Die Durchsetzungskraft von Interessenverbänden hängt nicht nur von der Professionalität in ihren Strukturen und Prozessen, in der Leitung und unter den Fachkräften ab, sondern auch von der Mobilisierungskraft ihrer Mitgliederbasis. Im Bereich der Wirtschaftsverbände gilt das insbesondere für Gewerkschaften und Berufsverbände. Eine Studie bei der größten Schweizer Gewerkschaft Unia zeigt, dass das Mobilisierungspotenzial eng damit verbunden ist, auf welche Weise neue Mitglieder gewonnen werden: Eine ausgeprägte soziale oder psychologische Verbindlichkeit beim Beitritt korrespondiert in der Folge mit einem überdurchschnittlichen Engagement. Ökonomische Anreize zur Förderung des Mitgliederwachstums können hingegen kontraproduktiv wirken.
Solange eine Organisation besteht und funktioniert, muss sie die dreifache Aufgabe erfüllen, Mitglieder zu gewinnen, sie zum Bleiben zu veranlassen und dafür zu sorgen, dass sie ihre Rolle spielen.“ Als die Soziologin Renate Mayntz in ihrem Lehrbuch von 19621 die wesentlichen Herausforderungen für jede Art der Organisation beschrieb, hat sie möglicherweise an Verbände gedacht. Mit Sicherheit wird heute jeder Vorstand und jede Geschäftsführung eines Wirtschaftsverbands diesen Satz als Maxime der eigenen Leitungsaufgabe bestätigen. Viele Branchen- und Berufsverbände sowie Gewerkschaften sind mit Mitgliederschwund und einem abnehmenden Organisationsgrad konfrontiert. Die Gründe liegen einerseits im anhaltenden Individualisierungstrend, mit dem grundsätzliche Zweifel an der Wirksamkeit gemeinschaftlicher Strukturen verbunden sind. Andererseits verlieren nationalstaatliche Grenzen, innerhalb der sich viele Verbände orientiert haben, an Bedeutung; diese Entgrenzung lässt organisierte Interessen