Auslaufen der corona-bedingten Sonderregelungen

Rechtslage für Mitgliederversammlungen bei Vereinen ab 31.08.2022

Aktuelle Rechtslage:

Der Bundestag hat in dem Gesetz vom 27.03.2020 (Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht) unter anderem auch vorübergehend Sonderregelungen zu Vorschriften des zivilrechtlichen Vereinsrechts vorgenommen.
Mit diesem Gesetz existieren Erleichterungen für Vereine, um deren Handlungsfähigkeit während der Corona-Krise aufrechtzuerhalten. Die neuen Sonderregelungen durch Gesetz galten zunächst bis zum 31. Dezember 2020. Sie wurden sodann erneut verlängert und gelten nunmehr bis zum 31. August 2022.

In § 5 (Vereine und Stiftungen) des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht heißt es bekanntlich:

(1) Ein Vorstandsmitglied eines Vereins oder einer Stiftung bleibt auch nach Ablauf seiner Amtszeit bis zu seiner Abberufung oder bis zur Bestellung seines Nachfolgers im Amt.

(2) Abweichend von § 32 Absatz 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs kann der Vorstand auch ohne Ermächtigung in der Satzung Vereinsmitgliedern ermöglichen,
1. an der Mitgliederversammlung ohne Anwesenheit am Versammlungsort teilzunehmen und Mitgliederrechte im Wege der elektronischen Kommunikation auszuüben oder 2. ohne Teilnahme an der Mitgliederversammlung ihre Stimmen vor der Durchführung der Mitgliederversammlung schriftlich abzugeben.
[…]

(3) Abweichend von § 32 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist ein Beschluss ohne Versammlung der Mitglieder gültig, wenn alle Mitglieder beteiligt wurden, bis zu dem vom Verein gesetzten Termin mindestens die Hälfte der Mitglieder ihre Stimmen in Textform abgegeben haben und der Beschluss mit der erforderlichen Mehrheit gefasst wurde.
[…]

Nach § 5 Absatz 2 ist es nunmehr also auch ohne ausdrückliche Ermächtigung in der Satzung möglich, „virtuelle“ Mitgliederversammlungen durchzuführen. Nach Absatz 3 können Vereine daneben auch Beschlussfassungen außerhalb von Mitgliederversammlung per Umlaufverfahren ohne das Erfordernis der schriftlichen Zustimmung aller stimmberechtigen Mitglieder durchführen. Sind alle Mitglieder beteiligt worden und hat der Verein eine angemessene Frist zur Stimmabgabe gesetzt, so sind Umlaufbeschlüsse wirksam, wenn die Hälfte der stimmberechtigten Mitglieder ihre Stimme in Textform abgegeben hat.
Ohne diese neuen Regelungen bzw. ohne eine besondere Satzungsermächtigung mussten Mitgliederversammlungen vor den corona-bedingten Sonderregelungen stets als Präsenzveranstaltung durchgeführt werden. Zu dieser „alten Normalität“ möchte der Gesetzgeber offenbar für die Zeit nach dem 31. August 2022 zurückkehren, da diese aktuellen Sonderregelungen zu dem genannten Zeitpunkt auslaufen.

Welche Voraussetzung hat die Frist des 31. August 2022?

Die Befristung der Sonderregelungen bis Ende August 2022 zeigt – wieder einmal – die Notwendigkeit auf, die eigene Satzung des Verbandes dahingehend anzupassen und die virtuelle oder hybride Mitgliederversammlung – sofern gewünscht – auch künftig als Veranstaltungsform der Mitgliederversammlung zu implementieren. Eine solche Implementierung ist bekanntlich aber nur über den Weg des satzungsändernden Beschlusses der Mitgliederversammlung (§ 33 BGB) möglich.

Ist eine solche Satzungsregelung bisher noch nicht implementiert worden, so gilt Folgendes:

Vereine, die ihre Mitgliederversammlung virtuell – oder hybrid – abhalten möchten, denen aber eine entsprechende Satzungsregelung fehlt, können eine virtuelle/hybride Mitgliederversammlung rechtswirksam nur bis zum 31. August 2022 durchführen.

In der Verordnung zur Verlängerung der Sonderregelungen heißt es in § 7 Abs. 5 Nr. 2 ausdrücklich, dass die Sonderregelungen des § 5 (siehe oben) nur für solche „Versammlungen und Beschlussfassungen gelten, die bis zum 31. August 2022 stattfinden“. Das bloße Versenden von Einladungen zu einer virtuellen oder hybriden Versammlung, die dann aber nach dem 31. August 2022 stattfinden soll, ist nicht ausreichend. Es kommt also für die rechtswirksame Inanspruchnahme der Sonderregelungen darauf an, dass die Versammlung auch tatsächlich bis Ende August 2022 (virtuell/hybrid) abgehalten wird.

Eine Verlängerung der Sonderregelungen für Vereine und Stiftungen ist bisher nicht zu erwarten, sodass sich die Verbände bereits jetzt auf die Rückkehr zum Erfordernis der Präsenzversammlung einzustellen haben, sofern nicht bereits die erwähnte Satzungsgrundlage für virtuelle Mitgliederversammlungen geschaffen wurde. Auch eine hybride Veranstaltung, d.h. die Abhaltung einer Präsenzversammlung mit der Möglichkeit der virtuellen Teilnahme ortsabwesender Mitglieder, ist mit Auslaufen der Sonderregelungen künftig nur auf Basis einer entsprechenden Satzungsgrundlage möglich.

Ohne Änderung der Satzung gilt damit ab dem 31. August 2022 wieder die alte Rechtslage vor den corona-bedingten Sonderregelungen. Eine Mitgliederversammlung, die nicht in reiner Präsenzform stattfindet, ist daher nur dann ohne Weiteres möglich, wenn die Satzung des Vereins dies ausdrücklich zulässt.

Fazit

Da die gesetzlichen Sonderregelungen aktuell nur befristet für solche Mitgliederversammlungen gelten, die bis zum 31. August 2022 „stattfinden“, sollten Vereinsvorstände überprüfen, ob ihre Satzungen auch über den 31. August 2022 ausreichende Grundlagen enthalten, um auch in Zukunft auf die alternativen Formen der Beschlussfassung der Mitgliederversammlung zurückgreifen zu können. Anderenfalls kann eine Mitgliederversammlung ab dem 01. September 2022 wie früher nur in Präsenzform abgehalten werden.


Autor:
Dr. Julian Engel

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