Pressemitteilung | IG Metall - Industriegewerkschaft Metall

Zwickel: EU-Osterweiterung ohne soziale Flankierung gefährdet Berlin

(Frankfurt) - Die Osterweiterung der Europäischen Union muss nach Auffassung der IG Metall durch sozial- und arbeitsmarktpolitische Übergangsregelungen begleitet werden. Notwendig seien sowohl angemessene Übergangsfristen für die Freizügigkeit der Arbeitnehmer als auch die Übernahme des EU-Sozialrechts durch die Beitrittsländer, sagte der IG Metall-Vorsitzende Klaus Zwickel auf einer internationalen Konferenz der Otto Brenner Stiftung am Freitag in Berlin. Würden die mit der EU-Osterweiterung verbundenen sozial- und arbeitsmarktpolitischen Probleme nicht gelöst, könne dies die Erweiterung der Union insgesamt gefährden. Zwickel: "Wer sich der sozialen Frage nicht stellt, gefährdet das Gesamtprojekt Europa."

Der Gewerkschaftsvorsitzende warf der Europäischen Kommission vor, in ihrer Stellungnahme zur EU-Osterweiterung nur eineinhalb Seiten von insgesamt 1.300 Seiten der Sozialpolitik zu widmen. Die Kommission sehe soziale Kriterien lediglich unter dem Aspekt des ökonomischen Wettbewerbs und des Funktionieren des Marktes. Zur sozialen Dimension der Erweiterung gehörten sowohl die Übernahme des EU-Sozialrechts durch die Beitrittsbewerber, als auch ausreichende Übergangsfristen bei der Freizügigkeit der Arbeitnehmer, betonte Zwickel. Diese Probleme müssten in Abstimmung mit den Herausforderungen der europäischen Beschäftigungs-, Arbeitsmarkt und Integrationspolitik behandelt werden. Die Menschen hätten Angst, dass mit dem Beitritt eine große Zahl von Arbeitsimmigranten auf den westeuropäischen und deutschen Arbeitsmarkt drängen. Sie hätten Angst um die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes, viele befürchteten eine verschärfte Lohnkonkurrenz verbunden mit Lohndrückerei.

Darum müsse die Politik der Integration mit einer glaubwürdigen Beschäftigungspolitik in Deutschland verbunden werden, betonte Zwickel. Die Zukunftserwartung der Menschen in den Beitrittsländern müsse durch eine aktive Gestaltung und politische Flankierung des Integrationsprozesses gestärkt werden. Zwickel hält es für ratsam, die vollständige Freizügigkeit nicht sofort mit dem Beitritt, sondern zeitlich gestreckt zu gewähren. Er schlug eine Übergangsfrist von bis zu sieben Jahren vor. Diese Frist sollte jedoch flexibel gehandhabt werden und die Möglichkeit zur Verkürzung enthalten. Zugleich müsse aber den Beitrittsländern in einer fairen Frist der volle Status als EU-Mitgliedsland zugestanden werden.

Zu einer Erweiterung der Europäischen Union gebe es nach einem Jahrhundert der Kriege und Spannungen in Europa keine Alternative. Wirtschaftlich stelle die Ost-Erweiterung eine einmalige Chance für die beitretenden Länder und für die Europäische Union dar. Die Einbeziehung der mittel- und osteuropäischen Länder könne einen wichtigen Beitrag zur langfristigen Stabilisierung dieser Regionen leisten. Bei allen Nutzeffekten auf wirtschaftlichem Gebiet müssten jedoch vor allem die sozialen Probleme bewältigt werden, die mit den Anpassungsbelastungen zusammenhingen, forderte Zwickel.

Auch die Gewerkschaften seien in diesem Integrationsprozess gefordert, stellte Zwickel fest. Hüben wie drüben müssten die gewerkschaftlichen Informations- und Koordinierungskontakte ausgebaut werden. Der IG Metall-Vorsitzender wies auf eine grenzüberschreitende Gewerkschaftskooperation in der polnisch-deutschen Grenzregion hin. Außerdem sei es gelungen, zwischen den Metallgewerkschaften Österreichs, Deutschlands, Tschechiens, der Slowakei, Sloweniens und Ungarns ein Netzwerk internationaler Tarifpolitik zu vereinbaren. Aber auch auf betrieblicher Ebene müssten die Gewerkschaften dafür sorgen, dass gewerkschaftliche und betriebliche Vertreter aus den Bewerberländern mit Niederlassungen von EU-Unternehmen an der gemeinsamen gewerkschaftlichen Arbeit beteiligt werden.

Quelle und Kontaktadresse:
Industriegewerkschaft Metall (IGM) IG Metall Pressestelle Lyoner Str. 32 60528 Frankfurt Telefon: 069/66 93 - 26 72 Telefax: 069/66 93 - 28 70

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