Zur künftigen Regierungsmannschaft: Erfreuliche Kontinuität
(Hamburg) - Obwohl Sachfragen vor Personalfragen geklärt werden sollten, stand die künftige Regierungsmannschaft der großen Koalition bereits fest, bevor die eigentlichen Koalitionsgespräche aufgenommen wurden. Immerhin gibt es dadurch für die Bürgerinnen und Bürger sowie alle Interessenvertreter Anhaltspunkte, wohin die Reise gehen wird. Dies gilt insbesondere für diejenigen Ressorts, in denen eine personelle Kontinuität gewahrt bleibt d.h. Gesundheit, Justiz und Entwicklungshilfe.
Herzlichen Glückwunsch an Ulla Schmidt
Dass die Gesundheitspolitik in den erfahrenen Händen von Ulla Schmidt verbleibt, ist begrüßenswert. Dadurch werden nicht zuletzt Zeit- und Reibungsverluste vermieden, die bei einer Neubesetzung des Ministerpostens unausweichlich wären. Der bestehende Kontakt von ADEXA zur Ministerin wird jetzt weiter vertieft werden. Wie bisher kann das Gesundheitsministerium auf unsere konstruktive Zusammenarbeit zählen. Wir wünschen Ulla Schmidt an dieser Stelle eine erfolgreiche neue Amtszeit! Möge sie durch zukunftsfähige und dabei sozial ausgewogene Reformschritte geprägt sein.
Spannend wird es sein, die Duelle von Schmidt mit Horst Seehofer zu verfolgen. Der hat ja schon angekündigt, sich zur Gesundheitspolitik weiterhin zu äußern. Als Verbraucherschutzminister ist Seehofer eine gute Wahl, die eine echte Berücksichtigung von Verbraucherinteressen verspricht. Dieser in der Bevölkerung äußerst populäre Mann nimmt erfahrungsgemäß kein Blatt vor den Mund, auch wenn er sich unbeliebt macht.
Arbeitnehmerrechte und Tarifautonomie
Das Ressort Arbeit und Soziales wird auch künftig von der SPD geführt. Franz Müntefering ist zwar nicht als Bundesminister erfahren, darf aber als Bundespolitiker mit hohem Einfluss und offensichtlich großen Führungskompetenzen gelten.
Seine Kontakte zu den Gewerkschaften werden sicher besser sein als die eines Unionskandidaten. Eine gute Ausgangslage, damit die Arbeitnehmerrechte weiterhin bewahrt werden. Auch der Kündigungsschutz wird wohl, wenn überhaupt, nicht so radikal verändert werden wie von der Union vor der Wahl geplant. Und noch wichtiger ist die Tarifhoheit, die nun doch nicht angetastet werden soll darauf lassen zumindest Aussagen des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch schließen.
Bayerische Fehlbesetzung
Ob die Zerschlagung des erst von Rot-Grün zusammengefügten Superministeriums Wirtschaft und Arbeit für den Arbeitsmarkt wirklich förderlich ist, werden die kommenden Jahre zeigen. Die Umstrukturierung wird mit Sicherheit Kräfte binden, die anderswo fehlen werden. Der offensichtlich wenig teamfähige und ostdeutschenfeindliche Edmund Stoiber ist aus Sicht von ADEXA als Bundeswirtschaftsminister eine Fehlbesetzung. Er hätte besser in Bayern bleiben sollen. Man wird ihn daran messen, ob er die blühenden Landschaften aus seinem Wunderland auch im gesamten Deutschland verwirklichen kann. Sonst wird er sich schnell in die Reihen seiner glücklosen Vorgänger einreihen. Wenn er tatsächlich an der Mehrwertsteuer-Schraube dreht, wovon ADEXA ausgeht, sollte er die Arzneimittel endlich auf 7 Prozent heruntersetzen. Ob eine Erhöhung der Mehrwertsteuer zur Senkung der Lohnkosten genutzt würde und damit mehr Arbeitsplätze schaffen würde, ist fraglich. Die Binnennachfrage würde sie zumindest kurzfristig dämpfen.
Fragezeichen in der Familienpolitik
Das Zukunftsfeld Familien- und Frauenpolitik hat die SPD leider zugunsten anderer, vermeintlich wichtigerer Ressorts an die Union abgetreten. Das ist bedauerlich, weil Renate Schmidt eine vorzügliche Besetzung war. Nun kommt mit Ursula von der Leyen eine politische Senkrechtstarterin, die selbst im eigenen Landesverband nicht unumstritten war. Ihre bundespolitischen Kompetenzen muss sie erst noch beweisen. Auch wenn sie sieben Kinder hat, muss sie nicht zwangsläufig eine gute Familien/Frauen-Ministerin werden. Die Sorgen einer alleinerziehenden Hartz-IV-Empfängerin sind sicher andere als die einer finanziell privilegierten Ärztin. Es wäre gut, wenn sich in diesem Ressort die politische Linie der SPD weiterhin durchsetzen würde, zumal die Union auf Bundesebene bisher kaum durch moderne familienpolitische Ideen aufgefallen ist.
Dass dem Kabinett insgesamt sechs Frauen angehören werden und mit der Kanzlerin Angela Merkel auch die Leitungsposition von einer Frau besetzt ist, ist immerhin ein für Deutschland wichtiger Schritt. Schade, dass die Frauen im neuen deutschen Bundestag weiter deutlich in der Minderzahl sind.
Probleme verlangen konstruktive Zusammenarbeit
Nachdem jetzt die Positionen besetzt sind, sollten Parteienproporz und Machtgelüste nun zurückgestellt werden. Die gesellschaftlichen Probleme sind so groß, dass sie nicht im Koalitionsgezänk untergehen dürfen. Allerdings lässt der Streit um die Richtlinienkompetenz wahrlich nichts Gutes erwarten. Eine große Koalition ist eben ein labiles Konstrukt trotz der vermeintlich breiten Machtbasis.
Quelle und Kontaktadresse:
ADEXA - Die Apothekengewerkschaft
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