Verbändereport AUSGABE 3 / 2024

19. Deutscher Verbändekongress: Wie Verbände Zukunft gestalten

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In den vergangenen Jahren ist in der Verbandswelt kaum ein Stein auf dem anderen geblieben. Keine Organisation arbeitet 2024 noch so wie vor fünf Jahren. Hierzu hat die Digitalisierung vieles beigetragen, doch auch im Umgang mit den Mitgliedern hat sich für Verbände einiges verändert. Knapp 20 verschiedene Themenwelten und viele Best Practices aus der Verbandswelt präsentiert der diesjährige Verbändekongress Anfang September.

Wie machen das eigentlich die anderen Verbände? Das ist aktuell die meistgestellte Frage in Richtung der Deutschen Gesellschaft für Verbandsmanagement e. V. (DGVM), die erneut ideeller Träger des Kongresses ist. Deshalb finden sich in diesem Jahr viele Best Practices im Programm, in denen Verbände berichten, wie sie erfolgreich neue Wege gehen. Grundsätzlich neu ist auch die Ausrichtung auf Themenwelten, in denen sich jeweils verschiedene Workshops, Diskussionspanels oder Vorträge einem wichtigen Zukunftsthema für Verbände widmen.

KI als Verbandsaufgabe

KI ist in aller Munde – auch in der Verbandswelt. Doch wie klug sind KI-Tools tatsächlich? Welche Leitplanken müssen für deren Nutzung geschaffen werden und wie schult man die KI-Kompetenz der Mitarbeitenden und Mitglieder? Die Themenwelten zu KI spannen den Bogen von den Herausforderungen über Möglichkeiten bis hin zu praktischen Anwendungsbeispielen in Verbänden. Sie werfen einen Blick auf die Technologie und Intelligenz hinter ChatGPT und Co, prüfen die rechtlichen Anforderungen und zeigen, wie Sie mit KI-Systemen die Effektivität im Verband steigern.

Ihr Mitglied – das unbekannte Wesen?

Wie stellt man das Mitglied in den Mittelpunkt der Aktivitäten? Und was wollen Mitglieder wirklich? Diese Fragestellungen sind für Verbände alles andere als Neuland, aber durch die Digitalisierung hat sich vieles verändert. Auch der demografische Wandel und eine herausfordernde wirtschaftliche Lage lassen die Mitgliederzahlen zuweilen sinken. Es ist wichtiger denn je, einen Blick aus Sicht des (potenziellen) Mitglieds auf die Organisation zu werfen. Daher widmen sich mehrere Themenwelten und Workshops der Mitgliedergewinnung, -bindung und -interaktion. Auch das strategische Element der Mitgliederbefragung wird einem Check unterzogen. Ebenfalls im Fokus: Wie gewinnt man eine neue Generation von Mitgliedern und aktiviert Menschen als Multiplikatoren für die verbandlichen Kernanliegen?


5 Fragen an Ben Stotz. Er leitet ein Unternehmen, das vornehmlich Gewerkschaften bei der Mitgliedergewinnung begleitet.

Verbändereport: Herr Stotz, wie kamen Sie dazu?

Ben Stotz: Kirchen brauchen Gläubige, Parteien brauchen Wählerinnen und Wähler und Gewerkschaften brauchen Mitglieder. Nur mit Tausenden neuen Mitgliedern und vitalen Gewerkschaften lassen sich die großen Fragen der Gegenwart gestalten. Ich beschäftige mich bereits seit 2002 mit diesem Thema und mich motiviert das Gefühl, etwas zu bewegen.

Wo setzen Sie bei Ihren Kunden an?

Im Kern leisten wir Hilfe zur Selbsthilfe und führen Arbeitsweisen und Prozesse ein, die mitgliederwirksam sind. Dafür haben wir eine agile Prozessarchitektur für Gewerkschaften und Verbände und eine Ansprache-App für den Stärkeaufbau entwickelt. Es geht darum, die Potenziale in der Zielgruppe passgenau zu heben und die Arbeitsweisen im Ehren- und Hauptamt konsequent darauf auszurichten.

Wo sehen Sie wichtige Stellschrauben für erfolgreiche Mitgliedergewinnung und eine prosperierende Mitgliederorganisation?

Zentral ist immer, die heißen Themen der eigenen Organisation zu finden und damit einen klaren Rahmen für die Beteiligten zu schaffen. Wenn klar ist, warum sich eine Organisation auf den Weg macht und warum sich Menschen ihr anschließen sollen, dann entfaltet sie Stärke. Wenn Funktionäre nur von sich selbst und ihren Partikularinteressen ausgehen, gelingt das nicht.

Glauben Sie, dass man auch die Gen Z für Mitgliedschaften und ehrenamtliches Engagement begeistern kann?

ver.di hat im letzten Jahr 170.000 neue Beschäftigte als Mitglied gewonnen und im Februar haben Millionen Gen Zs gegen die AfD demonstriert. Wenn es einen Rahmen zum Mitmachen und zur Beteiligung gibt, dann wird das weitergehen. Die gesellschaftlichen Fragen drängen und natürlich gibt es das Potenzial, eine neue Generation für diese Aufgaben im Ehrenamt zu begeistern.

Können diese Wege und Veränderungsprozesse aus den Gewerkschaften auch für Verbände und ihre Mitglieder passen?

Ich habe mein Handwerkszeug zuerst bei den großen Umweltschutzverbänden gelernt und bin auch bei Sozialverbänden immer wieder auf die gleichen Themen gestoßen. Im Detail unterscheiden sich Veränderungsprozesse immer, aber wenn es in den Verbänden den Willen gibt, neue Wege auszuprobieren, werden sich auch hier Leuchttürme finden.

(JG)

 

Community im Verband

Laut Definition ist eine Community eine Gruppe mit den gleichen gemeinsamen Interessen und Zielen, die Erfahrungen austauscht, um ein Ziel zu erreichen. Ist ein Verband also auch eine Community? Idealerweise sollte er das sein, ist die einhellige Meinung der Vortragenden in dieser Themenwelt. In verschiedenen Sessions wird erläutert, was es dazu braucht und wie man einen Community-Gedanken erfolgreich umsetzt.

Gen Z für den Verband erreichen

Wer unter 25 ist, guckt weder Fernsehen noch liest er eine Tageszeitung. Dafür hält die Gen Z konsequent ihr Mobiltelefon in der Hand. Wie kann man es schaffen, hier als Verband mit den eigenen Themen und Kampagnen sichtbar zu sein? Und wie gelingt es, die Gen Z für Verbandsveranstaltungen zu begeistern? Die Themenwelt „Gen Z für den Verband erreichen“ versucht, deren Bedürfnisse zu entschlüsseln, und zeigt Beispiele für eine erfolgreiche Ansprache.


„Gen Z verbinde ich mit Kommunikation auf Augenhöhe. Anstatt über sie zu reden, setze ich auf echten Austausch. Das ist für mich der Schlüssel, um ihre Werte zu verstehen und von ihnen zu lernen. Nur so können wir sie für Verbandsveranstaltungen und Zukunftsgestaltung begeistern.”


Silke Weerts
Director Association Solutions MCI Deutschland GmbH


Challenge Nachhaltigkeit

Für praktisch jeden Verband ist Nachhaltigkeit zu einem wichtigen, eigenständigen Aufgabenbereich geworden. Die Themenwelt thematisiert, welche Rolle und Aufgaben Verbände in der nachhaltigen Transformation übernehmen können und wie sich das Thema – auch rechtlich – weiterentwickeln wird. Darüber hinaus werden verschiedene BestPractice-Beispiele aus der Verbandswelt vorgestellt.

Verband zukunftsfähig aufstellen

Viele Verbände beschäftigen sich aktuell mit dem Thema Zukunftsfähigkeit und der zeitgemäßen organisatorischen Aufstellung der Verbandsstrukturen. Wie man umfangreiche Change-Prozesse angeht und umsetzt, warum man bei der Satzung anfangen sollte und wie solche Transformationen erfolgreich verlaufen, erfahren Sie anhand von konkreten Praxisbeispielen.

Zur Zukunftsfähigkeit gehören ebenso neue Wege in der Verbandsführung. Getreu dem Motto: Allein führen war gestern. Doch wie gestaltet man Führung und Verantwortung im Verband? Bei den großen gemeinnützigen Organisationen gibt es z. B. das sogenannte Aufsichtsratsmodell schon länger – jetzt hält es immer öfter in die Wirtschafts- und Berufsverbände Einzug. Warum das so ist, welche Vorteile es bietet und für wen diese Konstruktion passen kann, wird in einer weiteren Themenwelt vorgestellt. Außerdem kommen die Aspekte Beteiligung, Wertschätzung und der Blick von außen auf den Tisch. Denn gute Führung kann sich heutzutage auch dadurch auszeichnen, dass die richtigen Expertinnen und Experten eingebunden werden, um gemeinsam die Ziele des Verbandes zu erreichen.


„In den vergangenen Jahren haben wir namhafte Verbände, Mitglieder- und Non-Profit-Organisationen auf ihrem Weg zu einer nachhaltigen Wende bei Geschäftsprozessen und Daten begleitet. Nun ist es an der Zeit, unsere Kompetenzen, Erfahrungen und Angebote der Verbands-Community vorzustellen.”


Christian Schipp
CBDO/Partner Ambit Group


Zukunftsressource Ehrenamt

In vielen Organisationen steht zudem ein Generationenwechsel an und die Verantwortung im Haupt- und Ehrenamt muss neu justiert werden. Intensive Maßnahmen sind notwendig, um sich das Ehrenamt als Zukunftsressource zu sichern. Dazu gehört auch ein professionelles und zeitgemäßes Onboarding der neuen Funktionsträger. In dieser Themenwelt erfahren Sie, welche Formate geeignet sind, um neue Menschen für das Ehrenamt zu gewinnen und welche Strategien andere Verbände hierfür anwenden.

Mitgliederzeitschrift – tot oder doch nicht?

Explodierende Kosten im Druckbereich und der Ruf nach Nachhaltigkeit lassen viele Verbände auch ihre Mitgliedermagazine überdenken. Ist die Zukunft rein digital oder verliert man zu viel Sichtbarkeit bei den Mitgliedern? Es zählen nach wie vor die richtigen Inhalte – und eine crossmediale, integrierte Strategie. Neben der Präsentation von Zahlen, Daten und Fakten wird zu einer angeregten Diskussion eingeladen.

New Work für die Geschäftsstelle

Sind vier Tage Homeoffice das Zukunftsmodell für den Verbandserfolg? Wie lässt sich die Verbandsarbeit in der Verwaltung, bei Sitzungen und im Sinne der Mitglieder optimieren? Jede Geschäftsstelle befindet sich in einer ständigen technologischen Fortentwicklung. Es entstehen neue Dienstleistungen und Angebote, die in der Praxis umgesetzt werden müssen. Was sind Best Practices für eine erfolgreiche Mitgliederverwaltung? Und welche aktuellen Trends sollte man bei der Vergütung in Verbänden kennen? Verschiedene Slots und Panels informieren und laden zur Diskussion.

Neue Wege in der Interessenvertretung

In der Interessenvertretung dreht sich die Uhr immer schneller: Erfahren Sie, wie man als Verband gehört wird, wie man schnell und überzeugend agiert, wenn es eilt – und wie man die Mitglieder vor Ort in ihren Lobbyaktivitäten wirkungsvoll unterstützen kann. Zusätzlich wird ein Blick nach Brüssel geworfen: Was ändert sich durch die EU-Wahl, warum wird Brüssel in der Zukunft für deutsche Verbände noch wichtiger – und wie kann man mit wenig Aufwand viel bewegen?

Events 2030 – Zukunft von Verbandsveranstaltungen

Kein Verband veranstaltet heute noch so wie vor Corona. Digitale und Präsenzformate haben sich gut eingeschwungen, doch was heute erfolgreich funktioniert, kann morgen schon wieder Rätsel aufgeben. Diese Themenwelt bietet Antworten, wie man sich zukunftsfähig aufstellt, um maximal erfolgreich, aber mit minimalem Risiko zu agieren. Dazu gehören auch ein strategisches Event Design, neue digitale Prozesse und eine effektive Vermarktung.


„In diesem Jahr stärken wir unser Berlin-Profil und treten mit einem Gemeinschaftsstand – von visitBerlin und Estrel Berlin – auf. Mit unserer geballten MICE-Kompetenz möchten wir den persönlichen Kontakt zu den deutschen Verbänden aufrechterhalten.“


Heike Klein
Director Key Account Germany Estrel Berlin


Wer wird Verband des Jahres 2024?

Dass viele Verbände bereits erfolgreich unterwegs sind, wird auch die Preisverleihung DGVM INNOVATION AWARD zeigen. Am Abend des ersten Kongresstages werden die „Verbände des Jahres 2024“ vorgestellt und geehrt. Danach beginnt die „Leadership Lounge“ – der große Netzwerkabend der Verbände.

Insgesamt sind in diesem Jahr acht Verbände für die Auszeichnung nominiert. In der Kategorie „Fortschritt und Management“ entscheidet sich das Rennen zwischen dem Bundesverband Digitale Wirtschaft e. V. und dem TÜV-Verband e. V. Beide konnten mit ihrer Bewerbung zeigen, dass sie ihre Strukturen mit Blick auf die gesamte Organisation wirkungsvoll, modern und schlagkräftig ausgerichtet haben.

In der Kategorie „Mitgliederorientierung“ gehören der Verband Deutscher Freizeitparks und Freizeitunternehmen e. V. und der Wirtschaftsverband Industrieller Unternehmen Baden e. V. – wvib Schwarzwald AG zu den Finalisten.

Den eigenen Verband, sein Thema und seine Außenwirkung haben die beiden Verbände Haus & Grund Deutschland – Zentralverband der Deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer e. V. sowie der Verband Forschender Arzneimittelhersteller e. V. besonders effektiv aufgestellt und gestaltet. Sie konnten sich in der Kategorie „Positionierung und Interessenwahrnehmung“ gegen die anderen Bewerber durchsetzen.

Zum ersten Mal wird darüber hinaus der Sonderpreis Nachhaltigkeit vergeben, der besonders gelungene Verbandsaktivitäten für die eigene Organisation, für die Mitglieder und für die Öffentlichkeit auszeichnet. Hier schafften es der AGA Norddeutscher Unternehmensverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistung e. V. und der Deutsche Kaffeeverband e. V. auf die Shortlist.

Neuer Austragungsort im Tagungsland NRW

Dieses Jahr lädt der Deutsche Verbändekongress zum Netzwerktreffen in die spektakuläre Historische Stadthalle Wuppertal. Sie liegt unweit des Bahnhofs und gilt als ein echtes Juwel auf dem Veranstaltungsmarkt. Die „kleine Schwester des Berliner Reichstags“ blickt auf eine über 100-jährige Geschichte als Veranstaltungshaus, in dem auch Verbände zu den regelmäßigen Gästen zählen.


„Als Aussteller beim Deutschen Verbändekongress 2024 sind wir dabei, um einem breiten Fachpublikum unsere neuesten Innovationen, Locations und Dienstleistungen im Tagungsland NRW vorzustellen sowie wertvolle Netzwerkmöglichkeiten zu nutzen. Der Kongress bietet eine ideale Plattform, um Verbänden zu zeigen, welche Eventmöglichkeiten Nordrhein-Westfalen für sie bereithält.“


Veit Lawrenz
Leiter Themenmanagement Businesstourismus Tourismus NRW e. V. 


Die Metropolregion Rhein-Ruhr ist nicht nur Sitz zahlreicher Verbände, sondern auch ein wichtiger Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort. Die Universitätsstadt Wuppertal ist dank ihres ICE-Bahnhofs sehr gut im deutschen Schienennetz erreichbar und auch von den Flughäfen Köln, Düsseldorf und Dortmund. Rund 1.000 Hotelbetten befinden sich in fußläufiger Entfernung vom Hauptbahnhof. Wuppertal mit seinen rund 350.000 Einwohnern war und ist durchaus vom Strukturwandel geprägt, aber schon mittendrin in der Neuerfindung. Verschiedene Projekte entwickeln positive Zukunftsbilder für die Transformation der Stadt. Auch der Deutsche Verbändekongress möchte zeigen, wie Verbände die Zeitenwende annehmen, die richtigen Schlüsse ziehen und rechtzeitig den Kurs in Richtung Zukunft lenken können.


Weiterführende Informationen:
www.verbaendekongress.de

(KS)

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