Die deutsche Anwaltschaft gilt nicht gerade als Vorreiter in Sachen Vielfalt, interkulturelle Öffnung und Diversität. Der Deutsche Anwaltverein (DAV) hat in den letzten Jahren bereits große Fortschritte in puncto Gleichberechtigung von Anwältinnen gemacht. Ende 2024 veranstaltete der Verband den ersten DAV-Vielfaltstag mit verschiedenen Podiumsdiskussionen zu den Themen Migration, Queerness und soziale Herkunft. Der Verbändereport hat bei Dr. Sylvia Ruge, Hauptgeschäftsführerin des DAV, nachgefragt.

Verbändereport: Tut sich die juristische Welt in Deutschland schwer mit der Veränderung hin zu mehr Vielfalt?Sylvia Ruge: Die juristische Welt ist natürlich keine homogene Masse. Aber es ist schon eine eher konservative Branche. Schaut man auf die Anwaltschaft im Vergleich zur Gesamtbevölkerung, stammen deutlich mehr Personen aus akademischen Elternhäusern, sind männlich und weiß. Und wir Menschen neigen ja im Allgemeinen dazu, uns mit denen zu umgeben, die uns ähnlich sind. Und weil wir uns in unseren Echokammern sehr wohl fühlen, ist Veränderung mitunter ein unbequemer Prozess für diejenigen, die schon immer dabei waren. Wenn man bedenkt, dass der Frauenanteil in der Anwaltschaft vor 50 Jahren nur bei fünf Prozent lag und jetzt bei 37 Prozent, wird klar: Die Dinge verändern sich, nur nicht über Nacht. Genauso wird es uns langfristig mit anderen Aspekten von Vielfalt gehen. Im Deutschen Anwaltverein gibt es seit Juni 2024 mit Prof. Niko Härting den ersten Vielfalts-Beauftragten. Mit welchem Zi