Der anhaltende Streit der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) über die richtige Reaktion auf die Flüchtlingswelle, die das zweite Halbjahr 2015 bestimmt hat, hat die Reflexion des ersten Amtsjahres der Juncker-Kommission und der seit den Europawahlen im Juni 2014 eingetretenen gravierenden Veränderungen in der Machtbalance zwischen den EU-Institutionen in den Hintergrund gedrängt.
Dieser Beitrag beschreibt und analysiert diese Veränderungen im Machtgefüge der europäischen Institutionen, also der Europäischen Kommission, des Europäischen Parlaments, des Europäischen Rates der Staats- und Regierungschefs sowie des Rates der Europäischen Union (Fachminister), und zeigt die Konsequenzen auf, die diese für das Lobbying von Verbänden auf europäischer Ebene haben. Neustart mit veränderter Rollenverteilung Erste grundlegende Änderungen deuteten sich bereits im Rahmen der Europawahlen 2014 an, zu der die Parteien, nicht zuletzt getrieben vom alten und neuen Präsidenten des Europäischen Parlamentes (EP), Martin Schulz, erstmals in der Geschichte sogenannte Spitzenkandidaten nominiert hatten. Weitere zeigten sich unmittelbar, nachdem die Ergebnisse der Europawahl vorlagen. Beflügelt von der aus dem Wahlkampf gewonnenen Euphorie und der gefühlten neu gewonnenen Kraft verständigten sich der Sieger der Wahl, der Christdemokrat Jean-Claude Juncker, und der Verlierer, Sozialdemokrat M