Eine Verbandsmarke ist, wie jede Marke, nicht nur ein Logo. Sie ist ein positives Vorstellungsbild, das sich durch die Gesamtheit von Kommunikation, Auftreten und Verhalten des Verbands als Absender langfristig in den Köpfen seiner Zielgruppen manifestiert. Die Marke schafft für die Angebote und die Identität des Verbandes nachhaltig Differenzierbarkeit im Verhältnis zum eigenen Konkurrenzumfeld – als Qualitätsanker und als Übermittlerin von Emotionen, Sinnhaftigkeit und Vertrauenswürdigkeit. Um die Unterscheidbarkeit dauerhaft zu sichern, ist der Schutz der Marke unabdingbar.
Voraussetzungen für eine erfolgreiche Verbandsmarke
Die Verbandsmarke wird in unterschiedlichen internen und externen Beziehungskontexten wahrgenommen. Die Markenentwicklung folgt der Richtung von innen nach außen. Am Anfang steht die grundlegende Analyse des Ist- und die Definition des Sollzustands unter den Mitgliedern und Angehörigen eines Verbands. Die Ergebnisse dieses Prozesses müssen in Relation zu den äußeren Umfeldern gesetzt werden. Hierzu gehören externe Zielgruppen, Kooperationspartner und Multiplikatoren, die zur Vertretung und Realisierung der Mitgliederinteressen angesprochen werden. Intern und extern können zunächst qualitative Methoden wie Interviews eingesetzt werden, um im Entwicklungsprozess einen möglichst großen Raum für inspirative Momente in der Markengestaltung zu öffnen. Eine Markenkonzeption ist dann tragfähig, wenn sie Innen- und Außensicht integriert und diese über einen authentischen, gleichzeitig relevanten Markenkern widerspiegelt. Mit Bausteinen wie einer Markenpositionierung und Markenwerten, die intern gelebt werden können und extern tatsächlich ankommen, ergibt sich für die Verbandsmarke ein solides Fundament, auf dessen Basis das Markenprofil langfristig weiterentwickelt werden kann. Als Resultat entstehen nachhaltige Wertschöpfungsmöglichkeiten, die den Schutz und die Bewahrung von Verbandsmarken mit den dahinterstehenden Identitäten und Angeboten umso wichtiger erscheinen lassen.
Verbandsmarken und Wandel
Bei der Konzeption einer passenden Markenstrategie, die interne wie externe Sichtweisen auf den Verband widerspiegelt und im Kern langfristig relevant bleibt, zeigen sich Herausforderungen, die viel mit unserer heutigen Lebenswirklichkeit zu tun haben.
Die stetige Beschleunigung unseres Alltags und äußere Flexibilitätsansprüche haben zur Folge, dass wir uns von der Wahrnehmung unserer eigenen, aber auch fremder Bedürfnisse entfernen. Empathie und Einfühlungsvermögen sind aber zentrale Bausteine jeder langfristigen Beziehung. Das trifft auch auf das Verhältnis zwischen einem Verband und seinen Zielgruppen zu.
Speziell im Bereich digitaler Medien wachsen die Möglichkeiten für Dialog und Austausch, wie sie z. B. in sozialen Netzwerken stattfinden. Für Verbände steigt die ohnehin schon hohe Anzahl an „Beziehungskontexten“, in denen sie agieren müssen. Damit sehen sie sich immer komplexeren Wechselwirkungen innerhalb ihrer Kommunikationsstrategie und Angebotspolitik ausgesetzt.
Für ein ganzheitliches Verbandsmanagement kann die Marke zu einer zentralen Leitlinie werden. Sie fungiert – vorausgesetzt, ihr Kern ist an Mensch und Organisation orientiert – als dynamisches Bindeglied zwischen Zielgruppenbedürfnissen und einer klaren Identität des Verbandes. Entscheidungen in vielfältigen Beziehungs- und Angebotsfeldern können durch sie inspiriert werden. In Bezug auf Relevanz und Authentizität werden unterschiedlichste Maßnahmen qualitativ bewertbar.
Kollektive Nutzungsszenarien für Verbandsmarken von morgen
Neben den beschriebenen „klassischen“ Funktionen der Verbandsmarke in Kommunikation und Management liefert sie weitere Nutzendimensionen, die sich vor allem aus ihrer kollektiven Verwendung ergeben. Durch stringente Markenführung übertragen sich die positiven Werte und Assoziationsfelder der Verbandsmarke auf die Beziehungen nach innen und nach außen. Im komplexen Beziehungsmanagement eines Verbandes entwickelt die Marke gegenüber Mitgliedern und Angehörigen eine zentrale Orientierungsfunktion. Die Spiegelung der individuellen Bedürfnisse und Sichtweisen von inneren Zielgruppen durch die Verbandsmarke erhöht die Identifikation und schafft ein „Wirgefühl“. Verbandsziele decken sich dabei in zunehmendem Maße mit den Mitgliederinteressen.
Die Verbandsmarke als Qualitätssiegel
Die Funktion von Marken als Qualitätssiegel, das Differenzierbarkeit gegenüber Zielgruppen im Verhältnis zu Konkurrenzumfeldern schafft, kann im Verbandskontext noch etwas spezifischer betrachtet werden. Gelingt es einer Verbandsmarke durch Klarheit, Anspruch und Hochwertigkeit, diese Assoziationen in den Köpfen ihrer Zielgruppen zu belegen, entstehen daraus vielfältige Möglichkeiten für kollektive Nutzungsszenarien zwischen Organisation und Mitgliedern. Einerseits suggeriert der Verband als Qualitätssiegel seinen Mitgliedern, einem besonderen Kreis anzugehören, wodurch erneut Attraktivität in der Innenwahrnehmung gestärkt und Mitgliederbindung gestützt wird. Andererseits bieten sich im Außenauftritt der einzelnen Mitglieder neue Möglichkeiten durch die gemeinsame Nutzung der Verbandsmarke. Mit der Kennzeichnung der Beziehung zum Verband, z. B. anhand eines kollektiv verwendeten Logos, kann sich das einzelne Mitglied in der Außenwahrnehmung innerhalb seines individuellen Wettbewerbsumfelds differenzieren und Qualitätsmerkmale der Verbandsmarke mit beanspruchen.
Die Verbandsmarke als Innovationsmotor
Ein Verband lebt von der Partizipation seiner Mitglieder. Sie können vielfältige Innovationsimpulse liefern, ohne dass das klare Profil einer Verbandsmarke dabei verwässern muss. Mitglieder und auch Angehörige bringen im Idealfall ihre individuellen Stärken in die Verbandsgestaltung ein. Die notwendige Motivation kann durch eine reflektierte Markenstrategie entstehen. Diese sollte sowohl visionäre Zukunftsausblicke für den Verband und seine Angebote inspirieren als auch dauerhaft Empathie zu den Verbandsumfeldern widerspiegeln, um nicht den Bezug zu den dahinterstehenden Menschen zu verlieren. Das Resultat ist ein Verständnis der Verbandsmarke als kollektiver Organismus, der durch seine Beziehungen lebt und den Verband als Plattform für neue Ideen öffnet. Die Verbandsmarke wird zum Innovationsmotor, sowohl in der Gemeinschaft des Verbandes als auch im individuellen Kontext der Mitglieder, und bringt die Vielfalt der bestehenden Interessen auf einen gemeinsamen Nenner.
Die Verbandsmarke als Zeichen gemeinschaftlicher Verantwortung
Soziale Verantwortung, Kulturförderung und Nachhaltigkeit nehmen gegenwärtig innerhalb der gesellschaftlichen Wahrnehmung von Unternehmen, Institutionen und Persönlichkeiten einen hohen Stellenwert ein. Hier bietet sich für die Verbandsmarke in kollektiver Nutzung die Möglichkeit, einen Schritt über das gemeinsame Qualitätssiegel hinauszu gehen. Umweltschutz oder soziales und kulturelles Engagement können mit den Assoziationsfeldern der Marke verbunden und über den Verband „gelebt“ werden. Wirkungsgrade, die für das einzelne Mitglied in diesen Bereichen nicht erzielbar sind, werden durch das gemeinsame Handeln auf Verbandsebene möglich. Zudem entsteht über eine Marke, deren Kern von entsprechenden Werten geprägt ist, eine sinnstiftende Innen- und Außenwahrnehmung des Verbandes, die sich auf die individuelle Tätigkeit und die Angebote der Mitglieder übertragen kann.
Trotz des teils hohen Innovationspotenzials muss an dieser Stelle angemerkt werden, dass z. B. CSR (Corporate Social Responsibility) und CCR (Corporate Cultural Responsibility) als Teile von gegenwärtigen Strategien der Markenkommunikation in ihrer relativ jungen Geschichte nicht nur positive Effekte erzielt haben. Der Verdacht des „Greenwashings“ ist ein stets wiederkehrender Bestandteil des öffentlichen Diskurses. Um diesem Misstrauen entgegenzuwirken, scheinen einige Leitgedanken sinnvoll, die bei der Konzeption von CSR- und CCR-Programmen gleichermaßen beachtet werden sollten. So müssen die zugehörigen Maßnahmen mit den allgemeinen Angeboten und Themen des Unternehmens, der Institution oder des Verbandes inhaltlich verknüpft sein und intern authentisch gelebt werden können. Umweltschutz als Verbandsthema scheitert beispielsweise, wenn einzelne Mitglieder in ihrem Handeln starke Widersprüche zu dieser Maxime erzeugen. Außerdem sollte auch hier eine direkte Auseinandersetzung mit den Menschen, die potentielle Adressaten dieser Maßnahmen sind, durch Empathie und Achtsamkeit gegenüber deren Bedürfnissen gesucht werden. Nur so können nachhaltige Beziehungen entstehen.
Der Schutz der Verbandsmarke
Die aus einer gemeinsam gelebten, innovationsorientierten Verbandsmarke entstehenden ideellen, ökonomischen und sozialen Werte verdienen Schutz, der in Zeiten des Wandels aber immer anspruchsvoller wird. Um Verbandsmarken nachhaltig zu sichern, richtet sich der Blick wiederum nach innen und nach außen.
Markensatzung als „Magna Charta“ der Verbandsmarke
Herkömmliche Unternehmenskennzeichen funktionieren üblicherweise klassisch „top-down“ – Markenidentität und Markenkommunikation werden zentral verbindlich festgelegt und deren Befolgung mehr oder weniger angeordnet. Mit der Wesensart der Verbandsmarke als kollektivem Organismus ist eine solche Markenstrategie nicht vereinbar. Das Ziel einer hohen gemeinsamen Identifikation und die typische demokratisch organisierte Verbandsstruktur mit starken Verbandsmitgliedern als kollektivem Gegengewicht zur zentralen Steuerung der Verbandsgeschicke durch den geschäftsführenden Vorstand erlauben nur in seltenen Fällen die Verordnung der Marke „von oben“. Typisch ist vielmehr die Einbeziehung der Verbandsmitglieder in die Entwicklung und Ausrichtung der Markenstrategie eines Verbandes. So innovationsfördernd und letztlich fruchtbar dieser Prozess für die Markenentwicklung sein kann und häufig ist – er birgt die Gefahr der sukzessiven Verwässerung, wenn jedes Verbandsmitglied die gemeinsame Verbandsstrategie nach seinem eigenen Verständnis auslegt und auslebt.
Von entscheidender Bedeutung für den nachhaltigen Schutz der Verbandsmarke ist deshalb die Festlegung einer einheitlichen, gemeinsam erarbeiteten und beschlossenen Markensatzung. Diese „Magna Charta“ der Verbandsmarke ist das Herzstück einer erfolgreichen Markenstrategie – gewährleistet sie doch, dass die Verbandsmitglieder stets einen verbindlichen Leitfaden für die Nutzung der Kollektivmarke zur Hand haben.
Markenrechtlich ist die Verbandsmarkensatzung zugleich konstitutiver Bestandteil für die Eintragung einer Verbandsmarke im Markenregister – gleichgültig ob der Schutz als einheitliche europäische Marke beim Harmonisierungsamt für den Markenschutz in Alicante oder als deutsche Marke beim Deutschen Marken- und Patentamt in München beansprucht wird.
Eintragung der Verbandsmarke als Schutz vor Trittbrettfahrern
Ohne Eintragung der Marke im Markenregister aber wird die Verbandsmarke keinen nachhaltigen Schutz nach außen erlangen. Je erfolgreicher die Kommunikation einer Marke funktioniert, desto größer ist die Gefahr von Trittbrettfahrern. Wird hier nicht von Anfang an konsequent und nachhaltig gegengehalten, droht auf Dauer wiederum eine Verwässerung und Entwertung der Verbandsmarke – diesmal von außen, weil sie gegenüber dem Mitbewerber-umfeld an Unterscheidungskraft verliert.
Neben der Verabschiedung einer stringenten und vor allem praxisorientierten Markensatzung ist der wesentliche Bestandteil eines wirksamen Markenschutzes für die Verbandsmarke das zum Schutz eingereichte Waren- und Dienstleistungsverzeichnis. Dieses muss auf die derzeit und zukünftig vom Verband und seinen Mitgliedern angebotenen Produkte und Dienstleistungen abgestimmt sein. Eine Marke kann Schutz nur für solche Waren und Dienstleistungen beanspruchen, für die sie eingetragen wurde.
Hört sich diese Hürde zunächst trivial an, steckt gerade hier der Teufel häufig im Detail. Einerseits ist es aufgrund der teils sehr abstrakten Gestaltung der internationalen Klassifizierung der Waren und Dienstleistungen nicht immer klar, für welche Klasse Schutz beansprucht werden sollte. Edelstahl sollte besser nicht in der Klasse der „Edelmetalle“ geschützt werden, auch wenn dies auf den ersten Blick nahezuliegen scheint.
Andererseits muss die Gestaltung des Verzeichnisses dem Umstand Rechnung tragen, dass eine Verbandsmarke ein Spiegel der Veränderung ist – sie atmet und entwickelt sich weiter. Neue Geschäftsfelder des Verbandes sollten beim Schutz mitbedacht und mitgeschützt werden – allerdings nicht schrankenlos. Für die durch die Eintragung einer Marke beanspruchten Produkte und Dienstleistungen besteht Benutzungszwang – wird die Marke nicht innerhalb von fünf Jahren nach ihrer Anmeldung für die Kennzeichnung der geschützten Produkte und Leistungen genutzt, so kann sie auf Antrag von jedermann aus dem Register wieder gelöscht werden.
Damit verläuft die Grenze auf einem schmalen Grat – Kein Wildwuchs in der Markenlandschaft
Der Baum der Verbandsmarke kann nur dann erstarken und Früchte tragen, wenn verhindert wird, dass auf demselben Feld unzählige wilde Triebe Wasser ziehen.
Eigenanmeldungen von Marken durch Verbandsmitglieder auf der Grundlage der für den Verband eingetragenen Kollektivmarken oder von Bestandteilen dieser Kollektivmarken sollten daher nicht zulässig sein. Werden solche Bestandteile in Kombination mit anderen Gestaltungselementen, Firmennamen oder Produktnamen als eigene Marke der Verbandsmitglieder angemeldet, so wird dies die Wirkungskraft der Verbandsmarken schwächen, und der Verband muss im Interesse aller Nutzungsberechtigten dagegen vorgehen, um den Schutz der Kollektivmarken nicht zu verlieren.
Zugleich muss der Verband durch eine lückenlose Überwachung des Markenumfeldes dafür Sorge tragen, dass keine Zeichen Dritter angemeldet werden, die der Verbandsmarke zu sehr ähneln.
Die Verbandsmarke als Spiegel von Veränderung
Die Verbandsmarke kann auf diesem Weg auch morgen noch ein wesentlicher Baustein für die Kommunikation von Verbänden sein. Sie dient im Rahmen einer innovationsfördernden Markenführung dem ständigen Dialog und Austausch mit den Umfeldern des Verbands. Neue Bedürfnisse und Ideen im Mitglieder- und Angehörigenkreis werden aufgespürt und als Teil der Marke in die Realität übersetzt. Trends und Bewegungen im äußeren Umfeld können seismografisch wahrgenommen und mit dem eigenen Markenprofil abgeglichen werden. Die Marke behält dauerhaft ein dynamisches Moment, das neben der Bewahrung einer klaren Verbandsidentität die Spiegelung von Welt und Umfeld im Wandel möglich macht.