Pressemitteilung | IG Metall - Industriegewerkschaft Metall

Zwickel: "Noch ist die Tarifrunde nicht beendet"

(Berlin) - Der IG Metall-Vorsitzende Klaus Zwickel informierte am 16. Mai 2002 in Berlin über ein am Vorabend zwischen den Spitzen von IG Metall und Gesamtmetall geführtes Gespräch zur Übernahme des in Baden-Württemberg erreichten Tarifabschlusses in allen Tarifgebieten der Metall- und Elektroindustrie.

Presseerklärung von Klaus Zwickel vor der Bundespressekonferenz im Wortlaut:

Die Spitzen des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall und der IG Metall haben sich gestern Abend hier in Berlin zu einem Gespräch getroffen. An diesem Gespräch haben Gesamtmetall-Präsident Martin Kannegiesser, der Hauptgeschäftsführer von Gesamtmetall, Hans-Werner Busch, sowie für die IG Metall Jürgen Peters und ich teilgenommen. Einziges Thema war die Übernahme des in Baden-Württemberg vereinbarten Tarifabschlusses in allen anderen Tarifgebieten der Metall- und Elektroindustrie in Ost- und Westdeutschland.

Der Tarifabschluss aus Baden-Württemberg liegt Ihnen vor. IG Metall und Arbeitgeber-Verband Südwest-Metall haben sich dort am Mittwoch auf vier Prozent plus 3,1 Prozent plus ERA - also den Abschluss eines gemeinsamen Entgelttarifvertrages für Arbeiter und Angestellte - verständigt. Das ist ein gutes Ergebnis. Und es ist ein ehrliches Ergebnis. Ein Ergebnis ohne Rechentricks. Denn alle Arbeitnehmer bekommen in diesem Jahr vier Prozent mehr Geld ins Portmonee. Und ab Juni nächsten Jahres gibt es noch einmal 3,1 Prozent mehr. Damit haben wir für alle Arbeitnehmer deutlich spürbare Einkommensverbesserungen erreicht.

Dieser Tarifabschluss bringt aber nicht nur unseren Leuten mehr. Er ist auch gesamtwirtschaftlich sinnvoll und notwendig. Denn wir leisten damit auch einen Beitrag zur Ankurbelung der Binnenkonjunktur. Ich will das mit folgenden Zahlen belegen: Die Bruttolohn- und Gehaltssumme in der Metall- und Elektroindustrie liegt bei etwa 135 Milliarden Euro im Jahr. Der Umsatz in der Branche beträgt jedes Jahr 710 Milliarden Euro. Mit unserem Tarifabschluss erhöht sich die Bruttolohn- und Gehaltssumme jetzt im ersten Schritt um vier Prozent. Das sind 5,4 Milliarden Euro. 5,4 Milliarden Euro mehr Geld für die Arbeitnehmer und ihre Familien - das stärkt die Kaufkraft, schafft Nachfrage und unterstützt den Aufschwung.

Der Gesamtkostenaufwand der Unternehmen erhöht sich durch die vierprozentige Anhebung der Löhne und Gehälter aber gerade mal um 0,8 Prozent. Man muss schon ein eingefärbter neoliberaler Ideologe sein, um weiterhin zu behaupten, dies wäre von der Wirtschaft nicht zu verkraften.

In Baden-Württemberg haben wir mit dem gemeinsamen Entgelttarifvertrag für Arbeiter und Angestellte außerdem eine der wichtigsten Tarifreformen der vergangenen Jahrzehnte realisiert. Mit ERA wird der Flächentarifvertrag moderner, flexibler, leistungsorientierter und gerechter. Die alte Trennung zwischen Arbeitern und Angestellten gehört mit diesem Zukunftstarifvertrag der Vergangenheit an. Wir schaffen die unterschiedliche Bezahlung von Arbeitern und Angestellten für gleichwertige Tätigkeiten ab. Dies führt insbesondere zu einer neuen und gerechteren Bewertung und Bezahlung der Arbeit von qualifizierten Facharbeiten. Damit wird die Metall- und Elektroindustrie für junge Menschen noch attraktiver. Denn immerhin geht es um den Ausgleich von Einkommensunterschieden von bis zu 350 Euro im Monat. Da steckt also für die Zukunft mehr Geld drin, als viele derzeit sehen.

Nun zu unserem gestrigen Gespräch: Gesamtmetall und IG Metall haben sich nicht auf eine Übernahmevereinbarung zu dem in Baden-Württemberg erreichten Tarifabschluss für alle anderen Tarifgebiete der Metall- und Elektroindustrie verständigt. Gesamtmetall hat seinen regionalen Verbänden die Übernahme des Tarifabschlusses von Baden-Württemberg empfohlen. Doch in zwei Tarifgebieten - in Sachsen und in Sachsen-Anhalt - steht bereits fest, dass die Metall-Arbeitgeber den Tarifabschluss aus Baden-Württemberg nicht übernehmen wollen.

Die IG Metall empfiehlt ihren Bezirken in Ost und West ebenfalls die uneingeschränkte Übernahme des Baden-Württemberg-Abschlusses in allen Tarifgebieten der Metall- und Elektroindustrie.

Folgende Streitpunkte zeichnen sich bei den regionalen Übernahmeverhandlungen ab:
- die in Baden-Württemberg vereinbarte Pauschalzahlung in Höhe von 120 Euro für den laufenden Monat - also für Mai 2002 - ist strittig.
- Probleme gibt es auch bei den Ausbildungsvergütungen. Hier sind die Anforderungen der regionalen Tarifbereiche sehr unterschiedlich. Die Forderungen in einem Teil der Bezirke schwanken zwischen 65 und 77 Euro im Monat.
- In Ostdeutschland sind weitere Anpassungsforderungen offen. Besonders aus der bis Ende 2003 vereinbarten Laufzeit des neuen Lohn- und Gehaltstarifvertrages können sich Probleme für die im kommenden Jahr angestrebte Anpassung sprich Verkürzung der Arbeitszeit in Ostdeutschland ergeben.
- Außerdem wollen wir, dass die Eckpunkte für gemeinsame Entgelttarifverträge für Arbeiter und Angestellte in allen Tarifgebieten bis spätestens 30. April kommenden Jahres vereinbart werden. Diese Frage muss jetzt in den regionalen Verhandlungen geklärt werden, weil dazu nur für Baden-Württemberg ein Termin vereinbart ist.

Mein Fazit: Die Metall-Tarifrunde hat zu einem guten Ergebnis geführt. Mit dem Abschluss von Baden-Württemberg ist sie aber nicht beendet. Es gibt keinen Grund zur bundesweiten Entwarnung. Unser Ziel ist klar: Wir wollen den in Baden-Württemberg erreichten Tarifabschluss ohne Abstriche auf alle anderen Tarifgebiete in Ost und West übertragen. Je schneller das erfolgt, desto schneller kommt wieder Ruhe in die Betriebe.

Quelle und Kontaktadresse:
Industriegewerkschaft Metall (IGM) Lyoner Str. 32 60528 Frankfurt Telefon: 069/66930 Telefax: 069/66932843

NEWS TEILEN: