranstaltungen aus dem sogenannten Corporate business einen immer stärkeren Anteil an der Auslastung der Kongresshäuser und Event locations haben, ist hinsichtlich des Association business rein quantitativ eine gewisse Stagnation zu verzeichnen.
Dabei versteht man unter "Corporate business" das Firmengeschäft, also Produktpräsentationen, Schulungen, Kunden-Events, Händlertagungen usw., die von Wirtschaftsunternehmen ausgerichtet werden. Hingegen werden unter dem Begriff "Association business", also Verbandsgeschäft, Kongresse und Tagungen von Verbänden und Institutionen zusammengefasst.
Diese Verschiebung des Schwerpunkts in Richtung Firmengeschäft wird von dem internationalen Fachverband des Kongresswesens ICCA dokumentiert, und sie bestätigt sich zum Beispiel auch für das Congress Center Leipzig. Der Anteil des Firmengeschäfts am Veranstaltungsaufkommen im CCL veränderte sich von 37 Prozent in 1998 auf 57 Prozent, also deutlich über die Hälfte, in 2000. Nicht nur die Anzahl an Veranstaltungen, sondern auch die Anzahl der Teilnehmer und der Durchführungstage erscheinen im Verbandssektor - wohl in erster Linie aus Kostengründen - insgesamt als eher konstant bis leicht rückläufig. Welche Schlussfolgerungen zieht daraus das Team des Congress Center Leipzig in der Leipziger Messe GmbH? Werden die Akquisitionsbemühungen nun vornehmlich auf das Firmengeschäft konzentriert; wird das Verbandsgeschäft allmählich "out"? Im Gegenteil! Einige Beobachtungen untermauern die anhaltende und sicher noch zunehmende Wichtigkeit von Verbandsarbeit und den damit verbundenen Tagungsaktivitäten:
Typischerweise bewirken gerade Kongresse von Verbänden und Institutionen mit ihren inhaltlichen Themen starke und positive Wechselwirkungen mit dem gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Umfeld einer Tagungsdestination. Für zahlreiche Verbandskongresse, die im CCL stattfinden, spielt es durchaus eine Rolle, dass Leipzig über eine der ältesten deutschen Universitäten mit 24.000 Studierenden, über die Graduate School of Management, die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur, mehrere Max-Planck-Institute, sowie weitere international namhafte Forschungs- und Bildungseinrichtungen verfügt.
Während Firmen-Events oftmals nicht von der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen werden und dies vom Veranstalter auch nicht angestrebt wird, sind Verbandskongresse zu spannenden Themen in der Regel sehr öffentlichkeitswirksam. Für zwei, drei oder mehr Tage steht dann das Kongresshaus im Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens und des Medieninteresses der Stadt. Auch dies führt zu einer willkommenen Wechselwirkung: sowohl der Verband als Veranstalter, als auch das Tagungszentrum als Gastgeber, haben ein starkes Interesse, die jeweilige Veranstaltung zu promoten. Daher unterstützen sich häufig Veranstalter, die einen Kongress im Leipziger Zentrum ausrichten, und das CCL mit dem Netzwerk der Leipziger Messe gegenseitig rege bei der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.
Schließlich besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen Verbands- und Firmentagungen hinsichtlich der zeitlichen Dimensionen des Vorlaufs. Bei Corporate Events vergeht zwischen der ersten Kontaktaufnahme und der Veranstaltungsdurchführung maximal ein, oftmals weniger als ein halbes Jahr. Bei typischen Verbandskongressen beträgt die Vorlaufzeit zwei, drei, mitunter auch mehr Jahre. Durch diese Langfristigkeit entsteht ein hohes Maß an Planungssicherheit, und es baut sich zwischen Veranstalter und Kongresshaus auch eine intensive, in aller Regel partnerschaftliche Beziehung auf.