Verbändereport AUSGABE 8 / 2012

Gemeinnützige und mildtätige Verbände: Referentenentwurf aus dem Bundesfinanzministerium sieht Steuererleichterungen vor

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Im September hatte das Bundesfinanzministerium den Referentenentwurf zu einem „Gesetz zur Entbürokratisierung des Gemeinnützigkeitsrechts (GEG)“ vorgelegt. Der Gesetzentwurf hat sich zum Ziel gesetzt, Rechts- und Planungssicherheit für steuerbegünstigte Organisationen herzustellen. Insbesondere sollen Verfahrenserleichterungen für die Mittelverwendung geschaffen und Optionen zur Rücklagenbildung und Vermögenszuführung eröffnet werden. Ferner soll das Ehrenamt gestärkt werden, indem die Haftung entschärft und die gesellschaftliche Anerkennung des Ehrenamts erhöht wird. Der Gesetzentwurf betrifft ausschließlich gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Organisationen, darunter auch Verbände, die in diesem Bereich tätig sind. Berufsverbände und sonstige Verbände berücksichtigt der Entwurf nicht.

Das Bundeskabinett hat am 24.10.2012 diesen Gesetzentwurf abgesegnet und damit den Weg in das weitere Gesetzgebungsverfahren eröffnet. Da das Gesetzgebungsvorhaben politisch nicht umstritten ist, dürfte damit zu rechnen sein, dass das Gesetz mit seinem wesentlichen Inhalt bereits ab dem 1. Januar 2013 gelten wird.

Was sich für gemeinnützige und mildtätige Verbände ändern soll

Bisher sind zahlreiche Einzelheiten des Gemeinnützigkeitsrechts nicht im Gesetz geregelt, sondern durch bloße Verwaltungsanweisungen, die nur die Finanzämter binden, nicht aber die – in mancher Hinsicht strengeren – Finanzgerichte. Zu nennen ist hier insbesondere der Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO). Das GEG sieht nun vor, einige bisher lediglich durch Erlasse geregelte formelle und materielle Gemeinnützigkeitsfragen verbindlich gesetzlich zu regeln. Das soll auch für einige Rechtsfragen gelten, die bisher nicht eindeutig geklärt sind. Auf diese Weise will das GEG die Rechts- und Planungssicherheit für steuerbegünstigte Organisationen erhöhen, die Mittelverwendung erleichtern und die Aufgabenerfüllung dieser Organisationen insgesamt verbessern. Für die gemeinnützigen und mildtätigen Verbände würden sich im Wesentlichen folgende Verbesserungen ergeben:

Verlängerung des Mittelverwendungs-Zeitraums auf zwei Jahre

Gemeinnützige Verbände sind gesetzlich verpflichtet, ihre ideellen Mittel „zeitnah“ zur Verwirklichung ihrer gemeinnützigen Zwecke zu verwenden. Bisher galt die Mittelverwendung dann als zeitnah, wenn die Mittel bis zum Ende des Jahres ausgegeben wurden, das auf das Zuflussjahr folgte. Stehen einem solchen Verband größere Mittel zur Verfügung, als er in diesem kurzen Zeitraum sinnvollerweise ausgeben kann, sieht er sich in einer Zwangslage: Er muss kurzfristig auf Biegen und Brechen geeignete Ausgabemöglichkeiten finden, was zu Fehlallokationen führt. Das GEG will daher die Mittelverwendungsfrist um ein weiteres Jahr verlängern (§ 62 AO –neu–). Dadurch wird der Handlungsdruck vermindert und eine größere Flexibilität in der Planung des Mitteleinsatzes geschaffen.

Bildung freier Rücklagen erleichtert: Vortragsmöglichkeit für zwei Jahre

Bislang konnten die gesetzlichen Möglichkeiten zur Bildung freier Rücklagen in der Praxis häufig nicht zur Gänze ausgenutzt werden, weil der Jahresüberschuss weit unter der Grenze der zulässigen Rücklagenbildung lag. Das GEG sieht nun vor, das bisher nicht ausgeschöpfte Volumen für die freien Rücklagen auf die jeweils nächsten zwei Jahre vorzutragen. Damit besteht künftig die Möglichkeit, die Leistungsfähigkeit der gemeinnützigen und mildtätigen Verbände bedarfsgerecht und längerfristig zu sichern.

Gesetzliche Rücklage für Wiederbeschaffung von Wirtschaftsgütern

In der Verwaltungspraxis war eine sog. Wiederbeschaffungsrücklage bereits anerkannt. Diese soll jetzt auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden. Für Ersatzinvestitionen (z. B. Anschaffung eines Pkw) kann ein Betrag in Höhe der Absetzung für Abnutzung der Rücklage zugeführt werden.

Angemessene Frist für die Verwendung zweckgebundener Rücklagen

Wurden zweckgebundene Rücklagen nicht für ihren bestimmungsgemäßen Zweck verwendet, müssen die Mittel grundsätzlich der Rücklage entnommen und zeitnah für die satzungsgemäßen Zwecke verwendet werden. Hierbei kam es in der Praxis häufig zu Schwierigkeiten, zeitnah eine angemessene Ausgabemöglichkeit zu finden. Nach der vorgesehenen Neuregelung soll die vom Finanzamt zu setzende Verwendungsfrist „angemessen“ sein, um dem gemeinnützigen oder mildtätigen Verband ausreichend Zeit für eine angemessene Verausgabung dieser Mittel zu geben.

Steuerliche Maßnahmen zur Förderung des Ehrenamts

Der sog. Übungsleiter-Freibetrag (§ 3 Nr. 26 EStG) soll von bisher jährlich 2.100 Euro auf  nunmehr 2.400 Euro angehoben werden. Darüber hinaus soll auch die sog. Ehrenamtspauschale (§ 3 Nr. 26a EStG) auf jährlich 720 Euro (monatlich 60 Euro) angehoben werden. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der umgangssprachliche Begriff „Ehrenamtspauschale“ irreführend ist. Denn die Ehrenamtlichkeit spielt in diesem Zusammenhang überhaupt keine Rolle. Vielmehr spricht § 3 Nr. 26a EStG von „nebenberuflichen Tätigkeiten“ im Dienst oder Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke im Sinne der Abgabenordnung. Es kommt also überhaupt nicht darauf an, ob diese Nebentätigkeit ehrenamtlich ausgeübt wird. Ehrenamtler in Berufsverbänden profitieren von dieser Regelung überhaupt nicht.

Neues Verfahren zur Überprüfung von Satzungen

Grundlage für die Prüfung der Satzung gemeinnütziger und mildtätiger Verbände auf Vereinbarkeit mit dem Gemeinnützigkeitsrecht war bisher lediglich eine Verwaltungsregelung im Anwendungserlass zur Abgabenordnung. Ab 2013 soll das Prüfungsverfahren auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden (§ 60a AO –neu–). Hierfür wird ein grundsätzlich neues Verfahren geschaffen. Die Anerkennung erfolgt durch einen besonderen Verwaltungsakt, der sowohl für den Verband als auch für etwaige Spender verbindlich ist. Das bisherige Verwaltungsverfahren mit der Erteilung einer vorläufigen Bescheinigung bei Verbandsgründung entfällt künftig.

Festlegung eines Zeitraums für die Ausstellung von Spendenquittungen

Der Zeitraum, in dem gemeinnützige und mildtätige Verbände Zuwendungsbestätigungen ausstellen dürfen, soll nun gesetzlich definiert werden. Der Zeitraum beträgt drei Jahre ab Datum des letzten KSt-Bescheids mit Anlagen bzw. zwei Jahre für den Fall, dass bei Neugründungen noch kein Freistellungsbescheid vorliegt. Dadurch soll ermöglicht werden, dass diese Verbände auch dann schon Zuwendungsbestätigungen ausstellen dürfen, wenn ihre Gemeinnützigkeit oder Mildtätigkeit noch nicht formell anerkannt ist.

Erleichterung bei der Spendenhaftung

Die sog. Veranlasserhaftung wird entschärft, indem künftig nur noch derjenige haften soll, der eine zweckfremde Verwendung von Spenden vorsätzlich oder grob fahrlässig veranlasst hat. Bisher reichte bereits leichte Fahrlässigkeit aus, um die Haftung zu begründen.             

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Autor/in

Winfried Eggers

erlernte das „Steuerhandwerk” als Regierungsrat in der Verwaltung in NRW. Er war danach neun Jahre Finanzrichter beim Finanzgericht Köln. Bis Mitte 1998 war er in der Steuerabteilung des BDI tätig. Seither ist Dr. Eggers niedergelassener Anwalt mit dem Tätigkeitsschwerpunkt Steuerrecht für Verbände und Organisationen in Köln.

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