Verbändereport AUSGABE 5 / 2013

Die E-Bilanz – Ein neues Thema für Verbände

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Für gewerbliche Unternehmen ist sie schon jetzt Pflicht, und für Verbände wird sie auch bald verbindlich: die elektronische Bilanz, kurz „E-Bilanz“. Dahinter steht die Absicht der Finanzverwaltung, den Steuerbürger konsequenter auf steuerliche Fehler abzutasten, als dies bisher möglich war. Soweit der Gesetzgeber mit dem Argument des „papierlosen Büros“ winkt, ist dies lediglich ein Vorwand.

Was steckt hinter der E-Bilanz? Bereits seit 2011 gilt die neu eingefügte Regelung im Einkommensteuergesetz über die E-Bilanz: Nach § 5 b Abs. 1 EStG sind bilanzierende Steuerpflichtige verpflichtet, den Inhalt der Bilanz sowie der Gewinn- und-Verlust-Rechnung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung an das Finanzamt zu übermitteln.

Damit wird die Datenfernübertragung – wie z. B. bereits seit längerem bei den Umsatzsteuervoranmeldungen – als Abgabeform zwingend vorgeschrieben. Auf Papier eingereichte Bilanzen behandelt das Finanzamt als nicht abgegeben. Die elektronische Abgabe kann das Finanzamt notfalls mit Zwangsmitteln durchsetzen. Wahrscheinlicher ist allerdings, dass das Finanzamt die Papier-Bilanz als Schätzungsgrundlage nimmt und noch einen Sicherheitszuschlag hinzuschätzt. Nur in seltenen Ausnahmefällen (bei wirtschaftlicher oder persönlicher Unzumutbarkeit) kann das Finanzamt einen „Steuerpflichtigen“ aus Billigkeitsgründen von der Pflicht zur elektronischen Abgabe befreien. Für die Verbände dürften diese Ausnahmen aber keine praktische Bedeutung haben.

Taxonomie und Kontenmapping

Von größerem Gewicht als die elektronische Erklärungsabgabe ist allerdings, dass durch die Neuregelung ein verbindliches Kontenschema vorgeschrieben wird, das eigens für die Ermittlung des steuerlichen Gewinns ausgearbeitet wurde. Dieses Kontenschema – „Taxonomie“ genannt – unterscheidet sich in Einzelheiten erheblich von den bisher üblichen Kontenrahmen und richtet sich auch nicht nach dem handelsrechtlichen Gliederungsschema. Zur Umstellung des bisherigen Kontenrahmens auf die neue Taxonomie ist daher grundsätzlich ein sog. Kontenmapping erforderlich, d. h. eine Umgliederung in das neue System.

  Festzuhalten ist: Die E-Bilanz hat ausschließlich den Zweck, den steuerlichen Gewinn des „Steuerpflichtigen“ zu ermitteln, und zwar nach den formalistischen Vorgaben der neuen Gesetzesregelung. Das gilt auch für die Verbände. Die E-Bilanz ist keine vereinsrechtliche oder handelsrechtliche Notwendigkeit, sondern stützt sich ausschließlich auf fiskalische Erfordernisse.

Auf die Rechtsform kommt es nicht an

Die Neuregelung gilt grundsätzlich für jeden, der seinen einkommen- oder körperschaftsteuerlichen Gewinn ermitteln muss und als Gewinnermittlungsmethode eine Bilanzierung benutzt. Auf die Rechtsform kommt es nicht an. Daher gelten die Regeln insbesondere auch für Verbände, soweit sie einen steuerlichen Gewinn zu ermitteln haben, also für

  • Berufsverbände des privaten Rechts, soweit sie einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten. Den ideellen Bereich und die Vermögensverwaltung betrifft die E-Bilanz nicht.
  • Gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Verbände, soweit sie einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten. Den ideellen Bereich, den Zweckbetrieb und die Vermögensverwaltung betrifft die E-Bilanz nicht.
  • Berufsverbände des öffentlichen Rechts (z. B. Berufskammern oder Innungen), soweit sie Betriebe gewerblicher Art unterhalten. Den Hoheitsbereich und die Vermögensverwaltung betrifft die E-Bilanz nicht.

Die Übergangsregelung für Verbände bis 2015 schafft Handlungsspielraum

Im Gegensatz zu gewerblichen Unternehmen brauchen die genannten drei Verbände-Arten nach einer Billigkeitsregelung des Bundesfinanzministeriums (BMF-Schreiben vom 28.9.2011, BStBl. I 2011, S. 855) die Regeln über die E-Bilanz ausnahmsweise erst ab dem Wirtschaftsjahr 2015 zu beachten. Das bedeutet, dass die betroffenen, zur Ermittlung des steuerlichen Gewinns verpflichteten Verbände erstmals im Jahr 2016 eine Bilanz in elektronischer Form für das Jahr 2015 beim Finanzamt einreichen müssen. Dennoch gibt es bereits jetzt Handlungsbedarf in zweierlei Hinsicht:

Verbände, die bisher ihren Gewinn freiwillig, d. h. ohne gesetzlich dazu verpflichtet gewesen zu sein, durch Bilanzierung ermittelt haben, sollten prüfen, ob sie nicht noch vor Beginn des Jahres 2015 die Gewinnermittlung zulässigerweise auf eine einfache Einnahmen-Überschuss-Rechnung umstellen. Wenn dies im Einzelfall möglich ist, entfällt für sie die gesamte E-Bilanz-Problematik, denn die E-Bilanz gilt ja nur für bilanzierende Verbände. Sofern lediglich die Verbandssatzung – ohne entsprechende gesetzliche Verpflichtung – eine Bilanzierung vorsieht, ist ggf. eine vorherige Satzungsänderung erforderlich. Dabei ist zu unterscheiden, ob die Satzung eine Bilanzierung für den gesamten Verbandshaushalt vorsieht oder ggf. nur für den ertragsteuerpflichtigen wirtschaftlichen Bereich.

Wird der Gewinn aufgrund gesetzlicher Verpflichtung bilanziell ermittelt, darf der Verband mit der Umstellung des Kontenrahmens (auf die sog. Taxonomie) nicht erst bis zum Jahr 2015 warten. Vielmehr sollte er frühzeitig Kontakt mit seinem Steuerberater aufnehmen, um den Umfang der notwendigen Änderungen (insbesondere das Kontenmapping) zu klären und alle Vorbereitungen zu treffen, um ab dem 1. Januar 2015 gemäß den Anforderungen der  E-Bilanz buchen zu können. Erste Erfahrungen zeigen, dass sich bei Verbänden der Umfang der notwendigen Anpassungen häufig in einem engen Rahmen bewegt.

Wichtige Zweifelsfrage einstweilen ungelöst

Es gibt Fälle, in denen sich eine gesetzliche Bilanzierungspflicht nicht aus den Steuergesetzen ergibt, sondern aus außersteuerlichen Vorschriften. Nach § 140 der Abgabenordnung hat derjenige, der nach anderen Gesetzen als den Steuergesetzen Bücher und Aufzeichnungen zu führen hat, die für die Besteuerung von Bedeutung sind, solche Verpflichtungen auch für die Besteuerung zu erfüllen. Solche außersteuerlichen Bilanzierungspflichten finden sich z. B. in bestimmten Bereichen der Gemeinnützigkeit (Krankenhaus- oder Pflegebuchführungsverordnung) oder im öffentlichen Haushaltsrecht.

In solchen Fällen kann fraglich sein, ob die Verpflichtung zur Aufstellung einer Gesamtbilanz für den gesamten Verband automatisch auch bedeutet, dass dieser Verband den Gewinn seines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs oder Betriebs gewerblicher Art zwingend durch Bilanzierung ermittelt, sodass künftig insoweit die Regelung über die E-Bilanz anzuwenden ist. Tatsächlich wird diese Auffassung von einigen Autoren vertreten. Hierbei wird allerdings übersehen, dass diese Gesamtbilanz insofern für die Besteuerung nicht von Bedeutung ist, als sie hinsichtlich der Einnahmen, Ausgaben und genutzten Wirtschaftsgüter keine Abgrenzung zwischen dem wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Bereich vornimmt und daher für die steuerliche Gewinnermittlung weder bestimmt noch geeignet ist.

Richtigerweise präjudiziert eine solche Gesamtbilanz nicht die Art der Gewinnermittlung im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb bzw. Betrieb gewerblicher Art. Für diese Bereiche ist grundsätzlich eine Einnahmen-Ãœberschuss-Rechnung möglich, solange die Größenmerkmale des § 141 der Abgabenordnung (Jahresumsatz über 500.000 Euro oder Jahresgewinn über 50.000 Euro) nicht überschritten sind und das Finanzamt den Verband nicht zum Ãœbergang auf eine Bilanzierung aufgefordert hat. Bei vielen Berufsverbänden werden die genannten Größenmerkmale nicht überschritten. Für sie sollte eine Gewinnermittlung durch Einnahme-Ãœberschuss-Rechnung – und damit das Entfallen einer E-Bilanz – in jedem Fall möglich sein, auch wenn der Verband für seinen Gesamthaushalt eine Bilanz aufstellt. Eine Klarstellung durch die Finanzverwaltung wäre allerdings sehr zu begrüßen.      

Auszug aus dem BMF-Schreiben vom 28.9.2011, BStBl. I 2011, S. 855

IV. Taxonomie (Datenschema für Jahresabschlussdaten)

1. Taxonomie

Eine Taxonomie ist ein Datenschema für Jahresabschlussdaten. Durch die Taxonomie werden die verschiedenartigen Positionen definiert, aus denen z. B. eine Bilanz oder eine Gewinn- und-Verlust-Rechnung bestehen kann (also etwa die Firma des Kaufmanns oder die einzelnen Positionen von Bilanz und Gewinn-und-Verlust-Rechnung) und entsprechend ihrer Beziehungen zueinander geordnet.

2. Taxonomiearten

Das Datenschema der Taxonomien wird hiermit als amtlich vorgeschriebener Datensatz nach § 5b EStG veröffentlicht. Die Taxonomien stehen unter www.eSteuer.de zur Ansicht und zum Abruf bereit. Die elektronische Übermittlung der Inhalte der Bilanz und der Gewinn-und-Verlust-Rechnung erfolgt grundsätzlich nach der Kerntaxonomie. Sie beinhaltet die Positionen für alle Rechtsformen, wobei im jeweiligen Einzelfall nur die Positionen zu befüllen sind, zu denen auch tatsächlich Geschäftsvorfälle vorliegen. Für bestimmte Wirtschaftszweige wurden Branchentaxonomien erstellt, die in diesen Fällen für die Übermittlung der Datensätze zu verwenden sind. Dies sind Spezialtaxonomien (Banken und Versicherungen) oder Ergänzungstaxonomien (Wohnungswirtschaft, Verkehrsunternehmen, Land- und Forstwirtschaft, Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, kommunale Eigenbetriebe). Individuelle Erweiterungen der Taxonomien können nicht übermittelt werden.

§ 5 b EStG: Elektronische Übermittlung von Bilanzen sowie Gewinn-und-Verlust-Rechnungen

(1) Wird der Gewinn nach § 4 Absatz 1, § 5 oder § 5 a ermittelt, so ist der Inhalt der Bilanz sowie der Gewinn-und-Verlust-Rechnung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln. Enthält die Bilanz Ansätze oder Beträge, die den steuerlichen Vorschriften nicht entsprechen, so sind diese Ansätze oder Beträge durch Zusätze oder Anmerkungen den steuerlichen Vorschriften anzupassen und nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln. Der Steuerpflichtige kann auch eine den steuerlichen Vorschriften entsprechende Bilanz nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung übermitteln. § 150 Absatz 7 der Abgabenordnung gilt entsprechend. Im Fall der Eröffnung des Betriebs sind die Sätze 1 bis 4 für den Inhalt der Eröffnungsbilanz entsprechend anzuwenden.

(2) Auf Antrag kann die Finanzbehörde zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten. § 150 Absatz 8 der Abgabenordnung gilt entsprechend.

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