Verbändereport AUSGABE 5 / 2004

Satzungspraktikum: Ist eine Eventualeinberufung der Mitgliederversammlung zulässig?

Logo Verbaendereport

Fall:

Der Verband lädt zu seiner satzungsgemäßen jährlichen Mitgliederversammlung form- und fristgerecht ein. Weil die Satzung vorsieht, dass eine Beschlussfähigkeit der Mitgliederversammlung nur gegeben ist, wenn mindestens 50 Prozent der Mitglieder anwesend oder durch Vollmacht vertreten sind, lädt er vorsorglich gleichzeitig zu einer außerordentlichen Mitgliederversammlung ein, die unmittelbar nach Feststellung einer eventuellen Beschlussunfähigkeit stattfinden soll. Die Satzung enthält zu dieser weiteren Mitgliederversammlung keine besonderen Vorschriften.

Ist diese Verfahrensweise zulässig und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen?

Rechtliche Beurteilung: Es handelt sich um den Fall einer so genannten Eventualeinberufung. Diese ist zulässig, wenn sie durch die Satzung vorgesehen ist (Bundesgerichtshof NJW — RR 1989, Seite 376; LG Nürnberg-Fürth, Rechtspfleger 1990, Seite 427, BGH NJW 1962, Seite 394; Sauter/Schweyer, Der eingetragene Verein, Randnummer 204; Reichert, Handbuch des Vereins und Verbandsrechts, Randnummer 854 ff.). Die Satzung muss weiter eine Klausel enthalten, innerhalb welcher Frist und an welchem Ort die weitere Versammlung stattfinden muss.

Schließlich sind die Mitglieder bei der Eventualeinladung darauf hinzuweisen, dass die weitere Mitgliederversammlung ohne Rücksicht auf die Zahl der erschienenen oder vertretenen Mitglieder beschlussfähig ist.

Ein Formulierungsvorschlag für die Satzung: „Ist die einberufene Mitgliederversammlung nicht beschlussfähig, so findet unmittelbar hieran am gleichen Ort eine weitere Mitgliederversammlung statt, die unabhängig von der Zahl der anwesenden oder vertretenen Mitglieder beschlussfähig ist. Hierauf muss in der Einladung zur Mitgliederversammlung hingewiesen werden.“

Die Eventualmitgliederversammlung ist nur dann ordnungsgemäß einberufen worden, wenn sie die gleiche Tagungsordnung zugrunde legt. Die Satzungsklausel kann also nur der fehlenden Beschlussfähigkeit abhelfen, nicht sonstigen Ladungsmängeln wie fehlende Ladungsfrist oder Nichtangabe des Versammlungsortes (OLG Hamm, Recht der GmbH 1992, 466/468; Landgericht Köln am gleichen Ort 809/810).

Ergebnis: Da die Satzung keine Klausel für die weitere Mitgliederversammlung unter Angabe der Frist und des Versammlungsortes enthält, ist zur weiteren Mitgliederversammlung nicht ordnungsgemäß geladen worden. Es empfiehlt sich insoweit eine Satzungsänderung.

Tipp: Um die häufig aufwändigen Kosten für eine weitere Mitgliederversammlung wegen der Nichterreichung der Beschlussfähigkeit zu vermeiden, empfiehlt es sich, in die Satzung folgende Klausel aufzunehmen: „Die Mitgliederversammlung ist beschlussfähig, wenn die Hälfte* der Mitglieder anwesend oder vertreten sind. Die Beschlussfähigkeit gilt als gegeben, solange nicht auf Antrag die Beschlussunfähigkeit festgestellt worden ist.“ Aufgrund dieser Fiktion ist die Mitgliederversammlung jedenfalls dann beschlussfähig, wenn kein Mitglied den Antrag auf Feststellung der Beschlussunfähigkeit stellt. Die Klausel entspricht dem herkömmlichen Parlamentsrecht wie es etwa in § 45 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages enthalten ist.

(*Oder ein anderes passendes Quorum einsetzen.)

Artikel teilen: