Verbändereport AUSGABE 2 / 2012

Nachhaltige Kommunikation stärkt jeden Verband

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Das Thema „Verband und Kommunikation“ birgt auf den ersten Blick wenig Potenzial. Denn: Was hält einen Verband schließlich anderes zusammen als Kommunikation und was sollte er sonst vorantreiben, um seinen Daseinszweck zu erfüllen? Tatsache ist, dass die lange eher eingefahrenen Wege der Verbandskommunikation in Zeiten von Internet, sozialen Netzwerken und Smartphones kräftige Kurven bekommen haben. Nur wer die Potenziale der neuen Techniken beherzt ausschöpft, kann im Wettbewerb um Themen und Mitglieder auf Ballhöhe bleiben.

Begriff der Kommunikation wandelt sich

Jeder Kommunikations-Student lernt im ersten Semester, was jahrzehntelang jeder Theorie der Massenmedien zugrunde lag: das „Sender-Empfänger-Modell“. Doch das Bild von der alles überstrahlenden Kommunikationszentrale verblasst – befördert durch die Revolution der Vermittlungstechnologien – zusehends zugunsten einer Peer-to-Peer-Verständigung, eines Austausches von Teilnehmern „auf Augenhöhe“. Aus der Sicht eines Verbandes hat dies enorme Vorteile. Während früher eine oft unterbesetzte und mit Organisationsaufgaben ausgelastete Zentrale auch noch interne und externe Kommunikation zu schultern hatte, können mithilfe neuer Techniken erstmals die Hürden zwischen loyal aktiven Mitgliedern und regelnder Zentrale so weit abgebaut werden, dass thematisch interessante, zeitnahe Kommunikation möglich wird.

Medienvielfalt ist Realität

Die Zeiten, als es galt, entweder eine Handvoll Leitmedien für „sein“ Thema zu gewinnen oder eben nicht in den Medien vorzukommen, sind endgültig vorbei. Nicht erst Facebook und Twitter, sondern auch eine Vielzahl thematischer Blogs im Internet haben die nach wie vor große Vielfalt in der klassischen Medienlandschaft hierzulande bereichert. Sie alle können sich zeitnah an der Quelle mit Neuigkeiten versorgen, an der Quelle, die auf dem eigenen Grundstück liegt: Dem Internetauftritt des Verbandes, mit der Domain im eigenen Besitz, die auch für wichtige Schlüsselbegriffe von den einschlägig Suchenden gefunden werden kann.

Entscheidend ist, dass diese Quelle frisch bleibt und sprudelt: Die Technik muss es erlauben, die aktiven Kommunikatoren, die jeder Verband hat, aber nicht unbedingt in seiner Zentrale beschäftigen kann, von überallher publizieren zu können. Das geht natürlich nicht ohne Kontrollinstanz gut – aber auch dies lässt sich technisch/organisatorisch in den Tagesablauf einbauen.

Die Tatsache, dass das Internet selbst einen Kosmos darstellt, in dem es Video, Audio, Marktplätze, Nachrichten-Portale, Diskussionsgruppen und vieles mehr gibt, die die Themen des Verbandes aufgreifen oder sogar den Verband selbst zum Thema machen, muss nicht zu einer Abseitsstellung der Verbandskommunikation führen. Im Gegenteil: Nach dem Motto „If you can’t beat them – join them“ sollte eine Verbandsseite heute auch in der Lage sein, die Ergebnisse relevanter Kommunikationskanäle in Echtzeit selbst für seine Mitglieder und Interessenten zu bündeln und widerzuspiegeln.

Die Zukunft ist mobil

Der Tod von Steve Jobs mag manchem noch mal klar vor Augen geführt haben, wie rasend sich die Kommunikationswelt in den vergangenen 20 Jahren verändert hat. Anfang der 1990er-Jahre war ein PC noch ein relativ exotisches Gerät, das minutenlang zum „Hochfahren“ brauchte, eine Festplatte von der Größe hatte, wie sie heute schon zwei oder drei Qualitäts-Fotos zusammenbringen, und ansonsten noch nicht mal vernetzt war.

Heute läuft das iPad sogar dem Laptop schon in manchen Bereichen den Rang ab, die Mails werden überall unterwegs vom Smartphone geschickt und „gecheckt“ und die Festplatte eines solchen Hosentaschen-Computers nimmt unbeeindruckt auch längere Videos in superauflösender HDTV-Qualität in sich auf.

Die Konsequenz daraus: Information ist nicht länger Mangelware oder eine Holschuld desjenigen, der sich informieren will. Information ist zur Grundversorgung geworden. Das geneigte Auge und Ohr des Empfängers wird nur noch geliehen, wenn Information anregend aufbereitet, aktuell und kanalgerecht übermittelt wird. Dann aber ist Aufmerksamkeit gewiss.

Woraus ergibt sich der Mehrwert fĂĽr Mitglieder eines Verbandes?

Letztlich lässt sich gute Verbandskommunikation mit einer einfachen Frage umreiĂźen: Was bringt sie den Mitgliedern des Verbandes? Ein im modernen Sinne kommunikativer Verband ist auch in der Lage, Reputation aufzubauen, die nicht auf Behauptungen basiert, sondern auf gelebten Themen, Menschen, Werten. Eine solche Leistung ist nur im Netzwerk zu schaffen. Michael Kalthoff-Mahnke, GeschäftsfĂĽhrer der Deutschen Public Relations Gesellschaft e.V. (DPRG), des Berufsverbandes fĂĽr alle PR- und Kommunikationsfachleute  mit ĂĽber 3000 Mitgliedern, umreiĂźt dies so: „Während wir frĂĽher mitunter viel Ăśberzeugungsarbeit leisten mussten, bis jemand ehrenamtlich einen Artikel fĂĽr eine interne Publikation geschrieben hat, verzeichnen wir heute eine rege Publikationstätigkeit der Kolleginnen und Kollegen in unseren Landesverbänden und Facharbeitskreisen, die ĂĽber direkte Zugänge zur neu aufgestellten Webseite ihre Meldungen, Termine, Fotos und Videos direkt einstellen können.“ Das erhöht die Aktualität, das externe Interesse an der Webseite des Berufsverbands wächst: Die Zugriffszahlen sind sprunghaft gestiegen, deutlich mehr als 10.000 unterschiedliche Besucher  rufen monatlich weit ĂĽber 200.000 Seiten auf www.dprg.de auf.

Die erfolgsorientierte Vermarktung der DPRG-Seite beginnt mittlerweile auch wirtschaftliche Früchte zu tragen, Werbekunden zeigen Interesse, auf der Webseite Anzeigenbanner zu schalten. Doch die DPRG ruht sich nicht auf den Lorbeeren aus: „Neben einer laufenden zusätzlichen Redaktion durch die Bundesgeschäftsstelle halten wir ständig die thematische Ausrichtung durch aktuelle Schwerpunkte interessant“, so Kalthoff-Mahnke, „und wir schöpfen die allgemeine Neugier auf den Verband durch einen künftig deutlich wachsenden, technisch topaktuellen internen Bereich ab.“ Der Erfolg der Strategie ist bereits absehbar: Die Mitgliederzahl steigt, besonders junge Professionals fühlen sich von der Offensivstrategie ihres Berufsverbandes angesprochen.

Lobbying ist keine EinbahnStraĂźe

In den vergangenen Jahren ist eine Vielzahl von Verbänden nach Berlin umgezogen, der Nähe zur Politik und der damit verbundenen medialen Aufmerksamkeit wegen. Verbandsarbeit bedeutet immer auch Lobbying-Aktivität, die zumindest teil- und zeitweise informell bleiben muss, um die Ziele dieser Form der Kommunikation nicht zu gefährden. Doch der Punkt der „Ver-Öffentlichung“ ist, so scheint es, heute nur noch eine Frage des „Wann“, des „Von wem“ und nicht des „Ob überhaupt“. Wohl dem Verband, der eine stetige Kommunikationspraxis auch sonst bereits pflegt, der ein informatives „Grundrauschen“ fördert, um auch in Zeiten hektischer Aktivität, beispielsweise wenn ein Kernthema kurzzeitig in den öffentlichen Fokus rückt, geübt und gerüstet zu sein.

Welche aktuellen Anforderungen werden an eine wertschöpfende Verbands-Kommunikation gestellt?

Externe Kommunikation: Mitglieder und Stakeholders – das sind in der Summe alle Interessenten, die aus unterschiedlichen Gründen einen Blick auf den Verband haben – müssen verlässlich, stetig und im Bedarfsfall rasch und sofort auffindbar mit Nachrichten, Newslettern und thematischen Schwerpunktinhalten versorgt werden können. Dazu ist ein auch tatsächlich technisch und organisatorisch funktionierendes, dezentrales Netz von Autoren und Entscheidern aufzubauen.

Interne Kommunikation: In Zeiten „sozialer Medien“ ist es wichtig, dass Aktive des Verbandes (Entscheider, Mitarbeiter auf Regionalebene, Arbeitskreis-Aktive) über interne Informationen und Austauschmöglichkeiten verfügen. Sie sollen über genau definierte Rechte an die für sie relevanten Inhalte und Personen herangeführt werden. Diese Art von „Extranet“ unterscheidet sich deutlich von den Foren und Download-Bereichen aus dem Beginn der Internet-Kommunikation. Über die unterschiedlichen Rollen und sich daraus ergebenden Berechtigungen sowie die verknüpften Benachrichtigungen werden die Teilnehmer an den internen Kreisen nur noch mit jenen Inhalten in Verbindung gebracht, die für ihre persönliche Rolle im Verband relevant ist. „Eine gut strukturierte interne Kommunikation beflügelt die externe Kommunikation jedes Verbandes“, fasst es Michael Kalthoff-Mahnke zusammen, dessen Management der DPRG nach den überaus positiven Erfahrungen mit der Internet-Plattform dprg.de nun auf ein solches verbindendes Netz der aktiven Mitglieder für die Zukunft setzt.

Wettbewerb zwischen den Verbänden  um Aufmerksamkeit ist in vollem Gange

Die Kommunikation eines Verbandes nach auĂźen hängt direkt mit der Zufriedenheit der Mitglieder mit der Kommunikation des Verbandes mit ihnen als „Inhaber der Marke“ zusammen. Dieses Identifikationspotenzial wird heute erst von wenigen Verbänden wirklich nachhaltig ausgeschöpft. Dabei ist in der medialisierten Wirklichkeit von heute der Kampf um Themen und damit indirekt auch um Zustimmung und Mitgliedschaften nicht zu unterschätzen. Wer sich diesem Wettbewerb um die Köpfe stellt, wer eine kommunikative Haltung ohne „Bunkerdenken“ fördert und sich technischen Entwicklungen nicht verschlieĂźt, wird die Zukunft des Verbandes sichern. Dies ist und bleibt eine primäre FĂĽhrungsaufgabe fĂĽr jeden Verband, der sich behaupten will.    

Die ZĂĽgel lockern DPRG-GeschäftsfĂĽhrer Michael Kalthoff-Mahnke rät zu Mut in der internen Verbandskommunikation Herr Kalthoff-Mahnke, wie unterscheidet sich der Internetauftritt eines Verbandes von der Webpräsenz eines Unternehmens?

Die Kernaufgabe jedes Verbandes ist Interessenvertretung. Und das Mittel, um dies erfolgreich zu tun, ist Kommunikation. Neben der ungebrochen entscheidend wichtigen persönlichen Kommunikation muss ein Verband periodisch oder anlassbezogen immer dann öffentlich wahrnehmbar werden, wenn es um seine Themen, seine Belange geht. Ein Verband muss also auch und gerade dann kommunizieren, wenn es ansonsten still um sein Thema zu sein scheint. Ein Unternehmen will etwas verkaufen. Ein Verband dagegen muss seine Schlüsselthemen öffentlich in den Vordergrund stellen. Und er muss seine Mitglieder überzeugend und nachhaltig in seine Arbeit einbeziehen. Dies muss der Internetauftritt eines Verbandes widerspiegeln. Und die Arbeit im „Backoffice“ muss so organisierbar sein, dass die Kommunikationsverantwortlichen des Verbandes ihre redaktionelle Arbeit auch ohne vertiefte Technikkenntnisse stets rasch, pünktlich und sicher umsetzen können.

Der Internetauftritt der DPRG wirkt frisch, aktuell und kommunikativ. Passend zu einem Kommunikationsverband. Kann man so etwas auch auf andere Verbände übertragen?

Grundsätzlich ja. Aber die Erscheinung ist nur die sichtbare Seite der Webpräsenz. Mindestens ebenso entscheidend ist die Arbeit im Hintergrund, im sogenannten Backoffice. Wer stellt den Content ein? Geschieht dies in einer zentralen Redaktion? Oder können autorisierte Verbandsmitglieder diesen dezentral einstellen? Entscheidend ist hier die Einstellung zur Kommunikation. Zunächst gilt es deshalb, organisatorische und technische Hürden zu erkennen und abzubauen. Mit anderen Worten, es gilt die Zügel zu lockern, dass auch mal etwas gewagt werden darf, was in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Es gilt regelmäßiger zu kommunizieren, um wahrnehmbarer zu werden. Das kann schon mal Wunder wirken. Neben einer redaktionellen Betreuung an zentraler Stelle können dann als Nächstes auch regional oder thematisch fokussierte Autoren einbezogen werden.

Kann man denn mit einem plötzlich zunehmenden Engagement von Mitgliedern rechnen?

Die Voraussetzungen sind von Verband zu Verband natürlich vollkommen unterschiedlich. Ein reiner Interessenverband ist anders organisiert als etwa ein Berufsverband. Wie viel ehrenamtliches Interesse und Engagement am Thema und wie viel professionelle Kommunikatoren an einem aktiv moderierten Internetauftritt mitwirken sollten, muss von Fall zu Fall in einer Konzeptphase ermittelt werden. Auf einer realistischen Analyse aufbauend lässt sich dann aber auch dauerhaft etwas bewegen.

Die sozialen Netzwerke verändern das Kommunikationsverhalten im Internet erneut tief greifend. Relativiert das nicht den eigenen Internetauftritt?

Ganz im Gegenteil, die laufende inhaltliche Arbeit für den Internetauftritt bekommt nun eine weitere Dimension. Jetzt ist es für Interessenten noch einfacher geworden, an der Arbeit eines Verbandes auch dialoghaft teilzuhaben. Das ist eine Chance nicht nur für den Verband, auch Meinungsträger, Entscheider, Mitglieder des Verbandes sind ja zunehmend dabei, anders, offener zu kommunizieren. Voraussetzung ist jedoch auch hier, dass redaktionell Energie freigesetzt wird. Auch Facebook und Twitter, Google+ und YouTube wollen planvoll „gefüttert“ und moderiert werden, damit die Kommunikation munter bleibt.

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