„Dafür gibt es auch einen Verband?“ Mit dieser Frage sieht sich so mancher hin und wieder konfrontiert, der für den Bundesverband Rollladen + Sonnenschutz tätig ist. Doch natürlich – dafür gibt es einen eigenen Verband, und zwar schon seit 1961, als in Wiesbaden der Bundesverband deutscher Rolladenhersteller (damals noch mit zwei „l“) gegründet wurde.
Heute ist der Bundesverband Rollladen + Sonnenschutz (BVRS) als Spitzenorganisation des Rollladen- und Sonnenschutztechniker-Handwerks in Deutschland Dachverband der 17 Innungen und vertritt rund 800 Fachbetriebe bundesweit. Damit zählt der BVRS zu den kleineren Handwerksverbänden, die im Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) organisiert sind. „Aber das tut unserer Schlagkraft keinen Abbruch“, zeigt sich Christoph Silber-Bonz überzeugt. Der 44-jährige Politologe fungiert seit sechs Jahren als Hauptgeschäftsführer des Verbandes und leitet die Geschäftsstelle in Bonn-Bad Godesberg mit immerhin neun Mitarbeitern. Anders als in den meisten Handwerksverbänden üblich, seien im R+S-Handwerk die Innungen direkt im Bundesverband Mitglied, die Ebene der Landesinnungsverbände fehle. „So stehen wir im direkten Dialog mit den Innungen, aber auch mit ihren Mitgliedsbetrieben. Das schont Ressourcen und erlaubt es uns, schnell und flexibel zu agieren“, erläutert Silber-Bonz.
Enge Kooperation mit der Zulieferindustrie
Doch der Verband versteht sich nicht als reiner Handwerksverband. Auch zu den industriellen Herstellern der Rollladen- und Sonnenschutzbranche bestehen traditionell enge Kontakte. Gut 120 Unternehmen der Zulieferindustrie gehören dem BVRS als Fördermitglieder an. Zudem werden Teile der Öffentlichkeitsarbeit wie etwa der jährlich im April stattfindende bundesweite Rollladen- und Sonnenschutztag sowie die professionell von einer PR-Agentur gesteuerte Öffentlichkeitsarbeit aus der Industrie mitfinanziert.
Geführt wird der Bundesverband Rollladen + Sonnenschutz von einem fünfköpfigen Präsidium, an dessen Spitze seit Oktober 2012 der Aachener Handwerksunternehmer Georg Nüssgens steht. Er leitet ebenso wie seine Stellvertreter Heinrich Abletshauser und Reinhard Felser sowie die Beisitzer Matthias Klenner und Reinhard Kowalewski einen eigenen Fachbetrieb des Rollladen- und Sonnenschutztechniker-Handwerks, weiß also aus eigener tagtäglicher Erfahrung, wo seines Berufskollegen, die er als Spitzenrepräsentant vertritt, „der Schuh drückt“.
Und die Themen, die es verbandsseitig zu bearbeiten gibt, sind in der Tat vielfältig. Große Bedeutung hat dabei der technische Bereich, der seit einiger Zeit im Technischen Kompetenzzentrum des BVRS gebündelt wird. Zwei Diplom-Ingenieure kümmern sich dort intensiv um konkrete Anfragen von Mitgliedsbetrieben und arbeiten in zahlreichen Gremien benachbarter Verbände sowie in nationalen wie europäischen Normungsausschüssen mit. So gelingt es dem Verband, Einfluss zu nehmen auf die technischen Rahmenbedingungen, in denen die Branche tätig ist.
Netzwerk in der Politik
Auch die politische Interessenvertretung hat beim Bundesverband Rollladen + Sonnenschutz einen hohen Stellenwert. „Uns ging es darum, in Berlin und Brüssel als Branche erst einmal bekannter zu werden und zu vermitteln, was unsere Betriebe, etwa beim derzeit so wichtigen Thema ‚Energieeinsparung‘, zu leisten vermögen“, erläutert Christoph Silber-Bonz die Strategie des Verbandes. Dazu wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche Gespräche mit Politikern und Ministerialbeamten geführt und so Stück für Stück ein belastbares Netzwerk aufgebaut. Als besonders erfolgreich haben sich dabei Unternehmensbesuche bei Mitgliedsbetrieben erwiesen. Zahlreiche Bundestagsabgeordnete, Staatssekretäre und Landesminister unterschiedlichster Parteizugehörigkeit waren bereits auf Vermittlung des Bundesverbandes in Rollladen- und Sonnenschutztechniker-Fachbetrieben zu Gast und haben dort das Gewerk und seine Leistungen u. a. bei nachhaltigem Energiesparen, wirkungsvollem Einbruchschutz und altersgerechtem Komfort ganz konkret in der Praxis kennengelernt.
Wo es sinnvoll ist, werden Allianzen mit benachbarten Verbänden geschmiedet. Mit dem Industrieverband Technische Textilien – Rollladen – Sonnenschutz ist naturgemäß der Austausch intensiv. Enge Kontakte hält man aber zum Beispiel auch zu den Organisationen der Flachglashersteller und der Fensterbauer. Denn hier gibt es zahlreiche gemeinsame Interessen: Wo keine Fenster sind, da wird auch weder Glas noch Sonnenschutz benötigt. So haben die drei Verbände beispielsweise in jüngster Zeit eine gemeinsame Stellungnahme zur neuen Energieeinspar-Verordnung (EnEV) erarbeitet und damit erreicht, dass die drohende Reduktion transparenter Flächen bei Gebäudefassaden wieder vom Tisch ist.
In seiner Interessenvertretung profitiert der BVRS auch von den Möglichkeiten seiner Dachverbände – des ZDH sowie der Bundesvereinigung Bauwirtschaft (BVB). Gerade wenn es um Themen geht, die das Handwerk und den Mittelstand insgesamt betreffen, dann ist es für diese Dachverbände deutlich einfacher, sich Gehör zu verschaffen, als es für Branchenorganisationen auf sich allein gestellt möglich wäre. Um jedoch im Vorfeld Einfluss nehmen zu können auf die Positionen, die ZDH und BVB nach außen hin vertreten und kommunizieren, legen die BVRS-Vertreter großen Wert auf eine aktive Mitarbeit in deren Gremien und bringen sich so in die Entscheidungsprozesse mit ein. Darüber hinaus ist ein Mitarbeiter des Brüsseler Büros des ZDH auch noch einmal separat mit der Wahrnehmung der Interessen des Rollladen- und Sonnenschutztechniker-Handwerks betraut, sodass eine eigene Vertretung bei der EU existiert.
RS-Marke als Qualitätssignal
Unmittelbar betroffen war das Rollladen- und Sonnenschutztechniker-Handwerk von der Novelle der Handwerksordnung im Jahr 2004. Seitdem gibt es in dem Gewerk keine Meisterpflicht mehr. Auch wenn man beim BVRS diese Entscheidung nach wie vor für einen gravierenden Fehler hält, für dessen Revidierung man unverändert kämpft, hat man gleichzeitig doch auch nach Wegen gesucht, um die Innungs-Fachbetriebe in der Außendarstellung noch besser gegenüber deutlich weniger qualifizierter Konkurrenz abzugrenzen. Hierzu wurde u. a. die RS-Marke ins Leben gerufen, mit der sich Fachbetriebe seit einigen Jahren im Markt präsentieren können. Sie sorgt nicht nur für einen einheitlichen und damit wiedererkennbaren Marktauftritt, sondern signalisiert auch handwerkliche Qualität. Denn für die Nutzung der RS-Marke reicht die reine Innungsmitgliedschaft nicht aus. Voraussetzung ist vielmehr zusätzlich die Unterzeichnung eines Markenvertrags, mit dem sich der Betrieb zur Einhaltung von bestimmten Qualitätsmerkmalen verpflichtet.
Dialog mit Mitgliedern hat hohe Bedeutung
Wichtig ist gerade auch dem neuen Präsidenten des Bundesverbandes Rollladen + Sonnenschutz, Georg Nüssgens, der intensive und unmittelbare Dialog mit dem einzelnen Mitglied. Hierzu bietet der Verband zahlreiche Möglichkeiten. Die wichtigste dabei ist sicherlich die alljährlich im Oktober stattfindende Jahrestagung. Diese wird immer von einer der Mitgliedsinnungen ausgerichtet und findet daher an wechselnden Orten statt. 2012 war dies Berlin, in diesem Jahr ist die niedersächsische Autostadt Wolfsburg an der Reihe. Zu den Tagungen kommen jedes Mal zwischen 400 und 500 Personen aus Handwerk und Zulieferindustrie, was für einen Verband dieser Größe eine beachtliche Zahl darstellt. Und auch die einzelnen Innungen führen regelmäßig Mitgliederversammlungen durch, bei denen in aller Regel ebenfalls Vertreter des Bundesverbandes anwesend sind und somit den anwesenden Betriebsinhabern für Fragen und Anregungen zur Verfügung stehen. Hinzu kommen regelmäßige Fachseminare vor allem zu technischen Themen, Fachausschusssitzungen, Delegierten- und Obermeistertagungen sowie eine eigene jährliche Zusammenkunft für die Fördermitglieder.
Darüber hinaus gibt der BVRS eine eigene, 10-mal pro Jahr erscheinende Zeitschrift – R+S – heraus, die von dem Team der Geschäftsstelle vollständig selbst erstellt wird. R+S hat sich als Fachzeitschrift fest in der Branche etabliert und wird nicht nur von den Mitgliedern, sondern darüber hinaus auch von weiteren zahlenden Abonnenten gelesen.
Und schließlich ist der Bundesverband Rollladen + Sonnenschutz einer der fachlichen Trägerverbände der alle drei Jahre in Stuttgart stattfindenden Messe R+T. Was vor rund 50 Jahren als Produktpräsentation am Rande der Haupttagungen des Verbandes begann, hat sich bis heute zur Weltleitmesse für Rollläden, Sonnenschutz und Tore entwickelt und füllt jedes Mal mühelos das gesamte neue Stuttgarter Messegelände. Als Trägerverband ist der BVRS dabei eng in die Gestaltung der Messe und des Rahmenprogramms eingebunden und ist zudem immer mit einem eigenen großen Stand dort vertreten.
Nachwuchsgewinnung als wichtiges Thema
Auch wenn die Verantwortlichen in Ehren- und Hauptamt ihren Verband derzeit gut aufgestellt sehen, so ist ihnen doch bewusst, dass noch viel Arbeit investiert werden muss, damit dies auch in Zukunft so bleibt. Ein wichtiges Augenmerk gilt somit der Nachwuchsgewinnung – sowohl für das Gewerk als auch für den Verband. Was den beruflichen Nachwuchs betrifft, so ist der BVRS als Arbeitgeberverband und Sozialpartner intensiv in die Gestaltung der Berufsausbildung eingebunden. Vor rund neun Jahren wurde der neue Ausbildungsberuf des Rollladen- und Sonnenschutzmechatronikers ins Leben gerufen, dessen Ausbildungsordnung alle Bereiche des modernen Sonnenschutzes einschließlich der umfangreichen Möglichkeiten zur Automation umfasst. So ist nicht nur dafür Sorge getragen, dass junge Rollladen- und Sonnenschutzmechatroniker in der Lage sind, die hohen Ansprüche, die heute an ihr Gewerk gestellt werden, sämtlich zu erfüllen. Vielmehr ist diese moderne Ausbildung offensichtlich auch ausgesprochen attraktiv: Es werden kontinuierlich steigende Lehrlingszahlen verzeichnet.
Genauso wichtig wird aber auch der Nachwuchs für die eigene Verbandsarbeit gesehen. Hier lautet die Herausforderung, auch die junge Generation, die jetzt in den Startlöchern steht, um den Familienbetrieb zu übernehmen, für die Innungsarbeit und vielleicht sogar für die Übernahme von Ehrenämtern zu begeistern. Als Erfolg verbucht man beim BVRS in diesem Zusammenhang die Gründung eines Jungunternehmerkreises vor einigen Jahren. Hier hat sich eine feste Gruppe engagierter jüngerer Betriebsinhaber und Juniorchefs zusammengefunden, die eigene Veranstaltungen organisiert und auch sonst im regelmäßigen Kontakt untereinander steht. Trotz aller Selbstständigkeit und Eigeninitiative geht dabei jedoch auch der Kontakt zu den Innungen und zum Bundesverband nicht verloren. Im Gegenteil: Mittlerweile konnten schon einige Jungunternehmer für eine Mitarbeit in Innungsvorständen oder als Delegierte zum Bundesverband gewonnen werden. Und auch Obermeister sind aus diesen Reihen schon erwachsen. Sie beleben die Verbandsarbeit in hohem Maße und bieten somit eine Gewähr dafür, dass die Rollladen- und Sonnenschutzbranche auch künftig einen eigenen Verband braucht und hat.