Ich fand es schon immer amüsant, in Brüssel die unterschiedliche Rhetorik der nationalen Interessenvertreter zu beobachten. Nachstehend einige subjektive Impressionen aus Brüsseler Jahren.
Italienische Kollegen, von der Ausbildung oft avvocati, sind meist von der Logik und der zwingenden Folgerichtigkeit ihrer Argumente fasziniert. Ich nenne diesen Stil ciceronisch, weil er sich an Cicero und seinem Werk „De Oratore“ (Über den Redner) sowie den klassischen Gerichtsreden orientiert. Ihre advokatorischen Tricks sind nicht die Schlussfolgerungen, sondern ihre mittelmeerisch leichte Nonchalance bei der Wahl von Prämissen. Akzeptiert man erst diese Voraussetzungen, ist alles daraus Folgende von kristallener Klarheit. Wie bei Michelangelos David, dem nichts weggenommen oder hinzugefügt werden kann, ohne das gesamte Kunstwerk zu profanieren. Wenngleich die oratorische Spielart bei genauerem Hinsehen nicht immer aus Carrara-Marmor bestehen muss. Ma fanno sempre bella figura. Die französischen Kollegen, die oft einen verwaltungswissenschaftlichen Hintergrund aufweisen, sind dank Schule und Kultur meist durch die große Literatur geprägt. A, ces belles paroles, lauschen sie enthusiasmés dem Woh