Verbändereport AUSGABE 5 / 2005

Einnahme-Überschussrechnung bei Verbänden

Neue Formvorschriften für die Gewinnermittlung ab 2005

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Alle Verbände, die einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten und dessen Gewinn durch eine Einnahme-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, müssen sich erstmals bei der Ermittlung des Gewinns für 2005 mit einem neuen bürokratischen Ungetüm auseinandersetzen: dem neuen amtlichen Vordruck zur Einnahme-Überschussrechnung mit der Bezeichnung „Anlage EÜR“.

Wo liegt das Problem?

Betroffen sind nur Verbände, die einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb im steuerlichen Sinne unterhalten und daher den steuerlichen Gewinn ermitteln müssen. Betroffen sind alle Arten von Verbänden, also insbesondere auch Berufsverbände oder gemeinnützige Vereine – vorausgesetzt, sie ermitteln ihren Gewinn im Wege einer Einnahme-Überschussrechnung. Verbände, die den Gewinn durch Bilanzierung ermitteln, sind von der Neuregelung nicht betroffen.

Die betroffenen Verbände haben erstmals für das Jahr 2005 ihrer Körperschaftsteuer-Erklärung eine Gewinnermittlung „nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck beizufügen“. So will es der im Jahr 2003 neu eingeführte § 60 Abs. 4 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung – EStDV. Hierzu hatte die Finanzverwaltung bereits im Jahr 2004 einen amtlichen Vordruck entwickelt, der aber wegen zahlreicher Mängel auf den heftigen Protest insbesondere der Steuerberater-Verbände hin zunächst zurückgezogen wurde. Im Februar 2005 hat die Finanzverwaltung eine verbesserte Version dieses Vordrucks auf den Markt gebracht, der nun erstmals für 2005 verbindlich ist (Fundstelle: Bundessteuerblatt 2005 Teil I, S. 320 ff.; im Internet unter: www.bundessteuerblatt.de, für DGVM-Mitglieder und Verbändereport-Abonnenten unter: www.verbaende.com/fw.php?28)

Dieser Vordruck bricht mit der bisherigen Übung, dass eine Einnahme-Überschussrechnung lediglich eine gegliederte Übersicht über Einnahmen und Ausgaben enthalten muss, ohne dass die Einzelheiten verbindlich geregelt waren. Eine solche formlose Einnahme-Überschussrechnung erlaubte der Finanzverwaltung nicht die stringente Kontrolle, die sie künftig für wünschenswert hält – und die durch konzentrierten Einsatz der EDV nun erreicht werden soll. Die angestrebte EDV-gestützte Kontrolle setzt aber ein gewisses Maß an Vereinheitlichung der Eingangsdaten voraus. Dies soll nun durch den neuen amtlichen Vordruck EÜR erreicht werden.

Wer ist betroffen?

Der Vordruck EÜR zielt nicht speziell auf Verbände, sondern gilt grundsätzlich für alle Steuerzahler, die Ihren Gewinn durch eine „einfache“ Einnahme-Überschussrechnung ermitteln. Betroffen werden von der Neuregelung aber auch alle Vereine, die diese Gewinnermittlungsart gewählt haben.

Besonders hervorzuheben ist, dass nur die steuerliche Gewinnermittlung betroffen ist, nicht etwa die vereinsrechtliche Jahresrechnung, die nur den ideellen Verbandsbereich betrifft. Bei Berufsverbänden und gemeinnützigen Vereinen gilt der neue Vordruck auch nicht für den Bereich der steuerbefreiten Vermögensverwaltung, weil insoweit keine steuerliche Gewinnermittlung durchzuführen ist.

Noch ein weiterer Punkt ist für die Verbandspraxis bedeutsam: Auf Drängen der Verbände hat sich die Finanzverwaltung zu einer Bagatellregelung bereit gefunden, die Verbände mit kleineren wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben sehr begrüßen werden. Wenn die Betriebseinnahmen des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes unter einer Grenze von 17.500 Euro pro Jahr liegen, „wird es nicht beanstandet, wenn an Stelle des amtlichen Vordrucks der Steuererklärung eine formlose Gewinnermittlung beigefügt wird“ (BMF-Schreiben vom 10.2.2005, Aktenzeichen IV A 7 – S1451 – 14/05, Bundessteuerblatt 2005 Teil I S. 320). Diese Einnahme-Grenze von 17.500 Euro deckt sich betragsmäßig mit der Grenze für die umsatzsteuerliche Kleinunternehmer-Regelung in § 19 UStG.

Was müssen Verbände beim Ausfüllen des neuen Vordrucks EÜR beachten?

Der Vordruck verlangt zu einzelnen Positionen der Einnahme-Überschussrechnung detailliertere Angaben als dies bisher üblich war. Andererseits werden andere Positionen im Vergleich zu der bisher weit verbreiteten Übung weniger untergliedert. Es fragt sich daher, ob die Finanzämter neben dem amtlichen Vordruck EÜR noch eine weitere, formlose und tiefer untergliederte Einnahme-Überschussrechnung verlangen können. Dies dürfte zu verneinen sein. Rückfragen zu einzelnen Positionen sind dagegen zulässig, soweit diese zur Aufklärung des Sachverhalts erforderlich sind. Denn der Amtsermittlungsgrundsatz bleibt grundsätzlich bestehen.

Der Vordruck EÜR besteht aus vier DIN A4-Seiten und trägt daher nicht eben zur Lichtung des Papierdschungels bei. Die Finanzverwaltung selbst sieht hier denn auch erheblichen Erläuterungsbedarf, denn sie fügt dem neuen Vordruck eine knapp sechsseitige, eng bedruckte Ausfüll-Anleitung bei. Die für die Verbandsbuchhaltung in den Verbänden zuständigen Personen sollten sich mit dieser Anleitung zumindest vertraut machen. Es würde an dieser Stelle zu weit führen, alle Positionen des Vordrucks EÜR im Einzelnen zu erläutern. Nicht alle Positionen haben nämlich – da der Vordruck ja in erster Linie für Gewerbebetriebe, Freiberufler und Landwirte bestimmt ist – auch für Verbände praktische Bedeutung.

Hervorzuheben sind jedoch folgende, auch bei Verbänden auftretende Fragen:

Auf der Einnahmeseite:

Gesondert auszuweisen sind z.B. Entnahmen. Dazu gehören insbesondere auch die private Telefon- oder PKW-Nutzung. Diese Dinge fallen bisher in der Gewinnermittlung von Verbänden häufig unter den Tisch.

Auf der Ausgabenseite:

Besonders intensiv interessiert sich das Finanzamt für den Bereich Abschreibungen (insbesondere Sonder-Abschreibungen), Kfz-Kosten, Raumkosten, Schuldzinsen sowie für beschränkt abzugsfähige Betriebsausgaben, wie Geschenke oder Bewirtungskosten. Andere Kostenpositionen werden häufig zu Sammelpositionen zusammengezogen (wie z.B. Porto, Telefon, Büromaterial). Für viele Kosten, die herkömmlich häufig gesondert in den formlosen Einnahme-Überschussrechnungen ausgewiesen wurden, ist nun nur noch die Sammelbezeichnung „übrige Betriebsausgaben“ vorgesehen.

Folgerungen für die Praxis der Verbände

Die Verbandsverantwortlichen werden zunächst einmal zu prüfen haben, in welchem Umfang ihr Verband einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält. Wird der Gewinn durch Bilanzierung ermittelt, hat die Neuregelung für den Verband keine Bedeutung. Liegen bei einer Einnahme-Überschussrechnung die Betriebseinnahmen des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs unter der Bagatellgrenze von 17.500 Euro im Jahr, so besteht ebenfalls kein Handlungsbedarf.

Bei steuerbegünstigten Verbänden (Steuerbegünstigung im Sinne der §§ 51 ff. AO) besteht auch bei höheren Betriebseinnahmen kein Handlungsbedarf, so lange die Betriebseinnahmen unter der Freigrenze von 30.678 Euro pro Jahr (vgl. § 64 Abs. 3 AO) verbleiben. Dies wird in der amtlichen Anleitung zur Ausfüllung des Vordrucks EÜR ausdrücklich festgestellt. Für Berufsverbände gilt diese Regelung jedoch nicht; hier bleibt es bei der Grenze von 17.500 Euro.

In jedem Fall kann bei Berufsverbänden und gemeinnützigen Vereinen nur ein einheitlicher wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb bestehen, für den der Vordruck einzureichen ist. Es ist nicht möglich, die wirtschaftlichen Betätigungen des Verbandes in mehrere wirtschaftliche Geschäftsbetriebe zu unterteilen, um so die Bagatellgrenzen zu unterschreiten. Zu Einzelheiten des Vordrucks kann es im Einzelfall zu einer ganzen Reihe von Zweifelsfragen kommen, die gegebenenfalls nur mit dem steuerlichen Berater des Verbandes geklärt werden können. (WE)

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Autor/in

Winfried Eggers

erlernte das „Steuerhandwerk” als Regierungsrat in der Verwaltung in NRW. Er war danach neun Jahre Finanzrichter beim Finanzgericht Köln. Bis Mitte 1998 war er in der Steuerabteilung des BDI tätig. Seither ist Dr. Eggers niedergelassener Anwalt mit dem Tätigkeitsschwerpunkt Steuerrecht für Verbände und Organisationen in Köln.

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