Verbändereport AUSGABE 5 / 2005

Braucht Verbandsarbeit einen Markenanspruch?

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Was haben Verbände mit Waschmittel oder Sekt zu tun, was haben sie mit Finanzdienstleistungen, Autos oder Konzernen gemeinsam? Alle Produkte und Anbieter kommen nicht umhin, wahrgenommen zu werden und ihren Zielgruppen zu erklären, worin sie sich von ihren Mitbewerbern unterscheiden. Die selektive Wahrnehmung von „uns Umworbenen“ muss über Aufmerksamkeit, relevante Inhalte und vor allem eine individuelle Eigenständigkeit überwunden werden. Das Streben danach ist nichts anderes als Markenführung. Das Ergebnis kontinuierlicher Markenführung ist der Aufbau eines Markenprofils. Erreicht wird damit das, was Marke ausmacht: das Schaffen einer hohen Loyalität und Aktivierung von Menschen für ein Produkt, eine Dienstleistung, ein Unternehmen oder eben einen Verband.

Natürlich sind auch Verbände Marken, die sich über ihre Vorteile und Ansprüche profilieren. Wenn sie kommunizieren, treffen sie mit aller Wahrscheinlichkeit auf ein höheres Involvement bei ihren Zielpersonen als so manches consumer product. Denn Verbandsmarken stehen für thematische Inhalte, die von besonderem Interesse sind. Die Mitglieder eines Verbandes, das persönliche Umfeld eines Mitglieds, potenzielle Mitglieder, Journalisten, Politiker und Meinungsbildner sind Zielpersonen. Was bei diesen Zielgruppen erreicht werden muss, ist das persönliche Involvement – das Einlassen auf die Thematik und die Ansprüche einer Marke. Doch trotz der Bereitschaft zu höchstem Involvement gehen Verbände und Organisationen mit dem Zeit- und Aufmerksamkeitsbudget ihrer Zielpersonen in der Regel sehr fahrlässig um. Fahrlässig deshalb, weil sie es versäumen, klare Anspruchspositionen zu besetzen. Inhaltlich gibt es in der Regel dieses Defizit nicht. Vielmehr liegt es in der Art und Weise, Anspruchspositionen zu kommunizieren und in komprimiertester Form zu vermitteln. Dabei ist das Besetzen emotionaler und inhaltlicher Positionen genau das Mix, das bei Zielpersonen ein Vorstellungsbild mit Markenkraft entstehen lässt.

Was ist Marke?

Marke ist nichts anderes als das Empfinden und die Vorstellungen, die Menschen über ein Produkt, eine Dienstleistung oder eben eine Organisation beziehungsweise einen Verband haben. Marke entsteht aus einer Vielzahl von Transaktionen und Interaktionen, die beim Rezipienten Vorstellungen konkretisieren und – das ist das Ziel der Marke – Aktionen auslösen. Im Konsumgüterbereich heißt diese Aktion Kauf, im Verbändebereich heißt sie zuerst Involvement, dann Zustimmung und vielleicht sogar Begeisterung. Gedanken und Entscheidungen wie „ich identifiziere mich mit der Sache“, „ich engagiere mich“, „ich mache mit“, „ich trete bei“ sind – analog zur Kaufentscheidung bei einem Konsumgut – der „Sales-Erfolg“ einer Institutions- oder Organisationsmarke.

Der Weg zur Marke: Schaffen eines unverwechselbaren Vorstellungsbildes

Dies klingt einfach und ist aber doch ein sehr komplexes System. Jedes Markenbild ergibt sich aus unzähligen Anstößen und Erfahrungen. Dieses Markenbild kann nur entstehen, wenn sich die Unverwechselbarkeit und die Klarheit der Signale ergänzen. Erst dann vermischt sich Emotionales und Rationales zu einem stimmigen Markenbild.

Dieses unverwechselbare Markenbild zu entwickeln und zu steuern ist das Ziel der Markenführung.

Was ist Markenführung?

Markenführung ist zielgerichtet, mit allen Aktivitäten und Maßnahmen auf eine definierte Vorstellungswelt einzuzahlen. Marke entsteht nicht per Dekret, weil eine Geschäftsführung oder ein Präsidium verkündet: „Wir sind eine Marke“. Marke muss tagtäglich gelebt werden. Der Schlüssel, um zur Marke zu werden, ist, eine eindeutige Strategie erlebbar zu machen. Dies gelingt nicht über die Theorie, sondern nur dann, wenn die Inhalte der Strategie über markenprägende Kreation erlebbar gemacht werden. Denn nur über kreative Umsetzungen kann ein Vorstellungsbild entstehen.

Markenprägende Kreation ist die Herausforderung, Wahrnehmungssignale so zu komprimieren, dass sie den Anspruch und die Welt der Marke erlebbar machen. Ein Signet/Markenzeichen, ein kommunikatives Schlüsselbild, eine markenprägende inhaltliche Aussage, möglicherweise wenige akustische Signale – all dies sind Umsetzungen zum Erleben einer einzigartigen Markenwelt. Sie transportieren definierte Vorstellungen und Ansprüche.

Kreation ist nicht gleich Kreation

Marke braucht zur Profilierung mehr als eine Werbeidee. Ein Markenkreativer versteht es, komplexe Inhalte kreativ so zu verdichten und umzusetzen, dass kreative Schlüsselsignale für eine Markenwelt entstehen. Nur mit dieser Fokussierung ist es möglich, ein trennscharfes Profil für eine Marke erlebbar zu machen. Die notwendige kreative Disziplinierung ist die Herausforderung an Marken-kreative. Sie macht Markenkreation unendlich schwerer als die Entwicklungen von kreativen Werbeideen.

Dem gleichen Anspruch müssen sich im Übrigen auch die Markenstrategen stellen. Im Vorfeld der Entwicklung markenprägender Kommunikation stehen natürlich die Strategiearbeit und die Definition des relevanten und alleinstellenden Anspruchs eines Unternehmens oder einer Organisation.

Ein Verbands-Konzern wird zur Marke – Erfolgsbeispiel Landschaftsverband Rheinland (LVR)

Der Landschaftsverband Rheinland ist ein bedeutender Konzern. Dies war er auch schon, bevor die Landesregierung Nordrhein-Westfalen Ende der 90er-Jahre die Existenzfrage gestellt hat. Warum war dies möglich? Auslöser waren sicherlich nicht nur politische Überlegungen. Es lag auch darin begründet, dass die Inhalte und Ansprüche, für die der Landschaftsverband Rheinland steht, nicht kommuniziert wurden. Es gab keinen definierten Anspruch und keine kommunikative Erlebbarkeit des Konzerns.

Der Landschaftsverband Rheinland hatte sich nicht als Marke positioniert. Deshalb musste der erste Schritt sein, den Anspruch des gesamten Verbandes prägnant zu definieren: die Entwicklung eines Marken-Claims, der das Tun und Handeln des Verbandes bestimmt. Der Landschaftsverband Rheinland steht mit all seinen Leistungen und Geschäftsfeldern für den Markenanspruch „Qualität für Menschen“.

Das hoheitliche Wappen-Logo wird nicht in der Kommunikation eingesetzt. Für den kommunikativen Einsatz wurde ein optisches Markensignal entwickelt.

Das Markensignet wurde mit dem Anspruch entwickelt, das den Marken-Claim in seiner menschlichen Dimension visualisiert. Die visuelle Klammer macht die rheinische Herkunft und die Relevanz für Menschen erlebbar. Ein freundlich lächelndes Gesicht zeigt, dass hier Menschen für Menschen da sind. Die blaue Gesichtskontur steht gleichzeitig für den Rhein, das Grün der Augen für die Städte rechts und links des Rheins und das Rot des Mundes für die Brücken, die dieses Gebiet verbinden.

Zur Verankerung des Leistungsspektrums des LVR in den Köpfen der Menschen werden sämtliche Angebote des LVR mit der Marke in Verbindung gebracht. Der LVR, der Absender der Leistungen, ist mit seinem Anspruch „Qualität für Menschen“ immer erlebbar.

Kommunikation für die Geschäftsbereiche

Die verschiedenen Geschäftsbereiche des Landschaftsverbandes müssen klar erkennbar dem LVR zugehörig sein. Gleichzeitig kommunizieren die Geschäftsbereiche als eigenständig erlebbare Leistungen, die sich im Wettbewerb mit Erfolg durchsetzen müssen. Beispielhaft zeigt sich diese Struktur im Geschäftsfeld Kultur am Rheinischen Industriemuseum (RIM) und im Geschäftsfeld Gesundheit an den Rheinischen Kliniken.

Rheinisches Industriemuseum (RIM)

Das Rheinische Industriemuseum zeigt an Originalplätzen die Geschichte der Industrie im Rheinland auf. Es ist ein Museum an sechs Orten. Dies muss verdeutlicht werden. Die Eigenständigkeit und Unverwechselbarkeit werden durch ein klares Symbol, eine lebendige Sprache und spannende Fotografien erlebbar gemacht.

Die Rheinischen Kliniken des LVR

Um die Welt der Patienten erlebbar zu machen, wurde als eine Ausdrucksform ein markenprägendes Magazin entwickelt. Das Verständnis für die Situation der Patienten steht mit großen Bildern im Mittelpunkt. Die Leistungen der Rheinischen Kliniken werden an Fallbeispielen aufgezeigt und mit nutzbringenden Hinweisen und Informationen versehen. Die Optik weicht ganz bewusst von der reinen Sachdarstellung ab und drückt über die Gestaltung das Begreifen der Patienten als Menschen mit Sorgen, Problemen und Nöten aus.

Kontinuität führt Marken zum Erfolg

Die beste Positionierung und die konzentrierteste markenprägende Kreation können eine Marke alleine nicht zum Erfolg führen. Nur Kontinuität gibt Marken die Chance, unverwechselbare Vorstellungswelten auch durchzusetzen. Kontinuität bedarf es in drei Bereichen:

  • der Strategie
  • der Konzeption
  • dem Budget.

Marken werden nur durch Nachhaltigkeit stark. Ein permanentes Ändern der strategischen Grundlagen kann nicht zu einem klaren Markenbild führen. Verwahren Sie sich also gegen Tendenzen, die insbesondere in Organisationen und Verbänden vorherrschen, in schöner Regelmäßigkeit immer wieder etwas Neues anzubieten. Kampagnen wie „Das Abenteuer Menschlichkeit“ des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) – eine Positionierung, um die konkurrierende Charity-Organisationen das DRK sicherlich beneideten – wurde ohne Not aufgegeben. Mit „Das Abenteuer Menschlichkeit“ war es gelungen, die Kernkompetenz des DRK – Menschlichkeit – mit nur einem zusätzlichen Begriff – „Abenteuer“ – so zu emotionalisieren, dass Engagement und Involvement die Folge waren. Die heutige Kampagne stellt eine Selbstverständlichkeit in den Mittelpunkt, nämlich, dass das Rote Kreuz immer da ist, wenn man es braucht. Welcher Anspruch hat bei diesem Beispiel die größere Kraft zur Markenprofilierung? Die Antwort sei Ihnen überlassen.

Kontinuität ist aber genauso erforderlich in der kreativen Führung einer Marke. Markenprägende Signale zu ändern verhindert Penetration. Nur mit Kontinuität war es beispielsweise einer Marken wie Rotkäppchen Sekt möglich, ein Schlüsselbild (Frau im roten Kleid, Rückendekolleté und Rotkäppchen Sekt-Flasche) einen Anspruch (Phantasie aus tausend Perlen) und ein akustisches Signal durchzusetzen, um die Markenwelt von Rotkäppchen Sekt in komprimiertester Form abzurufen.

Nicht zu unterschätzen ist die Kontinuität in der budgetären Unterstützung einer Marke – bezogen auf die Etatmittel, aber vor allem bezogen auf den kontinuierlichen Einsatz, um Wahrnehmung zu schaffen.

Die Agentur

Das besondere Know-how der Agentur ist es, markenprofilierende Kommunikation strategisch zu definieren und durch markenprägende Kreation erlebbar zu machen. Als Full-Service-Partner inszeniert FGK Markenwelten über alle Wege der Kommunikation. FGK Agentur für Markenführung entwickelte die Positionierung für den Landschaftsverband Rheinland und dessen Geschäftsbereiche. Darüber hinaus hat FGK Agentur für Markenführung Erfahrungen mit Institutionsmarken wie Deutsches Rotes Kreuz, Deutscher Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Deutscher Leichtathletik-Verband, Hoffnungszeichen e.V.; Konzernmarken wie Siemens I&S, ThyssenKrupp, E.ON Ruhrgas, DSK Deutsche Steinkohle, RWE Energy; Dienstleistungsmarken wie TÜV Rheinland / Berlin-Brandenburg, Börse Düsseldorf, Avie Apotheken sowie klassischen Konsumgütermarken wie Rotkäppchen Sekt, Yves Rocher, Perlweiß etc.

Der Landschaftsverband Rheinland (LVR)

Der Landschaftsverband Rheinland (LVR) mit Sitz in Köln wurde 1953 gegründet und zählt rund 150 Standorte und Außenstellen. Dazu gehören, Schulen für behinderte Menschen, psychiatrische Kliniken und Museen. Mit seinen 14.000 Mitarbeitern übernimmt der LVR kommunale Aufgaben für rheinische Städte und Kreise wie soziale Aufgaben, Jugendhilfe oder landschaftliche Kulturpflege.

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Autor/in

Günter Käfer

ist Direktor des Instituts für Marken und Medien IMM in Berlin und Düsseldorf. Seine Kernkompetenz ist es, Marken strategisch zu positionieren und Strategien in markenprägende Kommunikation zu übertragen.

http://imk-berlin.com

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