Verbändereport AUSGABE 5 / 2012

Multiple Persönlichkeiten mit Charisma

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Verbandsmanager sind im Idealfall gespalten und hören auf mehrere Namen gleichzeitig. Sie stehen als Autorität an der Spitze und führen in der Regel hochkarätige Teams – bei größeren Verbänden von ebensolcher Größe. Sie personifizieren den Verband und sind mitverantwortlich für seine Kommunikation. Sie argumentieren, streiten und sitzen dabei meist zwischen mehreren Stühlen. Um all diese Aufgaben erfolgreich zu bewältigen und am Ende nicht im Raum mit den gepolsterten Wänden zu landen, können sich Verbandsmanager verschiedener Hilfsmittel bedienen. Diese Musketiere basieren auf wissenschaftlichen Untersuchungen und haben nichts mit oberflächlichem Ratgeber-Geplapper zu tun. Hier die Quint aus der Essenz:

Autoritäten mit Ecken, Kanten und menschlichen Schwächen

Woran denken Menschen, wenn sie an Apple denken? Steve Jobs. Microsoft? Bill Gates. VDI? Willi Fuchs. Deutscher Städte- und Gemeindebund? Gerd Landsberg. Menschen sind nicht nur Augentiere, die Bilder über alles lieben; sie verbinden auch abstrakte Organisationen liebend gern mit Menschen aus Fleisch und Blut. Zudem folgen sie anerkannten Autoritäten. Dies hat evolutionäre und neurologische Gründe. Abstraktes hat für unser Gehirn seit jeher keinen Wert, weil es sinnlich nicht wahrnehmbar ist, keine Ecken und Kanten besitzt. Eine Organisation, ein Verband ist abstrakt, wenig konkret, kaum greifbar. Die Organisation wird erst dann richtig lebendig, wenn sie von einem lebenden Menschen mit Ecken und Kanten repräsentiert wird – am besten natürlich von einem, der aneckt, auffällt, zum Widerspruch reizt, nicht glattgeschliffen ist und darum eben nicht durch das Aufmerksamkeits-Raster flutscht. Im Idealfall entwickelt sich der Chef zu einer Autorität, die Gehör findet, der man glaubt und vertraut. Der Primatenforscher Frans de Waal beschreibt in seinem Buch „Der Affe in uns“ eindrucksvoll, dass Machtstreben und Autorität bereits bei unseren Verwandten einander bedingen.

Wir sind heute – zumindest in Teilen – weiter und müssen Autorität nicht mehr mit den Reißzähnen aufbauen und verteidigen. Wir erlangen sie im Idealfall durch Leistung, was einige allerdings nicht davon abhält, sich die bekannten Autoritäts-Symbole zu erschleichen. Wirkliche Autoritäten überzeugen durch Leistung in Kombination mit bescheidenem Auftreten. Sie meiden den Schein zugunsten des Seins und – dies ist besonders wichtig – zeigen sich als Menschen mit menschlichen, allzu menschlichen Schwächen. Dadurch machen sie sich vielleicht in einigen Punkten angreifbar, gewinnen aber viel durch Authentizität.

Integriert kommunizieren auf die überzeugende Tour

Wer in der täglichen Informations-Kakophonie gehört werden will, muss einheitlich und integriert kommunizieren. Wer sich selbst und seinem Verband Gehör verschaffen will, muss dem roten Kommunikationsfaden folgen. Klingt gut, wird nur selten wirklich getan. Noch viel zu häufig senden Verbände auf unterschiedlichen Kanälen unterschiedliche Informationen. Die Pressemitteilung übermittelt eine andere Aussage als die Broschüre, die Internetseite kommuniziert andere Inhalte als der Newsletter, die Mitarbeiter am Telefon übermitteln wieder ein ganz anderes Bild als der Verbandsmanager. Der Empfänger ist dann nicht nur verwirrt, sondern wendet sich zu Recht ab, denn wer Unterschiedliches kommuniziert, ist unglaubwürdig. Dies trifft für Personen genauso zu wie für Verbände. Da beruhigt es zu sehen, dass die meisten einheitlich visuell kommunizieren. Logo, Briefpapier, Visitenkarten sind, grafisch gesehen, aus einem Guss.

Problem: Keine klare Zielformulierung

Weitgehend unbeachtet jedoch ist, dass eine Organisation nach innen und außen vielfältig und auf unterschiedlichen Kanälen kommuniziert. Das beginnt beim Telefonat und den Äußerungen der Mitarbeiter – hört bei der Rede des Chefs und dem Staub auf dem Grünzeug jedoch noch lange nicht auf.

Verschiedene wissenschaftliche Studien weisen eindeutig nach: Die meisten Organisationen zucken bei der Frage nach dem Ziel ihrer Kommunikation die Schultern. Zielimage? Keine Ahnung. Zentrale Botschaft? Haben wir nicht. Besagte Studien belegen ebenfalls: In Zeiten der Informationsflut und des zunehmenden Wettbewerbs ist es geradezu eine ökonomische Notwendigkeit, integriert zu kommunizieren. Hierzu Manfred Bruhn, Professor für Marketing und Unternehmensführung an der Uni Basel:  „Die seit Jahren fortschreitende Sättigung der Märkte und Vervielfältigung der Marken in den unterschiedlichsten Produktbereichen hat bewirkt, dass Unternehmen heute weniger in einem Produkt- als vielmehr in einem Kommunikationswettbewerb stehen.“ (in: Unternehmenskommunikation, Wiesbaden, 2006: 491).

Das Kommunikationskonzept als Weg zum Ziel

Wer also ein Kommunikationskonzept besitzt, spart kurz-, mittel- und langfristig viel Geld. Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Das Konzept legt nach der Analyse des Ist-Zustands das Ziel der Kommunikation, das Image, fest. Dieses Bild wiederum können Organisationen gezielt formen. Wenn das Image einmal festgelegt ist, geht es an die Planung der Maßnahmen. Weil Kommunikations-Partner nicht unterscheiden, ob eine spezifische Aktion nun der PR, Werbung oder dem Marketing zuzuordnen ist, spielt diese Unterscheidung bei integrierter Kommunikation auch keine Rolle (unter uns: das sehen Werbe- und PR-Leute ganz anders, ändert aber nichts an der Tatsache). Entscheidend ist, dass ein Verband auf allen Kanälen und mit allen Mitteln stringent kommuniziert. Im Idealfall dient das Konzept als Handlungsanweiser und zugleich als Kontrollinstanz. Alles, was sich nicht am roten Faden orientiert, muss geändert werden. Positiv gewendet bedeutet das: Wer einen Kommunikationsplan besitzt, kann sich für mehrere Jahre, im Idealfall Jahrzehnte, zurücklehnen, denn er muss sich nur noch an diesem entlanghangeln.

Was hier so einfach klingt, wird von manch einem Marketing-Experten künstlich verkompliziert. Der spricht dann von einem durchzuführenden Relaunch, mahnt eine Copy-Strategy an oder fordert gar ein durchgestyltes Issues-Management. Zurück bleibt ein verwirrter Chef, der vor lauter Anglizismen den Überblick verloren hat und im Zweifelsfall gar nichts tut. Damit aber schlagen Verbände die weit reichenden Vorteile eines integrierten Kommunikations-Konzepts in den Wind. Ein Konzept ist im Idealfall kein Haufen Papier, sondern Basis, Kontrollinstanz und Leitfaden für alle Kommunikations-Aktivitäten. Es reduziert sofort Kosten und steigert die Effizienz aller Einzel-Maßnahmen, erzeugt dauerhaft ein festes Image bei allen Kommunikations-Partnern, beeinflusst Entscheider positiv, weil die Organisation widerspruchsfrei agiert. Zudem verbessert es die Lerneffekte und schafft Synergien, weil alle Einzelmaßnahmen einander stützen. Gründe mehr als genug.

Die Eier legende Wollmilchsau der Kommunikation und Image-Pflege

Eines der wichtigsten und zugleich sträflich vernachlässigten Kommunikations-Mittel des Managers ist der Monolog: „Sehr geehrter Herr Minister, sehr geehrte Frau Dr. Schlagmichtot, sehr geehrte Gäste, ich freue mich, bla, bla, bla …“ Nach einem üblichen Einstieg erwarten die Zuhörer die übliche Langeweile. Und bekommen sie meist auch. Dabei übertragen die Hörer alle Attribute des Monologs auf den Redner. Wer wie alle anderen redet, handelt wie alle anderen. Wer sich an scheinbare Standards eines Monologs hält, ist selbst Standard. Wer am Ende mit einem hilflosen „Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit“ endet, hat es nötig.

Viele Deutsche lieben Monologe nicht. Sie empfinden diese mehr als lästige Pflicht denn als lässige Freude. Monologe aller Art fristen im kommunikativen Reigen ein arg verstaubtes und angsterfülltes Schattendasein. Monologe aber gehören ins Rampenlicht, denn sie vereinen mehrere Vorteile in sich. Sie sind preiswert, mit relativ wenig Aufwand herzustellen und beliebig duplizierbar. Sie sind hochgradig wirksam, weil sich die Zielgruppe mindestens zehn Minuten intensiv mit diesem Mittel, seinem Sender und dem Inhalt gleichzeitig beschäftigt. Monologe senden – noch bevor sie überhaupt zum Einsatz kommen – die Botschaft: Hier agiert ein Spezialist, der sich aus der Masse heraushebt, eine Marke. Zu dieser Eier legenden Wollmilchsau der Markenbildung und Positionierung zählen Vorträge, Vorlesungen, Statements, Präsentationen und Reden. Schade nur, dass die Potenzen in Deutschland von den wenigsten erkannt und genutzt werden, denn wie sehen die meisten öffentlichen Auftritte aus?

Redner und Vortragende langweilen ihre Opfer mit Details, Zahlenkolonnen und überbordender Faktenfülle. Sie quälen ihre Zuhörer mit Nominalstil und Bürokratendeutsch, die in gesprochener Sprache nichts zu suchen haben. Deutsche Redner reden meist zu lange, sie meiden Humor wie der Teufel das Weihwasser, verwenden Zitate als letzten Reißaus und flehen: So glaub mir doch, lieber Hörer, Einstein hat doch Ähnliches gesagt! Beginn und Ende eines Vortrags sind öde und verwenden sattsam bekannte Standardformeln. Redner glauben, dass Standardformeln (lassen Sie mich … erlauben Sie mir … ist es mir eine Freude … darf ich Sie begrüßen … gestatten Sie mir) in der Ruhmeshalle der Rhetorik in Stein gemeißelt sind. Pustekuchen. Viele Redner haben zudem ein sogenanntes Rhetorik-Seminar besucht, in dem Mimik, Gestik und Sprechweise als Rhetorik verkauft wurden. Ja, diese Elemente gehören auch dazu. Sie sind aber – das zeigen Untersuchungen – weit weniger wichtig als eine authentische Persönlichkeit und un-gehörte Reden.

Erfolg kann man (und Frau) lernen

Verbands-Manager müssen erfolgreich agieren, sonst sind sie fehl am Platz. Was aber machen Erfolgreiche anders? Neurologie und Psychologie haben in den vergangenen Jahren Faktoren analysiert, die wir anwenden können. Erfolg hat nichts mit extrinsischer Motivation oder (ausschließlich) positivem Denken zu tun, wie uns Gurus und überquellende Ratgeberliteratur weismachen wollen: Die zehn Regeln des Erfolgs anwenden und – zack – stehst du ganz weit oben. Erfolg hängt auch von Zufällen und Glück ab, ja, viel mehr aber von der persönlichen Einstellung und kontinuierlichem Handeln. Hier die wichtigsten Faktoren, die erfolgreiche Menschen anwenden:

Erkenne dich selbst!

Ein sehr anschauliches, wenn auch nur geringfügig übertriebenes Beispiel für die Unterschiede zwischen Eigen- und Fremdbild liefert Roger Cicero in seinem Lied: „Zieh die Schuh aus“.

Wir wissen zwar, dass Eigen- und Fremdbild auseinanderklaffen, sehen uns dessen ungeachtet aber immer in einem besseren Licht. Das bezieht sich auf unsere intellektuellen Leistungen und Persönlichkeitseigenschaften. Erfolgreiche verringern diese Kluft, auch wenn sie dadurch den einen oder anderen Scheinfreund verlieren sollten. Sie bitten wirkliche (!) Freunde, ihnen ganz offen auf verschiedene Fragen zu antworten. Auch wenn unser Selbstbild dabei so manchen Riss bekommt, sollten wir dankbar sein, weil die Antworten helfen, uns realistischer einzuschätzen. Das hat einen großen Vorteil: Wer weiß, wer er ist, was er kann, wird die richtigen Schritte auf dem Weg zu seinen eigenen Zielen gehen können. All die anderen stolpern weiterhin über all die überall umherliegenden Denkmale ihrer Person und wundern sich, warum sie nicht schneller vorankommen.

Motiviere dich selbst!

Extrinsische Motivation funktioniert nicht. Motivation ist individuell und unabhängig von Materiellem. Diese beiden Aussagen widersprechen zwar der gängigen Praxis in deutschen Landen, sind aber wahr, weil gut und mehrfach erforscht. Um sich selbst aufs richtige Gleis zu setzen und immer wieder Feuer unterm Hintern zu machen, helfen keine Gratifikationen, keine Boni, sondern ehrliche Antworten auf folgende Fragen: Welche Ziele habe ich wirklich? Welche Zwischenziele kann ich auf dem Weg dorthin festlegen? Wie blende ich Unnützes und Ablenkendes aus? Welche Belohnungen (nicht materieller Art) kann ich mir auf dem Weg dorthin immer wieder bereiten? Menschen, die auf Dauer motiviert sind, erkennen, dass die sogenannten guten Ratschläge anderer oftmals auf Neid, Missgunst und Versagen beruhen. Und demnach geben sie nicht sehr viel darauf und verfolgen weiter den eigenen Weg – eigensinnig, aber konsequent.

Fokussiere und setz Scheuklappen auf!

Wer jeden Tag nur ein Viertelstündchen Zeitung liest und ein Viertelstündchen Nachrichten sieht, ist am Ende der Woche nicht nur um viele Illusionen ärmer. Er hat auch drei einhalb Stunden mit vielen Negativ-Meldungen verbracht, die ihn frustrieren, die negative Stimmung verbreiten, die von Wichtigem abhalten und – dies ist aus meiner Sicht am wichtigsten – deren Ursache wir meist sowieso nicht ändern können. „Aber ich muss doch informiert sein!“ Ja, aber gezielt und nicht mit der Gießkanne. Heute stehen uns vierzigmal mehr Informationen zur Verfügung als noch vor sechzig Jahren. Das gesamte Wissen eines einfachen Menschen aus dem siebzehnten Jahrhundert passt heute in eine BamS. Miriam Meckel, Professorin für Kommunikation, hat das Buch geschrieben: „Das Glück der Unerreichbarkeit: Wege aus der Kommunikationsfalle“. Diese wenigen Fakten verweisen auf eine Eigenschaft erfolgreicher Menschen: Sie fokussieren und arbeiten ohne Störquellen. Sie suchen gezielt Informationen und wollen gar nicht immer umfassend informiert sein. Sie vervollständigen schrittweise ihren Wissens-Speicher mit Informationen, die für sie persönlich und ihre Aufgabe relevant sind. Alles andere strafen sie mit Nichtachtung.

Steh auf, Männchen!

Wissenschaftlich gesprochen heißt das Resilienz. Unwissenschaftlich: Steh auf, wenn du hingefallen bist und erkenne, was daran positiv war. Auch Umwege betrachten erfolgreiche Menschen als notwendig und hilfreich an. Sie konzentrieren sich darauf, was sie auf dem Umweg gelernt haben und warum die Abweichung besser war als der gerade Weg.

Ändere dich, wenn die Situation es erfordert!

Die Welt muss sich ändern, nicht ich. Viele haben dieses Diktum derart stark verinnerlicht, dass ihnen gar nicht bewusst ist, wie grundfalsch es ist. Als Folge wird gemault, gemeckert, kritisiert und Schuld verschoben. Viel besser ist es, die Welt mit allen ihren Unzulänglichkeiten als gegeben zu betrachten und sich immer wieder zu fragen: Wie kann ich die gegebene Situation ausnutzen? Wie kann ich meine ganz individuellen Fähigkeiten wo gezielt einsetzen und ausbauen? Wer sich diese Fragen immer wieder stellt und sie immer wieder beantwortet, wird nicht nur irgendwie vielleicht ans Ziel kommen. Er wird es mit einem leisen Lächeln erreichen.    

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Autor/in

Jens Kegel

ist Coach (univ.) für Führungskräfte, Trainer, Kommunikationsexperte und Autor. Er studierte Germanistik, Geschichte, Pädagogik und Psychologie. Nach zwei Staatsexamen, einem Fernstudium „Werbetexten“ und einem Promotionsstudium arbeitet er als Freiberufler für Unternehmen, Verbände, Führungskräfte.

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