Zwischenbilanz der deutschen Recyclingwirtschaft 1999 / Umsätze stagnieren
(Berlin) - Die Umsätze der deutschen Recyclingbranche stagnieren. Dies hat jetzt der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V. (bvse) in einer Konjunkturumfrage unter seinen über 600 meist mittelständischen Mitgliedsfirmen mit insgesamt rund 50.000 Beschäftigten und einem Gesamtumsatz von mehr als 20 Milliarden Mark ermittelt. Insgesamt konnten die Unternehmen in den ersten acht Monaten diesen Jahres nach der Umfrage vom August kein Wachstum bilanzieren; dieser Trend wird sich nach den Einschätzungen der Firmen auch in der zweiten Jahreshälfte nicht verbessern.
"Damit haben sich leider die Erwartungen unserer Mitglieder für 1999 bestätigt", erklärte dazu bvse-Präsident Hans Jürgen Cierzon. Schon im Dezember 1998 waren die mittelständischen Recycler in einer bvse-Umfrage davon ausgegangen, dass die Umsätze sich in diesem Jahr nicht erhöhen würden.
"Einziger kleiner Lichtblick war im bisherigen Verlauf dieses Jahres die Entwicklung beim Altpapier", betonte Cierzon. So hätten die Unternehmen durchschnittlich zwei Prozent mehr Papier einsammeln und bei den Papierfabriken auch höhere Preise erzielen können als im Jahr zuvor.
Nach Schätzungen des Verbandes dürften damit in der Bundesrepublik Deutschland in diesem Jahr erstmals mehr als zwölf Millionen Tonnen Altpapier (1998: 11,9 Millionen Tonnen) eingesammelt werden. Dabei werden wieder rund 70 Prozent des bundesdeutschen Altpapiermarktes von bvse-Unternehmen abgedeckt, so Cierzon.
Fast zehn Millionen Tonnen Altpapier liefern die bundesdeutschen Entsorger der inländischen Papierindustrie zur Verwertung an. Die Altpapierexporte werden rund drei Millionen Tonnen betragen und erneut ihre extrem wichtige Ventilfunktion erfüllen; importiert werden nach Schätzungen des Verbandes auch 1999 erneut rund eine Million Tonnen Altpapier. "Wir hoffen, dass es sich dabei nicht um ein Strohfeuer handelt", erklärte Cierzon.
Besonders schlecht ist die derzeitige Lage nach der bvse-Umfrage im Textilbereich. Resultierend aus den Preiseinbrüchen - allein ca. 60 Prozent bei Alttextilien-Sammelware - seien die Erfassungsmengen zurückgegangen.
"Die bisherige Stagnation in der Recyclingbranche in diesem Jahr hat sich leider auch auf die Beschäftigung ausgewirkt", erläuterte der bvse-Präsident. Die Unternehmen hätten in der ersten Jahreshälfte keine neuen Arbeitsplätze schaffen können und würden voraussichtlich auch in den kommenden Monaten keine neuen Mitarbeiter einstellen.
"Mehr Hoffnung" gebe es bei den Investitionen. Zwar seien die Ausgaben für neue Anlagen bisher auf dem Niveau des Vorjahres geblieben - für die zweite Hälfte hätten die Unternehmen in der Umfrage eine geringfügig steigende Tendenz angekündigt. Sichtlich verärgert zeigt sich eine zunehmende Anzahl mittelständischer Recyclingbetriebe über eine Verschlechterung der Beziehungen zu den Großbanken, so Cierzon. Diese würden die kleinen und mittleren Unternehmen mit standardisierten Kreditlinien in eine verteuerte Fremdfinanzierung drängen und somit deren Lebensnerv berühren.
"Nicht zufrieden sind die Unternehmen mit der gesamtwirtschaftlichen Lage", betonte Cierzon. Nach der Umfrage gaben mehr als ein Viertel der Unternehmen (26 Prozent) der wirtschaftlichen Gesamtlage die Note "mangelhaft" und "ungenügend", insgesamt 45 Prozent "ausreichend" und 24 Prozent die Note "befriedigend". Dagegen hielten insgesamt nur fünf Prozent die Lage für "gut" und "sehr gut".
"Irritiert" sind laut Cierzon die Unternehmen weiterhin durch die Fülle der Gesetze: So seien allein im Umweltrecht von den Unternehmen mehr als 800 Gesetze, mehr als 2.770 Verordnungen und rund 4.700 Verwaltungsvorschriften zu beachten. "Die mittelständischen Praktiker vor Ort sind keine Prädikatsjuristen und sehen sich dem Regelungsdickicht schutzlos ausgeliefert", betonte Cierzon.
Für die Neuausschreibung der Leistungsverträge der Duales System Deutschland AG (DSD) und der geplanten Elektroaltgeräte-Verordnung fordert der bvse, dass der Mittelstand eine "faire Chance" erhalten müsse. Dafür sei es notwendig, dass die DSD-Verträge getrennt nach Materialien und für kleinere Gebiete ausgeschrieben werden sollen. Im Elektroaltgerätebereich kündigte Cierzon an, dass die bvse-Mitgliedsunternehmen sich zu einem bundesweiten Netzwerk zusammenschließen werden. "So können unsere Unternehmen eine flächendeckende Marktpräsenz gewährleisten", betonte der bvse-Präsident.
Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V.