In den vergangenen Jahren sind nicht nur zahlreiche Informationsfreiheitsgesetze in Kraft getreten, die auch Verbänden Zugang zu Behördeninformationen verschaffen, sondern es sind parallel hierzu auch die Beteiligungsrechte von Verbänden beträchtlich erweitert und durch eigene Verbandsklagebefugnisse abgesichert worden. Der folgende Beitrag setzt die Berichterstattung aus Heft 6/2006 fort.
Europäische Union
Auf europäischer Ebene gibt es zahlreiche Beteiligungsrechte der Verbände, die sich zumeist aus dem sogenannten sekundären EG-Recht ergeben, also aus Verordnungen oder Richtlinien. Stellvertretend für zahlreiche andere Fälle sei hier nur das Anti-Dumpingrecht genannt. Besonders ausgestaltete Beteiligungs- oder sogar Selbstregulierungsrechte haben die europäischen Sozialpartner nach den Sozialvorschriften des EG-Vertrages. Als besondere Form des Subsidiaritätsprinzips kann hier der europäische Gesetzgeber erst tätig werden, wenn die Sozialpartner nicht innerhalb einer gewissen Frist zu einer Vereinbarung gelangt sind. Aber auch ohne formelle Beteiligungsrechte werden Verbände auf der europäischen Ebene von der Kommission in zahlreiche Ausschüsse berufen, um dort ihr Wissen und ihre Interessen einzubringen. Aufgrund dieser Beteiligung können ihnen nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes auch eigene, nicht spezial-rechtlich geregelte Verbandsklagebefugnisse zustehen. Nachstehend werden indes nur die verbandlichen Beteiligungsrechte auf deutscher Ebene vorgestellt:
Nationale Politikfelder
Eine besonders prominente Rolle spielten Verbände seit jeher im Arbeits- und Sozialrecht, wobei ihre Beteiligung auf dem Gebiete des Tarifrechts sogar mit Verfassungsrang in Form der grundgesetzlich gewährleisteten Tarifautonomie ausgestattet ist. Hier reicht das Recht der Verbände sogar so weit, dass sie selbst Parlamentsgesetze durch Tarifvertrag abändern oder partiell außer Kraft setzen können. Beispiele hierfür finden sich in zahlreichen Arbeitsschutzgesetzen wie etwa dem Arbeitszeitgesetz.
In den letzten Jahren sind weitere spezialgesetzlich ausgestaltete Beteiligungsrechte, insbesondere auf dem Gebiete des Natur- und Umweltschutzes, des Verbraucherschutzes, auf dem Felde der Gleichstellung von Behinderten und im Antidiskriminierungsrecht geschaffen worden.
Diese beruhen häufig auf internationalen Vorgaben wie etwa der Aarhus-Konvention, die auf dem Gebiete des Umweltschutzes verbesserte Informationsrechte, Beteiligungsrechte und Klagebefugnisse vorsieht. Die Aarhus-Konvention wurde 1998 von einer Unterorganisation der UNO verabschiedet und ist mittlerweile von rund 60 Ländern und der Europäischen Union ratifiziert worden. Auf dem Gebiete des Verbraucherrechts, des Gleichstellungs- und Gleichbehandlungsrechts beruhen die deutschen Vorschriften im Wesentlichen auf EG-rechtlichen Vorgaben.
Beteiligungsrechte nach dem Bundesnaturschutzgesetz
Nach dem Bundesnaturschutzgesetz und den entsprechenden Ländergesetzen haben „anerkannte Verbände“ bestimmte Beteiligungsrechte, deren Verletzung sie auch vor Gericht in Form von Partizipationserzwingungs-Klagen geltend machen können. Im Naturschutzrecht bestehen diese Beteiligungsrechte aus einem Stellungnahmerecht bei untergesetzlichem Bundesrecht, einem Stellungnahmerecht bei Planverstellungsverfahren und einem Stellungsnahmerecht bei Plangenehmigungen.
Allerdings besitzen sie nicht das Recht, bei nicht durchgeführten Planverstellungsverfahren eine sogenannte Planstellungserzwingungs-Klage zu erheben.
Soweit die Länder Naturschutzgesetze diese Beteiligungsrechte von anerkannten Verbänden nicht explizit vorsehen, wird vielfach angenommen, dass Verbände diese Rechte aufgrund von unmittelbar wirkendem EG-Recht geltend machen können.
Die Anerkennung kann auf Antrag erteilt werden, wenn der Verband ideell und dauerhaft für Belange des Naturschutzes eintritt und er zur sachgerechten Erfüllung seiner Aufgaben in der Lage ist. Die Anerkennung kann nach Bundesrecht oder bei nur länderweiser Betätigung nach Landesrecht erfolgen. Die Anerkennung auf Bundesebene wird durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit erteilt. § 59 BNatSchG hat folgenden Wortlaut:
Anerkennung durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
(1) Die Anerkennung wird auf Antrag erteilt. Sie ist zu erteilen, wenn der Verein
1. nach seiner Satzung ideell und nicht nur vorübergehend vorwiegend die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege fördert,
2. einen Tätigkeitsbereich hat, der über das Gebiet eines Landes hinausgeht,
3. im Zeitpunkt der Anerkennung mindestens drei Jahre besteht und in diesem Zeitraum im Sinne der Nummer 1 tätig gewesen ist,
4. a.) die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung bietet; b.) dabei sind Art und Umfang seiner bisherigen Tätigkeit, der Mitgliederkreis sowie die Leistungsfähigkeit des Vereins zu berücksichtigen,
5. wegen Verfolgung gemeinnütziger Zwecke nach § 5 Abs.1 Nr.9 des Körperschaftsteuergesetzes von der Körperschaftsteuer befreit ist und
6. a.) den Eintritt als Mitglied, das in der Mitgliederversammlung volles Stimmrecht hat, jedermann ermöglicht, der die Ziele des Vereins unterstützt. b.) Bei Vereinen, deren Mitglieder ausschließlich juristische Personen sind, kann von der in Satz 1 genannten Voraussetzung abgesehen werden, sofern die Mehrzahl dieser juristischen Personen diese Voraussetzung erfüllt.
In der Anerkennung ist der satzungsgemäße Aufgabenbereich, für den die Anerkennung gilt, zu bezeichnen.
(2) Die Anerkennung wird durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit ausgesprochen.
Beteiligungsrechte nach dem Behindertengleichstellungs-Gesetz (BGG)
Nach § 5 BGG können anerkannte Verbände die Aufnahme von Verhandlungen über Zielvereinbarungen verlangen. Gegenwärtig sind 23 Verbände nach dem BGG anerkannt. Die Forderung nach Aufnahme von Zielvereinbarungen wird beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung in ein Register eingetragen (Internet: www.bmas.bund.de). Verhandlungspartner können Unternehmensverbände und Unternehmen sein. Die Zielvereinbarungen können Vertragsstrafen vorsehen.
Beispiel für solche Zielvereinbarungen: Ein Verband behinderter Menschen schließt mit einer Kaufhauskette eine Vereinbarung darüber, wie der Zugang zu den Verkaufsräumen künftig barrierefrei gestaltet wird, wie breit die Gänge zu sein haben und wie die Waren in den Regalen angeordnet werden. Auch eine blindengerechte Kennzeichnung der Regale könnte vereinbart werden. Ein anderes Beispiel: Ein Fernsehsender verpflichtet sich gegenüber einem Verband, Nachrichtensendungen mittels Gebärdensprachdolmetscher zu übersetzen.
Nachstehend werden einige Beispiele aus dem Zielvereinbarungs-Register des Bundesarbeitsministeriums aufgeführt:
• Barrierefreie Gestaltung der Betriebsstätte Zell/GLOBUS Handelshof GmbH & Co. KG
• Barrierefreie Gestaltung der Internetangebote der Kreishandwerkerschaft Rureifel
• Barrierefreie Gestaltung von Internetangeboten/Pfizer Deutschland GmbH und Datapharm Netsystem AG
• Programm der Deutschen Bahn AG
• Barrierefreie Gestaltung der Märkte/Hornbach Baumarkt AG
• Standardisierte Erfassung, Bewertung und Darstellung barrierefreier Angebote in Hotellerie und Gastronomie
• Barrierefreie Gestaltung des Baden-Airparks
• Barrierefreie Gestaltung von Haltepunkten und Fahrzeugen Kreisverkehrsgesellschaft Main-Kinzig mbh
Allein das Zielvereinbarungs-Register mit der Deutschen Bahn AG umfasst 95 Seiten.
Beteiligungsrechte nach dem Gleichbehandlungsgesetz
§ 23 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) regelt die Mitwirkungsbefugnisse von Verbänden, die sich die Bekämpfung von Benachteiligungen zur Aufgabe gemacht haben. Sie dürfen als Beistände für Benachteiligte in Gerichtsverfahren ohne Anwaltszwang auftreten und rechtsberatend tätig werden, soweit es ihrem Satzungszweck entspricht.
Antidiskriminierungsverbände sind nach § 23 Personenzusammenschlüsse, die nicht gewerbsmäßig und nicht nur vorübergehend die besonderen Interessen von benachteiligten Personen oder Personengruppen wahrnehmen. Die nach dem AGG vorgesehenen Beteiligungsrechte stehen ihnen zu, wenn sie mindestens 75 Mitglieder haben oder ein Zusammenschluss aus mindestens sieben Verbänden bilden.
Nach § 29 AGG soll die aufgrund dieses Gesetzes gebildete Antidiskriminierungsstelle des Bundes bei ihrer Tätigkeit Nicht-Regierungsorganisationen in geeigneter Form einbeziehen. Hierzu wird nach § 30 AGG auch ein Beirat gebildet, in dem Antidiskriminierungsverbände mitwirken. Zweck des Beirates ist es, einen dauerhaften Dialog zum Abbau von Behinderungen zu führen und die Antidiskriminierungsstellen des Bundes bei der Vorlage von Berichten und Empfehlungen an den Deutschen Bundestag zu beraten.
Klagebefugnisse von Verbänden
Aufgabe der Verbände ist es, gleichgerichtete Interessen zu bündeln. Daher lag es nahe, dass der Gesetzgeber – hierin dem Beispiel anderer Länder folgend – in verstärktem Maße auch Verbandsklagebefugnisse zugelassen hat, also die Bündelung gleichgerichteter Interessen im Prozess.
Rechtspolitisch wird die Ausweitung von Verbandsklagebefugnissen mit der Effektuierung der Rechtsdurchsetzung, dem notwendigen Schutz anerkannte überindividueller Interessen und – vor allem im Verbraucherrecht – mit der erwünschten Regulierung von sogenannten Streuschäden begründet.
Bislang waren schon durch die Prozessordnungen bestimmte Formen von Verbandsklagen möglich. So war bislang schon in allen Prozessordnungen die Streitgenossenschaft möglich, in der sich verschiedene Kläger zur Erhebung einer gemeinsamen Klage zusammentun konnten. Eine besondere positiv-rechtliche Ausgestaltung haben Musterprozesse in § 93 a Verwaltungsgerichtsordnung gefunden. Danach kann das Verwaltungsgericht bei mehr als 20 Verfahren, die die Rechtmäßigkeit einer behördlichen Maßnahme betreffen, eines oder mehrere geeignete Verfahren vorab durchführen (Musterverfahren) und die übrigen Verfahren aussetzen.
Spezialgesetzliche Verbandsklagebefugnisse sind vor allem in den folgenden Gesetzen enthalten:
• Bundes- und Ländernaturschutz-Gesetze
• Unterlassungsklagengesetz
• Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb
• Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
• Gleichstellungsgesetze des Bundes und der Länder
Klagebefugnisse nach dem Bundesnaturschutzgesetz
§ 61 BNatSchG regelt die Verbandsklagebefugnisse wie folgt:
Rechtsbehelfe von Vereinen
(1) Ein nach § 59 oder auf Grund landesrechtlicher Vorschriften im Rahmen des § 60 anerkannter Verein kann, ohne in seinen Rechten verletzt zu sein, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung einlegen gegen
1. Befreiungen von Verboten und Geboten zum Schutz von Naturschutzgebieten, Nationalparken und sonstigen Schutzgebieten im Rahmen des § 33 Abs. 2 sowie
2. Planfeststellungsbeschlüsse über Vorhaben, die mit Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden sind, sowie Plangenehmigungen, soweit eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgesehen ist.
Satz 1 gilt nicht, wenn ein dort genannter Verwaltungsakt auf Grund einer Entscheidung in einem verwaltungsgerichtlichen Streitverfahren erlassen worden ist.
(2) Rechtsbehelfe nach Absatz 1 sind nur zulässig, wenn der Verein
1. geltend macht, dass der Erlass eines in Absatz 1 Satz 1 genannten Verwaltungsaktes Vorschriften dieses Gesetzes, Rechtsvorschriften, die auf Grund oder im Rahmen dieses Gesetzes erlassen worden sind oder fortgelten, oder anderen Rechtsvorschriften, die bei Erlass des Verwaltungsaktes zu beachten und zumindest auch den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu dienen bestimmt sind, widerspricht,
2. in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich, soweit sich die Anerkennung darauf bezieht, berührt wird und
3. zur Mitwirkung nach § 58 Abs.1 Nr.2 und 3 oder nach landesrechtlichen Vorschriften im Rahmen des § 60 Abs.2 Nr.5 bis 6 berechtigt war und er sich hierbei in der Sache geäußert hat oder ihm entgegen § 58 Abs.1 oder im Rahmen des § 60 Abs.2 erlassener landesrechtlicher Regelungen keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist.
(3) Hat der Verein im Verwaltungsverfahren Gelegenheit zur Äußerung gehabt, ist er im Verfahren über den Rechtsbehelf mit allen Einwendungen ausgeschlossen, die er im Verwaltungsverfahren nicht geltend gemacht hat, aber auf Grund der ihm überlassenen oder von ihm eingesehenen Unterlagen zum Gegenstand seiner Äußerung hätte machen können.
(4) Ist der Verwaltungsakt dem Verein nicht bekannt gegeben worden, müssen Widerspruch und Klage binnen eines Jahres erhoben werden, nachdem der Verein von dem Verwaltungsakt Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können. Gleichsinnig regeln die Ländernaturschutzgesetze die Klagebefugnis von Verbänden.
Klagebefugnisse nach dem Unterlassungsklagengesetz
Nach dem Unterlassungsklagengesetz können rechtsfähige Verbände zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, qualifizierte Einrichtungen und Industrie- und Handelskammern sowie Handwerkskammern gegen jeden Verstoß von Verbraucher schützenden Vorschriften Unterlassungsklagen erheben. Soweit es um die Rechtmäßigkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) geht, können sie auch Widerrufsklagen erheben.
Qualifizierte Einrichtungen im Sinne des Unterlassungslagengesetzes sind Verbände, die in ein Register beim Bundesverwaltungsgericht eingetragen worden sind. Eintragungsvoraussetzung ist, dass der Verband seit mindestens einem Jahr besteht, satzungsgemäß Verbraucherinteressen wahrnimmt und über eine ausreichende Infrastruktur sowie mindestens 75 Mitglieder verfügt. Damit ist die Hürde für Verbandsklagen auf diesem Feld ausgesprochen niedrig gelegt worden. Zum Vergleich: In Frankreich müssen solche Verbände mindestens 5.000 Mitglieder nachweisen.
Klagebefugnisse nach dem UWG
Die gleichen Rechte stehen den genannten Verbänden und Kammern auch nach dem Gesetz zum Schutz vor unlauterem Wettbewerb (UWG) zu, soweit es sich um Verstöße gegen die Lauterkeit im Geschäftsverkehr oder um Irreführungstatbestände handelt.
Gewinnabschöpfungsansprüche
Nach dem UWG können unter bestimmten Voraussetzungen diese Verbände auch sogenannte Gewinnabschöpfungsklagen erheben. Damit können sie den unrechtmäßig erzielten Mehrerlös kollektiv abschöpfen. Allerdings müssen sie die zugesprochene Klagesumme an den Fiskus abführen. Allerdings besitzen sie einen Anspruch auf Kostenersatz.
Rechtspolitischer Grund für diese Gewinnabschöpfungsklagen ist vor allem die Regulierung so genannter Streuschäden. Das sind Schäden, die bei dem einzelnen Verbraucher nur eine geringe Summe ausmachen, allerdings durch die Vielzahl gleichartiger Verstöße insgesamt ein erhebliches Volumen aufweisen können. Ein vergleichbarer Gewinnabschöpfungsanspruch können Verbände – allerdings unter Ausschluss der Verbraucherschutzverbände – auch nach dem Kartellgesetz (GWB) geltend machen.
Die Zulassung von Gewinnabschöpfungsklagen durch Verbände öffnet „Prozess-Deals“ Tür und Tor, wie die Erfahrungen in den Vereinigten Staaten zeigen. Sofern der Verband im Laufe des Prozesses erkennt, dass er diesen voraussichtlichen gewinnen wird, kann er sich mit dem Beklagten über eine außergerichtliche Beilegung des Rechtsstreits einigen, und sich diesen Prozessvergleich vergüten lassen. Auf diese Weise entgeht er der Verpflichtung, den eingeklagten Betrag an den Fiskus abführen zu müssen.
Verbandklagebefugnisse nach EG-Recht
Sogenannte Adressatenklagen sind stets zulässig. Um eine Adressatenklage handelt es sich, wenn der Verband selbst Adressat von Maßnahmen der EG-Kommission oder vergleichbarer Einrichtungen ist. Auch Nichtadressatenklagen, die im individuellen Interesse des Verbandes wegen eigener Betroffenheit durch eine Maßnahme liegen, sind grundsätzlich zulässig.
Weiter als nach bisherigem deutschem Recht sind nach EG-Recht auch Nichtadressatenklagen im Kollektivinteresse nach EG-Recht zulässig. Das gilt für sogenannte egoistische Verbandsklagen, mit dem der Verband die wirtschaftlichen Interessen seiner Mitglieder vor Gericht vertreten will. Solche Klagen werden zugelassen, wenn der Verband in Prozessstandschaft im eigenen Namen für seine Mitglieder klagt, die selbst wieder individuell und unmittelbar von EG-rechtlichen Maßnahmen betroffen sind. Diese Verbandsklage wird aus Gründen der Prozessökonomie zugelassen.
Eine weitere Klagebefugnis des Verbandes kann sich ergeben, wenn er an dem vorhergehenden Verfahren, das in einer Klage mündet, in irgendeiner Form beteiligt war. Solche Beteiligungsrechte ergeben sich beispielsweise aus dem bereits oben genannten Anti-Dumpingrecht. Aber auch viele andere Rechtsgebiete sehen Verbandsbeteiligungen vor.
Dagegen lässt der Europäische Gerichtshof bisher so genannte altruistische Verbandsklagen nicht zu. Darunter versteht man Klagen, die ausschließlich im Allgemeininteresse erhoben werden. Solche Allgemeininteressen können beispielsweise umweltpolitische Belange sein.
Sofern der Verband hier nicht zusätzlich die Verletzung eigener Beteiligungsrechte geltend machen kann, werden diese Klagen von dem Europäischen Gerichtshof nicht zugelassen. Allerdings kann unter Umständen in diesen Fällen Rechtsschutz vor den nationalen Gerichten möglich sein. Grundlegend hierfür war die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes in der Sache Greenpeace (Rechtssache 10-32/95). (HM)