Eine interessante Frage: Welches Mitgliederverwaltungssystem verwenden eigentlich die Informatik-Profis in ihrem Verband? Wir baten den Geschäftsführer der Gesellschaft für Informatik e.V. (GI) um Aufklärung. Steigende Anforderungen an die Betreuung der Mitglieder und die Ausweitung des inhaltlichen Angebotes für die Mitglieder verlangten bei der GI ein Mehr an Diensten, dafür eine zukunftssichere Plattform sowie damit verbunden eine Optimierung der administrativen Abläufe.
Die Gesellschaft für Informatik e.V. (GI) ist mit rund 24.500 Mitgliedern die größte Informatikfachvertretung im deutschsprachigen Raum. Seit 1969 fördert sie den Gedankenaustausch zwischen allen Gruppen der Gesellschaft. Die GI integriert Studierende, Lehrende, Manager/innen, Forschende, Selbstständige, Praktiker/innen und Unternehmer/innen – in gemeinsamem Engagement. Die Mitglieder haben sich in 13 Fachbereichen mit mehr als 200 Fachgruppen und Arbeitskreisen sowie 35 Regionalgruppen organisiert. Dazu kommen zahlreiche weitere Gremien und Beiräte. Die gesamte organisatorische und administrative Abwicklung wird über die Geschäftsstelle der GI gesteuert.
Mehr Service für die Mitglieder
Bei der GI wird jedes Mitglied entsprechend seiner Informationsbedürfnisse und Interessen betreut. Das bestehende System ließ aber die Flexibilität solcher Erweiterungen und Serviceleistungen nicht zu.
Durch die Einführung eines Member Relationship Managements sollte daher die Betreuung der Mitglieder verbessert und das inhaltliche Angebot der GI an ihre Mitglieder ausgeweitet werden. Mit dem „Mehr“ an Service sollten aber auch die administrativen Abläufe gestrafft und optimiert werden. Wichtig war dabei, dass die Mehrzahl der Mitarbeiter von den administrativen Routinetätigkeiten entlastet wurden, um neue Aufgaben bei der Gewinnung und bei der Betreuung der IT-Professionals und der kooperativen Mitglieder wahrnehmen zu können. Zu den neuen Aufgaben gehörte unter anderem die verstärkte Unterstützung der ehrenamtlich tätigen Mandatsträger in den Fachbereichen, Fachgruppen, Regionalgruppen und Arbeitskreisen durch die Geschäftsstelle.
Ganzheitliches Vorgehen
Begonnen wurde mit einer Analyse der Ausgangssituation und der Erstellung eines groben Masterplans mit einigen zentralen Projekten, die schrittweise umgesetzt werden sollten. Dazu gehörten die Einführung einer neuen Buchhaltungssoftware und eines technisch wie optisch völlig neu aufgebauten Internet-Auftrittes. Als nächstes musste die Mitgliederverwaltung neu konzipiert werden, so dass dann zu einem späteren Zeitpunkt daran anschließend ein elektronisches Archiv eingeführt werden kann.
Die hohen Ansprüche an die Flexibilität der zukünftigen Mitgliederverwaltung aufgrund der sehr komplexen Organisationsstruktur der GI bei gleichzeitig produktübergreifender Strategie waren die Gründe für die Entscheidung zu Gunsten einer Individualentwicklung auf der Basis einer IT-Gesamtarchitektur.
Ziel des Projektes war die Reduzierung der historisch gewachsenen IT-Inseln mit vielen Schnittstellen durch eine Kernlösung als gemeinsamer Plattform. Dabei sollten bisherige Insellösungen wie die Finanzbuchhaltung und sogar die Verbands-Website integriert werden. Im ersten Schritt wurde die vorhandene IT-Landschaft des GI-Backoffices analysiert und ein neues Anforderungsprofil – im internen Sprachgebrauch „Bebauungsplan“ genannt - erstellt.
Auf dieser Basis entwickelte der von der GI beauftragte Münchener IT-Dienstleister iteratec GmbH die neue Lösung zur Mitgliederbetreuung ‚GINA’ (GI Neue Administration) vollständig neu. Weitgehend mit Open Source-Software erstellt, bietet diese Software eine optimale Anpassung der Anwendung an die Geschäftsprozesse der GI anstelle der Anpassung der Geschäftsprozesse an die Anwendung, wie es früher war.
Reibungsloser Übergang
Das ursprüngliche System war lokal auf den PCs der Mitarbeiter installiert. Über das interne Netzwerk wurde auf die Daten zugegriffen. Wenn mehrere Mitarbeiter identische Datensätze nutzen wollten, kam es zu Problemen. So waren auch Änderungen beispielsweise bei den Mitgliederdaten sehr aufwendig: Die neuen Daten wie eine Adressänderung mussten in mehreren Anwendungen eingegeben werden. Das kostete Zeit und erhöhte die Fehlerquote.
Die neue Anwendung verwendet eine redundanzfreie zentrale Datenbank und läuft in einem Web-Browser. Das vereinfacht die Nutzung für die Anwender und erhöht die Sicherheit. Die technische Architektur des Systems nutzt die Technologie von Webservices, mit der Lösungen außerhalb des Intranets der GI sehr einfach angeschlossen und integriert werden können. Das erlaubt zum Beispiel den Zugriff aus dem Mitgliederbereich der GI-Website direkt auf das Zentralsystem. Als Web-Anwendung ist das System unabhängig von einer lokalen PC-Installation. Das heißt, in arbeitsintensiven Phasen ist es von jedem kurzfristig oder zeitlich begrenzt autorisiertem Benutzer ohne Softwareinstallation nutzbar.
Nach verschiedenen vorbereitenden Projektstufen wurde GINA planmäßig in zwei Stufen eingeführt. Zuerst kamen die Bereiche wie Mitglieder, Leistungen, Versand, Buchhaltungsübergabe und Rechnungsstellung. Im zweiten Schritt folgten das Reporting und ergänzende Funktionen wie beispielsweise der gesicherte Zugriff über das Internet als Unterstützung der GI-Gremien. Vor der Einführung wurden jeweils umfangreiche Tests durchgeführt und alte wie neue Software mit gleichen Daten parallel betrieben.
Technisch realisiert wurde die neue Architektur auf Linux-Servern. Die GI-Mitarbeiter können von ihren PC-Arbeitsplätzen via Intranet über den Browser auf die Anwendungen zugreifen. „Mit dem neuen System ist eine leistungsfähige IT-Basis vorhanden, um die Arbeit in den Gremien besser zu unterstützen und den Mitgliedern mehr Leistung anzubieten“, erklärt Jörg Helbach, IT-Leiter der GI. „Nun sind wir auch für zukünftige Anforderungen und Leistungen gerüstet.“ Durch die saubere Abbildung der Geschäftsprozesse in den IT-Systemen ohne Medienbrüche und manuelle Korrekturen wurde die Fehlerquote bei der administrativen Abwicklung reduziert.
Aber auch der zeitliche Aufwand konnte drastisch verringert werden. So benötigt heute beispielsweise die Adressengenerierung für einen Zeitschriftenversand an alle Mitglieder und mit unterschiedlichen Adresspräferenzen pro Mitglied nicht mehr mehrere Stunden, sondern nur noch zwischen fünf und acht Minuten. Selbst detaillierte Rechnungsläufe, die vorher mindestens 24 Stunden Nettoarbeitszeit benötigten, schlagen heute nur noch mit einer Stunde zu Buche.
Mitarbeiter von Anfang an eingebunden
Aufgrund der iterativen Vorgehensweise im Projekt und der unmittelbaren Beteiligung der späteren Anwender an der Konzeption der Software akzeptierten die Mitarbeiter die webbasierte Anwendung von Anfang an sehr gut. Durch die enge Einbindung und den regelmäßigen Kontakt zu den Entwicklern hatten die Betroffenen von Anfang an die Möglichkeit, ihre Erfahrungen mit einzubringen.
Vor dem geplanten Einführungstermin wurden die Mitarbeiter schon auf einem Testsystem geschult. Somit waren alle Beteiligten während Lösungsentwicklung und Implementierung kontinuierlich eingebunden und damit der Schulungsaufwand sehr gering. „Die frühe Einbeziehung der Mitarbeiter war ein wichtiger Erfolgsfaktor für das Projekt“, erklärt Uwe Beßle, Projektleiter bei iteratec. „Die Individualentwicklung GINA deckt die vereinsspezifischen Anforderungen und Prozesse bei der GI optimal ab. Und sie ist anpassbar an zukünftige Strukturen.“
GINA ist erfolgreich
Mit der Einführung von GINA wurden die internen Prozesse der GI gestrafft und optimiert. Dadurch konnte der Service für Mitglieder, Fachgruppen, Regionalgruppen, Arbeitskreise, Gremien und Beiräte der GI ohne zusätzliches Personal deutlich verbessert werden. Durch diese Flexibilität werden zudem die vereinsspezifischen Faktoren und die komplexe - sich auch wandelnde - Organisationsstruktur der GI besser berücksichtigt und abgebildet. Zusatzfunktionen, um die Arbeit der Gremien besser zu unterstützen oder mehr Leistungen für die Mitglieder anzubieten, sind möglich, da es sich um die ‚eigene’ Lösung handelt und keine Abhängigkeit von einem Standardprodukt besteht.
Die GI verfügt jetzt über ein geschlossenes, gut integriertes und aufeinander abgestimmtes Portfolio von IT-Systemen mit einer fundierten Bebauungsplanung für den weiteren Ausbau. Weitere Ausbaustufen wie das elektronische Archiv werden folgen.