Verbändereport AUSGABE 3 / 2004

Mandatsgeschäftsführung - Flexibel und kostengünstig für kleine und mittlere Verbände

Die externe Verbandsgeschäftsstelle

Logo Verbaendereport

Was häufig übersehen wird: Verbände sind ein Rationalisierungsinstrument der Wirtschaft, weil sie erlauben, gemeinsame Aufgaben „vor die Klammer“ zu ziehen. Ansonsten müssten diese Aufgaben dezentral in einer Vielzahl von Unternehmen erledigt werden. Aber auch Verbandsaufgaben lassen sich in bestimmten Fällen rationalisieren, indem für den Verbandsbetrieb nicht jeweils eine eigene Infrastruktur vorgehalten, sondern die kostengünstige Möglichkeit der Mandatsgeschäftsführung gewählt wird.

Was heißt Mandatsgeschäftsführung?

Mandatsgeschäftsführung bedeutet, dass ein Verband für seinen Verbandsbetrieb — also die Geschäftsstelle — keine eigene Infrastruktur vorhält, sondern hierzu mit einem geeigneten Dienstleister einen Vertrag zur Erfüllung der spezifizierten Verbandsleistungen schließt. Dies erlaubt vielen „wachsenden“ Verbänden den Sprung von der ausschließlich ehrenamtlichen zur professionellen hauptamtlichen Geschäftsführung. Aber die Mandatsgeschäftsführung bietet auch „schrumpfenden“ Verbänden die Möglichkeit, trotz sinkender Mitglieder- und Beitragseinnahmen die Verbandsleistungen aufrecht zu erhalten und damit eine Abwärtsspirale zu vermeiden.

Ein normaler Verbandsbetrieb kostet mit einem hauptamtlichen Geschäftsführer, einer Sekretärin, Büromieten und Kosten des Bürobetriebs sowie einem Dienstwagen für den Geschäftsführer mindestens 350.000 Euro jährlich. Damit sind noch keine großen Sprünge zu machen. Deshalb liegen die Kosten des Verbandsbetriebs meist noch wesentlich höher. Eine Mandatsgeschäftsführung erlaubt hier oft wesentliche Einsparungen, so dass mehr Mittel für die eigentlichen Verbandsaufgaben zur Verfügung stehen.

Wie funktioniert eine Mandatsgeschäftsführung?

A und O jeder Mandatsgeschäftsführung ist ein detailliertes Pflichtenheft, in dem die künftigen Partner festlegen, welche Leistungen von der Mandatsgeschäftsführung erbracht werden sollen. Alle Leistungen, die hier aufgeführt werden, sind durch das Honorar abgedeckt. Das Honorar kann als Fixhonorar oder als Quote der Mitgliedsbeiträge vereinbart werden. Auch Mischformen sind je nach Interessenlage denkbar. Je nach den Verbandsanforderungen kann ein solches Pflichtenheft den vollen Service umfassen, aber auch nur einzelne Module, wie etwa die Mitgliederverwaltung, das Inkassowesen der Beiträge, Gremienmanagement, Pressearbeit sowie Betreuung der Informationsdienste und Rundschreiben. Ratsam ist es auf jeden Fall, das Pflichtenheft sorgfältig zu erarbeiten, damit später keine Differenzen auftreten.

Pflichtenheft

Das Pflichtenheft sollte mindestens folgende Fragen regeln:

  • Inhalt der Mandatsgeschäftsführung
    • Interessenvertretung
    • Informationsleistungen
    • Organisationsleistungen (Gremien, Seminare, Tagungen, Mitgliederversammlung)
    • Repräsentation des Verbandes bei Dritten
  • Ansprechpartner intern/extern
  • Abstimmungsprozeduren mit Vorstand und Verbandsgremien
  • Art und Weise der Betreuung von Verbandsgremien
  • Vertragsbeginn und Kündigungsfristen
  • Honorar
  • eventuell spezieller Berechnungsmodus
  • kostenpflichtige Zusatzleistungen
  • Anpassungsklauseln

Auch Mandatsgeschäftsführungen sind grundsätzlich auf eine langfristige Zusammenarbeit angelegt, allerdings besteht die Möglichkeit, dass sich die Partner relativ kurzfristig trennen und der Verband sich einen neuen Dienstleister sucht oder er aufgrund eines veränderten Geschäftsvolumens den bisherigen Vertrag mit dem Dienstleister nachverhandelt.

Unterschiede zum traditionellen Verbandsbetrieb
Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass der Verband nicht als Arbeitgeber auftritt, sondern die Leistungen auf Honorarbasis „einkauft“. Die Situation ist also mit einem Agenturvertrag vergleichbar, den Verbände mit PR-Agenturen abschließen.

Es liegt auf der Hand, dass sich solche Mandatsgeschäftsführungen kostengünstiger erbringen lassen als die Vorhaltung eines eigenen vollen Geschäftsbetriebes.

Erfahrungen

Eine lange Tradition weisen Mandatsgeschäftsführungen in den Vereinigten Staaten auf. Aber auch in Brüssel sind Mandatsgeschäftsführungen an der Tagesordnung. Nach Verbändereport-Recherchen sind die Erfahrungen durchweg gut, sofern die Partner im Vorfeld unzweideutig die Details der Zusammenarbeit geregelt haben. Unstimmigkeiten haben meist ihren Grund in fehlenden vertraglichen Festlegungen. Zunehmend wird die Möglichkeit von Mandatsgeschäftsführungen auch in Deutschland genutzt.

Siehe hierzu das Interview Interview mit RA Bernd Beder. (Linkhinweis oben rechts!)

Artikel teilen:
Autor/in

Helmut Martell

ist Rechtsanwalt. Helmut Martell war Gründungsvorsitzender der DGVM und zwanzig Jahre ihr Stellvertretender Vorsitzender. Von 1997 bis 2014 fungierte er als Herausgeber des Verbändereport.

Das könnte Sie auch interessieren: