Rien ne va plus – nichts geht mehr. Wer falsch gesetzt hat, hat schon verloren… So ist es beim Roulette. Eher zufällig wirkt auch oft, was man im Radio hört oder im Fernsehen sieht: Wer dort zu Wort und kommt, wie und worüber berichtet wird, erscheint häufig willkürlich. Tatsächlich unterliegen die Medien ganz bestimmten Spielregeln. Wer über die Medien etwas erreichen will, muss diese Regeln beherrschen.
Wer im Management tätig ist, ist eloquent und kann gut reden; zumindest im Alltag. Aber ist das auch unter erschwerten Bedingungen so? Wenn Ihnen zum Beispiel ein Journalist gegenübersitzt, sein Aufnahmegerät startet und bedeutungsvoll lächelnd sagt: „So, jetzt geht’s los…?“ Oder, schlimmer noch, im Fernsehstudio: Fremde Menschen fummeln Ihnen am Kragen, um ein Ansteckmikrofon zu platzieren, und pudern Ihr Gesicht, bis es heißt: „Ton okay, Licht okay. Kamera läuft, und bitte.“
Und dann ist die Zeit knapp. Journalisten machen ihren Interviewpartnern schon vor dem Gespräch klar, das Sie maximal 30 Sekunden reden dürfen: „Wir brauchen nur zwei Sätze von Ihnen.“ Doch wie kann in einer halben Minute alles gesagt werden, was wichtig ist? Da zählt jede Silbe, jeder Atemzug kostet Zeit, und alles wird aufgezeichnet. Wer sich da vorher keine Strategie zurechtgelegt hat, wer vorher nicht richtig „gesetzt“ hat, hat auf jeden Fall verloren.
Radio und Fernsehen bieten Chancen für die Imagepflege
Die Medienlandschaft in Deutschland ist vielfältig. Daher sollte das Augenmerk der Medienarbeit nicht nur auf den Tageszeitungen liegen. Der Hörfunk zum Beispiel zählt nach wie vor zu den am meisten genutzten Medien in Deutschland. Nach aktuellen Zahlen der Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse (AG.MA) hören fast 82 Prozent der Menschen täglich Radio; im Durchschnitt 210 Minuten am Tag.
Das Radio bietet damit gute Chancen, von vielen Menschen gehört zu werden. Allerdings ist auch die Hemmschwelle, ein Hörfunkinterview zu geben, wesentlich höher, als wenn es darum geht, mit einem Zeitungsjournalisten zu reden. Denn elektronische Medien zwingen den Interviewpartnern ihre Produktionsbedingungen auf. Nur wer sie kennt, kann souverän in Radio und Fernsehen auftreten.
Keine Angst vor Produktionszwängen
An erster Stelle steht das Zeitlimit. Ein Beitrag kann im Radio zwischen 20 Sekunden und drei Minuten und im Fernsehen maximal fünf Minuten dauern. Bedenkt man, dass für das Vorlesen einer einzigen DIN-A4-Seite fast drei Minuten Zeit nötig ist, wird klar, dass es in Radio und Fernsehen „eng“ wird, alle Aussagen, die man gerne veröffentlicht hätte, unterzubringen. Radio- und TV-Journalisten sind diesen Zeitdruck gewohnt – Sie aber nicht.
Das zieht für die Interviewsituation drei Probleme nach sich: Das Lampenfieber steigt: Durch Zeitdruck und die ungewohnte technische Umgebung (Studio, Kamera, Mikrofon) erhöht sich das Lampenfieber enorm. Sprache, Mimik und Gestik spielen eine Rolle: Sie werden als ganze Person aufgenommen; es zählt nicht nur, was Sie sagen, sondern auch wie Sie es sagen (und beim Fernsehen zudem, wie Sie dabei aussehen). Kernaussagen sind gefragt: Alle Inhalte müssen auf Kernaussagen komprimiert werden; was dem Journalisten als inhaltsleeres oder abstraktes „Geschwafel“ erscheint, wird (außer beim Live-Interview) anschließend gnadenlos herausgeschnitten. Zentrale Aussagen bildhaft zu formulieren ist deshalb eine wichtige Vorbereitung auf ein Interview.
Regeln erlernen, ohne sich verstellen zu müssen
Die Wirkung der Medien ist unbestritten groß. Nicht umsonst legen Unternehmen Wert darauf, ihre Medienauftritte so gut wie möglich vorzubereiten. Wer eine Botschaft publizieren will, wer bekannt und geschätzt werden will, kann Medien gezielt für sich einsetzen. Medientrainings gehören heute sogar in sozialen Organisationen zur Standardfortbildung für Führungskräfte. Beim Medientraining wird genau beobachtet und analysiert. Themen werden mediengerecht aufbereitet und es werden individuelle Strategien entwickelt, Inhalte für Medien attraktiv zu machen.
Menschen verändern sich allerdings nicht in ein paar Stunden. Und das sollen sie auch nicht – im Gegenteil, jeder Mensch hat seine unverwechselbare Persönlichkeit. Deshalb ist es nicht das Ziel, sich bei Medienauftritten zu verstellen. Im Medientraining werden stattdessen die persönlichen Stärken herausgearbeitet und die wichtigsten Regeln im Umgang mit Radio und Fernsehen erlernt.
Hinzu kommt, im Training eine gewisse Distanz zu sich selbst zu entwickeln und die eigene Wirkung einmal von außen zu betrachten; das führt auch zu einem anderen Blickwinkel auf die eigene Thematik. Nichts geht mehr. Licht aus, Spot an. Jetzt wird’s spannend. Nutzen Sie Ihre Macht. Es kann nur gesendet werden, was gesagt wird. Aber gut gesetzt, ist halb gewonnen.
Medienauftritte perfektionieren – sechs „goldene Regeln“
Was macht einen Medienauftritt perfekt? Mit ein paar Tricks ist man für eine Interview-Anfrage gut gewappnet.
1. Machen Sie einen „Fragen-Check“
Fast jede Frage, die ein Journalist stellen wird, lässt sich im Voraus erahnen. Eine Liste der möglichen Fragen lässt sich zu jedem Thema zusammenstellen. Ist ein aktuelles Thema, etwa ein Vorfall in der Branche oder ein neues Gesetz, Anlass des Interviews, sollte man die Berichterstattung zu diesem Thema aufmerksam verfolgen. Denn das, was dort diskutiert wird, wird mit Sicherheit auch Thema in einem Interview mit Ihnen sein. Lassen Sie sich außerdem von einer außenstehenden, verbandsfremden Person Fragen nennen; Journalisten fragen schließlich stellvertretend für ein Laienpublikum, dessen Interessen oftmals einfacher sind als Fachleute vermuten. Ist diese Fragenliste zusammengestellt, sollten diejenigen Aspekte stichpunktartig notiert werden, die unbedingt vorkommen müssen.
2. Durchschauen Sie journalistische Fragetechniken
Journalisten fragen gerne nach der Trichtermethode: Sie beginnen mit offenen und enden mit geschlossenen Fragen, die nur mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden können. Offene Fragen geben Gelegenheit, die Inhalte zu lenken – Sie haben die Macht, das anzusprechen, was Sie sagen wollen. Oft wird aber gerade bei offenen Fragen einfach drauflosgeredet und damit den Journalisten die Möglichkeit gegeben, bei Aspekten einzuhaken, über die der Interviewpartner gar nicht reden wollte.
3. Bringen Sie die Kernbotschaft anschaulich auf den Punkt
Alles, was in einem Interview gesagt werden soll, muss knapp auf den Punkt gebracht werden. Doch Kürze allein reicht nicht: Eine Kernbotschaft muss durch lebendige Sprachbilder und Beispiele transportiert werden.
4. Punkten Sie durch Charismafaktoren
Studien haben ergeben, dass nur ein Bruchteil von dem, was in Radio und Fernsehen gesagt wird, beim Medienrezipienten hängen bleibt. Umso wichtiger ist es, „Merkfaktoren“ einzubauen. So bleiben Inhalte beispielsweise länger in Erinnerung, wenn Erwartungshaltungen durchbrochen werden („…der Vorsitzende redet ja gar nicht so geschraubt, wie ich erwartet hätte…“). Jeder Mensch hat ganz persönliche positive Eigenheiten, die ihn zu einer unverwechselbaren Persönlichkeit machen. Damit kann man nicht nur das Publikum gewinnen, sondern auch die Journalisten, die lieber Interviewpartner mit ausgeprägten Charakterzügen vor ihr Mikrofon bekommen wollen als „graue Mäuse“.
5. Mit Personality-PR Inhalte vermitteln
Bei Hörfunk und Fernsehen werden Inhalte über Personen „transportiert“. Interviewpartner sollen Sachverhalte „personalisieren“, sie liefern nicht nur Expertenmeinungen zum Thema, sondern auch Authentizität. Deshalb werden meist solche Fachleute als Interviewpartner angefragt, die schnell reagieren, ihr Thema professionell präsentieren und sich mit dem Medienbetrieb auskennen. Unter Journalisten spricht sich schnell herum, welcher Experte das kann; wer also vor Kamera und Mikrofon einen guten Auftritt hinlegt, kann damit rechnen, noch häufiger angefragt zu werden.
6. Übung macht den Meister
Wer häufig Interviews gibt, merkt, dass es eine Frage der Routine ist, sich zu konzentrieren, mit Lampenfieber und Zeitdruck umzugehen und ein Gefühl dafür zu entwickeln, was in zehn oder 30 Sekunden gesagt werden kann. Mikrofon- und Kameraerfahrung führt zu Souveränität.