Die noch anstehenden, weitreichenden Reformen stellen sowohl die Politiker, die Unternehmen als auch die Verbände vor große Herausforderungen. Die Vertretung der Verbandsinteressen und die Unterstützung ihrer Mitglieder sind wichtiger denn je. Politische und wirtschaftliche Veränderungen erfordern engagiertes und flexibles Handeln der Organisationen. Gleichzeitig überprüfen die Verbandsmitglieder immer kritischer, ob ihren Mitgliedsbeiträgen ein entsprechender Nutzen der Verbandsaktivitäten gegenübersteht. Um ihre Mitglieder kompetent betreuen zu können, brauchen die Verbände qualifizierte und engagierte Mitarbeiter. Für diese Mitarbeiter sind genügend starke Eintritts- und Bleibeanreize bereitzustellen. Neben einem ideell motivierten Engagement spielen hierbei moderne und allgemein konkurrenzfähige Vergütungssysteme eine zentrale Rolle.
Der folgende Artikel stellt die Ergebnisse der neuen von der Kienbaum Vergütungsberatung durchgeführten Marktumfrage zur Vergütung der Führungskräfte in Verbänden 2007 vor. Gegenstand der in diesem Jahr zum 17. Mal durchgeführten Untersuchung waren die Höhe und Struktur der Vergütung vor dem Hintergrund verschiedener Merkmale der Verbände und Verbandsführungskräfte. An der Befragung im Frühjahr 2007 beteiligten sich insgesamt 270 Verbandsbetriebe mit Angaben zu 1.005 Führungspositionen.
Entwicklung der Bezüge
Von April 2006 bis April 2007 stiegen die Gehälter der Führungskräfte in Verbänden moderat um durchschnittlich 2,7 Prozent. Der mittlere Bereich der Gehaltserhöhungen reicht von 0,2 Prozent bis 4,1 Prozent. Die erheblichen Unterschiede in den Erhöhungssätzen zeigen sich weniger zwischen den verschiedenen Positionen oder Verbandsarten, sondern bilden sich zum größten Teil in Abhängigkeit zum Lebensalter. Die jüngeren Führungskräfte können die höchsten Gehaltszuwächse verzeichnen. Dies ist damit zu erklären, dass jüngere Führungskräfte zunächst über einen Zeitraum von einigen Jahren an das eigentliche „Zielgehalt“ ihrer jeweiligen Position herangeführt werden. Mit zunehmendem Alter der Positionsinhaber nimmt die Höhe der Steigerungssätze folglich tendenziell ab.
Auch bei der Betrachtung der Erhöhungssätze in Abhängigkeit von der Größe der Verbandsbetriebe ist ein Zusammenhang zwischen Größe und Höhe der Steigerungsrate zu erkennen.
Gehaltshöhe und Einfluss-faktoren
Ähnlich wie in Wirtschaftsunternehmen werden Höhe und Struktur der Gehälter von Führungskräften in Verbandsbetrieben durch eine Vielzahl von Einflussgrößen geprägt. Diese Faktoren überlagern einander; je nachdem, in welche Richtung sie wirken, verstärken oder verringern sie ihre Wirksamkeit.
Die Darstellung beleuchtet einige wesentliche Einflussfaktoren der Gehaltshöhe. Grundsätzlich ist die Höhe der Vergütung vor dem Hintergrund des Beitrages zu bestimmen, den der Mitarbeiter zur Erreichung der Ziele des Verbandsbetriebes leistet. Von entscheidender Bedeutung für die Entgelthöhe ist also die betriebsinterne Wertigkeit der ausgefüllten Position einerseits, das Maß, in dem diese Position aufgrund von Qualifikation, Erfahrung und Einsatzbereitschaft von der jeweiligen Führungskraft ausgefüllt wird, andererseits.
Die Streuung der Gehälter von Verbandsführungskräften ist beträchtlich. Hierbei ist zu beachten, je höher die Mitarbeiter in der Verbandshierarchie angesiedelt sind, desto stärker streuen die Gehälter. Die Bandbreite der monetären Gesamtbezüge (= Grundgehälter + Weihnachts-/Urlaubsgeld + eventuelle variable Vergütung) reicht je nach Position von ca. 23.000 Euro bis über 310.000 Euro.
Hierarchischer Rang/Position
Die Wertigkeit einer Position im Verbandsbetrieb wird maßgeblich ausgedrückt durch ihre hierarchische Einordnung und den daraus resultierenden unterschiedlichen Verantwortungsumfang innerhalb des Verbandsbetriebes. Am deutlichsten ausgeprägt ist das Vergütungsgefälle zwischen der obersten Führungsebene – den Hauptgeschäftsführern – und der unmittelbar unterstellten Ebene – stellvertretende Geschäftsführer und/oder Abteilungsleiter (zum Überblick vgl. Schaubild 2).
Dieses Vergütungsgefälle hat sich im Vergleich zu den Vorjahren angenähert: Unter Berücksichtigung unterschiedlicher Größenstrukturen verdienen Hauptgeschäftsführer etwa 20 Prozent bis 60 Prozent mehr als die Geschäftsführer der 2. Ebene. Im Vergleich zu den ihnen unterstellten Referats- und Abteilungsleitern liegt ihr Gehalt 70 Prozent bis über 100 Prozent höher.
Tätigkeit des Verbandes
Die unterschiedlichen Tätigkeitsfelder, auf denen die Verbände aktiv sind, und ihre differierenden Aufgabenstellungen haben auch in vergütungspolitischer Hinsicht unterschiedliche Strukturen hervorgebracht. Die Wirtschaftsverbände weisen schon aufgrund ihrer Aufgabenstellung und Mitgliederstruktur eine große Nähe zum Unternehmen auf; dies schlägt sich auch im Vergütungsniveau ihrer Führungskräfte nieder. Dagegen spielen soziale Aufgabenstellungen, ehrenamtliches Engagement, ideelle Anreize vor allem in den sozialen und politischen Verbänden eine große Rolle. In vielen Fällen sind die Vergütungsstrukturen aufgrund rechtlicher Rahmenbedingungen von den Entgeltregularien und dem Gehaltsniveau des öffentlichen Dienstes geprägt. Einen mittleren Rang nehmen die soziokulturellen Verbände ein. Hier zeigen sich innerhalb der Gruppe erhebliche Unterschiede, die Ausdruck sehr heterogener Aufgaben und Zielsetzungen dieser Verbände sind.
Größe des Verbandsbetriebes
In Verbandsbetrieben (ähnlich wie in Wirtschaftsunternehmen) existiert ein enger Zusammenhang zwischen der Größe der Organisationen und der Gehaltshöhe: Mit zunehmender Größe – gemessen am Etat oder der Beschäftigtenzahl des Verbandsbetriebs – wachsen für Führungskräfte vor allem der höheren Ebenen Aufgabenbereich und Verantwortungsumfang. So beträgt die durchschnittliche Gehaltshöhe des Hauptgeschäftsführers in einem Verbandsbetrieb mit einem Etat bis 500.000 Euro mit 73.000 Euro weniger als die Hälfte des Kollegen mit einem Etat von 25 Millionen Euro (159.000 Euro). Auf der Ebene der Referatsleiter beträgt diese Differenz noch etwa 30 Prozent.
Ausbildung der Verbandsführungskräfte
Neben den bisher behandelten Einflussfaktoren der Vergütungshöhe, die sich auf die Position oder den Verband beziehen, lassen sich auch Unterschiede im Vergütungsniveau aufgrund der einzelnen Führungskraft, welche die Position ausfüllt, feststellen. Neben der Einsatzbereitschaft und dem Erreichen von gesteckten Zielen, die häufig durch leistungsabhängige Vergütungskomponenten vergütet werden, ist die Qualifikation der Mitarbeiter von entscheidender Bedeutung.
Verbandsmanager weisen verglichen mit ihren Kollegen in Wirtschaftsunternehmen eine höhere formale Qualifikation auf: 87 Prozent der Studienteilnehmer haben ein Universitäts- oder Fachhochschulstudium absolviert, 75 Prozent verfügen über einen Universitätsabschluss, 22 Prozent über Promotion (vgl. Schaubild 3). In Wirtschaftsunternehmen liegt der Anteil der Universitätsabsolventen mit 43 Prozent und der Promovierten mit 11 Prozent deutlich niedriger. Das Qualifikationsniveau liegt in den wirtschafts- sowie soziokulturellen Verbänden besonders hoch.
Unter den Hochschulabsolventen dominieren Wirtschaftswissenschaftler (26 Prozent), gefolgt von den Juristen (25 Prozent) und den Ingenieur- und Naturwissenschaftlern (zusammen 25 Prozent). Besonders der hohe Anteil von Juristen unterscheidet die Verbandsbetriebe von Unternehmen aus Industrie und Handel. Der Anteil der Juristen ist – neben dem Rechtsreferat – bei den Geschäftsführern der verschiedenen Ebenen sowie dem Referat Sozialpolitik, das häufig mit Tarifverträgen befasst ist, überdurchschnittlich hoch. Andere Schwerpunkte ergeben sich unmittelbar aus dem spezifischen Aufgabenbereich (beispielsweise Volkswirtschaft/Wirtschaftspolitik, Betriebswirtschaft oder Technik).
Verbandsmanager mit hoher formaler Qualifikation erzielen im Allgemeinen ein höheres Einkommen als ihre Kollegen ohne vergleichbare Abschlüsse. Besonders deutlich wird dies an den Unterschieden im Gehaltsniveau zwischen promovierten und nicht promovierten Hochschulabsolventen (vgl. Schaubild 4).
Alter und Berufserfahrung
Führungskräfte machen in Verbänden tendenziell früher Karriere als in der Privatwirtschaft: Referats- und Abteilungsleiter sind im Durchschnitt 47 Jahre alt, knapp ein Viertel ist nicht älter als 40 Jahre. Das Durchschnittsalter von Führungskräften in Unternehmen liegt mit 48 Jahren in etwa gleich, allerdings sind nur 18 Prozent jünger als 40. Bei den Hauptgeschäftsführern ist die Tendenz dagegen umgekehrt: Hauptgeschäftsführer in Verbänden sind mit durchschnittlich 53 Jahren zwei Jahre älter als Geschäftsführer in Wirtschaftsunternehmen. Zudem sind bei Geschäftsführern in Unternehmen die Altersklassen zwischen 40 und 55 Jahren mit 61 Prozent am stärksten besetzt, während bei den Hauptgeschäftsführern in Verbänden dieser Anteil zwischen 45 und 60 Jahren liegt.
Führungskräfte in Verbänden sind im Durchschnitt 14 Jahre bei ihrem Verband und seit 10 Jahren in ihrer Position beschäftigt. Diese Struktur hat sich in den letzten Jahren als sehr stabil erwiesen.
Es besteht ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Berufserfahrung und der Entgelthöhe. Im Karriereverlauf führt vor allem die zunehmende Berufserfahrung zu steigenden Bezügen. Dabei ist der Zuwachs an Erfahrungswissen und anderen im Berufsleben erworbenen Kenntnissen in jüngeren Jahren besonders hoch und sorgt – wie Schaubild 5 zeigt – beim Einstieg in Führungspositionen zunächst für überdurchschnittliche Zuwächse; die anfangs steile Kurve flacht im Karriereverlauf immer mehr ab.
Geschlecht
Frauen sind unter den Führungskräften in Verbänden deutlich unterrepräsentiert: Von den untersuchten Positionen besetzen sie lediglich 21 Prozent, diese Quote hat sich in den letzten drei Jahren kaum verändert. Dabei sind mit diesem Wert die beruflichen Chancen der Frauen in Verbandsbetrieben immer noch besser als in Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, wo ihr Anteil bei 9 Prozent liegt. Die größten Chancen, Führungspositionen in Verbänden zu erreichen, haben Frauen in den sozialen/karitativen und den politischen Verbänden mit jeweils 29 Prozent. Allerdings haben auf höheren Hierarchieebenen Frauen geringere Aussichten auf eine entsprechende Position: Während sie auf Referentenebene noch mit 26 Prozent repräsentiert sind, sinkt ihr Anteil bei Geschäftsführern der zweiten Ebene auf 14 Prozent und bei Hauptgeschäftsführern auf 15 Prozent.
Frauen sind in Führungspositionen der Verbandsbetriebe nicht nur deutlich unterrepräsentiert, sondern auch schlechter bezahlt. Die Abstände lassen sich nur zum Teil dadurch erklären, dass Frauen eher in kleineren Verbandsbetrieben tätig sind oder ein niedrigeres Lebensalter und damit geringere Berufserfahrung aufweisen. Auch bei Berücksichtigung dieser Faktoren zeigt sich, dass weibliche Führungskräfte in vergleichbaren Führungspositionen 10 bis 30 Prozent unter dem Einkommen ihrer männlichen Kollegen liegen.
Variable Vergütung
Erfolgsabhängige Vergütungsbestandteile haben in Wirtschaftsunternehmen seit Langem eine große Bedeutung: Mehr als 90 Prozent aller Geschäftsführer in Industrie und Handel erhalten einen Teil ihres Jahreseinkommens in erfolgsabhängiger Form; der variable Anteil liegt im Mittel bei 30 Prozent der Jahresgesamtbezüge. Aber auch von den Führungskräften unterhalb des Vorstandes erhalten auf der 1. und 2. Unterstellungsebene 90 Prozent und 82 Prozent eine erfolgsabhängige Tantieme, die 23 Prozent und 17 Prozent der Jahresgesamtbezüge ausmacht.
In Verbandsbetrieben haben leistungsabhängige Zusatzvergütungen bei Weitem nicht die gleiche Bedeutung wie in Wirtschaftsunternehmen. Nach unserer Untersuchung zeigen sich auch in den Verbänden langsam, aber kontinuierlich an Bedeutung gewinnende Ansätze einer Vergütungspolitik, die das Einkommen der Verbandsführungskräfte an Leistung und Erfolg koppelt. Zurzeit liegt der Anteil der Empfänger einer variablen Vergütung bei etwa 35 Prozent. Der Anteil an den Gesamtbezügen ist zwar deutlich geringer als bei Führungspositionen in der Privatwirtschaft, die Zusatzvergütung erreicht mit durchschnittlich 20.000 Euro bei den Hauptgeschäftsführern und 16.000 Euro bei den Geschäftsführern der 2. Ebene aber durchaus eine spürbare Höhe. Die Referats- und Abteilungsleiter erhalten im Mittel eine Zusatzvergütung von 9.000 Euro. In allen Positionsgruppen liegt der variable Vergütungsanteil mit 10 Prozent und 12 Prozent der Gesamtbezüge aber deutlich niedriger als in Wirtschaftsunternehmen. Leistungsabhängige Vergütungsbestandteile haben von der Höhe her in den Wirtschaftsverbänden die größte Bedeutung, finden sich jedoch auch bei Führungskräften aller anderen Verbandstypen.
Die variable Vergütung birgt für die Personalführung der Verbände große Chancen: Durch die Verbindung von Leistungsfähigkeit sowie Erfolg der Verbandsbetriebe und der Vergütung der Führungskräfte fördert sie die Identifikation der Verbandsmanager mit ihrer Organisation und honoriert besondere Anstrengungen und Leistungen. Dafür bedarf es aber einer auf die Verbandsspezifika ausgerichteten Ausgestaltung.
Auch wenn für Verbände unternehmenstypische gewinnorientierte Kenngrößen als Bemessungsgrundlage von Tantiemen kaum geeignet sind, bietet sich für die Ausgestaltung einer variablen Zusatzvergütung die Form eines Bonus an, der an die Erreichung von quantitativ oder qualitativ formulierten Zielen anknüpft. Diese Ziele leiten sich aus den übergeordneten Zielsetzungen und Aufgaben des Verbandsbetriebes ab und können sich auch auf zeitlich beschränkte Projekte oder Aktionen beziehen. Die häufigsten Bemessungskriterien sind das Haushalts/-Betriebsergebnis, sonstige verbandsspezifische Kriterien und die Erfüllung von Projektplänen und Projekterfolge.
Die Ziele richten sich letztlich immer auf die Verbesserung der Verbandstätigkeit im Interesse der Mitglieder. Ein Vergütungssystem, das hierauf ausgerichtet ist, kann maßgeblich dazu beitragen, die Tätigkeit des hauptamtlichen Verbandsapparates effektiver und effizienter zu gestalten.