Die Verbände stehen vor großen Aufgaben. Politische und wirtschaftliche Veränderungen erfordern engagiertes und flexibles Handeln der Organisationen. Gleichzeitig überprüfen die Verbandsmitglieder immer kritischer, ob ihren Mitgliedsbeiträgen ein entsprechender Nutzen der Verbandsaktivitäten gegenübersteht. Diesen Herausforderungen können die Verbände nur mit qualifizierten und engagierten Führungskräften begegnen. Führungskräfte mit hoher Einsatzbereitschaft erwarten für ihr Engagement eine leistungsgerechte Vergütung. Der folgende Artikel stellt einige Ergebnisse der jüngsten von der Kienbaum Vergütungsberatung durchgeführten Untersuchung zur Vergütung der Führungskräfte in deutschen Verbänden vor. Gegenstand der Untersuchung waren die Höhe und Struktur der Vergütung vor dem Hintergrund verschiedener Merkmale der Verbände und der Verbandsführungskräfte. An der Befragung im Frühjahr 2000 beteiligten sich insgesamt 474 Verbandsbetriebe mit Angaben zu 1.342 Führungspositionen.
Persönliche Merkmale der Führungskräfte
Verbandsmanager weisen vergleichsweise hohe formale Qualifikationen auf: Mehr als 80 Prozent von ihnen haben ein Studium absolviert, 69 Prozent der Führungskräfte haben einen Universitätsabschluss, 18 Prozent mit Promotion (vgl. Abb. 1). Das Qualifikationsniveau steigt mit der Stellung der Mitarbeiter in der Verbandshierarchie.
Ausbildungsstruktur von Verbandsführungskräften (Angaben in Prozent)
Unter den Hochschulabsolventen dominieren Wirtschaftswissenschaftler (27 Prozent) und Juristen (24 Prozent), gefolgt von den Ingenieur- und Naturwissenschaftlern (zusammen 18 rozent). Besonders der hohe Anteil von Juristen und der relativ niedrige Anteil von Absolventen ingenieurwissenschaftlicher Studiengänge unterscheidet die Verbandsbetriebe von Unternehmen aus Industrie und Handel.
Bei den Befunden zu den Karrierepfaden zeigen sich im Vergleich zu Unternehmen einige merkliche Unterschiede: Das Durchschnittsalter von Hauptgeschäftsführern entspricht mit 50 Jahren zwar in etwa dem der Geschäftsführer von Unternehmen, jedoch ermöglicht die insgesamt geringere Größe und flachere Hierarchie von Verbandsbetrieben einen schnelleren Aufstieg in der Hierarchie bis hin zu Top-Positionen, wie an der durchschnittlichen Betriebszugehörigkeit von zwölf Jahren (Unternehmen: 15 Jahre) abzulesen ist. Auch der relativ hohe Anteil jüngerer Mitarbeiter unter den Referats- und Abteilungsleitern - immerhin 36 Prozent von ihnen sind nicht älter als 40 Jahre - unterstützt diese Aussage.
Geschlecht
Frauen sind unter den Führungskräften in Verbänden deutlich unterrepräsentiert: Von den untersuchten Positionen besetzen sie lediglich 21 Prozent. Dabei sind mit diesem Wert die beruflichen Chancen der Frauen in Verbandsbetrieben immer noch besser als in Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, wo ihr Anteil zumindest in den alten Bundesländern zum Teil deutlich unter 10 Prozent liegt. In den Verbandsbetrieben selbst hat sich die Situation langsam, aber kontinuierlich verbessert: Noch 1991 lag nach der damaligen Kienbaum-Erhebung der Anteil weiblicher Führungskräfte in Verbandsbetrieben bei 7 Prozent, 1994 bei 12 Prozent, 1997 bei 16 Prozent und 1998 bei 19 Prozent. Allerdings haben auf höheren Hierarchieebenen Frauen geringere Aussichten auf eine entsprechende Position: Während sie auf Referentenebene noch mit 28 Prozent repräsentiert sind, sinkt ihr Anteil bei Geschäftsführern der zweiten Ebene auf 15 Prozent und bei Hauptgeschäftsführern auf 14 Prozent.
Gehaltshöhe und ihre Einflussfaktoren
Die Streuung der Gehälter von Verbandsführungskräften ist beträchtlich. Die Bandbreite der monetären Gesamtbezüge (="Grundgehälter" + Weihnachts-/Urlaubsgeld + eventuelle variable Vergütung) reicht von weniger als 40.000 DM bis über 450.000.DM. Dabei streuen die Gehälter um so stärker, je höher die Mitarbeiter in der Verbandshierarchie angesiedelt sind (vgl. Abb. 2).
Verteilung der Jahresgesamtbezüge von Verbandsführungskräften
(Angaben in %, Gehaltsklassen in TDM)
Ähnlich wie in Unternehmen werden Höhe und Struktur der Gehälter von Verbandsmanagern durch eine Vielzahl von Einflussfaktoren geprägt (vgl. Abb. 3). Diese Faktoren überlagern einander; je nachdem, in welche Richtung sie wirken, verstärken oder verringern sie ihre Wirksamkeit.
Einflussfaktoren der Vergütungsbemessung von Verbandsführungskräften
Die Darstellung beleuchtet einige wesentliche Einflussfaktoren der Gehaltshöhe. Grundsätzlich ist die Höhe der Vergütung vor dem Hintergrund des Beitrages zu bestimmen, den der Mitarbeiter zur Erreichung der Ziele des Verbandsbetriebes leistet. Von entscheidender Bedeutung für die Entgelthöhe ist also die betriebsinterne Wertigkeit der ausgefüllten Position einerseits, das Maß, in dem diese Position aufgrund von Qualifikation, Erfahrung und Einsatzbereitschaft von der jeweiligen Führungskraft ausgefüllt wird, andererseits.
Hierarchischer Rang/Position
Die Wertigkeit einer Position im Verbandsbetrieb wird maßgeblich ausgedrückt durch ihre hierarchische Einordnung. Am deutlichsten ausgeprägt ist das Vergütungsgefälle zwischen der obersten Führungsebene - den Hauptgeschäftsführern - und der unmittelbar unterstellten Ebene - stellvertretende Geschäftsführer und/oder Abteilungsleiter (zum Überblick vgl. Abb. 4). Die Gehälter der Hauptgeschäftsführer liegen - unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Betriebsgrößen - um durchschnittlich 40 bis 50 Prozent über denen der ihnen unterstellten (stellvertretenden) Geschäftsführer und sogar 70 Prozent über denen der ihnen unterstellten Referats- und Abteilungsleiter. Auch die hierarchische Positionierung der Abteilungsleiter - zweite oder dritte Ebene - sorgt für Vergütungsunterschiede von etwa 10 bis 15 Prozent. Darüber hinaus sind innerhalb der Gruppe vergleichbarer Referats- und Abteilungsleiter kaum signifikante Unterschiede festzustellen.
Jahresgesamtbezüge von Verbandsführungskräften nach Positionsgruppen/Hierarchie)
(Anm.: Die unterschiedlichen Verhältnisse der Bezüge in der Abbildung zu den folgenden Aussagen resultiert daraus, dass Geschäftsführer (2. Ebene) und Abteilungsleiter stärker in größeren Verbänden vertreten sind und daher den Durchschnitt der Vergütungen anheben.)
Größe des Verbandsbetriebs
Aufgabenumfang und -komplexität von Führungskräften werden maßgeblich von der Größe der Organisationen beeinflusst, in denen sie tätig sind. Dies gilt sowohl für Unternehmen als auch für Verbandsbetriebe. Mit zunehmender Größe - gemessen am Etat oder der Beschäftigtenzahl des Verbandsbetriebs - wachsen für Führungskräfte vor allem der höheren Ebenen Aufgabenbereich und Verantwortungsumfang. Nach den Untersuchungsergebnissen liegt beispielsweise das durchschnittliche Gehalt eines Hauptgeschäftsführers in Verbandsbetrieben mit einem Etat von 10 bis 50 Mio. DM mit etwa 230.000 DM fast doppelt so hoch wie in Betrieben mit einem Etat von unter einer Mio. DM. Auf der Ebene der Referenten beträgt dieser Abstand noch etwa 40 Prozent.
Art des Verbandes
Ein spürbarer Unterschied im Vergütungsniveau ergibt sich aus dem Tätigkeitsfeld des Verbandes. Dieses Vergütungsgefälle besteht vor allem zwischen den Wirtschafts- und Berufsverbänden einerseits, Verbänden mit politischen oder sozialen bzw. karitativen Aufgaben andererseits.
Die Wirtschaftsverbände weisen schon aufgrund ihrer Aufgabenstellung und Mitgliederstruktur eine große Nähe zu den Unternehmen auf; dies schlägt sich auch in einem gegenüber anderen Verbandsarten höheren Vergütungsniveau ihrer Führungskräfte nieder.
Dagegen spielen soziale Aufgabenstellungen, ehrenamtliches Engagement, ideelle Anreize vor allem in den sozialen und politischen Verbänden eine große Rolle. In vielen Fällen sind die Vergütungsstrukturen aufgrund rechtlicher Rahmenbedingungen von den Entgeltregularien und dem Gehaltsniveau des Öffentlichen Dienstes (BAT) geprägt. Daraus ergibt sich ein beträchtliches Vergütungsgefälle gegenüber den Wirtschaftsverbänden.
Qualifikation und Berufserfahrung
Bis hierhin wurden Einflussfaktoren der Vergütungshöhe behandelt, die sich allein auf die Position ohne Ansehen der Person beziehen. Aber auch bei sonst gleichen Rahmenbedingungen finden sich Unterschiede im Vergütungsniveau, die davon beeinflusst werden, in welchem Maße die Position von der einzelnen Führungskraft ausgefüllt, aber auch weiterentwickelt wird. Neben der Einsatzbereitschaft, auf die eventuelle leistungsabhängige Vergütungskomponenten zielen, ist die Qualifikation der Mitarbeiter von entscheidender Bedeutung.
Verbandsmanager mit hoher formaler Qualifikation erzielen im allgemeinen ein höheres Einkommen als ihre Kollegen ohne vergleichbare Abschlüsse. Besonders deutlich wird dies an Vergütungsunterschieden zwischen promovierten und nichtpromovierten Hochschulabsolventen (je nach Ebene im Mittel 10 bis 20 Prozent). Diese Unterschiede besagen jedoch nicht unbedingt, dass Führungskräfte mit höherer formaler Qualifikation besser bezahlt werden als ihre Kollegen in vergleichbaren Positionen. Vielmehr ermöglicht - wie der höhere Anteil promovierter Hochschulabsolventen in größeren Verbandsbetrieben zeigt - häufig eine bestimmte Qualifikation erst den Zugang zu besser dotierten Positionen.
Im Karriereverlauf führt vor allem die zunehmende Berufserfahrung zu steigenden Bezügen. Dabei ist der Zuwachs an Erfahrungswissen und anderen im Berufsleben erworbenen Kenntnissen in jüngeren Jahren besonders hoch und sorgt - wie Abb. 5 zeigt - beim Einstieg in Führungspositionen zunächst für überdurchschnittliche Zuwächse; die anfangs steile Kurve flacht im Karriereverlauf immer mehr ab.
Jahresgesamtbezüge nach Betriebszugehörigkeit und Positionsgruppen)
Das überdurchschnittliche Vergütungsniveau älterer Führungskräfte ist freilich auch davon beeinflusst, dass in größeren Verbandsbetrieben die besonders gut bezahlten Führungspositionen meist erst in höherem Alter erreicht werden als in kleineren Geschäftsstellen.
Frauen sind in Führungspositionen der Verbandsbetriebe nicht nur deutlich unterrepräsentiert, sondern auch schlechter bezahlt. Die Abstände lassen sich nur zum Teil dadurch erklären, dass Frauen eher in kleineren Verbandsbetrieben tätig sind oder ein niedrigeres Lebensalter und damit geringere Berufserfahrung aufweisen. Auch bei Berücksichtigung dieser Faktoren zeigt sich, dass weibliche Führungskräfte in vergleichbaren Führungspositionen ein um 20 bis 25 Prozent niedrigeres Gehalt beziehen als ihre männlichen Kollegen.
Variable Vergütung: Verbreitung, Höhe, Gestaltungsformen
Die Forderung, Entgeltzahlungen vor allem an Führungskräfte in stärkerem Maße an Leistung und Erfolg zu koppeln, ist gegenwärtig en vogue.
Die Kienbaum-Zahlen aus parallelen Untersuchungen zeigen die Praxis in Unternehmen: Für 86 Prozent der Geschäftsführer und 76 Prozent der Führungskräfte der beiden ersten Unterstellungsebenen wird bereits jetzt ein Teil der Bezüge leistungs- bzw. erfolgsabhängig gezahlt. Der variable Anteil erreicht im Mittel mit 25 Prozent bei den Geschäftsführern bzw. - auf den Ebenen darunter - mit 16 und 13 Prozent der Gesamtbezüge durchaus eine spürbare Höhe. Allerdings sind diese nominell variablen Gehaltsbestandteile häufig ganz oder teilweise garantiert, an wenig schwankende Bemessungsgrundlagen gebunden oder in ihrem Berechnungsmodus nicht klar fixiert, so dass der eigentliche Zweck, Leistung und Erfolg zu fördern und zu honorieren, oft verfehlt zu werden droht.
In Verbandsbetrieben haben leistungsabhängige Zusatzvergütungen bei weitem nicht die gleiche Bedeutung wie in Unternehmen (vgl. Abb. 6). Allerdings zeigen sich auch in Verbänden vorsichtige Ansätze einer Vergütungspolitik, die das Einkommen der Verbandsführungskräfte an Leistung und Erfolg koppelt.
Variable Vergütung in Unternehmen und Verbandsbetrieben
Fast ein Viertel der Verbandsführungskräfte erhält eine leistungsabhängige Sonderzahlung, die mit einem Anteil an den Gesamtbezügen von jeweils durchschnittlich 10 Prozent bei den Hauptgeschäftsführern zwar geringer als in der Privatwirtschaft ist, aber dennoch eine spürbare Höhe erreicht. Bei den Referats- und Abteilungsleitern ist die Höhe dieser Zusatzvergütung (im Mittel 10.000 DM = 7 Prozent der Gesamtbezüge) deutlich geringer. Sowohl Verbreitungsgrad als auch die Höhe der variablen Bezüge haben in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen.
Die variable Vergütung birgt für die Personalführung der Verbände große Chancen: Durch die Verbindung von Leistungsfähigkeit und Erfolg der Verbandsbetriebe und der Vergütung der Führungskräfte fördert sie die Identifikation der Verbandsmanager mit den Zielen ihrer Organisation und honoriert besondere Anstrengungen und Leistungen. Dafür bedarf es aber einer auf die Verbandsspezifik ausgerichteten Ausgestaltung.
Die für Unternehmen typischen ertragsorientierten Kenngrößen als Bemessungsgrundlage von Tantiemen kommen für Verbände weniger in Frage. Für die Ausgestaltung einer variablen Zusatzvergütung bietet sich dagegen die sich auch in der Privatwirtschaft immer mehr verbreitende Form eines Bonus an, der - basierend auf dem Konzept "Führen durch Zielvereinbarungen" - an das Erreichen quantitativ oder qualitativ formulierter Ziele anknüpft. Diese Ziele, die zwischen den Führungskräften und ihren Vorgesetzten bzw. den Verbandsorganen zu Jahresbeginn vereinbart werden, leiten sich aus den übergeordneten Zielsetzungen und Aufgaben des Verbandsbetriebes ab und können sich auch auf zeitlich begrenzte Projekte oder Aktionen beziehen. Sie richten sich letztlich immer auf die Verbesserung der Verbandstätigkeit im Interesse der Mitglieder. Ein Vergütungssystem, das hierauf zielt, kann maßgeblich dazu beitragen, die Tätigkeit des hauptamtlichen Verbandsapparates effektiver und effizienter zu gestalten.