Pressemitteilung | ZVEI e.V. - Verband der Elektro- und Digitalindustrie

ZVEI-Fachverband AUTOMATION stellt Technologiebewertung vor

(Frankfurt/Main) – Eine Bewertung neuer informationstechnischer Standards und Technologien für die Automation hat eine Expertengruppe des ZVEI e.V. aus Industrie und Forschung in Frankfurt vorgestellt. Im Rahmen des ZVEI-Arbeitskreises „Systemaspekte“ hat es sich die Gruppe zur Aufgabe gemacht, in regelmäßigen Zeitabständen aufkeimende Technologien sowie aktuelle Normungs- und Standardisierungsbestrebungen auf ihre Relevanz bezüglich der verschiedenen Einsatzfelder in der Automatisierungstechnik zu bewerten und Prognosen zur zukünftigen Bedeutung der einzelnen Technologien aufzuzeigen.

„Es ist klar erkennbar“, so die Expertengruppe des ZVEI, „dass der Einfluss der im Umfeld der Informationstechnik und Informatik entstehenden Technologien und Standards auf die Automation mehr und mehr zunimmt.“ Ob Internettechnologien, moderne IT-Standards, Ethernet als Kommunikationsstandard oder standardisierte Gerätebeschreibungen – kaum ein Hersteller in der Automationsbranche kann sich heutzutage diesem Mega-Trend entziehen. „Es ist heute kaum noch möglich, Anlagen ohne Anwendung dieser Technologien profitabel zu betreiben“, so Reinhold Emge, Leiter des ZVEI-Arbeitskreises „Systemaspekte“. „Denn schließlich gewährleistet die Verwendung einheitlicher Standards und offener Lösungen anstelle proprietärer Systeme eine langfristige Kompatibilität und Erweiterbarkeit der automationstechnischen Anlage.“

Doch ist es nach Ansicht der Experten des Fachverbandes AUTOMATION für Entwickler und Nutzer unerlässlich, die Relevanz dieser ursprünglich für die Informations- und Kommunikationstechnik entwickelten Technologien auf die Automation richtig einzuschätzen: Denn wie die Vergangenheit gelehrt hat, verschwand die eine oder andere aufkeimende Technologie aus dem Blickfeld – nicht ohne Irritationen zu hinterlassen. Andererseits belegt der erfolgreiche Einsatz des PCs in der Automation, wie schnell und unwiderruflich eine Marktdominanz nicht zuletzt durch den Preis entsteht.

Gegenwärtige Trends

„Die Trends und Entwicklungen der Informations- und Kommunikationstechnik beeinflussen die Automatisierungstechnik ganz wesentlich. Am deutlichsten abzulesen sind die starken Einflüsse auf die Bereiche des Anlagen-Engineerings und der Kommunikationstechnik“, so Emge. „Großen Einfluss ausüben werden hier die im Umfeld des Internets entstehenden Web-Driven Technologies (WDT), wie ActiveX, Java, Applets etc., die Auszeichnungssprache XML und auch das zur einfachen Einbindung von Feldgeräten in Leitsysteme entwickelte Field Device Tool (FDT)-Konzept.“

Dennoch zeigt sich nach Ansicht der Expertengruppe des ZVEI-Arbeitskreises, dass insbesondere im Anlagen-Engineering nach wie vor viele Probleme noch nicht befriedigend gelöst sind. Aus diesem Grund werden in diesem Bereich auch die größten Anstrengungen unternommen, um neue Technologien und Standards zu definieren. Das Anlagen-Engineering wird also auf dem Weg zu offenen Systemarchitekturen nach wie vor der größte Brennpunkt sein.


Feldbusse offensichtlich Geschichte

Betrachtet man die Entwicklung und Diskussion in der Automatisierungstechnik der letzten Jahre so fällt auf, dass die „Feldbuskriege“ offensichtlich Geschichte sind, was wohl weniger dem internationalen Standard IEC 61158 zuzuschreiben ist, als vielmehr den Spezifika der Anwendungsgebiete und der Akzeptanz des Einsatzes unterschiedlicher Feldbusse in einer Installation. Dies wird nach Ansicht des ZVEI-Arbeitskreises durch die hochdynamischen Entwicklungen oberhalb der Protokollschichten gefördert. Dennoch scheint sich mit der Einführung von Ethernet-Technologie in die Prozessleittechnik ein neues Spannungsfeld aufzubauen. Es ist noch offen, ob dieser Vorgang harmonischer verläuft, was jedoch nach Meinung der Vertreter des Fachverbandes AUTOMATION angesichts schon jetzt sichtbarer konkurrierender Ansätze durchaus bezweifelt werden darf.

IEC 61131 als zentrale Technologie für Programmierung

Durch den Standard IEC 61131 wird ein einheitliches Programmiermodell für industrielle Steuerungstechnik beschrieben. Unbestritten ist daher nach Meinung der Experten die Bedeutung von IEC 61131 als zentrale Technologie für die Programmierung von Geräten der Steuerungsebene, zunehmend auch für komplexere Geräte der Feldebene.

Bedeutung von NOAH erst in der Zukunft

Das Projekt NOAH (1998-2000) zielte auf eine Standardisierung von Anwendungskomponenten von Feldbussystemen. Insbesondere sollte eine Standardisierung von Schnittstellen zwischen Geräten, Werkzeugen und Beschreibungsmitteln auf Anwendungsebene geschaffen werden. Die Ergebnisse des NOAH-Projektes sind naturgemäß sehr abstrakt, was letztlich zu einer zeitlichen Verschiebung ihrer Implementierung führt. Demzufolge liegt laut Meinung der Arbeitskreismitglieder die Bedeutung von NOAH wohl eher in den nächsten Gerätegenerationen.
Field Device Tool (FDT) und OPC mit starkem Einfluss

Mit dem Field Device Tool-Konzept steht eine wichtige Technologie zur standardisierten Integration von Feldgeräten in das Leitsystem zur Verfügung, die ohne Zweifel einen starken Einfluss auf das Anlagen-Engineering ausüben wird. Darüber hinaus hat OPC (OLE für Process Control) als Standard-Schnittstelle für den standardisierten Zugriff auf Prozessdaten den größten Einfluss auf die automationstechnischen Softwarebausteine, die unter Windows-Betriebssystemen laufen. OPC beeinflusst zunehmend die System- und Feldbuskommunikation. Durch die Einführung von OPC wird es nach Ansicht der Expertengruppe wesentlich einfacher, Automatisierungsinseln verschiedener Hersteller zusammenzuführen.

Mainstream Technologien – XML, Ethernet, Linux

Alle neuen Technologien und Standards werden jedoch – da sind sich die ZVEI-Vertreter einig – erst im Spannungsfeld zwischen dem Bestreben nach Vereinfachung durch Vereinheitlichung (Normung), den De-facto-Standards aus der Office﷓Welt und dem im Wettbewerb unvermeidlichen Zwang zur Generierung von Alleinstellungsmerkmalen bewähren müssen. Besonders die Verfügbarkeit von Mainstream-Technologien wie XML, Ethernet oder Linux eröffnet Möglichkeiten für die Automatisierungstechnik, die derzeit noch nicht vollständig zu übersehen sind. Es bleibt daher ein Anspruch an die Entwickler und Nutzer der Automatisierungstechnik, diese Trends kritisch zu beurteilen und in angemessenem Umfang einzusetzen.

Eine erste Technologiebewertung führte der Fachverband AUTOMATION vor etwa zwei Jahren durch. In der nun vorliegenden Bewertung beschreibt der Arbeitskreis zum einen rückblickend den tatsächlichen Einfluss der einzelnen Technologien und spiegelt die damals gemachten Prognosen daran. Zum anderen beinhaltet die aktuelle Bewertung auch inzwischen entstandene oder relevant gewordene Technologien.

Quelle und Kontaktadresse:
Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) e.V. Stresemannallee 19 60596 Frankfurt Telefon: 069/63020 Telefax: 069/6302317

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