Verbändereport AUSGABE 7 / 2011

Das können Verbände von Apple und dem iPhone lernen

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In Zeiten der Finanzkrise erreichen uns täglich neue Hiobsbotschaften über Gewinnwarnungen und drohende Insolvenzen von in Turbulenzen geratenen Unternehmen, ja sogar ganzen Staaten. Der kalifornische Computerhersteller Apple scheint davon jedoch nichts zu spüren: Erst Ende Juli verkündete Apple das beste Nicht-Weihnachtsquartal in der Firmengeschichte, in dem Apple einen beachtlichen Gewinn von 7,3 Milliarden US-Dollar Gewinn erzielte, was einem Plus von beinahe 125 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal entspricht. In Anbetracht der erstaunlichen Geschäftszahlen zu Zeiten, in denen Wettbewerber mit sinkenden Gewinnmargen oder gar Verlusten konfrontiert sind, stellt sich die Frage nach den Ursachen für den Erfolg von Apple.

Die Antwort verbirgt sich hinter der Zauberformel „Kundenbindung“. Kundenbindung zeigt sich daran, ob Kunden nach dem Erstkauf weitere, idealerweise sogar teurere Produkte beim gleichen Anbieter beziehen. Die Stärke der Kundenbindung drückt sich zudem in weiteren Faktoren aus wie zum Beispiel in Form von Weiterempfehlungen oder der Bereitschaft, höhere Preise bei einem Anbieter im Vergleich zu den Wettbewerbern zu akzeptieren. Die positiven Wirkungen der Kundenbindung auf den Unternehmenserfolg sind unbestritten.

Kundenbindung ist in der Regel vielfach günstiger als die Kundengewinnung in Form teurer Prämien oder der Gewährung von Rabatten. Dementsprechend sind die Kundenbindungsbemühungen vieler Unternehmen zu bewerten. Offensichtlich gelingt es Apple im Vergleich zu anderen Unternehmen jedoch besonders gut, eine treue Kundschaft hinter sich zu vereinen und ohne kostspielige Maßnahmen an sich zu binden.

Im Mittelpunkt der Erfolgsstory steht das Apple iPhone, jenes Multifunktionsgerät, das neben einem Handy viele weitere Funktionen wie Internet, E-Mail, Navigation oder Musik-Player in sich vereint und für das Mobilfunkbetreiber bei Apple Schlange stehen, um exklusive Vertriebsvereinbarungen abzuschließen. Mit dem iPhone ist es Apple gelungen, mehrere Formen der Kundenbindung gleichzeitig zu erzielen: Zunächst sind die Kunden häufig gezwungen, langfristige Mobilfunkabonnements abzuschließen, um das iPhone überhaupt zu einem erschwinglichen Preis erwerben zu können. Aufgrund dieser vertraglichen Bindung an einen Mobilfunkbetreiber ist es sehr wahrscheinlich, dass ein Kunde während dieser Zeit auch kostenpflichtige Zusatzservices von Apple über das iPhone bezieht.

Zudem ist das iPhone untrennbar gekoppelt an iTunes, die Software zur Verwaltung von Musikstücken, mit der es Apple als erstem Anbieter überhaupt gelungen ist, den bis dato illegalen Download von Musik aus dem Internet zu kommerzialisieren. Es entsteht folglich auch eine technisch-funktionale Kundenbindung, durch die jeder iPhone-Kunde zu einem potenziellen Kunden für das kostenpflichtige Musikangebot von Apple wird. Bereits iTunes allein hat durch seine Funktionalität solch eine breite Anhängerschaft gefunden, dass die Kompatibilität zwischen iTunes und einem Mobiltelefon für viele Kunden ein wichtiges Kaufargument für das iPhone ist.

Emotionen entscheiden

Neben den aufgeführten Formen der Kundenbindung ist aber noch eine weitere, besonders zentrale Form der Kundenbindung, die Apple erreicht, zu nennen. Dabei handelt es sich um die emotionale Kundenbindung, die sich an einer hohen emotionalen Verbundenheit der Kunden gegenüber Apple zeigt. Diese Verbundenheit immunisiert Kunden quasi vor Abwerbeversuchen durch Wettbewerber.

Emotionale Kundenbindung erreicht Apple insbesondere durch das Design der Produkte und die ständige Weiter- und Neuentwicklung von Funktionen und Dienstleistungen rund um das iPhone. Sie zeigt sich aber auch an der Existenz einer Fangemeinde rund um das iPhone, die nützliche und unterhaltsame Anwendungen für das iPhone programmiert und über Apple gratis oder gegen einen geringen Preis anderen Nutzern zur Verfügung stellt.

Am Beispiel des iPhones zeigt sich, wie es auch Verbänden gelingen kann, ihre Kunden – in diesem Fall ihre Mitglieder – besonders stark an sich zu binden und damit durch geschicktes Marketing unbeschadet durch Krisenzeiten zu navigieren: Neben einer vertraglichen (z. B. Mitgliedsvertrag), einer ökonomischen (z. B. Vergünstigungen für ADAC-Mitglieder) und einer verbandsspezifisch-fachlichen Bindung (im Falle von z. B. Berufs- oder Sportverbänden) ist eine emotional-psychologische Bindung über z. B. Mitgliederzufriedenheit und Vertrauen zentral für Verbände. Wie bei Sportverbänden und -vereinen muss es Verbänden gelingen, ihre Mitglieder zu „Fans“ ihrer Organisation zu machen.

 

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Autor/in

Marcus Stumpf

ist Professor für Betriebswirtschaft an der FOM Hochschule für Oekonomie & Management sowie Vorstandsmitglied des Deutschen Institutes für Vereine und Verbände e. V. (DIVV). Der Verbandsexperte verantwortete u. a. jahrelang als Geschäftsführer die Markenführung und Vermarktung des zweitgrößten deutschen Sportverbandes. Heute ist er zudem als geschäftsführender Gesellschafter der Verbandsberatung relatio GmbH tätig.

https://www.divv.de

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