Pressemitteilung | (ZVO) Zentralverband Oberflächentechnik e.V.

ZVO fordert Anpassung der Rahmenbedingungen für die Gas- und Strompreisbremse

(Hilden) - In einem weiteren Brief an den Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Dr. Robert Habeck legt der Zentralverband Oberflächentechnik e.V. (ZVO) im Namen von 1.200 Branchen-Unternehmen erneut die bedrohliche Situation der Galvano- und Oberflächentechnik dar und stellt eine Reihe von Forderungen im Zusammenhang mit der geplanten Gas- und Strompreisbremse.

Die Entscheidung zur Umsetzung der Gas- und Strompreisbremse ab 1. Januar 2023 begrüßt der ZVO ausdrücklich. Allerdings erachtet er einige der bisher vorgesehenen Rahmenbedingungen aus Sicht einer energieintensiven Branche als kritisch.

Die Galvano- und Oberflächentechnik ist eine Schlüsseltechnologie, deren Dienstleistung Voraussetzung für die Funktionalität von Bauteilen, Geräten und Maschinen nahezu jeder Branche ist, angefangen bei Automobilindustrie und Maschinenbau, über die Wehr-, Medizin-, Elektro-, Kommunikations- und Informationstechnik, Luftfahrt, Sanitär- und Bauindustrie bis zur Technik für Erneuerbare Energien. Die Branchen sind elementar von den Dienstleistungen der deutschen Galvano- und Oberflächentechnik abhängig, ein Stillstand der Branche bedeutet Stillstand in vielen anderen Branchen.

Die Branche ist mittelständisch geprägt, überwiegend von familien-/inhabergeführten Unternehmen, und beschäftigt europaweit rund 440.000 Mitarbeiter, davon 62.000 in Deutschland. Für 2022 erwartet der ZVO eine Rückkehr zum Vor-Corona-Branchenvolumen von 8,6 Milliarden Euro Umsatz.

Folgende Rahmenbedingungen sieht er für die energieintensive Branche (siehe KUEBLL - Leitlinien für staatliche Klima, Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2022 /Amtsblatt der Europäischen Kommission 2022/C 80/01) als kritisch an:

1. Bemessungsgrenze für den Jahresstromverbrauch bzw. Jahresgasverbrauch

Das Bemessungsjahr 2021 war für viele Unternehmen der Oberflächenbranche ein schwieriges, vielfach mit Kurzarbeit behaftetes Jahr. Die Verbräuche lagen entsprechend stark unter dem Durchschnitt der vergangenen Jahre. Die Auslastung ist 2022 höher und somit das Bemessungsjahr 2021 nachteilig für die Branchenunternehmen.

Der ZVO regt daher an, die Bemessungsgrenze für energieintensive Unternehmen, für die Strom und Gas EIN ROHSTOFF ist, in Abhängigkeit vom Anteil Energieaufwand am Umsatz oder auf Basis eines durchschnittlichen Verbrauchs der letzten fünf Jahre festzulegen.

2. Deckelung des Strompreises für RLM-Kunden auf 13 ct/kWh (netto)

Die Begrenzung auf 13 Cent für Strom bedeutet für energieintensive Unternehmen immer noch mindestens eine Verdreifachung des Preises, bei einem bisherigen Kostenanteil von 12 bis 20 Prozent. Dies ist eine extreme Belastung, mit der die Firmen im internationalen Bereich nicht wettbewerbsfähig sind.

3. Deckelung des Gaspreises

Branchenunternehmen nutzen Gas nicht nur zum Heizen, sondern auch als Produktionsfaktor innerhalb ihrer Beschichtungsprozesse und sind zur Aufrechterhaltung dieser Beschichtungs-prozesse häufig vom Gas abhängig. Trotz Deckelung werden die Kosten immer noch beim mindestens dreifachen der Vorjahreskosten liegen.

Weder die durch die jeweiligen Deckelungen erzielbaren Strom- noch Gaspreise sind für die Unternehmen im internationalen Wettbewerb tragbar.

Der ZVO regt eine erneute Überprüfung an, energieintensive Unternehmen mit einem niedrigeren und wettbewerbsfähigeren Arbeitspreis zu unterstützen.

4. Umsetzung des Energiekostendämpfungsgesetzes (EKDG)

Das Energiekostendämpfungsprogramm hilft nur sehr eingeschränkt, da die damit verbundenen bürokratischen Aufwendungen, engen Fristen und hohen Kosten von den meisten KMU nicht zu stemmen sind. Die Hilfen laufen ins Leere. Die Unternehmen, welche die Hürde genommen und einen Antrag gestellt haben, haben bislang keinerlei Rückmeldung der Bafa erhalten.

5. Bürokratiebremse

Die gesamte Wirtschaft benötigt dringend eine Senkung der zusätzlichen bürokratischen Belastungen.


6. Problem Stromverträge und Versorgungssicherheit

Die ZVO-Mitgliedsunternehmen beklagen zunehmend, keine Anschlussverträge für die Belieferung von Strom zu erhalten. Stromanbieter ziehen sich aus dem Markt zurück, weil die Risiken für sie selbst unkalkulierbar sind. Hat ein Unternehmen ein schlechtes Rating, sind die Chancen nahezu aussichtslos, einen Versorger zu finden. Anders als bei Privatpersonen haben Firmen jedoch keinen Anspruch auf Grundversorgung. Es besteht kurzfristig dringender Handlungsbedarf seitens der Politik, da zum Jahresende viele Stromverträge auslaufen.

7. Zunehmendes Problem Zahlungsausfälle

Meldungen der großen Kreditversicherer bestätigen, dass sich die Zahlungsmoral in den vergangenen Wochen deutlich verschlechtert hat. Dies kann in Kürze insbesondere für die deutsche Galvanotechnik, die aus reinen Lohndienstleistungen besteht, ein großes Problem werden: Forderungsausfälle, die vielfach nicht versicherbar sind, werden die Betriebe mit in die Insolvenz reißen.

8. Problem Sicht unserer Auslandskunden

Kunden aus dem Ausland zeigen Unverständnis für die Situation in Deutschland agiert und erkennen volatile Teuerungszuschläge für Gas- und Strom nicht an. Sie fordern eine seriöse und planbare Kalkulationsbasis, andernfalls werden Aufträge abgezogen. Diese Kalkulationsbasis kann die Branche allerdings momentan nur schwer bieten.

9. Problem langfristiger Lieferverträge

Viele unserer Branchen-Unternehmen, insbesondere Zulieferer an die Automobilindustrie, sind aufgrund langfristiger Lieferverträge gebunden, ohne dass gestiegene und steigende Energiepreise an diese Kunden weitergegeben werden können.

10. Problem Chemikalienverknappung, gravierende Mangellage und Preisexplosionen

Die Gaskrise führte in den vergangenen Monaten zu extremen Engpässen bei Grundchemikalien. In Folge der Mangelsituation sind die Preise explodiert. Diese Mehrkosten "on Top" sind für die Branche untragbar.

Der ZVO fordert deshalb:

- eine Reduzierung der Steuern und Abgaben auf das europäische Mindestmaß,
- die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren,
- eine zusätzliche Dämpfung der Kostensteigerungen bei den Netzentgelten,
- den Abbau bürokratischer Hürden und die Wiederherstellung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit für den Industriestandort Deutschland,
- die Einführung eines europaweit einheitlichen Industrie-Strompreises.

Auch die bereits am 6. September 2022 erhobene Forderung der Laufzeitverlängerung der letzten am Netz verbliebenen Atomkraftwerke hält er aufrecht.
Grundlage für das einstige deutsche Wirtschaftswunder und den Aufstieg zum Exportweltmeister war Energie, und zwar sichere und preiswerte Energie. Heute verzeichnet Deutschland die höchsten Energiepreise weltweit, hat die Versorgungssicherheit verloren und die Import-Abhängigkeit erhöht. Der ZVO fordert das Bundesministerium daher auf, sich dem Ziel zu verschreiben, dass Deutschland die viertgrößte Industrienation bleibt. Denn nur wirtschaftlich erfolgreiche Staaten haben die Mittel, den Umbau einer Volkswirtschaft auf Klimaneutralität zu stemmen.

Quelle und Kontaktadresse:
(ZVO) Zentralverband Oberflächentechnik e.V. Birgit Spickermann, Referent Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Itterpark 4, 40724 Hilden Telefon: (02103) 255610, Fax: (02103) 255625

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