Verbändereport AUSGABE 1 / 2007

Markenführung von Verbänden: Ist ein Verband eine Marke?

Praxisbericht: markenbildende Maßnahmen beim Gesamtverband Kommunikationsagenturen e.V. (GWA)

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„Ist ein Verband eine Marke?“ So oder so ähnlich lautet immer eine der ersten Fragen, wenn man sich mit der Markenführung von Verbänden auseinandersetzt. Eine Frage, die sich eigentlich heute, nachdem Fußballvereine, politische Parteien oder auch Non-Profit-Organisationen teilweise den Wert ihrer Marke erkannt haben und diese auch dementsprechend strategisch führen, klar mit „Ja“ beantworten lässt. Auch die Mitglieder des GWA hatten diese Frage in der quantitativen Analyse im Jahr 2004 mit einer überwältigenden Mehrheit bejaht.

„Ist ein Verband eine Marke?“ So oder so ähnlich lautet immer eine der ersten Fragen, wenn man sich mit der Markenführung von Verbänden auseinandersetzt. Eine Frage, die sich eigentlich heute, nachdem Fußballvereine, politische Parteien oder auch Non-Profit-Organisationen teilweise den Wert ihrer Marke erkannt haben und diese auch dementsprechend strategisch führen, klar mit „Ja“ beantworten lässt. Auch die Mitglieder des GWA hatten diese Frage in der quantitativen Analyse im Jahr 2004 mit einer überwältigenden Mehrheit bejaht.

Nun ging es also darum, das Wesen dieser Marke zu entschlüsseln und das strategische Territorium der zukünftigen Entwicklung zu definieren. Dementsprechend definierte der GWA die Zielsetzung folgendermaßen: Ziel ist es, durch eine klarere Herausstellung der Verbandsrelevanz das Vertrauen und die Bindung der Mitglieder und weiterer Zielgruppen zum GWA zu erhöhen. Oder mit anderen Worten: „Eine emotionale und faktische Aufladung der Marke, sodass sie in ihrer Entwicklung stabil und präferenzschaffend funktioniert.“

Die Aufgabenstellung, die sich daraus entwickelte, lautete wie folgt: den Status quo der Marke GWA zu analysieren und eine ganzheitliche Marken- und Portfolio-strategie zu entwickeln. Also die Definition einer relevanten, differenzierenden, konsistenten und vertrauensbildenden Positionierung für die Marke und die Produkte in Bezug auf die unterschiedlichen Märkte und Zielgruppen. Wir näherten uns dem Mandat mit einer dreistufigen Vorgehensweise (Abb. 1).

In Stufe I wurde eine nationale und internationale Statusanalyse durchgeführt. In Stufe II wurde explorativer Research mit den relevanten Zielgruppen durchgeführt: Mitarbeiter des GWA, Mitglieder des GWA, Nicht-Mitglieder des GWA, Medienvertreter, Meinungsführer und Vorstände/Geschäftsführer anderer Verbände, Meinungsführer und Vorstände/Geschäftsführer der Kommunikationsbranche.

In Stufe III wurden die Ergebnisse der Researchstufen zusammengeführt und die Markenstrategie für den GWA entwickelt.

Das Publicis Sasserath MarkenWesen Modell

Grundlage der Markenanalyse war das Publicis Sasserath MarkenWesen Modell (Abb. 2). Das MarkenWesen Modell analysiert Marken ganzheitlich in Analogie zu Menschen, da die Beziehungen zwischen Marken und Menschen den Beziehungen zwischen Menschen ähneln. Dabei wird zwischen der Physis, also der faktischen Basis der Marke, der Psyche, oder auch der Seele der Marke, und den Manifestationen als die Symbole und Signale der Marke, wie beispielsweise die Farbe Magenta oder das ‚T‘ der Telekom, unterschieden.Am Beispiel Britney Spears in Abb. 3 wird das Zusammenspiel der Dimensionen anschaulich verdeutlicht.

Da das Ziel der wirtschaftlichen Markenführung immer Präferenz (Loyalität hierbei verstanden als kontinuierliche Präferenz) ist, analysieren wir die Stärke der Marke anhand von vier Parametern:Attraktivität: Wie relevant und attraktiv ist die Marke? Individualität: Wie stark unterscheidet sich die Marke vom Wettbewerb? Konsistenz: Wie konsistent und klar wird die Marke über die Zeit und die Summe ihrer wahrgenommenen Wesensäußerungen erlebt? Vertrautheit: Wie bewusst und nah ist die Marke der Bezugs- oder Zielgruppe?

BMW als Beispiel einer hervorragend geführten Marke zeigt dabei deutlich, wie ein Marke über diese Dimensionen mit einem klaren Kern entwickelt wird und die Maßnahmen in den Bereichen Produkt, Interaktion mit der Marke und Kommunikation aus diesem Kern abgeleitet wurden und in diesen wieder einzahlen (Abb. 4 und 5).

Die Ergebnisse der Analyse

Auf der Basis der Sekundäranalyse wurde als erster Schritt ein Marken-Workshop mit den Mitgliedern des GWA durchgeführt. Die Ergebnisse (Abb. 6) offenbaren, dass der GWA intern produktfaktisch als sehr stark und kompetent erlebt wird. Die Seele der Marke wird als seriös und sicher wahrgenommen und erfüllt damit primär eine hygienische Funktion.

Die Manifestationen sind eher reichhaltig und gehen von Markenausstattung (Logo/Corporate Design) über Produktangebote (Jahrbuch und Effie) bis hin zu den tragenden Personen.

Im qualitativen Research (rheingold und Publicis Sasserath) zeigte sich ein deutlich differenziertes Bild (Abb. 7). Zwei Spannungsfelder traten auf: Probleme in der Binnenregulierung und Probleme in der Außenwirkung.

Zu den Problemen in der Binnenregulation zählen die Kernthemen, die das Innenverhältnis untereinander ausmachen. Gewünscht war ein Austausch unter den Mitgliedern, der sich aber nicht genügend ausleben lässt. Wahrgenommen wurden auch ein zu schwaches Profil und eine unklare Ordnung.

In der Außenwirkung wurden mangelnder Schwung und die konservative Zurückhaltung des GWA artikuliert – dies steht deutlich in starkem Zwiespalt zu dem manifesten Wunsch nach Eigenwerbung.

Zentraler Punkt in der Auseinandersetzung mit den Mitgliedern war durchgängig der Wunsch nach Kompensation und Wertschätzung. Die Mitglieder sehen deutlich ihre wirtschaftliche Bedeutung, gleichzeitig haben sie das Gefühl, dass die Wirtschaft ihnen nicht den nötigen Respekt zollt, dies wiederum führt dazu, dass die seriösen Züge überbetont und die scheinbar verwerflichen „kreativen“ Züge verschwiegen werden.

Man hungert nach Anerkennung und der Verband soll helfen, diese zu erlangen. Von den Basisleistungen erfüllt der Verband qualitativ hochwertig auch die Hygienefunktion – in letzter Instanz wird er allerdings als „grundsolide, aber zahnlos“ erlebt und schafft es nicht, dem Wunsch nach Wertschätzung gerecht zu werden.

Die entsprechenden Herausforderungen für den GWA wurden klar ausgedrückt. Profilschaffung – es wurde wieder konsequent verlangt, klarere Positionen einzunehmen, und weniger, es allen recht zu machen. Hinzu kam der Wunsch nach stärkerer Anlehnung an die Kreativität in der Branche. Relevanz und Imagepflege der Branche – vom GWA wird erwartet, dass er mehr Einsatz zur Bekämpfung der Imageprobleme der Agenturen zeige. So wird eingefordert, dass gegenüber den wichtigen Bezugs- und Anspruchsgruppen die Relevanz der Branche kommuniziert wird und ein stärkerer Beitrag zur Diskussion geschäftsrelevanter Themen geleistet wird.

Zusammenfassend lässt sich also aus der Analyse Folgendes feststellen: Der GWA ist ein grundsolider, bekannter Verband. Die Marke GWA steht auf einem starken Fundament. Allerdings fehlt es an Relevanz und Schärfe. Folglich und aufbauend auf dem erkannten Erwartungsmuster der Mitglieder muss die kausale positive Beziehung zwischen Kreativität und wirtschaftlicher Bedeutung hergestellt werden.

Tatsächlich bot eine der Manifestationen des GWA, der Effie, eine Art Ideal-modell für die Zukunft, da dieser Preis den wirtschaftlichen Erfolg kreativer Kommunikation auszeichnet – wenngleich der Effie 2004 noch nicht genügend an den GWA gebunden war.

Die Strategie

Die Aufgabe der markenbildenden Maßnahmen war es nun, die inhärente, aber zurzeit verdrängte Stärke wieder kraftvoll in den Vordergrund zu rücken und so Sicherheit und Halt nach innen und außen zu geben. Dem Wert von Kommunikation als der zentralen Leistungsdimension der Mitgliedsunternehmen musste in den Zielgruppen wieder der richtige Stellenwert verliehen werden.Erschwerend stellte sich in diesem Kontext die Komplexität in und zwischen den Zielgruppen dar (Abb. 9).

Nicht nur, dass die Zielgruppen sehr unterschiedlich waren, zum Beispiel Politik vs. Nachwuchs, sondern es bestanden auch starke gegenseitige Beeinflussungstendenzen wie beispielsweise das Dreieck „Mitglieder“, „Presse“ und „Kundenunternehmen“. Eine Priorisierung war zwar möglich, ein gänzlicher Ausschluss jedoch unangebracht.

Wie löst man nun dieses Dilemma auf, welches sich nicht durch harte Daten auf einen gemeinsamen Nenner bringen lässt? Die Antwort ist einfach und doch schwierig zugleich: Man sucht nach einem verbindenden Insight, nach einer tieferen Einsicht oder Wahrheit, die die Zielgruppen miteinander verbindet. Trifft man diese, liegt die markenstrategische Lösung nahe. Aufbauend auf der vorangegangenen Analyse war dieser verbindende Insight beim GWA stringent zu definieren. „Kommunikation spielt für das Funktionieren der Wirtschaft eine extrem wichtige Rolle. Aber keiner demonstriert diese Rolle so richtig. OK, es gibt da den ADC und so ein paar andere Verbände – aber so richtig stellt dieses Thema doch keiner dar. Ach ja. Da ist noch der GWA. Eigentlich ist der GWA ja ganz gut. Aber was machen die eigentlich so? Tun so betont seriös …“

Dieser Insight korrespondierte hervorragend mit der faktischen Basis des GWA, denn im Kern repräsentiert der GWA die wirtschaftliche Bedeutung von kreativer kommerzieller Kommunikation. Der beste Beweis hierfür ist der GWA-Effie; aber auch die Mitglieder, die Exklusivität der Mitgliedschaft, die Services und die Kooperationen untermauern diesen Anspruch. So stellte sich im Zentrum der Markenstrategie ein magisches Dreieck aus (1) Kommunikation, (2) wirtschaftlichem Erfolg und (3) besiegelt dar, welches sich in einen kausalen Sinnzusammenhang stellen lässt: „GWA – besiegelter wirtschaftlicher Erfolg durch effiziente, kreative Kommunikation.“

Dieser Nutzen ist für alle Zielgruppen relevant, da er einen wünschenswerten Zustand adressiert. Differenzierend, da er sich von den anderen Interessenvereinigungen abhebt. Konsistent, da er dem GWA im Kern treu bleibt. Vertrautheitsschaffend, da es ein klarer und fokussierter Nutzen ist. Als oberste Leitinstanz, als strategischer Leitstern wurde dieser markenstrategische Ansatz in einer einfachen, fokussierten Formel verdichtet – der Brand Idea oder Markenidee des GWA: „GWA. Gute Kommunikation treibt die Wirtschaft.“

Das Ziel MarkenWesen (Abb. 10) definiert das zukünftige strategische Territorium der Marke. Die Leistungen und Eigenschaften sind klar auf den produktfaktischen Kern des GWA und die Serviceplattform fokussiert. Die Persönlichkeit hat sich von „solide, aber zahnlos“ zu kompetent, seriös besiegelt, klar und fokussiert, kraftvoll und stolz signifikant weiterentwickelt. Auch hinsichtlich der Manifestationen fand eine klare Fokussierung auf die wichtigsten Vertreter Holger Jung und Dr. Henning von Vier-egge, den GWA-Effie als Flaggschiff und das konsequente GWA-Branding statt.

Die Leitschnur für die Kommunikation war nun klar geschaffen, allerdings nicht nur für die Kommunikation im traditionellen Sinne, sondern auch für Produkte und die Interaktion mit dem GWA. Die Wechselwirkung ist klar. Der GWA definiert den Markenanspruch durch „Gute Kommunikation treibt die Wirtschaft“ und die Leistungen schaffen die faktische Beweisführung und laden die Marke weiter auf. In der Markenarchitektur wird dieser Anspruch dann für jede Submarke wie den GWA-Effie, das GWA-Jahrbuch oder den GWA-Such-agenten spezifisch interpretiert. Die Säulen funktionieren somit als strategisch geplante Säulen des gesamten Markenkonstruktes GWA. Die Marke ist in ihrer Ganzheit definiert und entwickelt sich in geführten Bahnen in allen Wesensäußerungen – ein Prototyp, nicht nur für Verbände.

Epilog

Seit dem Abschluss dieses Mandats sind mittlerweile zwei Jahre vergangen, sodass ich mir einige Abschlussbemerkungen erlauben möchte. Der GWA – speziell in Form des Vorstandes und des Geschäftsführers – hat großen Mut bewiesen, sich trotz der Hindernisse und Barrieren diesem Thema auf so profunde Weise zu nähern. Der GWA hat großes markenstrategisches Gespür gezeigt, die klare Analyse basierend auf exzellentem, qualitativem Research durch rheingold hat bewiesen, dass der GWA wirklich nach der Relevanz der eigenen Marken gesucht hat und durch die Aufdeckung eines starken Insights und die Freilegung der eigenen Stärke belohnt wurde. Der GWA hat größte Disziplin bewiesen. Der definierte Anspruch wurde durch die Bezugsgruppen getragen und die Maßnahmen danach ausgerichtet, denn schließlich ist jede Strategie nur so gut wie ihre Umsetzung. Der GWA hat Stamina bewiesen: In den vergangenen zwei Jahren wurde diese Strategie konsequent und evolutionär weiterentwickelt.

Heute heißt es: Gute Kommunikation treibt die Wirtschaft. Der GWA setzt die Maßstäbe. Und so ist es.

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