Verbändereport AUSGABE 1 / 2001

Berufsverbände im Körperschaftsteuerrecht

Die Körperschaftsteuer-Richtlinien für Berufsverbände

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Steuerfragen der Verbände haben sich zu einem glatten Parkett entwickelt, auf dem schon mancher Verband ausgerutscht ist. Der Verbändereport stellte daher auszugsweise den Wortlaut der einschlägigen Abschnitte aus den Körperschaftsteuer-Richtlinien für Berufsverbände (so der steuerliche Fachausdruck für Wirtschafts- und Arbeitgeberverbände) zusammen. Es handelt sich um die Erläuterungen Nr. 8 zu § 5 KStG. Die Überschriften und Hervorhebungen sind nicht dem amtlichen Text entnommen.

Definition "Berufsverband"

Berufsverbände sind Vereinigungen von natürlichen Personen oder von Unternehmen, die allgemeine, aus der beruflichen oder unternehmerischen Tätigkeit erwachsende ideelle und wirtschaftliche Interessen des Berufsstandes oder Wirtschaftszweiges wahrnehmen. Es müssen die allgemeinen wirtschaftlichen Belange aller Angehörigen eines Berufes, nicht nur die besonderen wirtschaftlichen Belange einzelner Angehöriger eines bestimmten Geschäftszweiges wahrgenommen werden. Vergleiche BFH-Urteile vom 29.11.1967 (BStBl 1968 II S. 236) und vom 19.3.1975 (BStBl II S. 722). Die Zusammenschlüsse derartiger Vereinigungen sind ebenfalls Berufsverbände.

Ein Berufsverband ist auch dann gegeben, wenn er die sich aus der Summe der Einzelinteressen der Mitglieder ergebenden allgemeinen wirtschaftlichen Belange eines Berufsstandes oder Wirtschaftszweiges vertritt und die Ergebnisse der Interessenvertretung dem Berufsstand oder Wirtschaftszweig als solchem unabhängig von der Mitgliedschaft der Angehörigen des Berufsstandes oder Wirtschaftszweiges beim Verband zugute kommen. Ob ein Verband unter die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG fällt, kann nur nach den Verhältnissen des einzelnen Falles entschieden werden. Vergleiche zum Begriff des Berufsverbandes die BFH-Urteile vom 22.7.1952 (BStBl III S. 221), vom 26.4.1954 (BStBl III S. 204), vom 16.11.1954 (BStBl 1955 III S. 12), vom 12.7.1955 (BStBl III S. 271 ), vom 17.5.1966 (BStBl III S. 525), vom 8.6.1966 (BStBl III S. 632), vom 15.7.1966 (BStBl III S. 638), vom 29.11.1967 (BStBl 1968 II S. 236), vom 11.8.1972 (BStBl 1973 II S. 39), vom 18.9.1984 (BStBl 1985 II S. 92), vom 7.6.1988 (BStBl 1989 II S. 97) und vom 2.10.1992 (BStBl 1993 II S. 53).

Ein Verband fällt zum Beispiel dann nicht unter die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG, wenn die Verbandstätigkeit soweit hinter die wirtschaftliche Tätigkeit zurücktritt, dass der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb dem Verband das Gepräge gibt.

Zu den Berufsverbänden ohne öffentlich-rechtlichen Charakter im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG können Berufsverbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, zum Beispiel Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften, und andere Berufsverbände, zum Beispiel Wirtschaftsverbände, Bauernvereine und Hauseigentümervereine, gehören. Ein Lohnsteuerhilfeverein ist kein Berufsverband. Vergleiche BFH-Urteil vom 29.8.1973 (BStBl 1974 II S. 60).

Körperschaftsteuerliche Behandlung von Berufsverbänden

Für die steuerliche Behandlung der Berufsverbände nach § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze vom 28. Januar 1994 (BGBl. I S. 142, BStBl I S. 207) gilt folgendes:

Wirtschaftliche Geschäftsbetriebe

1. Die Steuerbefreiung ist ausgeschlossen, soweit ein Berufsverband einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält.

Parteispenden

2. Die Steuerbefreiung ist insgesamt ausgeschlossen, wenn ein Berufsverband Mittel von mehr als 10 v. H. seiner Einnahmen für die unmittelbare oder mittelbare Unterstützung oder Förderung politischer Parteien verwendet. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob die Mittel aus Beitragseinnahmen oder aus anderen Quellen, zum Beispiel aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben, aus Vermögensanlagen oder aus Zuschüssen, stammen. Zu den Mitteln gehört bei Beteiligung an einer Personengesellschaft der Gewinnanteil an der Personengesellschaft, bei Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft die Gewinnausschüttung. Der Besteuerung unterliegen in diesem Fall die Einkünfte des Berufsverbands i. S. des § 2 EStG und die Verwendung von Mitteln i. S. der Nummer 5.

3. Eine Mittelüberlassung liegt auch bei verdeckten Zuwendungen vor, zum Beispiel bei Zuwendungen ohne ausreichende Gegenleistung. Vergleiche BFH-Urteil vom 4.3.1986 (BStBl II S. 373). Das gilt auch bei einer unentgeltlichen oder verbilligten Raumüberlassung und bei einer zinslosen oder zinsverbilligten Darlehensgewährung. Eine mittelbare Unterstützung oder Förderung politischer Parteien ist anzunehmen, wenn der Berufsverband den Wahlkampf eines Abgeordneten finanziert.

Wird die 10-Vomhundertgrenze nicht überschritten, bleibt die Steuerbefreiung des Berufsverbands hinsichtlich der begünstigten Tätigkeit erhalten. Wegen der Besteuerung der Zuwendungen für die unmittelbare oder mittelbare Unterstützung oder Förderung politischer Parteien vergleiche Nummer 5.

Steuerpflichtige und ganz oder teilweise steuerbefreite Berufsverbände unterliegen im Fall der Verwendung von Mitteln für die unmittelbare oder mittelbare Unterstützung oder Förderung politischer Parteien einer besonderen Körperschaftsteuerpflicht. Die Körperschaftsteuer beträgt 50 v. H. der Zuwendungen.

Definition "wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb"

Der Begriff des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ergibt sich aus § 14 AO. Danach ist Voraussetzung für die Annahme eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, dass durch die Tätigkeit Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden. Das ist nicht der Fall, wenn für die Tätigkeit ausschließlich Mitgliederbeiträge erhoben werden. Zu den Mitgliederbeiträgen gehören auch Umlagen, die von allen Mitgliedern in gleicher Höhe oder nach einem bestimmten Maßstab, der von dem Maßstab der Mitgliederbeiträge abweichen kann, erhoben werden. Solche beitragsähnlichen Umlagen liegen zum Beispiel bei der Gemeinschaftswerbung und bei der Durchführung von Betriebsvergleichen vor. Dagegen ist ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb anzunehmen, wenn mehr als 20 v. H. der Mitglieder des Berufsverbandes oder der Mitglieder eines zu dem Berufsverband gehörenden Berufs- oder Wirtschaftszweiges, der an der Gemeinschaftswerbung oder an der Durchführung von Betriebsvergleichen beteiligt ist, nicht zu der Umlage herangezogen werden.

Unechte Mitgliedsbeiträge

Es kann im Einzelfall notwendig sein, zu prüfen, ob die von dem Berufsverband erhobenen Beiträge in vollem Umfang als Mitgliederbeiträge anzusehen oder ob darin Entgelte für die Gewährung besonderer wirtschaftlicher Vorteile enthalten sind. Die Gewährung derartiger Vorteile gegen Entgelt begründet einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Zu den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben gehören zum Beispiel die Vorführung und der Verleih von Filmen und Tonbändern, die Beratung der Angehörigen des Berufsstandes oder Wirtschaftszweiges einschließlich der Hilfe bei der Buchführung, bei der Ausfüllung von Steuererklärungen und sonstigen Vordrucken, die Unterhaltung einer Buchstelle, die Einrichtung eines Kreditschutzes, die Unterhaltung von Sterbekassen, der Abschluss oder die Vermittlung von Versicherungen, die Unterhaltung von Laboratorien und Untersuchungseinrichtungen, die Veranstaltung von Märkten, Leistungsschauen und Fachausstellungen, die Unterhaltung einer Kantine für die Arbeitskräfte der Verbandsgeschäftsstelle, die nachhaltige Vermietung von Räumen für regelmäßig kurze Zeit, zum Beispiel für Stunden oder einzelne Tage, an wechselnde Benutzer.

Herausgabe von Publikationen

Die Herausgabe, das Verlegen oder der Vertrieb von Fachzeitschriften, Fachzeitungen und anderen fachlichen Druckerzeugnissen des Berufsstandes oder Wirtschaftszweiges, einschließlich der Aufnahme von Fachanzeigen, stellt ebenfalls einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dar. Verbandszeitschriften, in denen die Mitglieder über die Verbandstätigkeit und über allgemeine Fragen des Berufsstandes unterrichtet werden, sind kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb. Betreibt ein Berufsverband in seiner Verbandszeitschrift jedoch Anzeigen- oder Annoncenwerbung, liegt insoweit ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vor.

Freistellung der Vermögensverwaltung

Unter den Begriff des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs fällt nicht die Vermögensverwaltung. Wegen des Begriffs der Vermögensverwaltung Vergleiche § 14 AO.

Beteiligung an Kapitalgesellschaft/"Service-GmbH

Die Beteiligung eines Berufsverbandes an einer Kapitalgesellschaft ist grundsätzlich Vermögensverwaltung. Sie stellt jedoch einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dar, wenn mit ihr tatsächlich ein entscheidender Einfluss auf die laufende Geschäftsführung des Unternehmens ausgeübt wird. Vergleiche BFH-Urteil vom 30.6.1971 (BStBl II S. 753). Eine geringfügige Beteiligung stellt einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dar, wenn der Berufsverband zusammen mit gleichartigen Berufsverbänden die Kapitalgesellschaft beherrscht und im Zusammenwirken mit diesen Berufsverbänden tatsächlich einen entscheidenden Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft ausübt.

Die Beteiligung an einem Unternehmen, das ausschließlich der Vermögensverwaltung dient, ist kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb.

Ob die Beteiligung an einer Personengesellschaft als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb oder als Vermögensverwaltung anzusehen ist, ist im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung für die Personengesellschaft zu entscheiden. Vergleiche BFH-Urteil vom 27.7.1988 (BStBl 1989 II S. 134).

Verbandsgeschäftsstelle kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb

Die Tätigkeit der Geschäftsstelle des Berufsverbandes stellt keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dar. Der Verkauf von Altmaterial, Einrichtungsgegenständen, Maschinen, Kraftfahrzeugen und dgl. bildet eine Einheit mit der Tätigkeit der Geschäftsstelle. Es fehlt insoweit an der für die Begründung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs erforderlichen Selbständigkeit. Vergleiche RFH-Urteil vom 24.7.1937 (RStBl S. 1103). Das gilt auch für den Fall, dass Entgelte für die Mitbenutzung der Geschäftsstelle oder einzelner Räume oder Einrichtungsgegenstände der Geschäftsstelle durch einen anderen Berufsverband vereinnahmt werden. Entsprechendes gilt auch hinsichtlich der Vereinnahmung von Entgelten für die Zurverfügungstellung von Personal für einen anderen Berufsverband.

Steuersubjekt

Steuerpflichtig ist nicht der einzelne wirtschaftliche Geschäftsbetrieb, sondern der Berufsverband. Die Ergebnisse der wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe werden für die Besteuerung zusammengefasst. Die Freibetragsregelung des § 24 KStG bezieht sich auf das Einkommen des Berufsverbandes. Sie ist nicht auf die Bemessungsgrundlage für die besondere Körperschaftsteuer im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 5 Satz 4 KStG anzuwenden.

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Autor/in

Winfried Eggers

erlernte das „Steuerhandwerk” als Regierungsrat in der Verwaltung in NRW. Er war danach neun Jahre Finanzrichter beim Finanzgericht Köln. Bis Mitte 1998 war er in der Steuerabteilung des BDI tätig. Seither ist Dr. Eggers niedergelassener Anwalt mit dem Tätigkeitsschwerpunkt Steuerrecht für Verbände und Organisationen in Köln.

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