Verbändereport AUSGABE 3 / 2006

Neues Vereins- und Verbandsrecht

Logo Verbaendereport

Totalverriss würde es wohl am Theater heißen, wenn man die bisherigen Kritiken zur Vereinsrechts-Novelle liest. Trotz der massiven Kritik, soll der Entwurf jedoch erneut in den Bundestag eingebracht werden.

Der 2004 vorgelegte Entwurf beabsichtigt im Wesentlichen, die so genannte ADAC-Doktrin des Bundesgerichtshofes (NJW 1983; Seite 569) in das positive Recht umzusetzen. In dieser Entscheidung hatte der BGH die Ausgliederung von wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben in ausgelagerte Gesellschaften, die von einem Idealverein kontrolliert werden, für zulässig erklärt.

Kritik am bestehenden BGB-Modell:

Die Rechtsform des Idealvereins wird heute vor allem in zweifacher Hinsicht nicht mehr den ursprünglichen Gesetzesintentionen gerecht:

  • Zum einen sind heute zahlreiche Verbände in erheblichem Umfang wirtschaftlich tätig, wobei sie sich aufgrund der Rechtsform der für andere Rechtsformen typischen Gläubigerschutz- und Transparenzregeln entziehen.
  • Für den Verein fehlten Vorschriften über die Kapitalaufbringung und –erhaltung, wie sie für andere Rechtsformen vorgeschrieben seien. Ferner besäßen die Mitglieder bei einem Ausscheiden aus dem Verein kein Abfindungsrecht.
  • Auch gäbe es keinen Aufsichtsrat, der das Management überwache. Schließlich seien die individuellen Einsichts- und Auskunftsrechte der Mitglieder unterentwickelt und die Kontrollrechte der Mitgliederversammlung nach § 40 BGB weitgehend satzungsdispositiv. Zum Teil wird dieser Sachverhalt, sofern Gemeinnützigkeit vorliegt oder ein Berufsverband gegeben ist, auch noch steuerlich gefördert.
  • Zum anderen handelt es sich um namentlich auf dem Gebiete der Sozial- und Umweltorganisationen anzutreffende hochverschachtelte Vereinskonstruktionen, bei denen die normalen Mitglieder entweder überhaupt kein Stimmrecht besitzen (Greenpeace, Foodwatch) oder bei denen sie aufgrund der Filterwirkung des Delegiertensystems auf den Dachverein, der als Holding zahlreicher wirtschaftlicher Aktivitäten fungiert, keinen unmittelbaren Einfluss ausüben können.

Kritik an der Vereinsrechtsnovelle

Auf all diese Fragen bleibt der Entwurf aus dem Bundesjustizministerium zur Vereinsrechtsnovelle noch Antworten schuldig, so dass er auf lebhafte Kritik gestoßen ist.

  • Zum Teil wird unter eher systematischen Aspekten gefordert, dass zunächst das Gesellschaftsrecht reformiert werden müsse. Erst nachdem hier neue Fakten geschaffen worden seien, könne auf deren Grundlage das Vereinsrecht neu konzipiert werden.
  • Einige kritische Einwände beziehen sich auf die unklare Abgrenzung von Vereinen mit ideeller und nicht-ideeller Ausrichtung.
  • Ferner stellen Kritiker die Frage, ob im Blick auf die große Heterogenität von Vereinen und Verbänden, die von dem lokalen Schachclub bis zum ADAC reicht, das Postulat einer einzigen Rechtsform überhaupt angemessen ist.
  • Ein ungelöstes Problem stelle weiterhin der Mitgliederschutz bei mittelbar wirtschaftlich tätigen Vereinen dar.
  • Ferner wird darauf hingewiesen, dass jeder, der eine Haftungsbeschränkung für sich in Anspruch nehme, erhöhten Publizitäts- und Rechenschaftslegungspflichten unterliegen müsse. Auch dies sei im gelten Vereinsrecht und in dem Entwurf zur Vereinsrechtsreform gar nicht oder nur rudimentär berücksichtigt.

Modell Österreich?

Österreich hat hier mit seinem neuen Vereinsrecht einen möglichen Weg vorgezeichnet. Trotz Beibehaltung einer einheitlichen Rechtsform für alle Arten von Vereinen werden dort die Anforderungen an die Publizität- und Rechnungslegung von Vereinen und Verbänden differenziert geregelt.

Der baden-württembergische Entwurf

Baden-Württemberg hat inzwischen einen eigenen Entwurf zu einer Vereinsrechtsnovelle in den Bundesrat eingebracht, der im Wesentlichen der Verwaltungsvereinfachung dienen, aber auch das bisherige System der Normativbedingungen durch das System der freien Körperschaftsbildung ersetzen soll. Nach dem System der Normativbedingungen wird eine körperschaftlich organisierte Vereinigung von Personen (wie der Verein) anerkannt auf Grund der Erfüllung bestimmter im Gesetz aufgestellter Anforderungen (zum Beispiel Name und Satzung) und der Eintragung in ein öffentliches Register. Wegen der neueren Rechtsprechung zur nach außen wirkenden BGB-Gesellschaft ist die Unterscheidung zwischen rechtsfähigem und nicht rechtsfähigem Idealverein nicht mehr zeitgemäß. Das System der Normativbedingungen soll daher durch das System der freien Körperschaftsbildung ersetzt werden. Demnach ist jeder Ideal-Verein mit seiner Entstehung rechtsfähig mit der Folge, dass die bisher durch die Eintragung bewirkte Haftungsbeschränkung bereits mit der Entstehung eintritt. Wesentliche Änderungen sieht der baden-württembergische Entwurf auch für die Gremienhaftung in Vereinen und Verbänden vor.

Weitere Informationen

www.verbaende.com/recht-steuern

www.forum-verbandsrecht.de

Artikel teilen: