Verbändereport AUSGABE 3 / 2005

Fallstudie: TV-Service – ein innovatives Angebot zur Medienarbeit eines Verbandes

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Verbände vertreten Interessen und erbringen zahlreiche Service- und Organisationsleistungen. Eine wichtige Rolle spielen zudem Kommunikations- und Informationsleistungen. Das umfasst nicht nur die interne Kommunikation über Mitgliederzeitschriften, Newsletter, Intranet oder eMail-Services, sondern auch die externe Kommunikation. Hier kann der Verband für seine Mitgliedsunternehmen Plattformen für die Information der Öffentlichkeit und der Medien zu Branchenthemen schaffen. Beispiele sind ein firmenübergreifender „Bilderpool“ oder ein „Innovationspool“, der eine Übersicht über neue Produkte oder Dienstleistungen der Mitgliedsunternehmen bietet. In diesem Beitrag wird mit der Fallstudie „TV-Service Medizintechnologie“ des Bundesverbandes Medizintechnologie (BVMed) ein innovatives Angebot zur Medienarbeit eines Verbandes vorgestellt.

Der BVMed startete Ende 2004 einen „TV-Service Medizintechnologie“ für TV-Journalisten und alle Beteiligten in der Gesundheitswirtschaft. Die Adresse des dafür eingerichteten Internetportals lautet www.tvservice.bvmed.de. Ziel des TV-Service ist es, ein attraktives und professionelles Angebot an Filmen, Schnittmaterial und O-Tönen (so genanntes „Footage“-Material) für die Fernsehsender und Gesundheitsmagazine bereitzuhalten sowie fertige Filme über innovative Verfahren der Medizintechnologie — eingebettet in eine Patientengeschichte — den Multiplikatoren im Gesundheitswesen kostenlos zu Fortbildungszwecken zur Verfügung zu stellen.

Der BVMed vertritt als Wirtschaftsverband rund 200 Industrie- und Handelsunternehmen der Medizintechnologiebranche. Die Gesundheitsausgaben im Bereich der Medizinprodukte betragen in Deutschland rund 20 Mrd. Euro (ohne Dentalprodukte und Investitionsgüter). Die Medizinprodukte-industrie beschäftigt in Deutschland rund 108.000 Mitarbeiter. Der BVMed beschreitet mit dem TV-Service neue Wege in der Kommunikation eines Wirtschaftsverbandes und will damit die Themen der Medizintechnologiebranche stärker im Leitmedium Fernsehen etablieren und die Öffentlichkeit besser über medizinischen Fortschritt und neue Produkte und Verfahren der Medizintechnologie informieren.

Ausgangssituation und Mediennutzung

Der BVMed hat sich — wie fast jeder Wirtschaftsfachverband — in der Kommunikationsarbeit in den letzten Jahren auf die Printmedien konzentriert. Übergreifende Informationsplattformen für die Branche wurden beispielsweise mit einem „Innovationspool“ (www.bvmed.de/innovationspool) für neue Medizinprodukte, Medizintechnologien und Therapieverfahren — geordnet nach Anwendungsgebieten, Produktarten und Produktnamen — oder einem internetbasierten Bilderpool (www.bvmed.de/bilderpool) eingeführt.

Die BVMed-Kommunikationsarbeit konzentrierte sich auf die Fach-, Tages- und Wirtschaftspresse. Weitere wichtige Instrumente sind dabei Pressemeldungen, Pressekonferenzen, Aufsätze und Gastbeiträge sowie Medienkooperationen. Mit über 600 Artikeln zu den Themen des Fachverbandes wurden 108 Millionen Leserkontakte in der Fach- und Wirtschaftspresse erreicht.

Eine Zusammenarbeit mit TV- oder Radio-Sendern kam in den vergangenen Jahren eher selten und nur dann zustande, wenn die BVMed-Pressestelle angefragt wurde. Ein proaktives Angebot von TV- und Radiorelevantem Material bestand bislang nicht.

Dabei spielt das Fernsehen in der Mediennutzung der Deutschen nach wie vor eine überragende Rolle. Das Fernsehen bleibt mit durchschnittlich 3,5 Stunden Nutzung pro Tag und Zuschauer das Medium Nummer eins in Deutschland.

Bei der Themenplatzierung im Fernsehen entschied sich der BVMed in einer frühen konzeptionellen Phase für redaktionelle Beiträge mit einem TV-Service und gegen TV-Werbung. Denn die Wirkung von Werbung nimmt beim Konsumenten immer mehr ab, während gleichzeitig der Ärger über die Aufdringlichkeit steigt, so eine Studie von Yankelovich Partners aus den USA im April 2004. Nach einer Studie von Kroeber-Riel aus dem Jahr 2000 kommt nur fünf Prozent der Werbung beim Konsumenten wirklich an. 19 Prozent der Zuschauer verlassen bei Werbung sogar den Raum, ermittelte Emnid.

Hinzu kommen finanzielle (Werbeplätze sind extrem teuer) und technische Aspekte. Mehr als zwei Drittel der Konsumenten interessieren sich für Produkte und Dienste, die ein Ausblenden von Werbung ermöglichen, beispielsweise digitale Videorekorder.

Bei einem TV-Service, der professionelles Schnittmaterial und fertige redaktionelle Beiträge anbietet, bleiben die Vorteile des Leitmediums Fernsehen erhalten: hohe Reichweiten, schneller Kontaktaufbau, und emotionale Ansprache. Das Ziel ist eine proaktive Steuerung der Themen im Leitmedium Fernsehen.

Warum TV-Service?

Fernsehen ist mit dem hohen Nutzungsgrad nicht nur das Leitmedium, es eignet sich durch seine visuellen, emotionalen Darstellungsmöglichkeiten auch ideal zur Vermittlung von komplexen Sachverhalten wie neuen Medizintechnologien, Therapien oder Behandlungsmethoden für Patienten und medizinisches Fachpersonal.

Mit der steigenden Anzahl von TV-Sendern und einem entsprechend breiten Angebot von medizinischen Sendungen ist auch der Bedarf an Bildmaterialien gewachsen. Die Positionierung von Unternehmensinhalten bzw. Themendiensten in Fernsehsendungen wird damit tendenziell einfacher — eine Entwicklung, die noch durch sinkende Werbeeinnahmen und schmälere Budgets der Sender verstärkt wird.

Dem BVMed kam bei seinem Projekt „TV-Service“ dabei entgegen, dass das Thema Gesundheit bzw. medizinische Themen in den Rundfunkmedien immer mehr Beachtung finden. Medizintechnologien bieten dabei den Vorteil, dass „etwas gezeigt werden kann“. Die Visualisierung der neuen therapeutischen und diagnostischen Verfahren und die Emotionalisierung über Patientengeschichten sind sehr gut möglich.

Projektplan und Vorgehen

Am Anfang des Projekts „TV-Service“ steht neben der bereits erwähnten Zielbeschreibung die Definition der gewünschten Module eines TV-Service. Für den „TV-Service Medizintechnologie“ entschied sich der BVMed für folgende Bausteine:

  • Aufbereitung vorhandener Materialien für Sender.
  • Produktion von Footagematerial (Bildmaterial und O-Töne im Rohschnitt) und elektronischen Presskits.
  • Beitragsproduktionen (das Startpaket umfasste Beiträge zu sechs verschiedenen Themen).
  • Formatentwicklung und -produktion (auch Infoclips, Infomercials).
  • Produktion eines Imagefilms für den BVMed und die Branche.
  • Platzierung bei den TV-Sendern.
  • Entwicklung des Presseportals im Internet unter www.tvservice.bvmed.de.
  • Beratung.

Diese Module des TV-Service umfassen zahlreiche „Erfolgsfaktoren“, damit das Thema den Weg in die Sender finden kann:

  • Echte Storys werden mit journalistischem Background und dem Blick für die „Unternehmens-Botschaft“ erarbeitet.
  • Die Sender können Thema und Material im Internet vorsichten.
  • Die Sender können alle gewünschten Beiträge online bestellen.
  • Parallel dazu erfolgt eine aktive Vermarktung der Materialien bei den Sendern.
  • In der Regel erfolgt kein Kauf von Sendeplätzen. Die Verantwortung bleibt beim Sender bzw. Redakteur.

Die Auswahl des TV-Partners

Für Dienstleistungen rund um „Electronic Press Kits“ gibt es auf dem deutschen Markt zahlreiche Anbieter (eine gute Übersicht bietet der PR Report in der Ausgabe Juli 2003, Seite 44).

Der BVMed hat sich nach längeren Recherchen und Briefinggesprächen für die Atkon AG mit Sitz in Wiesbaden und entsprechenden Studio- und Produktionskapazitäten in Berlin (Potsdamer Platz) entschieden. Die Atkon AG gehört zu den führenden Anbietern in Deutschland für visuelle Unternehmenskommunikation (TV, online oder mobil). Neben der Erfahrung im Bereich des Aufbaus eines TV-Service sprach auch die medizinische Kompetenz des Redaktionsteams für Atkon.

Die ersten Inhalte

Themenfindung, inhaltliche Aufbereitung der Geschichte und Kontakte zu den Meinungsführern obliegen in der ersten Phase eines Filmprojekts dem Auftraggeber, also BVMed. Die tiefergehende Recherche, Terminabsprache, Organisation und Durchführung der Dreharbeiten sowie Schnitt und Vertonung liegen in der Hand des Dienstleisters. Der BVMed hat dabei durch das Filmskript (Treatment), die Teilnahme an Drehtagen und Prüfung des Schnittplans sowie durch den Filmtext und die Abnahme des Films vor der Vertonung die inhaltliche Kontrolle über das Filmprojekt.

Der TV-Service des BVMed startete im Winter 2004 zunächst mit Filmen und Materialien zu den Themen „Moderne Wundversorgung“, „Medikamentfreisetzender Stent“ bei Gefäßverengung sowie „Schrittmacher Medizintechnologie“ bei schweren Herzerkrankungen. Zu Beginn des Jahres 2005 folgten die Themen „Trends in der Endoprothetik“, „Intraokularlinsen bei Grauem Star“, „refraktive Chirurgie zur Korrektur der Fehlsichtigkeit“ sowie Sicherheit in der Intensivmedizin am Beispiel der Vermeidung von Nadelstichverletzungen durch Sicherheitsprodukte. Im Frühjahr 2005 wurde der Imagefilm für den Verband und die Branche fertig gestellt, der beispielsweise auf Messen und Kongressen zum Einsatz kommt.

Wie funktioniert der TV-Service für Journalisten?

Auf der Internetseite unter www.tvservice.bvmed.de können Fernsehredakteure Filmmaterial sichten, Zusatzinformationen wie Sprechertexte abrufen sowie das Filmmaterial auf professionellem „Beta SP“ kostenfrei bestellen oder sich direkt in den TV-Sender überspielen lassen. Bestellt wird über ein Online-Formular. Die BVMed-Pressestelle leitet die Beta-Materialbestellung an den Dienstleister weiter.

Für alle interessierten Multiplikatoren, die nicht für TV-Sender arbeiten, stehen die Beiträge kostenfrei entweder als „Stream“ oder zum Herunterladen in den Formaten „Windows Media File“, „Real Player“ oder „Quick Time“ zur Verfügung. Relevante Multiplikatoren können beim BVMed auch kostenfrei eine DVD mit den Filmen bestellen.

Erste Ergebnisse

Die Beiträge des TV-Service Medizintechnologie laufen bereits in zahlreichen relevanten TV-Magazinen. Mehrere Filme wurden von n-tv (Sendung „Technik und Trends“ mit mehreren Wiederholungen) und TV Berlin, TV München und U1 (Sendung „Vitalissimo“) ausgestrahlt.

Zur internen Erfolgskontrolle steht allen Projektbeteiligten eine Internetseite mit Links zu den Sendemitschnitten zur Verfügung.

Zusätzlich zu den TV-Ausstrahlungen ist auch der Aspekt der Mehrfachverwendung der Filme zu beachten. Alle Beiträge wurden als modulare Bausteine auch zur Information von Multiplikatoren im Gesundheitswesen oder innerhalb von Fortbildungsmaßnahmen im Unternehmen oder beispielsweise von Pflegeschulen eingesetzt. Zu diesem Zweck wurden bereits mehr als 400 DVDs versandt.

Das TV-Service-Portal im Internet verzeichnete allein in den ersten drei Monaten über 5.000 Besucher mit rund 60.000 Hits. Einzelne Filme werden im Durchschnitt über 200 Mal im Monat von der Internetseite abgespielt.

Weiterentwicklung und Preise

Der TV-Service mit dem Internetportal soll in den nächsten Monaten weiter ausgebaut und für die über 200 Mitgliedsunternehmen geöffnet werden.

Den BVMed-Mitgliedsunternehmen werden spezielle Add-on-Angebote (Digitalisierung und Einstellung in das TV-Serviceportal inbegriffen) unterbreitet:

  • „Basic“: Electronic Press Kit/Footage-Material, ab 3.900 €
  • „Classic“: Produktfilm (mit Patientengeschichte), Beitrag, Länge: 3 bis 5 Minuten, ab 11.900 €
  • „De Luxe“: Imagefilm: Film, Länge: 5 Minuten, Encoding, Webprogrammierung, ab 19.800 €
  • 3D-Animationen: Je nach Aufwand und Komplexität ab 3.000 €
  • Platzierung von Themen und Beiträgen: auf Anfrage.

Fazit

Der „TV-Service Medizintechnologie“ des BVMed schafft eine wirkungsvolle Schnittstelle zwischen dem Verband, seinen Mitgliedern und den Fernsehanstalten und hilft, Themen aus der Medizintechnologiebranche im Leitmedium Fernsehen zu positionieren.

Ziele eines TV-Service

  • Aktiv gemanagte Steuerung der Medien TV/Radio
  • Stärkung der Kommunikation gegenüber den Medien TV/Radio
  • Arbeitsprozess des TV-/Radioredakteurs verstehen und erleichtern
  • Stärkere Einflussnahme auf Berichterstattung
  • Bessere Positionierung der Branche in Leitmedien TV/Radio

Der Nutzen des TV-Service

  • Gezielte Mehrfachverwertung von Bildmaterial
  • Weitervermarktung von Material an TV und Radio
  • Kanalisierung von Anfragen und Bündelung der Antworten
  • Deutliche Zeitersparnis bei O-Tönen (einmal produzieren und verteilen; Steuerung der optischen und inhaltlichen Qualität des O-Tons; keinerlei Absagen von Presseanfragen aus Zeitmangel, sondern Verteilung von „Beta-Tapes“)
  • Gezieltes Suchen, Vorsichten und Ordern von den Redaktionen
  • Synchronisierte externe und interne Verbands- bzw. Unternehmenskommunikation
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