Green Meetings werden zu einem Dauerthema in der Veranstaltungsbranche und vielfach diskutiert. Doch welche Substanz steht dahinter? Welche Ansätze werden sich künftig etablieren und durchsetzen? Und auf welches „Pferd“ soll man setzen, wenn man zukunftssicher und verantwortungsvoll handeln will?
Klimaneutrale Veranstaltungen
Seit einigen Jahren gibt es immer mehr „klimaneutrale“ Veranstaltungen, auch wenn diese bezogen auf die Gesamtzahl aller Veranstaltungen immer noch einen kleinen Anteil stellen. Viele Experten schaudern, wenn sie den Begriff „klimaneutral“ hören, denn es wird suggeriert, dass man ohne Folgen für das Klima zum Beispiel fliegen oder produzieren könnte. Das geht natürlich nicht.
Leider nehmen die Negativbeispiele der „Klimaneutralität“ zu: Der Gasheizpilz im Winter als „Klimaschädling ohne schlechtes Gewissen“ oder das „klimaneutrale“ Tanken und die Weiterfahrt im umweltschädlichen Auto sind nur einige Beispiele dafür. Auch fällt auf, dass man bereits im Vorfeld ahnen kann, welche Veranstaltung zur „klimaneutralen“ Vorzeigeveranstaltung wird. Wirklich glaubhaft wird ein Akteur aber nur, wenn er konsequent umwelt- und klimafreundlich handelt, dies auch offen zeigt und nicht nur auf den Nachhaltigkeitsbericht verweist. Ehrlicher wäre der Begriff „klimakompensiert“. Damit würde klarer, was wirklich passiert: Nämlich, dass an anderen Stellen Maßnahmen ergriffen werden, die dafür sorgen, dass die bei einer Veranstaltung erzeugte CO2-Menge wieder gebunden wird. Dieses wird auch als Ablasshandel bezeichnet. Hier verfährt man nach dem Motto: „Sorgen wir mal in der dritten Welt dafür, dass wir hier so weiter prassen können wie bisher.“ Klimakompensation kann trotzdem eine gute und sinnvolle Maßnahme sein. Ihre Glaubwürdigkeit kann aber nur erhalten werden, wenn am Anfang jeder Analyse eine konsequente und ernsthafte Reduktion der CO2-Emissionen steht.
Green Globe
Das Umweltzeichen „Green Globe“ hat sich auch dank einer Kooperation mit dem EVVC schnell in der Veranstaltungs- und Hotelbranche auch international etabliert. Wenige Monate nach dem Start sind bereits mehrere Veranstaltungszentren in Deutschland nach dem EVVC-Green Globe zertifiziert. Der Green Globe stellt ein pragmatisches und gut anwendbares Umweltmanagementsystem dar, das sich an internationalen Umweltmanagementstandards orientiert und diese durch eine sinnvolle Kombination aus internetgestützter Selbstauskunft und einer Zertifizierung vor Ort einfach umsetzbar macht. Zudem führt diese Zertifizierung in einen Prozess der ständigen Verbesserung des Umwelthandelns. Ebenfalls positiv ist, dass alle Veranstaltungen in einem Veranstaltungszentrum von der Zertifizierung abgedeckt werden. Als Wermutstropfen muss genannt werden, dass nach außen hin nicht transparent wird, wie ein Veranstaltungszentrum die relevanten Maßnahmen wirklich umsetzt. Wie sieht zum Beispiel der spezifische Energieverbrauch aus? Welche weiteren konkreten Maßnahmen werden getroffen? Zu diesen wichtigen Fragen gibt das erhaltene „Green Globe-Zertifikat“ leider keine Auskunft. Die Voraussetzungen für eine Green Globe-Zertifizierung sind ohne größere Anstrengungen für jeden zu erreichen. Wer sich auch nur halbwegs bemüht, wird die Auszeichnung, auch ohne einen Cent zu investieren, vorweisen können. Da (fast) jeder das Zertifikat erreichen kann, ist es natürlich nur eingeschränkt zur Differenzierung geeignet. Trotzdem: Die EVVC-Green Globe-Zertifizierung stellt ein klares Bekenntnis zum Umweltschutz dar und führt dazu, dass interne Prozesse im Hinblick auf ihre Umweltwirkung analysiert und fortwährend optimiert werden.
BS 8901 Sustainable Event Management System, DIN und ISO
In Großbritannien hat British Standards eine Norm zum Thema Sustainable Event Management System veröffentlicht. Aus Anlass der Olympischen Spiele in London werden nun entsprechende Normen bei der International Standard Organisation ISO und dem deutschen DIN beraten. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass wohl insbesondere „Vorzeigeveranstaltungen“ zertifiziert werden. Nach dem aktuellen Diskussionsstand werden diese Normen kaum für kleinere Veranstaltungen einsetzbar sein. Hier wird man sich deutlich an klassischen Umweltmanagementsystemen orientieren. Als internationale Normen werden sie ebenso wie Green Globe keine „harten“ Anforderungen in Form von Quoten oder Grenzwerten an die Zertifizierung stellen. Es geht vielmehr darum, ein Managementsystem aufzubauen, nach dem individuell definiert und die Umweltwirkungen von Veranstaltungen analysiert werden. Ein ständiger Verbesserungsprozess spielt dabei eine wichtige Rolle. Problematisch ist, dass sich die BS 8901 auf Einzelveranstaltungen bezieht. Es ist fraglich, ob es bei der Übertragung in die internationale Norm gelingt, dies auf Gruppen von Veranstaltungen oder ganze Veranstaltungshäuser zu erweitern. Für Veranstaltungshäuser bietet sich bisher und wohl auch auf absehbare Zeit eher die Zertifizierung nach Umweltmanagementsystemen wie ISO 14001 oder der EMAS-Verordnung an. Diese Instrumente sind etabliert und haben eine hohe Akzeptanz.
Leitfaden für die umweltgerechte Organisation von Veranstaltungen
Bereits seit mehreren Jahren haben Umweltbundesamt und Bundesumweltministerium den Leitfaden für die umweltgerechte Organisation von Veranstaltungen veröffentlicht. In diesem Leitfaden findet man alles, was für die umweltgerechte Durchführung wichtig ist. Wer diesen Leitfaden ernst nimmt, der kann ohne jede Zertifizierung genauso viel für die Umwelt erreichen wie mit jedem der weiter oben geschilderten Instrumente.
Klarheit für den Kunden?
Bieten die geschilderten Ansätze nun die gewünschte Klarheit für Kunden, die umweltfreundlich tagen wollen? Leider bleiben derzeit noch viele Fragen offen. Durch keines der geschilderten Instrumente wird klar und vergleichbar dargestellt, wie gut der Umweltstandard einer Veranstaltung oder eines Veranstaltungshauses nun wirklich ist. Ist der Energieverbrauch niedrig, mäßig oder hoch? Wie sieht es mit dem Ressourceneinsatz aus? Was wurde seit der letzten Veranstaltung verbessert? Für den Kunden wäre es wirklich hilfreich, wenn er schnell – beispielsweise über eine einheitlich gestaltete Internetseite – wichtige Kenngrößen eines Veranstaltungshauses abrufen könnte.
Konkretes Handeln
Im Zentrum für Umweltkommunikation der Deutschen Bundesstiftung Umwelt in Osnabrück finden ausschließlich Tagungen und Kongresse zu Umweltthemen statt. Natürlich wird hier auch ein hoher Standard für die umweltgerechte Durchführung von Veranstaltungen realisiert. Anhand dieses Veranstaltungszentrums, das im April mit dem EVVC-Award als Benchmark für den Bereich Ökologie ausgezeichnet worden ist, soll beispielhaft gezeigt werden, wie Nachhaltigkeit konsequent umgesetzt werden kann.
Ökologisches Gebäude
Das Zentrum für Umweltkommunikation demonstriert beispielhaft die Möglichkeiten des umweltgerechten Bauens und bietet damit ideale Voraussetzungen für nachhaltiges Tagen. Der Energieverbrauch von nur 28 kWh/m² im Jahr setzt Maßstäbe. Er liegt 75 Prozent unter dem Neubaustandard und bei weniger als zwölf Prozent des Durchschnitts deutscher Gebäude. Erreicht wird dies bei dem 2001 errichteten Gebäude durch konsequente Wärmedämmung und die passive Nutzung von Sonnenenergie durch die nach Süden ausgerichteten Fensterfronten und durch das transparente Dach. Weitere ökologische Maßnahmen am und im Gebäude sind die Verwendung naturnaher und recyclingfähiger Baumaterialien, wie zum Beispiel stark gedämmte Fassade mit hohen Wärme- und Schallschutzqualitäten, Fotovoltaikanlage zur Erzeugung von solarem Strom, eine solarthermische Anlage zur Warmwasserbereitung sowie ein Blockheizkraftwerk zur Versorgung des Veranstaltungszentrums und des angrenzenden Verwaltungsgebäudes mit Strom und Wärme. Der Bedarf an elektrischer Energie des Gebäudes pro Jahr beträgt 18 kWh/m². Durch die Nutzung des Grundwassers zur Klimatisierung wird mehr als 90 Prozent Energieersparnis im Vergleich zur konventionellen Klimatisierung erreicht. Ein lichtdurchlässiges Membrandach lässt die weitestgehende Nutzung von Tageslicht zu. Die große Sonnenterrasse hat einen direkten Übergang in den historischen Park. Das Regenwasser vom Dach des Gebäudes und vom angrenzenden Parkplatz wird durch ein „Mulden-Rigolen-System“ auf dem Gelände versickert. Dadurch wird der natürliche Wasserkreislauf gestärkt und ein Beitrag zum vorbeugenden Hochwasserschutz erzielt. Am Gebäude und im benachbarten Park stehen Nisthilfen für Vögel und Fledermäuse zur Verfügung, die regelmäßig gepflegt werden. Ein Teil des historischen Parks wird als Wildwiese der natürlichen Entwicklung überlassen.
Ressourcenschonung
Sowohl die alltägliche Arbeit als auch die Durchführung von Veranstaltungen wird umweltgerecht gestaltet. Im Vordergrund stehen der konsequente Einsatz von Recyclingprodukten, die Einsparung von Ressourcen und eine möglichst weitgehende Wiederverwendung eingesetzter Materialien, wie im Folgenden beschrieben: weitestgehender Verzicht beziehungsweise Minimierung des Papiereinsatzes beispielsweise durch elektronische Korrespondenz und bedarfsgerechte Produktion von Printerzeugnissen sowie Tagungsunterlagen. Ausschließlich Verwendung von Recyclingpapier mit der Zertifizierung „Blauer Engel“ im Bürobetrieb sowie für die Produktion aller Printerzeugnisse und Tagungsunterlagen. Namensschilder werden auf Recyclingpapier ausgedruckt. Die Hüllen werden vor Ort ausgegeben und nach Veranstaltungsende zur Wiederverwendung eingesammelt. Ausschließlich Einsatz von energiesparender Beleuchtung, Abfallvermeidung und Getrenntsammlung verbleibender Abfälle (Grüner Punkt, Restmüll, Bio, Papier, Glas) und Verwendung biologisch abbaubarer Reinigungsmittel.
Mobilität
Das Zentrum für Umweltkommunikation (ZUK) besitzt eine gute Verkehrsanbindung. Sie erreichen das ZUK bequem mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Durch das spezielle Veranstaltungsticket der Deutschen Bahn wird die umweltfreundliche Anreise unterstützt. Für An- und Abreise mit der Deutschen Bahn wird für alle Veranstaltungen im ZUK das Veranstaltungsticket der Deutschen Bahn angeboten. Von der nahen Bushaltestelle ist der Fußweg bis zum Gebäude ausgeschildert. Die An- und Abreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln kann direkt auf der Website des ZUK geplant werden. Die Reiseverbindungen werden bis zur Bushaltestelle des Veranstaltungszentrums angegeben. Direkt am Gebäude stehen ausreichend Fahrradständer zur Verfügung.
Ökologisches Catering
Der hausinterne Catering-Partner sorgt mit einem wohlschmeckenden und ernährungsbewussten Angebot an regionalen und saisonalen Speisen für eine ausgewogene und moderne Verpflegung der Gäste. Das Catering ist nach EG-Öko-Verordnung zertifiziert. Beilagen wie zum Beispiel Kartoffeln, Reis, Nudeln und Gemüse besitzen grundsätzlich „Bio-Qualität“. Bevorzugt werden Produkte aus der Region und aus kontrolliert ökologischem Anbau verwendet. 100 Prozent Bio-Verpflegung ist auf Wunsch gegen Aufpreis möglich. Ökologischer Küchenbetrieb mit energie- und wassersparenden Geräten sowie die Verwendung von Mehrweggeschirr, -gläsern und -besteck sind selbstverständlich. Der Getränkeausschank erfolgt ausschließlich aus Mehrwegflaschen. Der Ausschank von Fair-Trade-Kaffee und Säften in zertifizierter Bio-Qualität ist garantiert. Auf Klein- und Portionsverpackungen wird verzichtet. Die getrennte Sammlung und Entsorgung aller Küchenabfälle rundet das ökologische Catering ab.
Aufgaben für die Zukunft
Verbesserungen in Richtung Green Meetings fangen auch im Kleinen an.
Warum ist noch viel zu selten der Weg vom Bahnhof bis zum Ziel erklärt? Warum gibt es Schilder für Autofahrer, aber kaum für Fußgänger? Bei vielen dieser Kleinigkeiten kann und muss die Glaubwürdigkeit eines Green-Meeting-Konzeptes belegt werden. Aber auch im Großen muss gehandelt werden. Warum sind in vielen Kommunen die Stadthallen aus den 60er- und 70er-Jahren noch in einem jämmerlichen energetischen Zustand? Sollte man nicht gerade diese Veranstaltungszentren, welche als Anlaufpunkt für viele Besucher aus Stadt und Land dienen, vorbildlich nach Klimagesichtspunkten gestalten?