Verbändereport AUSGABE 1 / 2009

Die Vermögensanlage der Verbände in der Finanzkrise

Rentenkurse als zusätzliches Risiko für die Finanzplanung 2010

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Angesichts der Immobilien-Banken-Konjunkturkrise stehen für die wirtschaftliche Entwicklung im laufenden Jahr aus finanztechnischer Sicht alle Zeichen auf Sturm. Aber selbst wenn sich die Konjunktur wieder stabilisiert, dürfte gerade 2010 für die Verbandsfinanzen ein besonders schwieriges Jahr werden. Insbesondere weil die Beitragseinnahmen in vielen Verbänden erst mit einem Jahr Verzögerung reagieren und damit auch weitere Stressfaktoren virulent werden.

Zudem birgt ein Konjunkturszenario, das bis zum Jahreswechsel 2009/2010 wieder bessere Wirtschaftsdaten unterstellt, für die Kurse der Rentenpapiere ein ungewöhnlich hohes Risiko. Für die Finanzplanung 2010 sind mithin mehrere Belastungsfaktoren ins Kalkül zu ziehen. Insbesondere die Liquiditätsvorsorge sollte weit früher als üblich in das Blickfeld rücken.

2008 ein zu gutes Rentenjahr

Das Jahr 2008 lieferte beim Kerninvestment der Verbandsanlage ein höchst erfreuliches Ergebnis. Bei Staatsanleihen mittlerer Laufzeit erhöhte sich der Vermögensbestand — resultierend aus Kursgewinn und Zinszahlung — um mehr als 10 Prozent, also deutlich über dem, was man im längerfristigen Durchschnitt von Aktien erwarten darf. Gemessen an den üblichen Verhältnissen auf diesem Markt könnte man angesichts einer derartigen Performance bereits von einer „Kursblase“ sprechen. Ob oder gar wann sie platzen könnte, weiß niemand — sicher aber ist, dass bessere Konjunkturdaten die Zentralbanken veranlassen müssen, die mit der Ausweitung der Geldmenge angelegte Inflation zu verhindern. Wegen des damit absehbaren Zinsanstiegs, mit zugehörigen Kursverlusten bei Rentenpapieren und besseren Chancen auf anderen Märkten, wäre mit einer drastischen Marktreaktion zu rechnen.

Szenario mit Risiken

Ein derartiges Szenario birgt daher auch für die Anlage in sicheren Bundesanleihen ein nicht unerhebliches Risiko. Denn steigende Zinsen führen gleichzeitig zu sinkenden Kursen bei bestehenden Anlagen. Zur Verdeutlichung: Sollte es innerhalb eines kurzen Zeitraums zu einem Anstieg des langfristigen Zinsniveaus von 3 Prozent auf keineswegs unübliche 4,5 Prozent kommen, wären wegen des niedrigen Ausgangsniveaus die Zinszahlungen aus dem höheren Coupon um 50 Prozent höher als bei 3 Prozent. Dies muss natürlich schon allein rechnerisch und ohne spekulative Marktreaktionen mit einem entsprechenden Abschlag beim Verkauf einer dreiprozentigen Anlage berücksichtigt werden. Das Ergebnis des Renditerechners fällt dementsprechend dramatisch aus (siehe Abbildung rechte Seite).

Risiken für die Finanzplanung 2010

Die Tabelle stellt ein extrem gewähltes Beispiel dar und bei kürzeren Laufzeiten passiert natürlich weniger. Aber das Verlustpotenzial, das aus niedrigen Zinsen und möglicher rascher Marktreaktion auch bei der „absolut sicheren Anlage“ resultiert, sollte man vor Augen haben — gerade weil Staatsanleihen ein zentrales Investment für risikobewusste Verbände sind und auch bleiben sollten. Absolut sicher sind jedoch die Zinszahlungen — solange man also nicht gezwungen ist zu liquidieren, müssen bei einem Zinsanstieg lediglich vorübergehend sinkende Vermögenswerte und relativ niedrige Zinserträge in Kauf genommen werden. Problematisch wird die Situation allerdings, müssen zur Deckung des Finanzbedarfs Vermögenswerte liquidiert werden.

Käme es 2010 zu ungeplantem Liquiditätsbedarf, könnte dies im Zweifelsfall zur Realisierung von Verlusten — auch bei Bundesanleihen — führen. Denn denkbar ist, dass im späteren Verlauf von 2009 Konjunkturprogramme und Realeinkommenszuwächse aus sinkenden Inflationsraten positiv wirken und damit Rentenkurse rasch fallen. Dies sollte für die mittelfristige Etatplanung besonders berücksichtigt werden, da gleichzeitig auch weitere Belastungen für die Haushaltsrechnung zu erwarten sind:

  • Geht es den Unternehmen schlecht, bedeutet dies im Normalfall Hochkonjunktur bei der Nachfrage nach Verbandsdienstleistungen. Die hieraus resultierenden zusätzlichen Personalkosten in Form von Überstunden, Urlaubsverschiebungen und notwendigen Neueinstellungen werden 2010 in vollem Umfang zum Tragen kommen.
  • Die Beitragseinnahmen werden in vielen Verbänden auf Basis von Kennziffern des Vorjahres erhoben. Das laufende Jahr bringt folglich noch sehr gute Erträge — erst 2010 werden die Beitragszahlungen den Konjunktureinbruch widerspiegeln.
  • Auch die Kapitalerträge der Verbände werden 2010 rückläufig sein. Hohe Termingeldzinsen werden mit Auslaufen der Bankenkrise der Vergangenheit angehören. Die Zinssätze für die wichtigste Investitionsklasse, die Staatsanleihen, sind auf sehr niedrigem Niveau. Jedes fällige Papier muss zu einem deutlich niedrigeren Zinssatz wieder angelegt werden.

Von daher scheint es dringend angebracht, die relevanten Einnahmen- und Ausgabengrößen für 2010 — deutlich früher als sonst in der Planung üblich — abzugreifen. Die Wahrscheinlichkeit, auf Reserven zurückgreifen zu müssen, oder die Notwendigkeit, auf anderen Wegen rechtzeitig für zusätzliche Erträge zu sorgen, dürfte relativ hoch liegen.

Maßnahmen zur Liquiditätsplanung

Um vorbereitet zu sein, müsste die mittelfristige Finanzplanung des Verbandes einem „Stresstest“ mit Blick auf möglicherweise notwendige zusätzliche Liquiditätsbeschaffung unterzogen werden. Dies bedeutet insbesondere für die wichtigen Einzelpositionen bei Erlösen und Ausgaben ein „Worst-case-Szenario“ zu entwerfen.

Auf dieser Basis wäre im Zweifelsfall eine fristenkongruente Planung zu entwickeln, die sicher stellt, dass man nicht „zur Unzeit“ Liquidität beschaffen muss. Spekulative Investments verbieten sich damit von selbst. Soweit freie oder frei werdende Mittel zur Verfügung stehen, können sie entweder weiterhin auf dem Termingeldmarkt „geparkt“ oder in Rentenpapiere mit entsprechenden Restlaufzeiten investiert werden. Um etwas bessere Renditen zu sichern, kämen bei höherer Risikotragfähigkeit hierfür auch Anleihen von Unternehmen mit erstklassigem Rating infrage. Vergleichbares gilt für derzeit schlechter bewertete Staatsanleihen aus EURO-Ländern.

Sollte absehbar sein, dass Anlagen aus dem Bereich des längerfristig angelegten Vermögens realisiert werden müssen, stellt sich die Situation bedeutend schwieriger dar. Schließlich wäre dann auch noch zu entscheiden, welche Anlagen für die mittelfristige Kapitalanlage im Depot verbleiben sollten. Bei dem sicherlich wichtigsten Block der festverzinslichen Rentenpapiere dürfte sich ein differenziertes Vorgehen anbieten. Länger laufende Unternehmensanleihen haben krisenbedingt hohe Kurse, die sich für Gewinnmitnahmen eignen. Auch strukturierte Wertpapiere, die insbesondere auch auf Kommunalanleihen basieren, haben sich aufgrund der Staatseingriffe wieder beachtlich erholt.

Bei Bundesanleihen und vergleichbaren Titeln scheint zu warten angebracht. Derzeit befinden wir uns in einem Deflationsszenario, das die Europäische Zentralbank eher zu weiteren Zinssenkungen veranlassen wird — mit zugehörigen günstigen Kursverläufen bei Staatsrenten. Allerdings könnte hier das oben beschriebene „Timingproblem“ des rechtzeitigen Handelns entstehen. Eine konjunkturelle Wende dürfte auch wegen des hohen Finanzbedarfs des Staates und der hohen Staatsverschuldung zu überraschenden Kursverlusten führen. Stehen zudem noch andere Anlageklassen für die mittelfristig orientierte Vermögensanlage des Verbandes zur Disposition, bedarf es der engen Abstimmung mit dem sachkundigen Anlageberater.

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Autor/in

Franz März

war vor Beginn seiner Tätigkeit als Berater für Verbände siebzehn Jahre in leitender Position für Unternehmensverbände tätig. Er verfügt über umfangreiche Erfahrung bei der strategischen Ausrichtung von Verbänden sowie der institutionellen Vermögensverwaltung.

http://www.franz-maerz-consulting.de

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