Verbände stehen seit jeher vor einem Dilemma: Nach innen hin erwarten Mitglieder, dass ein Verband ihre Interessen repräsentiert. Die Folge: Je mehr Interessen ein Verband repräsentiert, desto mehr Mitglieder fühlen sich von ihm vertreten. Nach außen hin erwarten die Mitglieder hingegen, dass ihr Verband die Interessen erfolgreich gegenüber der Politik durchsetzt. Die Folge: Je mehr sich ein Verband auf wenige und realisierbare Ziele konzentriert, desto eher kann er sie durchsetzen. Wie Verbände mit diesem Zielkonflikt umgehen, zeigen die Ergebnisse einer Studie, die 2019 vom Institut für Kommunikationswissenschaft der Universität Bamberg durchgeführt wurde.
Verbände stehen vor dem Dilemma von Repräsentation und Effektivität: Je stärker die Interessen der einzelnen Mitglieder berücksichtigt werden, desto geringer ist der Handlungsspielraum der Funktionäre. Wenn die Verbandsspitze umgekehrt mehr Interessen „aussortiert“, um ihren Handlungsspielraum zu vergrößern, droht sie die Unterstützung vieler Mitglieder zu verlieren. Dieses Dilemma haben Philippe Schmitter und Wolfgang Streeck bereits 1981 als Widerspruch von Mitgliedschafts- und Einflusslogik bezeichnet. Jener Zielkonflikt hat sich in der Vergangenheit durch verschiedene Entwicklungen weiter verschärft. Die Individualisierung und mit ihr die Werte-pluralisierung sind die für Verbände wohl wichtigste Veränderung, weil sie ihren Kern berühren: die Aggregation verschiedener Interessen. Die potenziellen Folgen der Individualisierung sind vielfältig. Die Mitgliederzahl wird tendenziell kleiner und dennoch heterogener. Gleichzeitig forciert die Wertepluralisierung die Zersplitterung der organisi