Verbändereport AUSGABE 1 / 2007

„Hilfen für Helfer“

Geplante Reform des Spendenrechts bringt Vorteile für gemeinnützige Verbände

Logo Verbaendereport

Der Kurs des Gesetzgebers gegenüber gemeinnützigen Verbänden ist widersprüchlich: Einerseits wurde durch das Jahressteuergesetz 2007 der Umsatzsteuersatz für bestimmte Zweckbetriebe von sieben Prozent auf 19 Prozent angehoben, andererseits hat der Bundesfinanzminister steuerliche „Hilfen für Helfer“ angekündigt, die die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für gemeinnützige Organisationen verbessern können. Ein entsprechender Referentenentwurf für ein „Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements“ liegt jetzt vor. Im Mittelpunkt steht eine Verbesserung des Spendenrechts.

Mehr Übersichtlichkeit im Spendenrecht

Das gegenwärtig geltende Spendenrecht ist an Unübersichtlichkeit kaum zu übertreffen. Die einschlägigen Regelungen sind über die Abgabenordnung, das Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuergesetz, die Einkommensteuer-Durchführungsverordnung und zwei Anlagen zu dieser Verordnung verstreut. Da hat so mancher Zeitgenosse die Übersicht verloren. Der neue Gesetzentwurf will das Dickicht entwirren und die Zusammenhänge für den Bürger verständlicher machen.

Terminologisch bleibt es dabei, dass das Gesetz von „Zuwendungen“ spricht; gemeint sind damit Spenden und Mitgliedsbeiträge. Im folgenden Beitrag wird vereinfachend nur von Spenden gesprochen, dabei sollen aber die Mitgliedsbeiträge eingeschlossen sein, sofern nicht ausdrücklich anders vermerkt.

Im Einzelnen sind folgende Klarstellungen geplant:

Wie Spenden von der Steuer des Spenders abgezogen werden können, bleibt weiterhin im Einkommensteuergesetz und im Körperschaft- oder Gewerbesteuergesetz geregelt.

Was gemeinnützige Zwecke sind, soll jetzt nur noch an einer Stelle, und zwar der Abgabenordnung (§ 52 AO), zusammenfassend geregelt werden. § 52 AO wird daher um eine 23 Nummern umfassende Aufzählung derartiger Zwecke erweitert.

Die entsprechenden Regelungen in der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung sollen im Gegenzug entfallen. Besonders wichtig: Die Aufzählung der gemeinnützigen Zwecke in § 52 AO soll künftig abschließender Natur sein. Ferner sollen – anders als bisher – Spenden für alle in § 52 AO genannten gemeinnützigen Zwecke steuerlich abzugsfähig sein!

Die bisherigen – je nach Zweck des steuerbegünstigten Verbandes – differenzierten Fördersätze sollen vereinheitlicht werden. Dadurch werden die Abschnitte A und B der Anlage 1 zur Einkommensteuer-Durchführungsverordnung überflüssig. Gleichzeitig werden die Vorschriften, die die steuerliche Abzugsfähigkeit beim Spender regeln (zum Beispiel § 10 b Abs. 1 EStG), wesentlich vereinfacht.

Der bisherige, zeitlich begrenzte Vor- und Rücktrag beim Abzug von Großspenden und die zusätzliche Höchstgrenze für Spenden haben bisher in der praktischen Gesetzesanwendung zu einem Höchstmaß an Komplizierungen geführt. Diese sollen nunmehr beseitigt werden, indem ein zeitlich unbegrenzter Spendenvortrag eingeführt wird. Die bisherige Großspendenregelung entfällt ganz. Dasselbe gilt für den bisherigen Zusatzhöchstbetrag für Zuwendungen an Stiftungen.

Wer als Spender mit der bisherigen Rücktragsmöglichkeit besser fährt, kann für das Jahr 2007 ausnahmsweise zwischen der alten und neuen Regelung wählen (§ 52 Abs. 24 b Sätze 2 und 3 des Entwurfs).

Materielle Verbesserungen des Spendenrechts

Zusätzlich soll das Spendenrecht auch inhaltlich verbessert werden, indem Spendern und Spendenempfängern erweiterte Steuervorteile eingeräumt und Haftungsgefahren eingeschränkt werden. Die verbesserten Abzugsmöglichkeiten für Spenden sollen die finanzielle Situation der Spendenempfänger entsprechend verbessern. Im Einzelnen sieht der Referentenentwurf vor: Die bisherigen Höchstgrenzen für den Spendenabzug beim Spender (5 Prozent/10 Prozent vom Gesamtbetrag der Einkünfte, je nach förderungswürdigem Zweck) sollen einheitlich auf 20 Prozent angehoben werden. Die bisherige Differenzierung nach Förderkategorien soll also gänzlich aufgehoben werden.

Wer falsche Spendenbescheinigungen ausstellt oder die Spenden nicht zu dem bescheinigten Zweck verwendete, haftete für den Ausfall an Einkommen- oder Körperschaftsteuer bisher für den verursachten Steuerausfall pauschal mit 40 Prozent des bescheinigten Spendenwertes. Dieser Satz soll auf 30 Prozent reduziert werden. Falls sich der Fehler auch auf die Gewerbesteuer auswirkte, galt bisher eine zusätzliche Haftung in Höhe von 10 Prozent. Nunmehr soll der Haftungsbetrag gem. § 9 Nr. 5 „mit dem Vierfachen des auf die vorgenommene Kürzung entfallenden anteiligen Messbetrags“ angesetzt werden. Das klingt jedenfalls nicht nach Vereinfachung!

Unmittelbar für gemeinnützige Verbände vorgesehene Verbesserungen

Neben Steuerverbesserungen, die den gemeinnützigen Körperschaften mittelbar zugute kommen, ist auch eine unmittelbar wirkende Verbesserung geplant. Die bisherige „Besteuerungsgrenze“ von 30.670 Euro bei wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben (§ 64 Abs. 3 AO) und die gleich hohe Zweckbetriebsgrenze bei sportlichen Veranstaltungen (§ 67 a AO) sollen auf 35.000 Euro angehoben werden. Der Vorschlag einer Arbeitsgruppe, diesen Betrag auf 100.000 Euro anzuheben, wurde leider nicht aufgegriffen. Die vorgesehene Anhebung der Betragsgrenze würde dazu führen, dass gemeinnützige Verbände keine Gewinnermittlung für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb durchführen (und daher einen etwaigen Gewinn auch nicht versteuern) müssen, wenn die Jahreseinnahmen den Betrag von 35.000 Euro nicht überschreiten. Entsprechend erhöht sich auch die Grenze für die Inanspruchnahme des pauschalen Vorsteuerabzugs nach § 23 a UStG.

Flankierende Steuerverbesserungen

Neben den Verbesserungen, die die gemeinnützigen Verbände mittelbar oder unmittelbar betreffen, sieht der Gesetzentwurf weitere Steuervergünstigungen vor, durch die das „bürgerschaftliche Engagement“ allgemein gefördert werden soll. Im Einzelnen: Das Stiftungswesen soll stimuliert werden, indem der steuerlich berücksichtigungsfähige Höchstbetrag zur Ausstattung einer Stiftung (§ 10 b Abs. 1 a EStG) von bisher 307.000 Euro auf 750.000 Euro erhöht wird. Durch die Ausweitung dieser sog. Vermögensstockspenden soll nicht nur die erstmalige Aufbringung des Stiftungskapitals begünstigt werden, sondern auch Zustiftungen in das Vermögen bereits bestehender Stiftungen.

Der sog. Übungsleiterfreibetrag soll von 1.848 Euro auf 2.100 Euro erhöht werden.

Wer freiwillig eine unentgeltliche, ehrenamtliche Tätigkeit im Bereich der Alten- und Pflegehilfe übernimmt, soll grundsätzlich 300 Euro jährlich von seiner Steuerschuld abziehen können. Das soll aber nur gelten, wenn der monatliche Zeitaufwand im Jahresdurchschnitt mindestens 20 Stunden beträgt.

Mitgliedsbeiträge an Kulturfördervereine sollen auch dann als Sonderausgaben abzugsfähig sein, wenn das Mitglied von dem Verein bestimmte Gegenleistungen (zum Beispiel Freikarten) erhält.

Realisierungsaussichten des Gesetzgebungsvorhabens

Der Gesetzentwurf ist zu Recht – wie nicht anders zu erwarten – von den betroffenen gemeinnützigen Institutionen einhellig begrüßt worden. Teilweise herrscht sogar Überraschung über die „Großzügigkeit“ des Entwurfs. Dabei sollte man aber nicht übersehen, dass andererseits durch das am 1.1.2007 in Kraft tretende Jahressteuergesetz 2007 im Bereich der Zweckbetriebe fühlbare Verschlechterungen eintreten. Es wiederholt sich also auch hier das Spiel, dass der Gesetzgeber mit der einen Hand gibt, mit der anderen Hand nimmt. Allerdings ist der Kreis der Betroffenen im Bereich der Gemeinnützigkeit nicht kongruent.

Es liegt in der Natur der Sache, dass der vorliegende Referentenentwurf im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens noch mehr oder minder großen Veränderungen unterworfen werden kann. Insgesamt sind sich die führenden politischen Kräfte aber einig in dem Wunsch, das „bürgerschaftliche Engagement“ zu stärken, sodass mögliche Änderungen wohl nur einzelne Details, nicht aber die Grundsätze des Entwurfs betreffen werden. Das Gesetz soll nach seiner Verabschiedung rückwirkend ab 1. Januar 2007 gelten.

Artikel teilen:
Autor/in

Winfried Eggers

erlernte das „Steuerhandwerk” als Regierungsrat in der Verwaltung in NRW. Er war danach neun Jahre Finanzrichter beim Finanzgericht Köln. Bis Mitte 1998 war er in der Steuerabteilung des BDI tätig. Seither ist Dr. Eggers niedergelassener Anwalt mit dem Tätigkeitsschwerpunkt Steuerrecht für Verbände und Organisationen in Köln.