Verbändereport AUSGABE 7 / 2004

Die 2-Millionen-Adressen-Lösung

Praxisbeispiel: Software für Mitgliederverwaltung und Fundraising

Logo Verbaendereport

„Rettungsdienst“, „Erste-Hilfe-Ausbildung“, „Essen auf Rädern“ und „Behinderten-Fahrdienste“ - in den 50 Jahren ihres Bestehens war die Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH) in Deutschland an bedeutenden Entwicklungen im Dienst am Nächsten maßgeblich beteiligt. Auch außerhalb Deutschlands ist die JUH, ein Fachverband des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), aktiv. 29.500 ehrenamtliche Helfer, hauptamtliche Mitarbeiter und Zivildienstleistende sind täglich im Einsatz. Als fördernde Mitglieder unterstützen mehr als 1,3 Millionen Menschen finanziell und ideell die JUH und ihre Dienste. Über 700.000 Spender ergänzen diese Förderbeiträge durch regelmäßige Geldspenden. Eine gewaltige Datenmenge nicht nur für Andreas Hauptmann, der seit August 2002 für die Spendenverwaltung des Bundesverbandes der Johanniter-Unfall-Hilfe in Berlin verantwortlich zeichnet.

Die Aufgabe

Die Beherrschung dieser Datenmenge ist nicht einfach: 1,3 Millionen Fördermitglieder werden von Beginn an nicht zentral erfasst. Traditionell sind die 16 Landesverbände der JUH oder deren Unterverbände für die Pflege ihrer Mitgliedsdaten zuständig. Teilweise wird diese Aufgabe auch von externen Dienstleistern übernommen, die oftmals zudem den gesamten Briefverkehr mit den Mitgliedern (Rechnungen, Mahnungen), das Erstellen von Mitgliedsausweisen, die Durchführung regionaler Mailingaktionen und den Versand der Druckschriften des Landesverbandes organisieren. Dem Bundesverband fällt dagegen die Aufgabe zu, jährliche, aktions-gebundene und Zweck bezogene Aktionen (zum Beispiel Spenden für Ruanda und Afghanistan) mit Mailings über den Gesamtdatenbestand durchzuführen.

Die Zentrale versendet darüber hinaus zwei vom Bundesverband herausgegebene Zeitungen („Johanniter aktiv“ und „Die Johanniter“) an alle ehren-amtlichen und hauptamtlichen Mitglieder und zieht bei den regionalen Verwaltungsstellen die Mitgliederumlage für den Auslandsrückholdienst ein.

Bis vor einigen Jahren bestand für die Zentrale die Schwierigkeit bei der Nutzung der Mitgliedsdaten nicht nur darin, dass alle Landesverbände bzw. ihre Dienstleister dafür eine eigene Software einsetzten. Auch die unterschiedlichen Abteilungen in Berlin arbeiteten nicht auf derselben Datenbasis. Um alle Informationen immer und überall aktuell zu halten, war eine zeitaufwändige Mehrfachdatenpflege unumgänglich. Andreas Hauptmann: „Wir hatten damals ein selbst programmiert System, mit dem wir langsam an die Grenzen des Machbaren gestoßen sind. Wir suchten nach einem System, das die stetig wachsende Menge an Daten zentral zusammenführen und weiterhin noch sinnvoll verarbeiten konnte.“

Die Lösung

Erst die Einführung der branchenorientierten Standardsoftware VEWA der Grün Software AG aus Aachen schaffte hier Abhilfe. Die unterschiedlich aufgebauten Datensätze aus den Landesverbänden werden heute über automatisierte Abgleichmechanismen regelmäßig in die Datenbank des Bundesverbandes integriert. Es gibt regelmäßig einen so genannten Änderungsdatenbestand. Alle geänderten Daten werden dann nach VEWA exportiert. Dazu wurde zu allen Systemen eine gemeinsame Schnittstelle entwickelt, ohne dabei die Update-Fähigkeit der Software zu gefährden. „Eine extrem heterogene Software-Landschaft, aus der sich der Gesamtmitgliederbestand ergibt“, resümiert Hauptmann. „Und wir haben dazu noch die 700.000 Spender hineingemischt, die uns in den vergangenen Jahren durch Mailingaktionen bekannt geworden sind. Diese Daten obliegen ganz alleine unserer Obhut im Bundesverband. Wir nutzen sie in erster Linie, um unser Fundraising ständig zu verbessern und um eingehende Spenden zu bearbeiten: Von der Selektion bis zur Verbuchung und dem Ausstellen von Zuwendungsbestätigungen.“

Wirksame Filter und Zuordnungen

Die Standardsoftware, die seit 15 Jahren weiterentwickelt wurde, kann gerade hier ihre Stärken ausspielen: „Mit jedem neuen Script in der Software, das wir nutzen, lassen sich Tendenzen herausarbeiten, mit deren Hilfe wir unser Fundraising erheblich verbessern können“, berichtet der Leiter der Spendenverwaltung. So könne man inzwischen sehr genau herausfiltern, welcher Spender zum Beispiel eine Präferenz für Auslands- oder Inlandsthemen habe. Potenzielle Spender mit der Präferenz für Inlandsthemen ordne das System automatisch allen Mailings für Inlandsthemen zu. Früher wurden die Adressaten für diese Mailings eher zufällig 50:50 ausgewählt. Aktive Spender erhalten jedoch pro Jahr immerhin acht Mailings. Daher sollten sie möglichst Post zu Themen erhalten, die für sie auch tatsächlich interessant sind. „Durch die Möglichkeiten der Selektion sind unsere Erfolgsquote und das Spendenaufkommen bereits gestiegen“; beobachtet Hauptmann. „Sprechen wir Spender auf Themen an, die ihre Präferenz besitzen, fallen die Spenden meist wesentlich höher aus, als für ein Thema, das sie weniger interessiert.“ Auf dieselbe Weise will er künftig auch Spender für Soforthilfeprogramme bei Erdbeben, Flut- oder Hungerkatastrophen gezielter ansprechen. Da die Spender gleichzeitig auch Fördermitglieder sein können, verfügt VEWA über intelligente Dubletten-Check-Verfahren, damit diese Personen nicht doppelt in der Datenbank gelistet werden.

Verbessert wurde auch die Zuordnungsquote bei der Erstellung von Zuwendungsbestätigungen: Ein Spender ist softwaretechnisch zunächst einmal ein anonym eingehender Zahlungsfluss, ein „elektronischer Kontoauszug“. Das Datenmaterial von der Bank wird direkt in die Software eingelesen und darin automatisch aufbereitet. Spendeneingänge werden über bestimmte Nummernlogiken vom System automatisch wieder erkannt und sofort der betreffenden Person oder Firma in der Datenbank zugeordnet. „Bei der Zuordnung über multifunktionale Kontonummern mit einer eindeutigen Spender-Kennungs-Nummer liegt die Zuordnungsquote bei 100 Prozent“, so Hauptmann. Von den Gesamtbuchungen bleibt aber immer ein Rest von Daten übrig, der nicht automatisch erkannt wird. Doch auch diese Spender sollen eine Zuwendungsbestätigung erhalten. Deshalb kann die Software in diesen Fällen automatisch Anfragen an die Bank des Spenders generieren. Die Rückmeldung der Bank kann dann wieder automatisch eingepflegt werden.

Hardware

VEWA läuft auf einem ASP-Server, auf den die einzelnen Workstations sowie der Auslandsrückholdienst in Köln (nur lesender Status mit speziell ein-gerichteter Bildschirmmaske) und der Dienstleiter des Bundesverbandes per Citrix-Anbindung zugreifen können. Mit dem Update auf die 32-bit-Version VEWA 5.0 wurde das auf Windows 98 basierende System ausgemustert und ein Windows 2000-Server mit Dual-Prozessor angeschafft. Die eingesetzte Datenbank ist ein von Grün Software selbst entwickeltes relationales Datenbanksystem. „Allerdings sind wir bei der Wahl unserer Datenbank jederzeit flexibel“, weiß sich der Spendenverantwortliche auf der sicheren Seite. „Wir könnten auch Oracle oder MS SQL nutzen. Für jede Datenbank-Grundlage hat Grün eine eigene Metaklasse entwickelt, so dass die darunter liegende Datenbank ausgetauscht werden kann.“

Das Fazit von Andreas Hauptmann: „VEWA bietet eine Menge an Auswertungsmöglichkeiten. Der Wechsel vom damaligen System hat sich aber auch deshalb schon gelohnt, da es sich nun um ein Standard-Programm handelt, mit dem sich nicht mehr nur der EDV-Leiter auskennt, sondern mehrere Leute, und bei dem die Abläufe dokumentiert sind. Dritte können sich schnell in die Software einarbeiten.“

Artikel teilen: